Der Wert des Wachstums: Der Discounted Cash Flow (DCF) Ansatz

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Discounted Cash Flow

Nach der DIY  Bewertungslogik berechnen wir mithilfe des Discounted Cash Flow bzw. DCF Ansatzes einen intrinsischen Wert inkl. ALLER zukünftigen Wachstumsoptionen. Das DCF-Modell liefert uns also eine sehr optimistischen Sicht auf den Unternehmenswert.

Ich bin ja auf diesem Blog bereits mehr oder weniger detailliert auf die verschiedenen Cash Flow Betrachtungen (freier Cash Flow bzw. Owner Earnings, FCFE und FCFF) sowie auch die Anpassungen (R&D, Operatives Leasing) und die Prognose der Cash Flows eingegangen. Im nächsten Schritt folgt nun konsequenterweise die Bewertung mithilfe des Discounted Cash Flow bzw. DCF Ansatzes.

Im Grunde genommen müssen wir dafür “nur” noch die Cash Flows für die kommenden Jahre abschätzen und bestimmen, wie viel diese zukünftigen Cash Flows vermutlich heute wert sind bzw. wie viel wir bereit sind, für diese zukünftigen Cash Flows heute zu zahlen.

Je nach dem, ob wir direkt das Eigenkapital oder zunächst der Firmenwert berechnen möchten, nutzen wir entweder die Cash Flows für die Eigenkapitalgeber (Dividenden, freier Cash Flow bzw. FCFE) oder die Cash Flows für ALLE Kapitalgeber (FCFF).

In diesem Artikel möchte ich einmal recht detailliert auf die DCF-Modellierung eingehen. Ein konkretes Beispiel folgt dann separat.


Was du in diesem Artikel lernst

  • Wie die Discounted Cash Flow Methode funktioniert
  • Welche Wahlmöglichkeiten wir für die DCF-Bewertung haben (Wert des EK versus Firmenwert; ein-, zwei- oder dreistufiges DCF-Modell etc.)
  • Wie wir ggf. die Gewinne bzw. die Cash Flows normalisieren
  • Mit welchen Ansätzen wir die Cash Flows prognostizieren können
  • Wann wir welche Kapitalkosten nutzen

Was ist die Discounted Cash Flow Bewertung?

Wie bereits kurz angerissen, ist der Discounted Cash Flow ein Ansatz zur Bewertung von Unternehmen, Aktien oder auch anderen Wertpapieren. Und wie der Name schon sagt, basiert die Bewertung auf einer Analyse der (freien) Cash Flows bzw. Barmittelzuflüsse eines Unternehmens.

Im Speziellen schauen wir uns die zukünftig erwarteten Cash Flows an und zinsen diese auf den heutigen Zeitpunkt ab. Das heißt wir schauen uns an, wie viel diese zukünftigen Cash Flows heute wert sind.

I ask whether I would like to own a company at its current market price, assuming that I never had a chance to sell it to anybody else. When you think about value from that perspective, all that really matters is the long-term discounted free cash flow. It’s just a function of how much cash you should expect the company to be able to pay out to its shareholders over its life, discounted back to the present.
– Richard Lawson in Wizards of Wall Street

Wenn uns also eine Firma gehört, dann leitet sich der Wert dieser Firma für uns aus dem Bargeldüberschuss ab, den wir Jahr für Jahr mit der Firma erwirtschaften. Je höher dieser Bargeldüberschuss (freier Cash Flow), desto mehr ist die Firma wert bzw. desto mehr würden wir jemand anderem zahlen, um so eine Firma zu kaufen. Die gleiche Logik gilt übrigens auch für Immobilien: Je höher die Miete, desto mehr ist die Immobilie wert. Diesen Ansatz hat der Erfinder der Fundamentalanalyse John Burr Williams schon in seinem 1938 veröffentlichten Buch “The Theory of Investment Value” vorgestellt.

Hier einmal kurz der grobe Ablauf einer Discounted Cash Flow Bewertung:

Dies vorangestellt sollten wir auch einmal kurz festhalten, dass so gut wie jedes Unternehmen, jede Investment Bank auf der Welt sowie auch ein paar Value Investoren irgendeine Form eines DCF-Modells für die Bestimmung des intrinsischen Wertes nutzen. Im Rahmen so gut wie jeder Unternehmensübernahme wird im Rahmen der Due Diligence mit DCF-Modellen gearbeitet.

Mit der Discounted Cash Flow Methode bewerten wir übrigens nur den Wert des operativen Geschäfts, das die Cash Flows generiert. Überschüssiges Bargeld oder Beteiligungen etc. müssen wir anschließend noch separat anschauen und zum Wert des operativen Geschäfts hinzuaddieren. Schulden müssen wir, jedenfalls bei einer FCFF-Betrachtung, noch abziehen.

Am leichtesten können wir die DCF-Methode verstehen, wenn wir uns erstmal einfach die theoretische Berechnungsformel ansehen und einzeln durch die verschiedenen Bestandteile gehen.

