Semiconductors 1×1: Geschäftsmodelle und wesentliche Spieler

Inhalt

Halbleiterchips - Geschäftsmodelle

Im ersten Teil der Artikelreihe zum Thema Semiconductors hatte ich mich mit dem Herstellungsprozess eines Halbleiterchips beschäftigt und eine erste grobe Marktsegmentierung vorgenommen.

In diesem Artikel möchte ich nun einmal auf die wesentlichen verschiedenen Geschäftsmodelle innerhalb und rund um diese Wertschöpfungskette eingehen und die einzelnen Player etwas einordnen. In diesem Teil wird es also erst wirklich interessant.


Semiconductors: Übersicht Geschäftsmodelle

Falls ihr euch erinnert: Der Herstellungsprozess eines Mikrochips erfordert  – von einem rein sequentiellen Standpunkt aus betrachtet – vier verschiedene Produktionsschritte (für mehr Details siehe Semiconductors 1×1: Wertschöpfungskette):

  1. Siliziumabbau und -metallurgie
  2. Si Wafer Herstellung
  3. Chip-Fabrikation
  4. Finishing (Assembly, Packaging, Testing)

Wenn wir das Ganze nun allerdings einmal sozusagen aus einer Geschäftsmodell-Sicht betrachten, dann kommen noch eine ganze Reihe weiterer “Wertschöpfungsschritte” hinzu (und damit nebenbei auch Möglichkeiten für einen Investor, von der positiven Entwicklung der wachsenden Halbleiternachfrage zu profitieren).

Hier schonmal vorab eine kurze grafische Übersicht über die verschiedenen Geschäftsmodelle (9 an der Zahl):

Zu dieser Darstellung sollte ergänzend erwähnt werden, dass es typischerweise ein sehr enges Zusammenspiel zwischen diesen verschiedenen “Geschäftsmodellen” gibt.

Schon sehr früh in der Entwicklung müssen die Chip-Designer beispielsweise entscheiden, in welcher Fabrik und über welchen Prozess (10nm, 7nm, 5nm etc.) der Chip hergestellt werden soll. Der spätere Wechsel hin zu einer anderen Fab (z.B. von Samsungs 7nm-Prozess hin zu TSMCs 7nm-Prozess) ist quasi unmöglich bzw. würde eine komplette Neuentwicklung des Chip-Designs erfordern. Entsprechend eng muss deshalb auch die Zusammenarbeit zwischen Herstellern sowie IP- und Software-Anbietern ausgestaltet sein.

Gehen wir die wesentlichsten Themen einmal im Einzelnen durch und fangen mit dem Kernaspekt an, nämlich der Unterscheidung zwischen integrierten Chip-Herstellern (so genannten IDMs) und “fabriklosen” Herstellern (so genannten “Fabless”-Herstellern).


Chip Design: IDMs versus Fabless

Eine ganz wesentliche Rolle auf dem Weg zum fertigen Mikrochip spielt zunächst mal das so genannte Chipdesign bzw. die Chip-Konzeption. Bevor ein Chip nämlich tatsächlich in Produktion gehen kann, muss er mit einer ganz speziellen Software am Rechner “designed” werden.

Diese Aufgabe wird entweder von den integrierten Chip-Herstellern (den so genannten IDMs oder “integrated device manufacturers”) selbst übernommen oder aber von speziellen und ausschließlich auf das Chip-Design fokussierten Unternehmen durchgeführt. Letztere werden umgangssprachlich auch als “fabless manufacturers” bezeichnet, was soviel bedeutet wie “fabriklose” Hersteller.

Interessanterweise fallen heutzutage einige der bekanntesten und größten Chip-Hersteller in die “fabless”-Kategorie… unter anderem Qualcomm, Broadcom, NVIDIA und auch AMD. Darüber hinaus designen inzwischen auch viele Hersteller von Endgeräten, wie z.B. Apple, Amazon oder Huawei, ihre eigenen Chips.

Wie ihr an der folgenden Darstellung sehen könnt, ist der Markt insgesamt vergleichsweise fragmentiert:

Globaler Halbleitermarkt nach Chip-Designer [%], Quellen: t4.ai, Stiftung Neue Verantwortung

Die neun größten Hersteller haben wie ihr sehen könnt nur einen Marktanteil von knapp über 50%.

