15 Tipps und Tricks für das Führen eines effektiven Management-Interviews

Inhalt

Management-Interview CEO-Interview

In der Unternehmensberatung besteht eine der Hauptaufgaben eines jungen Consultants darin, aus einer ganzen Reihe an Gesprächen mit Management und erster bzw. zweiter Führungsebene die wesentlichen Sichtweisen bzgl. eines bestimmten Themenkomplexes zu erfragen, diese zu synthetisieren (also die Sichten der verschiedenen Interviewpartner zusammenzuführen) und anschließend im Rahmen weiterer Gespräche wieder zurückzuspiegeln (“Haben wir das so richtig verstanden?”). Die Skills, die man für das Durchführen solcher Interviews benötigt, weichen – wie ich gelernt habe – gar nicht so sehr von denjenigen ab, die man für ein Management-Interview aus Investorenperspektive benötigt.

Aus diesem Grund habe ich einmal versucht, die wesentlichen Tipps und Fallstricke zum Thema Management-Interviews hier kurz zusammenzufassen.

Kleiner Hinweis: Wie das Intro bereits etwas suggeriert, können die vorgestellten Strategien natürlich auch z.B. für Interviews mit (Ex-)Mitarbeitern, Zulieferern, Kunden etc. verwendet werden (was aus meiner Sicht in vielen Fällen sogar mehr bringt, als mit einem in externer Investorenkommunikation geschulten bzw. erfahrenen CEO im Rahmen eines 1-on-1 auf einer Investorenkonferenz zu sprechen).


Vorbereitung und Intro: Wie andere uns als Interviewpartner sehen

Ein essentieller erster Schritt im Vorfeld eines Management-Interviews ist die richtige Vorbereitung. Auf der einen Seite sollten wir natürlich genau wissen, mit wem und zu welchem Unternehmen wir sprechen. Wir sollten aber auch nicht unterschätzen, welchen Einfluss es auf das Ergebnis unseres Interviews haben kann, wie wir vom Gegenüber als Interviewpartner gesehen bzw. eingeschätzt werden.

Wichtig ist insbesondere, dass wir von unserem Gegenüber als „vertrauenswürdig“ wahrgenommen werden. Dafür müssen wir im Wesentlichen zwei Dinge erreichen:

  1. “Connecten”, also ein (harmonisches) Verhältnis zu unserem Gegenüber aufbauen
  2. Uns als Gesprächspartner auf Augenhöhe etablieren, d.h. unsere Fähigkeiten bzw. unsere Kenntnisse demonstrieren

Um dies zu erreichen, können wir ein paar bewährte Strategien anwenden:


#1: Harmonisches Verhältnis aufbauen (“Establish Rapport”)

Zunächst mal sollten wir uns dafür bedanken, dass unser Gesprächspartner sich die Zeit nimmt, mit uns zu sprechen. Anschließend können wir – vielleicht nach einem kurzen Small Talk – zunächst auf ein paar generelle Problemstellungen der Branche zu sprechen kommen und uns danach erkundigen, wie das Unternehmen mit den Herausforderungen umgegangen ist… im Wesentlichen, um unseren Gesprächspartner einmal ins Reden zu bringen.

Wichtig ist, dass wir bereits hier mit offenen Fragen starten, also Fragen, die nicht direkt und kurz und knapp mit einem einfachen “Ja” oder “Nein” beantwortet werden können.

Also nochmal in Kurzform:

  • Für die Zeit bedanken
  • Hervorheben, dass die Zeiten schwierig sind – ggf. auf Branche / Sektor anpassen
  • Mit generellen offenen Fragen starten, um den Interviewpartner ins Reden zu bringen (z.B.: “Wie hat das Personal die Änderungen der letzten Monate verkraftet? Wie haben die Mitarbeiter reagiert?”)

#2: Uns selbst als glaubwürdigen Gesprächspartner etablieren

Im zweiten Schritt sollten wir versuchen, uns selbst bei unserem Gegenüber als Gesprächspartner auf Augenhöhe (neudeutsch als “Peer”) zu etablieren. Hierfür sollten wir

  • durchblicken lassen, dass wir regelmäßig auch mit anderen Marktteilnehmern im Gespräch sind (“Social Knowledge” und Kontakte haben ein hohes Gewicht)
  • Fragen fragen, die durchblicken lassen, dass wir wissen, was für das Gegenüber wichtig ist
  • den Interviewpartner wissen lassen, dass wir ggf. einige hilfreiche Informationen aus anderen Gesprächen erhalten haben – diese Infos können wir dann während der Diskussion teilen (“Relationship” aufbauen)

Das alles funktioniert natürlich nur, wenn wir uns entsprechend gut auf das Gespräch vorbereitet und uns auch mit Unternehmen und Branche hinreichend tief befasst haben.

