Der (Produkt-) Lebenszyklus – Kurz und bündig

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Lebenszyklus und Produktlebenszyklus

Der Lebenszyklus ist eigentlich ein Konzept aus der Biologie, kann aber auch für Produkte und damit ggf. auch für ganze Unternehmen in ähnlicher Form angewendet werden. Das Ganze nennt sich dann Produktlebenszyklus. Für nahezu jedes Produkt startet der Lebenszyklus mit der Produktidee bzw. dem ersten Produktdesign und der Produktentwicklung (R&D) und endet schließlich nach einigen Jahren mit der Rücknahme des Produktes vom Markt.

Man könnte nun meinen, dass es sich hier um einen Ansatz handelt, der hauptsächlich für Marketing-Vorlesungen relevant ist. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir aber schnell die Relevanz für uns als DIY Investoren. Denn auch im Hinblick auf die Unternehmensbewertung und die Einschätzung der Wachstumsoptionen bzw. Wachstumsrate eines Unternehmens ist dieses Konzept sehr hilfreich.

In diesem Artikel möchte ich deshalb einmal kurz auf die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus und auf die Implikationen für unsere Unternehmensbewertung eingehen. Wie üblich blicke ich aus der Sicht eines Value Investors auf das Thema.


Die 5 Phasen des Lebenszyklus bzw. des Produktlebenszyklus

Insgesamt werden in der Literatur 5 Phasen des Produktlebenszyklus definiert:

  1. Forschung und Entwicklung (F&E bzw. R&D)
  2. Einführung
  3. Wachstum
  4. Reife
  5. Abnahme bzw. Schrumpfung

Jede Phase für sich ist nun gekennzeichnet durch bestimmte Charakteristika, die einen Einfluss auf unsere Bewertung haben. Wie wir der folgenden Abbildung entnehmen können, werden die höchsten Gewinne in der Regel in der Wachstums- und Reifephase erreicht. Das höchste absolute Umsatzniveau tritt ebenfalls in der Reifephase auf.

Lebenszyklus und Produktlebenszyklus

Natürlich handelt es sich hier nur um ein theoretisches Konzept. In der Realität kann es natürlich auch Produkte geben, mit denen bereits in der Einführungsphase gutes Geld verdient wird usw.

Für uns als Value Investoren sind aus meiner Sicht hauptsächlich die Wachstumsphase und die Reifephase des Lebenszyklus interessant. Übrigens können wir auch die Einteilung in Growth- und Value-Aktien grob anhand dieses Lebenszyklus festmachen. Es heißt ja z.B., dass Apple nun keine Wachstumsaktie mehr ist, sondern eher eine Value-Aktie. Das bedeutet im Wesentlichen nichts anderes, als dass das wichtigste Produkt von Apple, nämlich das iPhone, nun die Reifephase des Produktlebenszyklus erreicht hat.

Produktlebenszyklen gibt es in so gut wie jeder Industrie. Besonders schön illustrieren lässt sich der Produktlebenszyklus allerdings anhand der Produkte der großen Tech-Firmen wie z.B. dem iPhone von Apple oder der X-Box von Microsoft.

Aber dazu später mehr. Zunächst einmal ein kurzer Überblick über die Phasen des Produktlebenszyklus.


1. Research & Development

In der Entwicklungsphase geht es für das Unternehmen darum, das Produkt von einem ersten Konzept weiterzuentwickeln in etwas, das dann tatsächlich in Serie auf den Markt gebracht werden kann. Wobei der größte Teil der Produktideen allerdings die Einführungsphase niemals erreicht.


2. Einführung

Nach Einführung eines neuen Produkts wird die einführende Firma zunächst mal keinen großen Wettbewerb haben (sie hat also sozusagen ein Quasi-Monopol). Hohe Marketingkosten sorgen aber in der Regel zunächst mal dafür, dass keine großartigen Gewinne erwirtschaftet werden (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel).

Aufgrund der noch niedrigen Produktionsmengen findet außerdem noch keine große Fixkostendegression bzw. Optimierung der Wertschöpfungskette statt, was dazu führt, dass die spezifischen Produktionskosten noch überdurchschnittlich hoch sind.