Was aber glaub ich vorab wichtig ist: Die Discounted Cash Flow Bewertung muss nicht zwangsläufig konkret nach dieser oder einer der anderen weiter unten vorgestellten Formeln durchgeführt werden. Eher im Gegenteil. Wenn wir z.B. die Cash Flows mit ausreichender Sicherheit nur für die nächsten 5 Jahre vorhersagen können und danach alles extrem unklar wird (Beispiel Pharma: zum Beispiel, weil dann ein wichtiges Patent ausläuft), dann sollten wir ggf. nicht annehmen, dass die Firma bis ins Unendliche weiter wachsen und Cash Flows generieren wird, nur weil die DCF-Formel so aufgebaut ist.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir definieren also selbst, wie wir die DCF-Bewertung durchführen und passen die Formel dann entsprechend unseren Bedürfnissen an. Wir sollten in der Praxis nicht den Fehler machen und rein mechanisch und stupide exakt die DCF-Formel aus dem Lehrbuch verwenden. Und schon gar nicht irgendeinen Rechner aus dem Internet.

Es geht eher um das zu Grunde liegende Konzept, als um die konkrete Formel. Haben wir das einmal verstanden, dann können wir so gut wie jedes Unternehmen und jede Situation mithilfe des Discounted Cash Flow Ansatzes abbilden.

Aber nun erstmal zur Formel.


Die allgemeine DCF-Formel

Grundsätzlich ist die Discounted Cash Flow Formel recht simpel. Wenn wir einmal die Cash Flows für jedes der zukünftigen Jahre ermittelt haben, dann brauchen wir diese Cash Flows nur noch auf das heutige Jahr abzuzinsen und aufzuaddieren.

discounted-cash-flow-abzinsung

Hier die simpelste (allerdings eher theoretische) Discounted Cash Flow Formel:

V0 = CF1 / (1 + r) + CF2 / (1 + r)2 + … + CFn / (1 + r)n

wobei

  • V0= Wert des Eigenkapitals (wenn wir den freien Cash Flow bzw. den FCFE nutzen) bzw. der Firmenwert (wenn wir den Free Cash Fow to Firm bzw. FCFF nutzen.
  • CFt = Cash Flow im Jahr t (t = Jahre 1 bis n); Dies können Dividenden oder FCFE sein, wenn wir direkt das Eigenkapital bewerten oder FCFF, wenn wir die gesamte Firma bewerten
  • r = Eigenkapitalkosten (wenn wir Dividenden oder FCFE abzinsen) bzw. Kapitalkosten (wenn wir den FCFF abzinsen)

Wir berechnen also die Cash Flows der Jahre 1 bis n, wobei das Jahr n das letzte Jahr ist, in dem das Unternehmen einen Cash Flow generiert. Da wir für die Discounted Cash Flow bzw. DCF-Bewertung erstmal von der “Going Concern” Annahme ausgehen, würde dieses Jahr n unendlich weit in der Zukunft liegen. Deshalb eher theoretisch.

Die Formel geht nun erstmal davon aus, dass wir die Cash Flows für alle Jahre individuell abschätzen. Realistischerweise ist aber eine konkrete Vorhersage der Cash Flows (wenn überhaupt) nur für die nächsten paar Jahre möglich. Je nach dem, um was für ein Unternehmen es sich handelt, gibt es nun verschiedene Ansätze hiermit umzugehen.


Mehrere Wahlmöglichkeiten im Rahmen einer DCF-Bewertung

Bevor wir aber konkret in die DCF-Bewertung einsteigen, möchte ich nochmal kurz eine Übersicht über die Wahlmöglichkeiten geben, die wir für die Discounted Cash Flow Bewertung haben.

Zunächst mal müssen wir uns überlegen, welche Cash Flows wir für die Bewertung nutzen möchten (Dividenden, FCFE oder FCFF). Dies hängt konkret auch vom Unternehmen ab, welches wir bewerten möchten. Wenn ein Unternehmen z.B. keine Dividende zahlt oder nur einen geringen Teil der jährlichen Cash Flows als Dividende ausschüttet, dann macht eine Bewertung auf Basis der Dividenden natürlich nicht so viel Sinn.

Als nächstes müssen wir uns überlegen, wie das Wachstum des Unternehmens in den kommenden Jahren vermutlich aussehen wird. Handelt es sich um ein Unternehmen in einem sehr stabilen Marktumfeld ohne große Veränderungen, dann können wir ggf. einfach ein konstantes Wachstum der Cash Flows annehmen. Haben wir ein sehr stark wachsendes Geschäft, dann müssen wir wahrscheinlich etwas mehr differenzieren und langfristig eine andere (niedrigere) Wachstumsrate annehmen, als wir sie heute vorfinden.

Hier nochmal der Hinweis: Auch wenn wir von einem stabilen Marktumfeld und eine geringe Wachstumsrate annehmen, ist die Bewertung aus Value Investing bzw. DIY Investing Sicht noch sehr optimistisch im Vergleich zum Ersatzwert bzw. zum Earnings Power Value (EPV), also dem Wert ohne Berücksichtigung irgendwelcher Wachstumsoptionen.

Die Wahl des Diskontierungssatzes, also im Wesentlichen der Kapitalkosten, hängt stark von den Cash Flows ab, auf deren Basis wir bewerten. Konsistenz ist hier wichtig. Bewerten wir auf Basis der Cash Flows für die Eigenkapitalgeber (FCFE), dann müssen wir für die Abzinsung natürlich auch die entsprechenden Eigenkapitalkosten nehmen und umgekehrt. Da die Aufnahme von Fremdkapital typischerweise um einiges günstiger ist als eine Eigenkapitalerhöhung, ist dieser Punkt recht wichtig.