Zwar sieht es in einigen Nischenmärkten schon wieder etwas anders aus. Beispielsweise wird der Markt für Mikroprozessoren in Windows-basierten PCs und Laptops (und bis vor kurzem auch von Macs) immernoch von Intel und AMD dominiert. Samsung, SK hynix und Micron gemeinsam halten z.B. außerdem ca. 90% des Marktes für DRAM Memory Chips.

Ganz generell kann man aber wohl sagen, dass das Design-Segment für sich betrachtet in den meisten Fällen ein sehr wettbewerbsintensives Umfeld darstellt. Auf den ersten Blick sind hier auch keine deutlichen Wettbewerbsvorteile auszumachen, was auch daran zu erkennen ist, dass typische “Kunden” wie z.B. Apple inzwischen ihre eigene Chips designen und gar nicht mehr auf die spezialisierten Anbieter angewiesen sind. Auch ein paar chinesische Anbieter sind übrigens bereits in diesem Feld aktiv.


Chip-Herstellung: IDMs versus Foundries

Die Herstellung der durch die “fabless” Chip-Designer konzipierten Chips wird dem entsprechend in der Regel durch einen Auftragsfertiger vorgenommen (die so genannte “foundry”).

Heutzutage gib es ca. zwei Dutzend Unternehmen, die in der Auftragsfertigung von Semiconductors aktiv sind, wobei TSMC und Samsung die mit Abstand größten und technologisch am weitesten fortgeschrittenen Player repräsentieren.

Wenn wir uns einmal das gesamte Spektrum der Chip-Hersteller ansehen (also die IDMs mit betrachten), dann gibt es irgendwo zwei Extreme.

Auf der einen Seite finden wir die großen Foundries bzw. die integrierten Hersteller mit angeschlossenem Foundry-Geschäft, auf der anderen Seite die diversifizierten IDMs mit einer großen Zahl an Produkten für die verschiedensten Anwendungsgebiete (Automotive, Industrie etc.).

Das Geschäftsmodell der großen Foundries basiert einerseits auf einer effizienten und hochskalierten Produktion (unten zu sehen an den Marktanteilen bei der 300mm-Wafer-Fertigung) sowie andererseits der Erlangung bzw. Verteidigung der Technologieführerschaft. Aktuell sind beispielsweise TSMC und Samsung die beiden einzigen Player, die einen 5nm Chip auf dem Markt haben und für die der 3nm Chip irgendwo noch in Reichweite ist… alle anderen – zuletzt GlobalFoundries in 2018 (Presseartikel hier) – sind inzwischen aus der Entwicklung dieser anspruchsvollsten Prozesstechnologien ausgestiegen oder haben einen substantiellen Rückstand aufgebaut.

Fabrikationskapazitäten nach Wafer-Größe

Fabrikationskapazitäten nach Wafer-Größe, Dez. 2020 [%]; Quelle: IC Insights, Websearch | Anmerkung: Beinhaltet JV Kapazitäten

Neben der Vergrößerung des Durchmessers der Silizium Wafer von 300mm auf 450mm ist der Bau immer größerer Fabriken (so genannter Giga-Fabs) für die Chip-Herstellung aktuell der wesentlichste Treiber für die Produktivität und den Output der Foundries:

Größe und qualitative Einordnung verschiedener Chip-Fabriken; Quelle: TSMC

Für die diversifizierten IDMs, wie z.B. Texas Instruments, ist die Fokussierung auf die neueste Technologie nicht prioritär, da die meisten Anwendungen viel geringere Anforderungen an das Chipdesign und die verbaute Fläche stellen. Diese Hersteller zeichnen sich oft durch eine große Anzahl an Produkten und eine diversifizierte Kundenbasis aus. Texas Instruments beispielsweise hat über 80.000 Produkte (digitale und analoge Chips) im Portfolio, die an über 100.000 Kunden aus den verschiedensten Abnehmerbranchen vertrieben werden. Während die großen Foundries also auf Economies of Scale und Technologievorsprung setzen, profitieren einige der diversifizierten  IDMs von einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis (welches ebenfalls einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil begründen können).