Der Erfolg des Produkts am Markt lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zuverlässig abschätzen.

Unternehmen, die aktuell nur Produkte in der Entwicklungs- oder Einführungsphase haben, sind deshalb aus meiner Sicht eher etwas für Start-up Investoren oder Venture Capitalists. Für Bewertung und Risikoeinschätzung sind nämlich wie ich glaube ganz andere Skills erforderlich, als für die Einschätzung von Value-Aktien bzw. etablierten gelisteten Unternehmen (auch wenn es bestimmte Gemeinsamkeiten gibt).

Auch im Rahmen der Analyse bzw. Bewertung von bereits etablierten Unternehmen sollten wir eher konservativ mit Produkten in der Entwicklungs- oder Einführungsphase umgehen und nicht versuchen, diesen Produkten irgendeinen Wert zuzuweisen. Sollten die Produkte später einschlagen, dann wäre das für uns ein schöner positiver Nebeneffekt.


3. Wachstum

Wenn das neue Produkt erfolgreich ist, dann werden die Verkaufsmengen und damit auch die Umsätze weiter steigen. Die ersten Wettbewerber werden in den Markt eintreten, indem sie das Produkt einfach replizieren und / oder um eigene Features erweitern. Langsam aber sicher wird sich der Marktanteil des ehemaligen Monopolisten verringern. Da der Markt für das Produkt aber zu diesem Zeitpunkt noch stark wächst, ist das erstmal kein Problem.

Eine Ausnahme bilden hier höchstens Industrien bzw. Produkte, für die es einen stabilen Patentschutz gibt (z.B. Pharma).

In dieser Phase wird das Produkt zunehmend auch in andere Märkte (Regionen, Länder) exportiert. Aufgrund des (noch) recht geringen Wettbewerbs und der nun realisierten Skaleneffekte sind die Gewinne in dieser Phase relativ gesehen (also als Gewinnmarge betrachtet) am höchsten.

In der Wachstumsphase wird es dann auch für uns interessant, weil zunehmend Transparenz bzgl. des Marktpotenzials des Produkts besteht und wir erste Daten zu Marktvolumen, -anteilen und Returns zur Verfügung haben.


4. Reife

Tritt ein Unternehmen bzw. Produkt in die Reifephase ein, dann ist es bereits relativ standardisiert und in der Breite im Markt etabliert und verfügbar. Das Umsatzwachstum verringert sich im Vergleich zur Wachstumsphase stark, bis der Umsatz schließlich sein höchstes Niveau erreicht.

Der Wettbewerb findet in zunehmendem Maße über die Kosten statt. Das heißt die Fertigung (vor allem der personalintensive Teil) wird in vielen Fällen in Niedriglohnländer verlagert (wenn sie nicht von vornherein dort angesiedelt war) und das Produkt wird weltweit gehandelt. Der Preis des Produkts gerät zunehmend unter Druck.

Die Länge der Reifephase hängt nun von den Upgrades des Produktes ab. Innerhalb der Reifephase sehen wir oft noch mehr oder weniger inkrementelle Upgrades und Verbesserungen des Produkts. Solange es z.B. für ein fest etabliertes Produkt keinen deutlich besseren Ersatz gibt (Beispiel Microsoft Office), kann die Reifephase des Lebenszyklus lange anhalten. Dies hängt dann auch mit dem Wettbewerbsvorteil zusammen, den das Unternehmen bzw. Produkt hat.

Unser Ziel als Value Investoren ist es nun, Unternehmen bzw. Aktien mit genau solchen Produkten und Wettbewerbsvorteilen zu finden und diese zu einem akzeptablen Preis zu kaufen.


5. Abnahme / Schrumpfung

Irgendwann wird so gut wie jedes Produkt aber doch obsolet und durch ein neueres und besseres Produkt ersetzt. Bis das der Fall ist, werden aber sowohl die Produktion als auch die Distribution soweit optimiert, dass möglichst noch positive Margen oder Deckungsbeiträge erzielt werden können.