Schlussendlich sollten wir uns die Frage stellen, ob der Ausgangspunkt unserer Betrachtung der richtige ist. Wir gehen ja von den Cash Flows heute aus und schauen uns an, was sich in Zukunft vermutlich ändern wird. Wenn das letzte Geschäftsjahr z.B. außerordentlich gut war und vielleicht ein paar Sondereffekte beinhaltete, dann sollten wir uns überlegen, ob wir für unsere Bewertung nicht von einem repräsentativeren oder durchschnittlichen Gewinn bzw. Cash Flow ausgehen sollten. Hier stellt sich dann auch wieder die Frage, welche Cash Flows tatsächlich auch den Eigentümern bzw. Kapitalgebern zugute kommen (Stichwort Owner Earnings).

Hier nochmal zusammengefasst die Fragen, die wir für uns vorab klären müssen (sowie die verschiedenen sich daraus ergebenden Optionen):

  1. Welchen Bewertungsansatz wählen wir?
    • Bewertung ausschließlich der Dividenden
    • Freie Cash Flows für die Eigenkapitalgeber (FCFE)
    • Freie Cash Flows für ALLE Kapitalgeber (FCFF)
  2. Wie sieht das erwartete Wachstum aus und wie gehen wir mit dem so genannten Endwert (Terminal Value) um?
    • Stabiles Wachstum
    • Zweistufiges Wachstum: Eine Phase mit hohem Wachstum, eine Phase mit stabilem und nachhaltigen (unendlichem) Wachstum
    • Dreistufiges Wachstum: Hohes Wachstum, Übergangsphase, stabiles und nachhaltiges Wachstum
    • Weitere: Z.B. Individuelle Cash Flows für die nächsten 5 Jahre, dann Bewertung mithilfe eines Multiples
  3. Müssen wir die Gewinne bzw. Cash Flows des Ausgangsjahres vorab normalisieren?
  4. Wie prognostizieren wir die Cash Flows für die erste Wachstumsphase?
    • Direkte Vorhersage der Cash Flows
    • Vorhersage der einzelnen Cash Flow-Komponenten
  5. Mit welchem Diskontierungssatz bzw. Abzinsungsfaktor sollten wir rechnen?
  6. Bestimmen wir Cash Flows und Kapitalkosten in nominalen (Berücksichtigung der Inflation) oder in realen (keine Berücksichtigung der Inflation) Werten?

Nun da wie eine ganz gute Übersicht über die verschiedenen Wahlmöglichkeiten haben, möchte ich gerne einmal im Detail durch alle diese Punkte durchgehen.


1. Welchen Bewertungsansatz wählen wir?

Für die Bewertung auf Basis der Discounted Cash Flow Methode kommen grundsätzlich drei verschiedene Cash Flow Definitionen in Frage.

  1. Dividenden
  2. FCFE (alternativ freier Cash Flow oder Owner Earnings als konservativere Ansätze)
  3. FCFF

Hier noch einmal eine kurze Übersicht über die beiden Free Cash Flow Definitionen für die DCF-Modellierung, den Free Cash Flow to Equity (FCFE) und den Free Cash Flow to Firm (FCFF).

free-cash-flow-definitionen - Discounted Cash Flow DCF

Gegenübergestellt sehen wir die typische Struktur einer Kapitalflussrechnung (nach der indirekten Methode) inkl. der Ableitung des traditionellen freien Cash Flow.

cash-flow-vergleich

Auf Basis der Darstellungen können wir glaub ich gut sehen, wo die Unterschiede in der Berechnung der Cash Flows liegen. Was hier natürlich noch nicht dargestellt ist, sind Warren Buffett’s Owner Earnings. Die Owner Earnings sind für mich in diesem Fall nur eine Abwandlung der Free Cash Flows. Wir nehmen nochmal bestimmte Anpassungen für CapEx und Non-Cash Items vor. Und zwar ausgehend von der Prämisse, dass wir nur diejenigen Cash Flows bzw. Gewinne betrachten, die auch tatsächlich den (Eigen-)Kapitalgebern zu Gute kommen.


Dividenden

Mit der Bewertung der Dividenden fing alles an. Bis vor ein paar Jahrzehnten war die Bewertung auf Basis der zukünftigen Dividenden DIE Bewertungsmethode schlechthin. Im Wesentlichen alle Aktien wurden nach dieser Methode (auch Dividend Discount Model genannt) bewertet.

Als Annäherung für die Zahlungsflüsse an die Aktionäre würden wir heute allerdings nur in den seltensten Fällen die Dividenden nehmen. Wir würden damit in vielen Fällen auch einfach einen Fehler machen. Microsoft (MSFT) z.B. zahlt eine Dividende von ca. 1,44 USD pro Aktie (Stand Geschäftsjahr 2016), der freie Cash Flow beträgt allerdings über 3 USD pro Aktie, also mehr als doppelt so viel.

Wir würden also in diesem Beispiel mehr als die Hälfte der Cash Flows vernachlässigen, wenn wir sagen würden, dass der Unternehmenswert genau dem heutigen Wert der Summe der zukünftig an die Shareholder ausgezahlten Dividenden entspricht.

Ganz zu schweigen von den Unternehmen, die überhaupt keine Dividende zahlen, weil sie alle Gewinne direkt in weiteres Wachstum reinvestieren. Dies kommt langfristig ggf. natürlich auch den Aktionären zu Gute (Beispiel Tech: Amazon, Facebook etc.).