Aus diesem Grund sollten wir im Vorfeld des Interviews

  • alles lesen, was uns zur aktuellen Unternehmens- und Marktentwicklung in die Finger kommt
  • mit Kunden, Lieferanten und vielleicht auch mit (Ex-)Mitarbeitern sprechen bzw. z.B. Glassdoor / Kununu als Benchmark nutzen
  • ein paar Leitfragen (je nach Länge des Interviews maximal 10) entwickeln vor dem Hintergrund einer ersten Idee für unsere Investment Thesis
  • etc.

Darüber hinaus sollten wir so unvoreingenommen wie möglich an das Interview herangehen, weil sich die besten Fragen und Diskussionen ja meist erst aus dem Gespräch heraus ergeben… oder mit anderen Worten: Wir sollten nicht versuchen, Frage um Frage auf unserer Liste abzuhaken, sondern das Gespräch stattdessen etwas fließen lassen.


Tipps und Tricks für ein gelungenes Management-Interview

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für ein gelungenes CEO-Interview ist die Art und Weise, wie wir Fragen und Rückfragen stellen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, aktiv zuzuhören und unsere Fragen sozusagen aus dem Kontext des Gesprächs entstehen zu lassen. Hierfür gibt es die folgenden Strategien:


#3: “Paraphrasieren” und Verständnisfragen stellen

Um sicherzugehen, dass wir alles richtig verstanden haben, sollten wir hin und wieder das Gesagte nochmal in unseren eigenen Worten wiedergeben (“paraphrasieren”) und im Anschluss weitere Verständnisfragen stellen. Zusammenfassungen in eigenen Worten und Verständnisfragen sind generell der beste Weg, um unserem Gegenüber zu signalisieren, dass wir gut und aufmerksam zuhören.

Wenn etwas unklar ist, dann fragen wir einfach nach (“Das hört sich an, als ob…?”) bzw. stellen ansonsten nochmal die Warum-Frage (“Warum ist das so?”).  Auf solche Fragen kann unser Gegenüber eigentlich nicht nicht antworten… bei Verständnisfragen handelt es sich also um gute “Follow-up Fragen”.


#4: Tiefer gehen

Hierbei handelt es sich um Anmerkungen bzw. Fragen wie z.B. “Das ist interessant. Können Sie mir darüber noch etwas mehr erzählen?” oder einfach “Und was bedeutet das genau?”

Damit legen wir unserem Gesprächspartner keine Worte oder Antworten in den Mund, sondern lassen ihn über die weitere Richtung des Gesprächs entscheiden.

Auch hier wird es für den Manager eher schwierig sein, uns keine Antwort zu geben.


#5: Das Gesagte bestätigen bzw. verstärken

Im Sinne des Aufbaus einer guten und langfristigen Beziehung zum Management sollten wir versuchen, die Herausforderungen, den Antrieb und die Gefühle unseres Gegenübers zu verstehen… bzw. auch zu transportieren, dass wir uns in die Themen und Probleme hineinversetzen können.

Wir sollten also das Gesagte also hin und wieder einmal bestätigen oder ggf. sogar noch etwas verstärken und im Idealfall direkt mit einer Vertiefungsfrage verknüpfen (“Das hört sich herausfordernd an… wie gehen Sie mit xyz um?”).


#6: Den Wissensvorsprung unseres Gegenübers hervorheben

Wenn wir eine Abkürzung o.Ä. mal nicht nicht verstehen, sollten wir ruhig nachfragen. Im Gespräch stellt dies eher eine Chance dar, unserem Interviewpartner das Gefühl zu geben, dass er mehr über ein Thema weiß, als wir selbst. Meistens entsteht dadurch auch keinerlei Schaden.


#7: Timing: Vom allgemeinen ins Spezielle gehen

Im Gesprächsverlauf sollten wir versuchen, die uns gegebenen Antworten zu validieren und die Ehrlichkeit bzw. Aufrichtigkeit unseres Gesprächspartners zu bewerten.

Dies machen wir am geschicktesten, indem wir insbesondere die den Antworten zugrunde liegenden Annahmen nochmal genauer hinterfragen und unseren Gegenüber z.B. nach seinem bzw. ihrem Konfidenzniveau fragen… d.h. idealerweise nach einer Prozentzahl bzw. einer Bandbreite, auf Basis derer wir dann noch weiter nach einer konkreten Begründung nachbohren können.