Die aktuelle Phase des Lebenszyklus einschätzen – Beispiel Apple

Das Konzept des Lebenszyklus bzw. des Produktlebenszyklus lässt sich glaube ich gut am Beispiel Apple bzw. iPhone illustrieren.

Das iPhone in der ersten Version kam im Jahr 2007 auf den Markt. Seitdem kam ca. alle ein bis zwei Jahre eine neue Version des iPhone heraus. Aktuell sind wir ja beim iPhone 7 angekommen. Die Veröffentlichung des iPhone 8 steht vermutlich in 2017 an.

Die folgende Abbildung illustriert einmal die Verkaufshistorie des iPhone bis ins Jahr 2016.

Apple iPhone Verkäufe; Quelle: Quartalsberichte

Wir können die verschiedenen Phasen hier glaub ich ganz gut erkennen.


Einführungsphase

Die Einführungsphase hat meiner Meinung nach schätzungsweise bis ins Jahr 2010 gedauert. Bis dahin waren die Volumen noch relativ klein und das iPhone stand im Wettbewerb zu “herkömmlichen” Mobiltelefonen und frühen Smartphones wie dem Blackberry. Im Jahr 2010 kam dann mit dem Samsung Galaxy das erste ernstzunehmende Wettbewerbsprodukt in den Handel und Smartphones gewannen zunehmend an Marktanteil.


Wachstumsphase

Die sich anschließende Wachstumsphase dauerte dann bis ca. ins Jahr 2015 an. In dieser Zeit hat sich der Markt für Mobiltelefone komplett gewandelt. Herkömmliche “Handys” verschwanden mehr oder weniger komplett vom Markt und Smartphones eroberten die Welt. Das iPhone bekam zusätzlichen Wettbewerb durch Firmen wie Google, HTC, Huawei, Nokia etc. und wurde nach und nach verbessert (auch aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs).

Und auch wenn das iPhone nach wie vor DAS Premium-Smartphone ist und einen entsprechenden Preis hat, musste Apple seine Vermarktungsstrategie über Zeit doch etwas anpassen (mit negativem Einfluss auf die Marge bzw. die Kapitalrendite):

  • iPhones mit zusätzlichen Features und höheren Produktionskosten werden inzwischen zum gleichen Preis vertrieben wie das Vorgängermodell
  • Das iPhone 5 wurde als “relativ” günstige Variante als iPhone SE wieder aufgelegt
  • Apple vertreibt aktiv gebrauchte bzw. wieder hergerichtete iPhones, um auch ein Angebot im unteren Preissegment zu haben

Reifephase

Aktuell befinden wir uns deshalb vermutlich bereits in der Reifephase, erkennbar am mehr oder weniger stagnierenden Absatz der letzten Quartale (abgesehen von der typischen Saisonalität, die wir in den Absatzzahlen sehen können). Auch wenn in Regionen wie China grundsätzlich noch großes Potenzial schlummert, scheint es so etwas wie eine Sättigung zu geben.

Dass diese Sättigung aber nicht zwangsläufig zu schrumpfenden Umsätzen und Gewinnen führen muss, habe ich in meinem Artikel zur Apple-Aktie ja schonmal analysiert. Die große Frage wird sein, ob Apple in der Lage sein wird, das mithilfe der iPhone-Verkäufe generierte Cash für die Entwicklung und den Ausbau anderer hochmargiger Produkte zu nutzen (Stichwort Kapitalallokation).


Fazit

Für uns als Value Investoren sind hauptsächlich Firmen in der Wachstums- und Reifephase interessant.

Auch wenn die Analyse des Produktlebenszyklus uns keine abschließende Beurteilung des zukünftigen Gewinnwachstums erlaubt, so ist eine Einordnung aus meiner Sicht doch für die Abschätzung des zukünftigen Gewinnwachstums sehr hilfreich. Oder was meint ihr?

1 Kommentar zu „Der (Produkt-) Lebenszyklus – Kurz und bündig“

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