Die Option einer DCF-Bewertung auf Basis der Dividenden ist aus meiner Sicht also eher theoretischer Art. Der Vollständigkeit halber aber hier ebenfalls kurz vorgestellt.


FCFE

Der Free Cash flow to Equity (FCFE), auf dessen Basis wir direkt den Wert des Eigenkapitals berechnen können, wird oft mit dem freien Cash Flow (berechnet als Cash Flow aus betrieblicher Tätigkeit abzüglich Investitionen bzw. CapEx) verwechselt.

Hier nochmal kurz die Formel zur Ermittlung des FCFE:

FCFE = Nettogewinn + Abschreibungen und Amortisation + Änderungen des Non-Cash Working Capital + weitere nicht zahlungswirksame Bestandteile – CapEx + Nettoneuschuldenaufnahme

Der Unterschied im Vergleich zum freien Cash Flow liegt im letzten Teil der Formel, der Nettoneuschuldenaufnahme.

Warum können wir nun nicht einfach den freien Cash Flow (also Cash Flow aus betrieblicher Geschäftstätigkeit minus CapEx) für unsere DCF-Bewertung nutzen, sondern nehmen stattdessen den FCFE?

Die Antwort hierauf ist eigentlich ganz einfach. Die traditionelle Free Cash Flow Formel nimmt an, dass z.B. die gesamten Investitionen aus den freien Cash Flows gezahlt werden und der Rest den Eigenkapitalgebern bzw. Aktionären zur Verfügung steht. Dadurch würde natürlich in der Finanzstruktur des Unternehmens der Eigenkapitalanteil über Zeit ansteigen. Weil aber, wie oben bereits kurz angerissen, Fremdkapital in der Regel viel günstiger zu bekommen ist, würde ein Unternehmen natürlich in der Realität Teile der Investitionen über die Aufnahme von Schulden finanzieren. Und zwar bis zum Erreichen eines nachhaltig akzeptablen Verschuldungsgrades. Dies wird dann natürlich auf der Eigenkapitalseite den freien Cash Flow wieder erhöhen.

Dieser Umstand wird in der FCFE-Formel über die Addition der Nettoneuschuldenaufnahme berücksichtigt.

Für die Vorhersage des FCFE müssen wir also einen nachhaltigen Verschuldungsgrad (Debt-to-Equity Ratio) festlegen und können die Formel dann entsprechend umschreiben:

FCFE = Nettogewinn + (1 – DR) * (Abschreibungen und Amortisation + Änderungen des Non-Cash Working Capital + weitere nicht zahlungswirksame Bestandteile – CapEx)

wobei DR den Ziel-Verschuldungsgrad darstellt.

Deshalb ist der freie Cash Flow zwar als heutige Momentaufnahme richtig. Wenn wir aber in die Zukunft fortschreiben, dann vernachlässigen wir eine günstigere Aufnahme von Fremdkapital und sollten deshalb für eine Discounted Cash Flow Bewertung den FCFE nutzen.

Wir sollten außerdem die Limitationen des FCFE im Hinterkopf behalten: Haben wir ein Unternehmen mit historisch schwankenden Debt-to-Equity Ratios, dann sollten wir ggf. eher den FCFF nutzen, uns also erstmal den gesamten Unternehmenswert inkl. des Fremdkapitals ansehen. Dieser ist ja von solchen Effekten, die eigentlich nichts mit dem operativen Geschäft (und damit dem Wert des Geschäfts) zu tun haben, unabhängig.


FCFF

Der Free Cash Flow to Firm (FCFF) ist entsprechend der Definition der Cash Flow, der allen Kapitalgebern eines Unternehmens zur Verfügung steht. Im Vergleich zum freien Cash Flow beinhaltet der FCFF also auch die Zinszahlungen an die Kreditgeber, wie wir der FCFF-Formel entnehmen können:

FCFF = Nettogewinn + Abschreibungen und Amortisation + Zinsen x (1 – Steuersatz) + Änderungen des Non-Cash Working Capital + weitere nicht zahlungswirksame Bestandteile – CapEx

Nutzen wir im Rahmen unserer DCF-Bewertung den FCFF, dann erhalten wir als Ergebnis den gesamten Unternehmenswert. Das heißt wir müssen im Anschluss noch die Schulden abziehen (und ggf. den Barmittelbestand hinzuaddieren), um auf den Wert des Eigenkapitals zu kommen.

Die Discounted Cash Flow Bewertung auf Basis des FCFF ist aus meiner Sicht der logischste und einfachste Ansatz, da wir uns erstmal nicht um Effekte aus Unterschieden in der Kapitalstruktur kümmern müssen, die ggf. unser Ergebnis verzerren. Im späteren Berechnungsbeispiel werde ich deshalb hier den FCFF als Basis nutzen.

2. Wie sieht das erwartete Wachstum der Cash Flows aus?

Grundsätzlich können wir uns unendlich viele Möglichkeiten vorstellen, wie das Wachstum eines Unternehmens in Zukunft aussehen kann (negatives Wachstum nicht ausgeschlossen). Je detaillierter wir uns ein Unternehmen anschauen, desto genauer wird unsere Sicht auf die zukünftige Entwicklung der Gewinne und der Cash Flows sein.

Und das Gute ist: In Excel lässt sich jede beliebige Entwicklung relativ leicht modellieren.

