Wie wir die Kapitalkosten bzw. den WACC bestimmen können

WACC - Kapitalkosten berechnen

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WACC - Kapitalkosten berechnen

Eine der wichtigsten Inputgrößen für die Unternehmensbewertung nach der Discounted Cash Flow Methode sind die Kapitalkosten. Je nach Cash Flow Betrachtung (Dividenden, FCFE oder FCFF) werden für die Bewertung bzw. genauer gesagt zur Abzinsung der Cash Flows entweder die Eigenkapitalkosten oder die Gesamtkapitalkosten benötigt. Die (Gesamt-)Kapitalkosten sind auch als WACC (aus dem Englischen: Weighted Average Cost of Capital) bekannt.

In diesem Artikel gehe ich einmal darauf ein, wie wir die Kapitalkosten abschätzen können. Natürlich erläutere ich dabei auch den technischen Aspekt, möchte aber auch auf alternative Vorgehensweisen bzw. konkrete Ansatzpunkte zur Abschätzung der Kapitalkosten eingehen.


Was du in diesem Artikel lernst


Recap: Warum wir die Kapitalkosten für die DCF-Bewertung brauchen

Stark vereinfacht betrachtet gehen wir im Rahmen der Discounted Cash Flow Bewertung in zwei Schritten vor:

  1. Wir schätzen die Cash Flows eines Unternehmens zu einem zukünftigen Zeitpunkt ab
  2. Wir übertragen diese Cash Flows auf den heutigen Zeitpunkt, indem wir abschätzen, wie viel wir heute bereit wären, für diese (mehr oder weniger unsicheren) Zahlungen der Zukunft zu zahlen

Die Logik dahinter können wir anhand der DCF-Formel ganz gut erkennen. Rot umkringelt ist jeweils der Diskonierungssatz zur Ermittlung des Barwerts (also des heutigen Werts der einzelnen Cash Flows):

Kapitalkosten Eigenkapitalkosten WACC

Um herauszufinden, was der heutige Wert der zukünftigen Cash Flows ist, teilen wir diese durch den entsprechenden Diskontierungs- bzw. Abzinsungsfaktor (1 + r)t, wobei r den entsprechenden Zinssatz und t das jeweilige Jahr darstellt.

Den Cash Flow des Jahres 1 teilen wir also durch (1 + r), den Cash Flow des Jahres 2 durch (1 + r)2 usw.

Im Grunde genommen ist dies nichts anderes als ein umgekehrter Zinseszinseffekt.


Zinseszinseffekt

Die grundsätzliche Überlegung hinter dem Zinseszinseffekt ist, dass eine Zahlung, die wir heute erhalten, mehr wert ist, als der gleiche Betrag in 5 Jahren. Und um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht um die Inflation, sondern um die Verzinsung unseres Kapitals (die aber natürlich die Inflation mit abdeckt).

Wenn wir z.B. heute 10.000 EUR erhalten und diese zu 3% über 5 Jahre anlegen können, dann haben wir nach 5 Jahren

Ausgangswert * (1 + erwarteter Return)Anzahl Jahre = 10.000 * (1,03)5 = 11.593 EUR.

10.000 EUR heute sind für uns also identisch zu 11.593 EUR in fünf Jahren. Sie haben für uns den gleichen Wert. Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso. Nichts anderes passiert in der DCF-Formel.

Soweit erstmal klar.

Die große Frage ist also nun, wie wir den Zinssatz r für die Bestimmung des Abzinsungsfaktors festlegen.

Dazu müssen wir uns zunächst mal die Frage stellen, wovon der Zinssatz eigentlich abhängt. In welchen Fällen erhalten wir z.B. 2-3% Verzinsung je Jahr, in welchen Fällen erhalten wir 10-15% bwz. sollten wir 10-15% verlangen?


Risiko

Wer sich schonmal etwas mit Geldanlage im Allgemeinen befasst hat, der weiß bereits, dass die Höhe des Zinssatzes vom Investitionsrisiko bzw. von der Unsicherheit der zukünftigen Zahlung abhängt. Investieren wir z.B. in Bundesschatzbriefe oder legen unser Geld auf einem Festgeldkonto bei der örtlichen Sparkasse an, dann wissen wir bereits heute mit großer Sicherheit, dass wir unser Geld in ein paar Jahren auch zurückerhalten werden. Und zwar in genau der erwarteten Höhe. Dem entsprechend ist die Verzinsung dieser Anlagen auch recht gering.

Umgekehrt verhält es sich natürlich bei Aktienanlagen. Wir gehen hier ein höheres Investitionsrisiko ein bzw. haben weniger Transparenz über die zukünftige Entwicklung. Für das Eingehen dieses zusätzlichen Risikos würden wir (und alle anderen Investoren auch) natürlich einen entsprechend höheren Return erwarten.