#8: Feedback einholen

Zum Abschluss des Interviews sollten wir unserem Gesprächspartner ein Feedback geben bzw. auch welches von Ihm / ihr einholen. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen wir ein hohes Interesse am Aufbau einer längerfristigen Geschäftsbeziehung haben.

Wir könnten z.B. nochmal zusammenfassen, welche Aspekte des Gesprächs wir besonders hilfreich fanden und was uns bzgl. des Verständnisses des Unternehmens ganz besonders weitergebracht hat.

Auf der anderen Seite können bzw. sollten wir aber auch nach konkretem Feedback zum Interview selbst fragen (Was hat gut funktioniert? Was könnten wir allerdings noch anders / besser machen?).


Typische Fehler beim Management-Interview vermeiden

Gerade haben wir uns angeschaut, wie wir im Gespräch die richtige Stimmung erzeugen, das Gespräch in die richtige Richtung lenken, die richtigen Fragen stellen etc.

Leider ist ein lockeres Gespräch, in dem unsere Gegenüber all unsere Fragen zu unserer vollsten Zufriedenheit beantwortet, aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich (insbesondere dann nicht, wenn wir tatsächlich bis auf den Grund vordringen und etwas mehr aus dem Gespräch herausbekommen wollen, als das, was sowieso schon überall geschrieben steht).

Oft haben wir es mit Kommunikationsexperten zu tun, die ihre Story aus dem FF kennen und genau wissen, in welche Richtung sie ein Gespräch lenken müssen, um möglichst wenig preisgeben zu müssen (hier einmal von der Prämisse ausgehend, dass es auch tatsächlich etwas zu verbergen gibt).

In solchen Situationen kann es dann auch schonmal etwas unangenehmer werden. Wichtig ist dann vor allem, dass wir immer professionell bleiben und unser Ziel nicht aus den Augen verlieren… nämlich herauszufinden, ob das Unternehmen, um das es geht, ein gutes Investment sein könnte.


#9: „Der Ton macht die Musik.“ – Nicht persönlich werden

Wichtigster Punkt ganz zu Beginn: Wir sollten ein Management-Interview unter keinen Umständen persönlich werden lassen.

Wir sollten inhaltlich zwar auch vor unangenehmen Fragen nicht zurückschrecken, diese Unnachgiebigkeit allerdings nicht auf die Person übertragen (“Hart in der Sache, weich zu den Menschen”).

Einer Arroganz oder Aggressivität von Seiten unseres Gegenübers sollten wir immer (!) mit Freundlichkeit begegnen (“Don’t make it personal!”).

Falls es nämlich zu persönlich werden sollte, wird sich unser Interviewpartner wahrscheinlich recht schnell verschließen und keine wirklich relevanten Informationen mehr preisgeben… und darüber hinaus werden wir außerdem als unprofessionelle Gesprächspartner wahrgenommen (das gilt auch dann, wenn wir eigentlich nur auf unseren Gesprächspartner reagiert haben).


#10: PR-Antworten vermeiden bzw. versuchen zu umgehen

Ich hatte eben bereits angedeutet, dass es sich bei unseren Gesprächspartnern in der Regel um Menschen handelt, die in ihrem Alltag oft mit externen Partnern (Kunden, Lieferanten, Banken, Politik etc.) zu tun haben und dem entsprechend auch ihre “Story” genau kennen.

Wie schaffen wir es also in einer solchen Konstellation nicht nur die standardisierten und zurechtgelegten PR-Antworten zu hören zu bekommen? Hierfür gibt es zwei Strategien:

  • Auf bereits öffentliche Statements verweisen: “Ich weiß, Sie haben über x dies und das gesagt (z.B. im letzten Earnings Call). Was können Sie mir dazu noch erzählen?”
  • Umleiten: “Ich verstehe das Thema x. Erzählen Sie mir doch noch etwas mehr über y.” Vielleicht hat der Interviewpartner die Frage etwas anders verstanden, als sie gemeint war

Wenn wir trotz aller Versuche in einer bestimmten Fragenkategorie nicht weiterkommen, dann sollten wir ggf. vorsichtig unterbrechen bzw. auf den nächsten natürlichen Haltepunkt im Gespräch warten und die Diskussion anschließend auf ein komplett neues Thema auf unserer Fragenliste lenken (“Wir haben noch eine ganze Reihe an Fragen. Lassen Sie uns nochmal zum nächsten Thema weitergehen.”).


#11: Keine feste Agenda und kein “Abarbeiten” von Fragenlisten

Im Gegensatz zu einem durchgeplanten Meeting sollten wir in ein CEO- bzw. Management-Interview nicht mit einer festen Agenda reingehen. Wir sollten unserem Gesprächspartner auch keine lange Fragenliste präsentieren, die wir dann Punkt für Punkt durchgehen. Ein solches Vorgehen kann sehr ermüdend sein.