Irgendwo in der Mitte gibt es darüber hinaus noch die integrierten Hersteller mit einem gewissen Produkt- oder Industriefokus, z.B. SK hynix und Micron Technology auf dem Gebiet der Memory Chips, NXP oder Elmos Semiconductor für die Automobilindustrie und… ja, immernoch auch Intel für die Produktion von Mikroprozessoren für Windows-basierte PCs und Laptops.

Exkurs: Fokussierung der Player seit Mitte der 1980er Jahre

Der Vorreiter in Bezug auf das Design und die Produktion von Halbleitern in den 1970er und 80er Jahren war zweifelsfrei Intel, gegründet 1968. Daneben gab es im Grunde genommen zu Beginn nur AMD, die allerdings auf Basis der Designs von Intel produzierten, um Engpässe im Markt auszugleichen.

Auch damals war es schon so, dass die Chip-Fabrikation so kapitalintensiv war, dass der Bau einer solchen Produktionseinrichtung nur für sehr wenige Entrepreneurs überhaupt in Frage kam. Venture Capital war darüber hinaus noch nicht in dem Umfang verfügbar wie heute (es gab im Grunde genommen nur Sequoia Capital und Kleiner Perkins, die wohlgemerkt beide aus dem Semiconductor-Umfeld heraus entstanden sind). Aus diesem Grund ist beispielsweise Micron Technology zunächst als Beratungsfirma für Chip-Design entstanden.

Der Gründer von TSMC, Morris Chang, hatte nun die Idee, für eben diese Entrepreneurs – i.W. handelte es sich dabei um Chip Designer – eine Produktionsmöglichkeit zu schaffen und setzte TSMC deshalb vom Geschäftsmodell her als erste “pure-play” Foundry auf.

Im Rückspiegel betrachtet war das natürlich ein großer Erfolg, denn TSMC hat sich zum inzwischen größten und technologisch am weitesten fortgeschrittenen Wafer-Hersteller der Welt entwickelt. Ein wesentlicher Grund für den Erfolg wird neben der Ausnutzung von (lokalen) Economies of Scale die klare Fokussierung auf den Herstellungsprozess gewesen sein. Dies eröffnete dem Unternehmen über die Zeit die Möglichkeit, immer mehr Kapital in die Entwicklung der neuesten Prozess-Technologien zu investieren und Rivalen wie insbesondere Intel über die Zeit abzuhängen.

Über die Jahre haben sich eine ganze Reihe an etablierten IDMs dazu entschlossen, die Chip-Fabrikation entweder abzuspalten (wie MediaTek oder AMD) oder aber zusätzlich zur Produktion selbst designter Chips auch noch in das Foundry-Geschäft einzusteigen (wie Samsung):

Intel teilte übrigens erst vor kurzem im Rahmen des letzten Strategie-Updates mit, dass es seine Fabriken zukünftig auch (wieder) für die Produktion fremder Designs öffnen wird (in den Jahren zuvor war zunächst die Abspaltungsoption à la AMD, also i.W. eine komplette Trennung des Design- und Foundry-Geschäfts, erwogen und wieder verworfen worden).

OSAT: Outsourced Semiconductor Assembly and Test

Das Äquivalent zu den fabriklosen Herstellern für die eigentliche Chip-Fabrikation stellen für das Finishing (Assembly, Packaging, Testing) der Chips die so genannten OSAT Companies dar, also Firmen die im Auftrag der Chip-Designer und / oder Foundries den finalen Zusammenbau der Chips sowie auch die entsprechenden Funktionstests übernehmen.

Die für diesen Teil der Wertschöpfungskette erforderlichen Fähigkeiten beziehen sich i.W. auf das mechanische Auftrennen des Wafers, das Prüfen und ggf. Reparieren der Chips sowie das finale Verpacken der Chips in ein passenden Gehäuse. Diese Prozesse sind im Vergleich zur sehr kapitalintensiven und automatisierten Chip-Fabrikation eher als “capital-light” und personalintensiv einzustufen (das Produktionsequipment kostet vielleicht 100 bis 200 Mio. USD… im Vergleich zu >10 Mrd. USD für eine neue Fab nicht besonders viel).