Risikoreichere Cash Flows sollten deshalb grundsätzlich erstmal mit einem höheren Faktor diskontiert bzw. abgezinst werden.

Das Investitionsrisiko ist übrigens etwas, das aus meiner Sicht (und auch aus Value Investor-Sicht) vor allem im Business bzw. Geschäftsmodell des analysierten Unternehmens begründet liegt. Investitionsrisiko ist aber nichts, das irgendetwas mit Marktpreisvolatilität etc. zu tun hat (wie in der Theorie der effizienten Märkte und dem CAPM unterstellt).


Mehr dazu, wie wir das Investitionsrisiko einer Aktie abschätzen können in meinem Artikel 5 Kriterien, um das Investitionsrisiko einer Aktie abzuschätzen.

Eigenkapitalkosten oder WACC?

Die Definition des Risikos hängt außerdem davon ab, ob wir zunächst ein ganzes Business (= FCFF) oder nur das Eigenkapital (= FCFE) bewerten.

Bewerten wir das gesamte Business, dann schauen wir uns die entsprechenden operativen Risiken an.

Bewerten wir nur  das Eigenkapital, dann schauen wir uns das Risiko einer Investition in das Eigenkapital des Unternehmens an. Dieses Risiko wird natürlich auf der einen Seite ebenfalls durch die operativen Risiken definiert, auf der anderen Seite aber auch durch den Verschuldungsgrad des Unternehmens. Je höher die Verschuldung, desto mehr Risiko steckt auch im Eigenkapital.

Um den Diskontierungssatz zu bestimmen bzw. das Risiko im Eigenkapital eines Unternehmens abzuschätzen, nutzen wir die Eigenkapitalkosten. Das operative Risiko des gesamten Geschäfts bemessen wir mit den Gesamtkapitalkosten bzw. dem WACC.

Bestimmung des WACC

Die Gesamtkapitalkosten sind das gewichtete Mittel aus Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten. Wobei die Kapitalstruktur, also wie viel Eigenkapital und wie viel Fremdkapital eingesetzt wird, die Gewichtungsfaktoren definiert.

Im Grunde genommen benötigen wir für die Berechnung der Kapitalkosten bzw. des WACC also drei wesentliche Inputs:

Sobald wir die einmal haben, ist die Berechnung dann auch entsprechend einfach:

Kapitalkosten bzw. WACC = Eigenkapitalkosten x Eigenkapitalanteil + Fremdkapitalkosten x Fremdkapitalanteil

Abschätzung der Fremdkapitalkosten

Für die Abschätzung der Fremdkapitalkosten gibt es verschiedene Möglichkeiten. Diese sind abhängig davon, ob ein Unternehmen ein offizielles Kredit-Rating (von S&P, Fitch etc.) besitzt, eigene Anleihen begeben hat, etc.


Das Unternehmen hat kein Rating

Wenn die Firma kein Rating hat, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Wir können zum einen den tatsächlich auf die aufgenommenen Schulden gezahlten Zinssatz nehmen. Idealerweise sogar für einen recht kürzlich aufgenommenen Kredit. Die Infos dazu finden wir in der Regel in den Notes zum Jahresabschluss.

Alternativ können wir ein so genanntes synthetisches Bond Rating ermitteln und darüber den Default Spread und anschließend mithilfe des risikolosen Zinssatzes die Fremdkapitalkosten bestimmen.

Fremdkapitalkosten = Risikoloser Zinssatz + Default Spread (synthetisch)

Aswath Damodaran hat dazu eine kleine Tabelle erstellt, die den Default Spread auf Basis der Zinsdeckung (Interest Coverage Ratio) berechnet.


Das Unternehmen hat ein Rating

Wenn die Firma ein Bond-Rating von einer der großen Rating-Agenturen (S&P, Moody’s, Fitch) hat und eigene Bonds bzw. Anleihen begeben hat, dann können wir den Yield to Maturity eines gehandelten, möglichst langfristigen Bonds der Firma nutzen. Wenn die Firma keine eigenen Anleihen begeben hat, können wir den Default Spread einer Anleihe mit einem vergleichbaren Rating verwenden.

Quelle: Finanzen.net

Die Details zu Bond Yields etc. können wir z.B. auf Finanzen.net finden.