Wir sollten stattdessen unsere ca. 10 Leitfragen im Kopf haben und höchstens erwähnen, dass es bestimmte Themenbereiche gibt, die wir im Gespräch gerne abdecken würden. Abgesehen davon sollten wir einfach die smarte Fragen stellen und unserem Gegenüber die Freiheit geben, das Gespräch mit zu lenken.


Konkrete Fragen für das Management-Interviews

Die Arten von Fragen von Fragen, die wir im Rahmen des Management-Interviews stellen können, sind vielfältig. Bevor wir zu einer ersten Liste mit ganz konkreten Fragen kommen, vorab noch zwei generelle Tipps.

Wir sollten im Zweifel eher mit ein paar so genannten Aufwärmfragen starten und nicht direkt die Fragen stellen, die einen am meisten interessieren. D.h. der Einstieg sollte eher breit bzw. “high level” sein… also z.B. „Was war die größte Veränderung in der Branche in den letzten x Jahren?”

Darüber hinaus sollten wir – wie oben bereits angesprochen – darauf achten, dass wir offene Fragen stellen, um unseren Interviewpartner zum Reden zu animieren.

Im Folgenden mal eine erste Liste mit möglichen Fragen bzw. Richtungen, in die wir ein Management-Interview lenken können (natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit):


#12: Was versus Wie-Fragen – Generell versus instrumentell

  • Was ist Ihre Einschätzung des Problems?
  • Wie planen Sie, das Problem zu adressieren / zu lösen?
  • Was-Fragen eher am Anfang stellen, Wie-Fragen kommen später (wenn es tiefer geht)

#13: Impact-Fragen

  • Fokus auf die Zukunft: Wie sehen Sie die Entwicklung der Umsätze in den nächsten Jahren? Welche neuen Technologien könnten den größten Einfluss auf Ihr Geschäftsmodell haben?
  • Bedrohung: Was hält Sie nachts wach? Welche wirtschaftlichen Entwicklungen finden Sie beunruhigend?
  • Insight: Was hat Sie am meisten überrascht? Was ist Ihre größte Challenge?

#14: Fragen mit Wettbewerbsfokus

  • Was machen Sie, das Ihre Wettbewerber noch nicht machen?
  • Was hat das Unternehmen unternommen, um seinen Wettbewerbsvorteil zu festigen bzw. auszubauen?
  • Welches sind die neuen Wettbewerber im Markt?
  • Was machen die Wettbewerber besser als Sie?

#15: Fragen mit Fokus auf Problemstellungen

  • Worüber beschweren sich die Kunden am häufigsten?
  • Welche Teile des Geschäfts bereiten Ihnen aktuell die meisten Kopfschmerzen?
  • Welches sind die größten Herausforderungen mit Ihren Kunden?
  • Welches sind die größten Herausforderungen bzgl. der Akquirierung talentierter Mitarbeiter?
  • Welche kritischen Positionen sind am schwersten zu besetzen? Wo gibt es den größten Bedarf?

Key Take Aways

Beim Führen eines CEO- bzw. Management-Interviews kommt es nicht nur darauf an, eine lange Liste mit konkreten Fragen zu verschiedenen Themenbereichen abzuhaken.

Das wäre im Gesprächsverlauf in der überwiegenden Zahl der Fälle auch gar nicht möglich, insbesondere weil sich ein Gespräch in der Regel sehr dynamisch entwickelt und unser Gesprächspartner einen mindestens so großen Einfluss auf den Gesprächsverlauf hat, wie wir selbst.

Darüber hinaus würde das stupide Abarbeiten einer Fragenliste vermutlich nur Standardantworten ohne zusätzliche “Insights” generieren… mit einem sehr begrenzten Mehrwert für uns als Interviewer.

Wir sollten uns also soweit wie möglich auf das Gespräch einlassen und sehen wo es uns hinführt. Wichtig ist lediglich, dass wir die wesentlichen zu adressierenden Fragen im Hinterkopf haben und das Gespräch an den entscheidenden Stellen entweder durch aktives Zuhören und geschicktes Nachfragen oder aber durch Umleiten in die richtige Richtung lenken.

Wichtig ist außerdem, dass wir uns an ein paar wesentliche Grundregeln halten, um das Gespräch für uns so ergiebig wie möglich zu gestalten (z.B. immer professionell, d.h. freundlich, auch auf Spitzen unseres Gegenübers reagieren).

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