Alles in allem sind die Arbeitsschritte technisch außerdem nicht zu anspruchsvoll und werden deshalb von den vorgelagerten Foundries meist auch nicht als inhouse vorzuhaltende Kernkompetenzen angesehen. Zu dieser Schlussfolgerung kommt man auch, wenn man sich den Markt, die Marktteilnehmer und auch die operativen Margen anschaut. Der Markt ist im Vergleich zu den meisten anderen Teilmärkten der Wertschöpfungskette eher wenig konzentriert (Anteil Top-10 unterhalb 50%) und durch vergleichsweise geringe Margen gekennzeichnet.

Marketanteile OSAT

Marktanteile Top-10 OSAT Unternehmen [%]; Quelle: semi.org

Auch in diesem Teil der Wertschöpfungskette konnten chinesische Firmen, vermutlich aufgrund ihrer immernoch recht wettbewerbsfähigen Faktorkosten (insbesondere beim Personal), bereits einen substantiellen Anteil erobern.


Intellectual Property

Patente (Intellectual Property bzw. IP) spielen für die gesamte Halbleiter-Wertschöpfungskette eine wesentliche Rolle, insbesondere für das Chip-Design der Mikroprozessoren (CPUs, GPUs).

Bevor nämlich ein Prozessor entwickelt werden kann, müssen sich die Ingenieure / Designer auf eine bestimmte Befehlssatzarchitektur (“instruction set architecture” bzw. ISA) festlegen, wodurch genau definiert wird, wie die Rechenoperationen im Prozessor später genau ablaufen werden. Im Grunde gibt es zwei wesentliche Architekturen, die die Grundlage für einen Großteil der entwickelten Mikroprozessoren bilden:

  • PCs, Laptops und Server: x86-Architektur
  • Smartphones, Tablets, IoT: ARM-Architektur

Darüber hinaus kann IP natürlich auch für kleinere “Standard”-Funktionen, wie z.B. USB- oder Netzwerkschnittstellen, relevant sein.

Die x86-Architektur von Intel ist seit den 1980er Jahren quasi untrennbar mit der Software von Microsoft (vor allem Windows) verbunden. Da eine Software in der Regel nur im Zusammenspiel mit einer bestimmten Architektur funktioniert bzw. diese explizit für eine bestimmte Architektur entwickelt werden muss, konnten sich Intel und auch AMD und VIATech (die beiden einzigen anderen Lizenzinhaber) lange auf ihrer damals etablierten Marktdominanz im PC-Bereich ausruhen… ein neuer Wettbewerber im Bereich der Mikroprozessoren hätte nämlich zunächst Microsoft (und viele andere Softwarehersteller) davon überzeugen müssen, ihre Anwendungen auch für eine neue Prozessor-Architektur zu programmieren.

Allerdings ist es Microsoft und Intel in den späten 2000er Jahren nicht gelungen, ihr im PC-Markt bereits etabliertes Modell auf den sich neu entwickelnden Mobilmarkt zu übertragen und dort substantielle Marktanteile zu gewinnen.

Stattdessen hat sich für Smartphones, Tablets und IoT-Anwendungen die ARM-Architektur durchgesetzt… vor allem auch, weil der Besitzer der Architektur, die britische ARM Holdings, den Hardware-Herstellern (also Apple, Samsung, Huawei und Co.) erlaubt, ihre eigenen Chips auf Basis der zur Verfügung gestellten “Baupläne” selbst zu entwickeln. Im Gegensatz zu Intel und AMD ist ARM also ein reiner IP-Anbieter.

ARM Holdings gehört übrigens seit 2016 zur japanischen Softbank-Group. Aktuell steht eine Übernahme durch NVIDIA im Raum, die einerseits zwar kartellrechtlich schwer umzusetzen sein könnte (siehe hierzu einen aktuellen Artikel von CNBC), andererseits allerdings für die USA ein wichtiger Schritt sein könnte, um einen weiterten wirtschaftlichen Hebel auf China zu haben. In Bezug auf den Zugang zu relevanten Patenten und IP ist China nämlich i.W. von zwei Joint Ventures, nämlich Shanghai Zhaoxin Semiconductor (mit VIATech für x86) und ARM China (mit ARM Holdings), abhängig.