Für die Theorie allerdings haben ein paar schlaue Leute zunächst mal drei Standard DCF-Modelle bzw. -formeln definiert, anhand derer wir das Konzept der Discounted Cash Flow Bewertung glaub ich gut nachvollziehen können.

Oder vielleicht ging es dabei auch einfach nur darum, dem Bedürfnis vieler Investoren nach einfachen und schnellen Lösungen und Bewertungsansätzen nachzukommen.

Wie dem auch sei. Auch dies möchte ich euch nicht vorenthalten. In der Standarddefinition gibt es jedenfalls Discounted Cash Flow Modelle für folgende Wachstumsannahmen:

  • Stabiles Wachstum
  • Zweistufiges Wachstum
  • Dreistufiges Wachstum
discounted-cash-flow-dcf-wachstum

Und wie gesagt, die Formeln wirken aufgrund ihres Lehrbuchcharakters erstmal kompliziert und unflexibel, im Excel ist das aber dann alles kein Problem mehr.

Und auch wenn es nicht so aussieht, leiten sich im Grunde alle nachstehenden Formeln aus der bereits oben einmal vorgestellten theoretischen DCF-Formel ab.

Es ist im Wesentlichen die Annahme einer konstanten Wachtsumsrate g, die es uns erlaubt, die Formel entsprechend zusammenzufassen. Sobald wir nämlich eine konstante Wachstumsrate annehmen, müssen wir die Cash Flows nicht mehr einzeln vorhersagen, sondern können einfach alles auf Basis des Cash Flows im Jahr 0 berechnen (ob das immer richtig ist, sei mal dahingestellt… grundsätzlich gilt aber “Je einfacher, desto besser”).


Stabiles Wachstum

Die simpelste Form der Discounted Cash Flow Bewertung ist die so genannte ewige Rente. Nehmen wir an, dass wir bis ins Unendliche ein und denselben Cash Flow erhalten, dann vereinfacht sich die theoretische DCF-Formel von oben zu

V0 = CF / (1 + r) + CF / (1 + r)2 + … + CF / (1 + r)n = CF / r

Auf die Details der Herleitung brauchen wir denke ich hier nicht im Detail einzugehen. Gehen wir davon aus, dass die Cash Flows mit einer konstanten Rate g wachsen, dann ändert sich die Formel fogendermaßen:

V0 = CF1 / (r – gn)

wobei gdie nachhaltige Wachstumsrate der Cash Flows ist.

Diesen Ansatz können wir aus meiner Sicht vor allem in folgenden Fällen nutzen:

  1. Wir schauen uns ein Unternehmen in einer stabilen und reifen Industrie an und können deshalb von einem recht konstanten (niedrigen) Wachstum der Cash Flows ausgehen. Das Wachstum sollte unter oder nahe bei der Wachstumsrate der Gesamtwirtschaft liegen (Abweichung 1-2%)
  2. Wir möchten vor der eigentlichen Analyse der Wachstumsoptionen zunächst mal den aktuellen Wert eines Unternehmens, also den Wert auf Basis der aktuellen Cash Flows, verstehen. Hierzu setzen wir dann die Wachstumsrate erstmal gleich Null (ähnlich zum Earnings Power Value (EPV) Ansatz).

Für alle Fälle, die etwas komplizierter und schwerer zu greifen sind, sollten wir einen etwas differenzierteren Ansatz wählen.


Zweistufiges Modell

Das zweistufige Modell geht von einer individuellen Modellierung der Cash Flows in den ersten Jahren (Jahre 1 bis n) aus. Der zweite Teil der Formel ist der so genannte Endwert (Terminal Value). Dies ist der Wert aller Cash Flows der Jahre n+1 bis unendlich, die einfach mit einer konstanten Wacshtumsrate fortgeschrieben werden.

Hier die DCF-Formel für zweistufiges Wachstum:

dcf-zwei-stufen-individuelle-cash-flows

bzw.

dcf-zwei-stufen

Die Formeln unterscheiden sich im Wesentlichen nur über die Annahme der Wachstumsraten bzw. der Cash Flows. In der ersten Formel berechnen wir jeden Cash Flow in der ersten Wachstumsphase individuell (ggf. mit unterschiedlichen Wachstumsraten), in der zweiten Formel nehmen wir an, dass es eine konstante Wachstumsrate über den gesamten ersten Horizont gibt.

Dieses Modell sollten wir für Unternehmen anwenden, deren Wachstumsrate maximal 8% über der Wachstumsrate der Gesamtwirtschaft bzw. der nachhaltigen Wachstumsrate des Unternehmens liegt.

Auch diese Formel ist auch eher theoretischer Natur und wir können diese daher getrost vergessen. In Excel können wir nämlich mit einer etwas genaueren Modellierung analog zur ersten Formel arbeiten, selbst wenn wir am Ende für jedes Jahr die gleiche Wachstumsrate annehmen.


Dreistufiges Modell

Das dreistufige DCF-Modell ist eigentlich identisch zum zweistufigen Ansatz. Allerdings wird hier zwischen der ersten Wachstumsphase und dem konstanten, unendlichen Wachstum noch eine Übergangsphase eingebaut.