Den Steuervorteil berücksichtigen

Nachdem wir die Fremdkapitalkosten (vor Steuern) nach einem der oben beschriebenen Verfahren abgeschätzt haben, müssen wir noch den Steuervorteil (die Zinsen sind ja als Aufwand komplett abzugsfähig) und diesen von unseren Fremdkapitalkosten abziehen:

Fremdkapitalkosten (nach Steuern) = Fremdkapitalkosten (vor Steuern) – Steuervorteil = Fremdkapitalkosten (vor Steuern) * (1 – Steuersatz)

Weitere Details inkl. eines kleinen Beispiels findet ihr in meinem Artikel zur Abschätzung der Fremdkapitalkosten.

Abschätzung der Eigenkapitalkosten

Auch für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten gibt es ebenfalls verschiedene Wege.

Auf der einen Seite haben wir das bekannte Capital Asset Pricing Modell (CAPM), auf der anderen Seite die etwas pragmatischeren, aber nicht unbedingt einfacheren Ansätze von Buffett, Greenwald und Co.

Während das CAPM das Investitionsrisiko im Wesentlichen als Schwankung des Marktpreises begreift, fokussieren sich Value Investoren wie Warren Buffett, Bruce Greenwald etc. eher auf die Stärken und Schwächen des Geschäftsmodells.

Beispiel: Nutzen wir das CAPM, dann würden wir sagen, dass Rohstoffaktien risikoreicher sind, weil die Kurse im Falle einer Wirtschaftskrise statistisch gesehen viel stärker einbrechen als der Gesamtmarkt. Als Value Investoren würden wir vermutlich das regelmäßig auftretende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage und die daraus resultierenden Rohstoffpreisschwankungen als Risiko im Geschäftsmodell der Firmen einordnen. Als eher risikoreich würden wir Rohstoffunternehmen aber vermutlich in beiden Fällen klassifizieren.


CAPM

Nach dem CAPM werden die Eigenkapitalkosten nach der folgenden Formel ermittelt:

Eigenkapitalkosten = Risikofreier Zinssatz + Beta x Risikoprämie

Für die Abschätzung der Eigenkapitalkosten brauchen wir demnach die folgenden drei Inputs:

Auf die Details gehe ich hier nicht weiter ein. Für weitere Infos zum CAPM lest euch am besten meinen Artikel zum Capital Asset Pricing Modell durch.


Value Investing Ansatz

Wenn wir sagen, dass viele Value Investoren typischerweise einen recht pragmatischen Ansatz bzgl. der Abschätzung der Eigenkapitalkosten verfolgen, dann heißt das im Zweifel zwar, dass keine komplexe quantitative Berechnungsformel zugrunde liegt.

Auf der anderen Seite ist aber auch eine Abschätzung der Eigenkapitalkosten auf Basis der Geschäftsmodellrisiken nicht so ganz einfach. Wir haben hier gleich zwei recht schwierige Themen:

Erstens müssen wir das Geschäftsmodell und die sich daraus ergebenden Risiken erstmal verstehen. Zweitens müssen wir dann natürlich wissen, wie wir diese Risiken in eine konkrete Zahl, also den Diskontierungsfaktor bzw. die Kapitalkosten übersetzen.

Ich schätze, dass Warren Buffett, Bruce Greenwald und Co. dies auf Basis ihrer Erfahrung fast mit geschlossenen Augen hinkriegen.


Weitere Details findet ihr in meinem Artikel zur Abschätzung der Eigenkapitalkosten.

Die Kapitalstruktur

Haben wir Fremd- und Eigenkapitalkosten einmal bestimmt, dann müssen wir sie nur noch mit den entsprechenden Faktoren gewichten, um die (Gesamt-) Kapitalkosten zu ermitteln.

Die Gewichtungsfaktoren sollten grundsätzlich auf den Marktwerten und nicht auf den Buchwerten für Eigen- und Fremdkapital basieren.

Wobei wir den Marktwert des Eigenkapitals recht einfach aus dem aktuellem Aktienkurs und der Anzahl ausstehender Aktien (Shares Outstanding) bestimmen können.

Beim Fremdkapital gehen wir in der Regel davon aus, dass der Buchwert gleich dem Marktwert ist. Mit einem einfachen Ansatz können wir allerdings auch einen Marktwert für die Schulden abschätzen.  Eine Sache sollten wir aber bzgl. des Fremdkapitals beachten: Wir sollten sicherstellen, dass wir im Rahmen unserer Bewertung überall die gleichen Werte für das Fremdkapital verwenden. Als generelle Regel gilt: Die Schulden die wir vom Firmenwert abziehen, um zum Wert des Eigenkapitals zu gelangen, sollten identisch sein zu den Schulden, die wir für die Berechnung des WACC verwenden.