Obwohl Intel mit seinen x86-Prozessoren auch heute noch den PC-Markt dominiert, gibt es erste Entwicklungen, die diese Dominanz zukünftig in Frage stellen könnten. Vor allem der Move von Apple, zukünftig alle Chips für seine iMacs und MacBooks auf Basis der ARM-Architektur selbst zu entwickeln, sollte hier erwähnt werden… die Verfügbarkeit von Software stellt heute ja keine wirkliche Barriere mehr dar.


Design-Software (EDA bzw. Electronic Design Automation)

Für das Design eines Semiconductors ist eine spezialisierte, so genannte EDA-Software erforderlich (EDA steht für Electronic Design Automation)… ohne EDA-Software heutzutage kein Chip-Design.

Der Markt für EDA-Software ist stark konzentriert und wird von drei Unternehmen dominiert, die allesamt in den USA angesiedelt sind (weshalb die USA insbesondere hier einen großen Hebel haben, um chinesische Anbieter wie HiSilicon / Huawei bei der Entwicklung ihrer Chips wirksam auszubremsen):

  • Synopsys
  • Cadence Design Systems
  • Siemens EDA (ehemals Mentor Graphics, gehört seit 2017 zu Siemens)
Marktanteile EDASoftware

Marktanteile EDA-Software (geschätzt auf Basis der Umsätze von 2017) [%]; Quelle: Finbox, Websearch

Das Geschäft mit der EDA-Software ist in hohem Maße forschungsintensiv und erfordert sehr enge Beziehungen zu den Foundries bzw. IDMs sowie auch zu den Herstellern des Produktionsequipments (AMAT, ASML etc.).

Dies liegt vor allem daran, dass die EDA-Anbieter mit den extrem kurzen Innovationszyklen der Branche (Stichwort Moore’s Law) Schritt halten müssen, was nur mit umfassenden Kenntnissen der Fertigungsprozesse überhaupt möglich ist.

Neben den eigenen Forschungs- & Entwicklungsaufwendungen, die für Synopsys in den letzten 5 Jahren ca. 35-37% und für Cadence ca. 38-42% vom Umsatz ausmachten (höchster R&D-Anteil in der gesamten Semiconductor-Wertschöpfungskette), ergaben sich die technologischen Weiterentwicklungen der Vergangenheit zu einem substantiellen Teil auch aus der Übernahme und Integration kleinerer Technologieanbieter.


Produktionsequipment

Eine Chip-Fabrikation besteht aus einer Vielzahl an Fertigungsanlagen für die einzelnen Sub-Prozesse. Wie im ersten Artikel zum Herstellungsprozess eines Halbleiters kurz erklärt, geht es z.B. bei der Abscheidung darum, ein Material auf den Wafer zu aufzubringen, bei der Lithographie darum, zu entscheiden, wo das Material verbleiben bzw. entfernt werden soll, und beim Ätzen darum, das “unerwünschte” Material zu entfernen.

Für die meisten dieser Sub-Prozesse gibt es typischerweise spezialisierte Anlagenbauer. Hier ein paar Beispiele aus dem Paper der Stiftung Neue Verantwortung sowie von den Unternehmenswebseiten:

  • Nikon und Canon: Photolithographie
  • ASML: Photolithographie, insbesondere die neueste Generation, nämlich die “extreme ultraviolet” Lithographie (ohne EUV keine Produktion von Chips im 7nm Bereich und darunter)
  • Applied Materials (AMAT): Systeme für das Plasma-Ätzen
  • Tokyo Electron und Lam Research: Testsysteme, Systeme für das Plasma-Ätzen, Beschichtungssysteme, Reinigungssysteme etc.
  • KLA: Testsysteme, d.h. Messgeräte für die Qualitätskontrolle
  • etc.

Ergo hat kein Anbieter die Fähigkeiten, die gesamte (oder auch nur einen größeren Teil) der für die Chip-Fabrikation erforderlichen Prozesskette abzudecken.

Auf der Lieferantenseite wiederum bekommen die Anlagenbauer Teile bzw. Komponenten von einer Vielzahl an teilweise hochspezialisierten Tier-1 bis Tier-n Lieferanten zugeliefert. Die niederländische ASML beispielsweise hat weltweit in Summe über 5.000 Lieferanten.