Die DCF-Formel für das dreistufige Wachstum lautet folgendermaßen:

dcf-drei-stufen

Hier die Erläuterung der einzelnen Variablen:

  • V0= Wert des Eigenkapitals (wenn wir den freien Cash Flow bzw. den FCFE nutzen) bzw. der Firmenwert (wenn wir den Free Cash Fow to Firm bzw. FCFF nutzen).
  • CFt = Cash Flow im Jahr t (t = Jahre 1 bis n+1); Dies können Dividenden oder FCFE sein, wenn wir direkt das Eigenkapital bewerten oder FCFF, wenn wir die gesamte Firma bewerten
  • r = Eigenkapitalkosten (wenn wir Dividenden oder FCFE abzinsen) bzw. den Kapitalkosten (wenn wir den FCFF abzinsen)
  • g = Erwartete Wachstumsrate der Cash Flows; die Wachstumsraten der einzelnen Horizonte können sich hierbei unterscheiden. Je nach Modellierung können sogar die Wachstumsraten jedes einzelnen Jahres (jedenfalls in der ersten Wachstumsphase) unterschiedlich angenommen werden
  • n bzw. n1 = Länge der ersten Wachstumsphase im zwei- bzw. dreistufigen DCF-Modell
  • n2 – n1 = Horizont 2: Übergangsphase zwischen der Wachstumsphase (Horizont 1) und der langfristigen, nachhaltigen Wachstumsphase im dreistufigen Modell

Ein dreistufiges Modell sollten wir nutzen, wenn die aktuelle Wachstumsrate des Unternehmens mehr als 8% über der langfristigen Wachstumsrate liegt.


Endwert bzw. Terminal Value

Der letzte Teil der Formel (rot umkringelt)

dcf-inkl-terminal-value

ist jeweils der so genannte Endwert bzw. Terminal Value.

Der Endwert wird in drei Schritten berechnet, die alle bereits in der obigen Formel berücksichtigt sind:

  1. Den Cash Flow des Jahres n+1 bestimmen wir z.B. über den Cash Flow des Jahres n (CFn * (1 + g))
  2. Wir nutzen die Formel für die ewige Rente bzw. stabiles Wachstum und bestimmen so den Wert aller zukünftigen Cash Flows im Jahr n (CFEndwert n = CFn+1 / (r – gn))
  3. Wir teilen diesen Wert durch (1 + r)n und beziehen den Wert damit auf das Jahr 0 (also heute)
dicounted-cash-flow-dcf-endwert

Die Formeln sehen natürlich ausgeschrieben viel komplizierter aus, als sie eigentlich sind. Im Excel-Modell lässt sich das Ganze dann sehr gut nachvollziehen.


3. Normalisierte Gewinne bzw. Cash Flows?

Als nächstes müssen wir uns der Frage widmen, ob wir für unsere DCF-Bewertung vom tatsächlichen oder einem angepassten bzw. normalisierten Nettogewinn bzw. Cash Flow im Basisjahr 0 ausgehen möchten. Da wir in der Regel alle zukünftigen Cash Flows von denen des Ausgangsjahres ableiten, ist diese Annahme recht wichtig.

Wir müssen also zunächst einmal bewerten, ob das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr ein für das Unternehmen repräsentatives Jahr war. Falls dem nicht so sein sollte, sollten wir ggf. einen durchschnittlichen bzw. nachhaltigen Gewinn ermitteln.

Mehr Details zur Normalisierung der Gewinne bzw. Cash Flows findet ihr hier. Darüber hinaus sollten wir noch gewisse Anpassungen bzw. Korrekturen vornehmen, um z.B. außerbilanzielle Schulden richtig zu berücksichtigen (Stichwort operatives Leasing bzw. F&E Ausgaben).


4. Wie prognostizieren wir die Cash Flows?

Haben wir die historischen Cash Flows (FCFF bzw. FCFE) einmal vom Nettogewinn oder vom EBIT ausgehend abgeleitet und ggf. normalisiert und angepasst (Stichwort F&E und Operatives Leasing), dann können wir uns Gedanken über die Vorhersage der Cash Flows bzw. der Wachstumsrate g machen.

Haben wir uns für ein mehrstufiges Discounted Cash Flow Modell entschieden, dann geht es im Wesentlichen darum, zunächst die Cash Flows der nächsten 5 bis 10 Jahre explizit zu prognostizieren und anschließend die nachhaltige Wachstumsrate bzw. den Endwert zu ermitteln.

Auch hierfür können wir verschiedene Verfahren verwenden. Wir können

  1. die Cash Flows direkt prognostizieren, indem wir eine Wachstumsrate für die Cash Flows definieren
  2. die einzelnen Komponenten des Cash Flows, d.h. Nettogewinn, CapEx, Änderungen des Working Capital etc. individuell prognostizieren

Wir können außerdem unterscheiden zwischen verschiedenen Unsicherheitsgraden in den Wachstumsoptionen. Wir hätten dann z.B. verschiedene Fälle: Ein Szenario für “Business as Usual”, eins für die sicheren Wachstumsprojekte, ein optimistisches mit allen Chancen.

Eine detaillierte Beschreibung der Methoden zur Vorhersage der Cash Flows bzw. des Endwerts (Terminal Values) findet ihr in meinen Artikeln zur Prognose der Cash Flows bzw. der Wachstumsrate g sowie zur Abschätzung des Terminal Value.


5. Mit welchem Diskontierungssatz sollen wir rechnen?

Haben wir die Cash Flows einmal für die nächsten Jahre sowie auch langfristig ermittelt, dann müssen wir uns als nächsten Input den Diskontierungssatz bzw den Abzinsungsfaktor ansehen.