Das Fremdkapital sollte dabei alle zinstragenden Verbindlichkeiten beinhalten, langfristige und kurzfristige. Darüber hinaus sollten auch außerbilanzielle Schulden bzw. Verpflichtungen wie operative Leasing-Verträge mit berücksichtigt werden.

Wir können außerdem entweder die Bruttoverschuldung (also die Gesamtschulden) oder die Nettoverschuldung (also die Gesamtschulden korrigiert um die Barmittelbestände bzw. die marktgängigen Wertpapiere) verwenden.

Folgende Einschränkungen:

  • Nutzen wir die Bruttoverschuldung, dann sollten wir im Rahmen der Cash Flow Berechnung den gesamten Zinsaufwand nutzen sowie alle erforderlichen Ratios (z.B. für die Berechnung des Levered Beta und der Kapitalkosten) auf Basis der Bruttoverschuldung rechnen.
  • Nutzen wir die Nettoverschuldung, dann sollten wir den Zinsaufwand entsprechend um die Zinseinnahmen (aus Cash und Wertpapieren) korrigieren und auch die Finanzkennzahlen entsprechend anpassen.
  • Sollte das Net Debt bzw. die Nettoverschuldung negativ sein, dann sollten wir sie gleich Null setzen und den Barmittelüberschuss und die marktgängigen Wertpapiere separat berücksichtigen.

Beispiel: WACC für Microsoft

Microsoft hatte ich ja schon öfter als Beispiel zur Illustration genutzt, unter anderem auch für die Abschätzung von Fremdkapitalkosten und Eigenkapitalkosten. Insofern findet ihr hier nun auch die Zusammenführung zum WACC erläutert am Beispiel MSFT. Auf die Abschätzung der einzelnen Bestandteile (Eigenkapitalkosten nach dem CAPM und Fremdkapitalkosten) verweise ich aber auf die entsprechenden Artikel.

Berechnung Kapitalkosten WACC Microsoft

Hier interessant ist also vor allem der untere Teil der oben stehenden Grafik, die Kapitalstruktur und die Berechnung des WACC bzw. der Kapitalkosten. Wie wir sehen, ist die Berechnung ganz simpel.

Auf Basis der Anteile von Eigenkapital (ca. 90%) und Fremdkapital (ca. 10%) ergeben sich Gesamtkapitalkosten von ca. 8,0%:

WACC = 8,6% x 91,8% + 2,4% x 8,2% = 8,0%

Der Marktwerts des Eigenkapitals wird dabei berechnet aus der Anzahl umlaufender Aktien und dem Aktienkurs (Wert EK = Anzahl umlaufender Aktien x Aktienkurs).

Die Hohe der Schulden wurde 1-zu-1 aus dem Geschäftsbericht übernommen (zinstragende kurz- und langfristige Schulden). Operative Leasingverträge werden von Microsoft bereits kapitalisiert, d.h. sind bereits in den Bilanzpositionen berücksichtigt. Hierfür müssen wir also keine gesonderte Anpassung vornehmen. Wir nutzen für die Berechnung der Anteile außerdem die Bruttoverschuldung, nehmen also keine Korrektur für die vorhandenen Barmittelbestände und Investments vor.

Für die Berechnung der Eigenkapitalkosten nutzen wir hier das CAPM (mit Bottom-up Abschätzung des Beta), die Fremdkapitalkosten ermitteln wir auf Basis der tatsächlich gezahlten Zinsen (in meinem Artikel zu den Fremdkapitalkosten findet ihr einen Vergleich der einzelnen Ansätze).


Weitere Ressourcen zur DCF-Bewertung

Einordnung des Discounted Cash Flow in die DIY Investor Bewertungslogik

Financials anpassen und aktuelle Cash Flows ermitteln:

Cash Flows prognostizieren

Den Abzinsungsfaktor bestimmen

Das Unternehmen bewerten

5 Kommentare zu „Wie wir die Kapitalkosten bzw. den WACC bestimmen können“

  1. Pingback: Der Zeitwert des Geldes - Value Investing Chronicle

  2. Hallo Axel,

    wird im Rahmen der WACC Berechnung für die Gewichtung des Fremdkapitals ausschließlich das verzinsliche Fremdkapital sprich die Finanzverschuldung herangezogen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus

    1. Hallo Klaus,

      Grundsätzlich müsstest du in der Tat alle zinstragenden Verbindlichkeiten berücksichtigen.

      Dazu können neben dem “gewöhnlichen” Fremdkapital allerdings auch Pensionsverbindlichkeiten gehören (diese können mit dem durchschnittlichen Diskontierungssatz berücksichtigt werden).

      Viele Grüße,
      Axel

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  4. Pingback: Discounted Cash Flow – Teil 03.2: WACC - Cash Flow Code

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