Wir müssen ja nämlich noch ermitteln, wie viel die zukünftigen Cash Flows heute (also im Jahr 0) wert sind.

Die grundsätzliche Überlegung dahinter ist, dass eine Zahlung, die wir heute erhalten, mehr wert ist, als der gleiche Betrag in 5 Jahren. Und um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht um die Inflation oder Ähnliches, sondern um die Verzinsung unseres Kapitals (die aber natürlich die Inflation mit abdecken sollte) und den Zinseszinseffekt.

Wenn wir z.B. heute 10.000 EUR erhalten und diese zu 3% über 5 Jahre anlegen können, dann haben wir nach 5 Jahren

Ausgangswert * (1 + erwarteter Return)Anzahl Jahre = 10.000 * (1,03)5 = 11.593 EUR.

10.000 EUR heute sind für uns also identisch zu 11.593 EUR in fünf Jahren. Sie haben für uns den gleichen Wert. Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso.

Was uns wieder zur Discounted Cash Flow Formel führt. Rot umkringelt ist jeweils der Diskonierungssatz zur Ermittlung des Barwerts (also des heutigen Werts der einzelnen Cash Flows).

Anstatt also einen heutigen Wert mit einem Zinseszinsfaktor malzunehmen, um herauszufinden was der zukünftige Wert einer Anlage ist, gehen wir umgekehrt vor. Wir nehmen die zukünftigen Cash Flows, teilen durch den entsprechenden Faktor und ermitteln so den heutigen Wert der zukünftigen Cash Flows.

Wie hoch ist aber nun dieser Faktor r bzw. unser geforderter Return, mit dem wir den Diskontierungssatz bestimmen?

Dies hängt von mehreren Faktoren ab:

  1. davon, ob wir die Cash Flows nur für die Eigenkapitalgeber (FCFE) oder für alle Kapitalgeber (FCFF) bestimmt haben
  2. davon, wie hoch unsere Returnansprüche sind bzw. wie wir unsere Sicherheitsmarge definieren

FCFE: Eigenkapitalkosten

Bewerten wir von vornherein nur die Cash Flows an die Eigenkapitalgeber, nutzen also den Free Cash Flow to Equity (FCFE) für unsere Bewertung, dann müssen wir äquivalent dazu auch mit den Eigenkapitalkosten abzinsen.

Für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten gibt es verschiedene Ansätze. Der bekannteste ist das so genannte Capital Asset Pricing Modell (CAPM).

Beim CAPM gehen wir von einem risikolosen Zinssatz aus und addieren anschließend eine Risikoprämie hinzu. Diese setzt sich wiederum zusammen aus dem Risiko der Assetklasse im Vergleich zum risikolosen Asset (also Aktien im Vergleich zu Staatsanleihen) und dem Risiko der individuellen Aktie im Vergleich zur Assetklasse Aktien (also betrachtete Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt). Für letztere Analyse wird der weithin bekannte Beta-Faktor verwendet.

Eine Übersicht über die verschiedenen (auch qualitativen) Ansätze könnt ihr in meinem Artikel zur Abschätzung der Eigenkapitalkosten nachlesen.


FCFF: Gesamtkapitalkosten bzw. WACC

Möchten wir zunächst den intrinsischen Wert des gesamten Unternehmens (operatives Geschäft ohne Cash) bestimmen, dann zinsen wir die Cash Flows (in diesem Fall die Cash Flows to the Firm) mit den Gesamtkapitalkosten bzw. dem WACC ab.

Die Gesamtkapitalkosten sind das gewichtete Mittel aus Eigenkapitalkosten und Fremdkapitalkosten. Wobei die Kapitalstruktur, also wie viel Eigenkapital und wie viel Fremdkapital eingesetzt wird, die Gewichtungsfaktoren definiert:

Kapitalkosten bzw. WACC = Eigenkapitalkosten x Eigenkapitalanteil + Fremdkapitalkosten x Fremdkapitalanteil
Discounted Cash Flow bzw. DCF - Kapitalkosten

Alle weiteren Informationen findet ihr in meinem Artikel zur Abschätzung der Gesamtkapitalkosten bzw. des WACC.


6. Nominal oder real?

In einem Umfeld mit hoher Inflation (z.B. in einigen Emerging Markets) kann es sinnvoll sein, bestimmte Kenngrößen inflationsbereinigt (also in realer Währung) zu berechnen – und anschließend wieder in nominale Kenngrößen umzuwandeln. Wenn wir z.B. den zukünftigen CapEx als prozentualen Anteil vom Umsatz ermitteln, dann kann es in einem inflationären Umfeld zu starken Verzerrungen kommen, weil die Kennzahlen sich nicht synchron mit der Inflation ändern.

Wir können natürlich auch unsere gesamte Bewertung mit realen, also inflationsbereinigten Daten und Kennzahlen durchführen. Mit dem realen Bewertungsansatz bereinigen wir zunächst sowohl Cash Flows, als auch Diskontierungssatz und Wachstumsrate um die Inflation.

Wichtig ist, dass wir bzgl. unserer Annahmen konsistent sind, also reale Cash Flows mit realen Diskontierungssätzen abzinsen – nominal genauso.

Wenn wir die Umrechnungen richtig machen, dann sollten wir mit beiden Verfahren den gleichen intrinsischen Wert erhalten. Nehmen wir einmal ein kleines Beispiel, in dem wir in einem Jahr einen Cash Flow von 1.000 EUR erhalten, nominale Kapitalkosten von 15%, ein erwartetes Wachstum von 5% und eine erwartete Inflation von 2% haben:

Wie wir sehen, erhalten wir in beiden Fällen den gleichen intrinsischen Wert (von kleinen Rundungsdifferenzen einmal abgesehen) – bei den Finanzkennzahlen werden wir aber ggf. Unterschiede sehen.


Zusammenfassung

Der Discounted Cash Flow Ansatz liefert von allen gängigen Bewertungsverfahren die optimistischste Abschätzung des Unternehmenswertes, weil der Ansatz auch die Wachstumschancen mit berücksichtigt. Dies sollten wir bei unserer Unternehmensbewertung und vor allem unserer Anlageentscheidung immer im Hinterkopf behalten.

Grundsätzlich basiert der DCF Ansatz auf einer Prognose der zukünftigen Cash Flows bis in alle Ewigkeit und einer Abzinsung dieser Cash Flows auf den heutigen Zeitpunkt zur Ermittlung des intrinsischen Wertes des operativen Geschäfts.

Wir haben an verschiedenen Stellen Wahlmöglichkeiten, die unseren spezifischen Bewertungsansatz definieren. Unter anderem können wir

  • zwischen einer Bewertung des Eigenkapitals oder der gesamten Firma unterscheiden
  • verschiedene Horizonte mit verschiedenen Wachstumsraten definieren
  • die aktuellen Cash Flows als Ausgangspunkt vorab normalisieren bzw. anpassen
  • verschiedene Ansätze für die Abschätzung der Wachstumsrate bzw. die Cash Flow Prognose wählen

Der Bewertungsansatz ist wie wir sehen also sehr flexibel und mathematisch in sich geschlossen und konsistent. Allerdings sind die Ergebnisse stark von unseren Annahmen abhängig. So kann z.B. eine kleine Änderung der Wachstumsrate zu einer enormen Änderung des Endwerts und damit des intrinsischen Wertes führen.

Bruce Greenwald sagte deshalb über den Discounted Cash Flow Ansatz:

We should be struck here by a glaring inconsistency between the precision of the algebra and the gross uncertainties infecting the variables that drive the model. – Bruce Greenwald in Value Investing

Dessen sollten wir uns immer bewusst sein, wenn wir den DCF-Ansatz nutzen möchten.


Weitere Ressourcen zur DCF-Bewertung

Einordnung des Discounted Cash Flow in die DIY Investor Bewertungslogik

Financials anpassen und aktuelle Cash Flows ermitteln:

Cash Flows prognostizieren

Den Abzinsungsfaktor bestimmen

Das Unternehmen bewerten


Bildnachweise

Credit: Flickr/Ed Ivanushkin/CC BY-SA 2.0

8 Kommentare zu „Der Wert des Wachstums: Der Discounted Cash Flow (DCF) Ansatz“

  1. Hallo,

    tolle, verständliche Übersicht! Aber wie sieht es denn mit sehr verschachtelten, konsolidierten Konzernen aus? Was muss man dort beachten?

  2. Ich habe immer noch Probleme damit, dass man beim Brutto-Ansatz die Zinsen hinkludiert hat. Die stehen doch gar nicht den Eigentümern zu? Ist das nicht ein bisschen optimistisch?

    1. Bin nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Wenn du aber die Zinsen in den Cash Flows belässt (also sozusagen die Firmenperspektive einnimmst und den Enterprise Value bestimmst), dann musst du die Schulden am Ende der Bewertung nochmal komplett vom ermittelten Wert abziehen. Schau dir am besten dazu nochmal das Microsoft Beispiel an.

  3. Super Artikel.
    Ich habe eine Frage zur Berechnung bei stabilem Wachstum. Ich hatte aktuell ein Beispiel bei dem der Cashflow stärker anwächst als die Kapitalkosten und ich erhielt einen negativen Value. Ich weiß, daß das wahrscheinlich nicht stabil möglich. Macht dieser Ansatz keinen Sinn bei stärkerem Wachstum? Im Moment haben wir ja das Thema, dass die Kapitalkosten sehr gering sind. Was setzt Du denn hier aktuell an?
    Vielen Dank für ein kurzes Feedback.
    Michael

    1. Hi Michael,

      typischerweise geht man davon aus, dass das Wachstum nach einer gewissen Zeit abflacht, weil der Markt zunehmend gesättigt ist (auch ein möglicher Wettbewerbsvorteil würde dann in den meisten Fällen verloren gehen, sodass der ROCE ~ gleich dem WACC ist und das Wachstum bestenfalls wertneutral wirkt).

      Ich rechne – je nach Geschäftsmodell und Marktsituation – mit 0, 5 oder 10 Jahren Wachstum und nehme danach konservativ nur noch ein Nullwachstum bzw. ein sehr geringes Wachstum an.

      Wenn dann der Aktienkurs maximal dem ermittelten Wert entspricht, kann ich jedenfalls sagen, dass es “nur” 5 oder 10 Jahre dauern wird, bis das Unternehmen auf ein Niveau gewachsen ist, das den aktuellen Kurs rechtfertigt. Denn auch wenn das Unternehmen danach ggf. noch weiteres Wachstum generieren kann, ist doch die Frage, ob ich für eine so weit in der Zukunft liegende Chance heute bereits bezahlen möchte.

      Hoffe das hilft dir irgendwie weiter.

      Viele Grüße,
      Axel

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