Für das EUV-System, auf das ASML aktuell das Monopol besitzt, gehören zu diesen Lieferanten unter anderem die deutschen Anbieter Trumpf (für den Laser) und Zeiss (für die Optik)… beide ebenfalls mit Monopolstellung. Konfiguration und Wartung der EUV-Lithographie-Anlagen sind darüber hinaus so komplex, dass ASML dafür inzwischen dedizierte Trainingszentren an den Produktionsstandorten von TSMC in Betrieb genommen hat.

Schlussfolgerung: Alles in allem sprechen wir hier über eine Wertschöpfungskette, die technologisch zwar quasi “unangreifbar” ist. Aufgrund der globalen Verflechtungen in der Wertschöpfungskette wären politische Maßnahmen wie z.B. Exportbeschränkungen für bestimmte Komponenten unter Umständen allerdings sehr wirksam. Nichts desto trotz scheint sich insbesondere ASML hier in einer sehr guten Ausgangsposition für die Zukunft zu befinden.


Key Take Aways

Die Herstellung eines Semiconductors ist – wie ihr gesehen habt – ziemlich komplex. Neben den in die eigentliche Produktion involvierten Unternehmen (IDMs, Fabless-Hersteller, Foundries, OSAT) gibt es noch einige weitere relevante, sozusagen “zuliefernde” Teile der Wertschöpfungskette.

Neben dem für die Fabrikation erforderlichen Produktionsequipment sollten hier vor allem die für das Chip-Design erforderlichen Chip-Architekturen (Intellectual Property) und Design-Programme (EDA-Software) erwähnt werden.

Hier nochmal eine grafische Zusammenfassung der Semiconductor-Wertschöpfungskette, die so genannte Industry Map:

Semiconductors Industry Map; Quellen: Stiftung Neue Verantwortung, Websearch

Auf Basis unserer ersten hier vorliegenden und mehr oder weniger qualitativen Analyse von Marktanteilen und Wettbewerbsumfeld scheinen zunächst einmal diejenigen Sub-Segmente bzw. Unternehmen mit den am stärksten ausgeprägten Wettbewerbsvorteilen am interessantesten zu sein:

  • TSMC als technologisch am weitesten fortgeschrittene Foundry (aufgrund der Skaleneffekte und des Vorsprungs bei der Prozesstechnologie)
  • ASML als momentan einziger Anbieter der EUV-Technologie
  • ARM Holdings als Halter der für Smartphones und mobile Anwendungen erforderlichen Prozess-Architektur
  • Einer der EDA-Software-Hersteller, ohne die im Grunde kein Chip-Design möglich ist (am interessantesten sind hier vermutlich Synopsys oder Cadence, weil Siemens kein “pure play” darstellt und man deshalb nur schlecht speziell auf die Entwicklung des EDA-Businesses setzen kann)
  • TI als extrem breit aufgestellter IDM (aufgrund des hohen Nutzen-Kosten-Verhältnisses)

Im nächsten Schritt sollten wir uns einmal ansehen, wie sich der Gesamtgewinn der Branche auf die einzelnen Sub-Segmente aufteilt (Profit Pools) bzw. welches Segment die höchste Rentabilität (heißt ROCE oder ROIC) erwirtschaftet… und ob sich dadurch unsere bisherigen Beobachtungen erhärten lassen.

Aufgrund des erwarteten nachhaltigen Wachstums der Halbleiter-Nachfrage könnte natürlich auch ein Investment in einen beliebigen IDM oder Fabless-Hersteller ein attraktives Investment darstellen. Hierbei sollten wir allerdings bedenken, dass das Geschäft einen gewissen zyklischen Charakter hat, weil Nachfrageentwicklung und Kapazitätsaufbau selten vollständig synchron ablaufen (d.h. manchmal gibt es einen regelrechten Chip-Mangel, kurze Zeit später dann allerdings auf einmal ein Überangebot). Auf diesen Aspekt gehe ich aber zu einem späteren Zeitpunkt nochmal etwas genauer ein (so jedenfalls der Plan).


Weitere Ressourcen und Quellen

2 Kommentare zu „Semiconductors 1×1: Geschäftsmodelle und wesentliche Spieler“

  1. Respekt!
    Gratuliere zu der super verständlichen und auf den Punkt gebrachten Erklärung.

    (Bin seit 20 Jahren in der Branche – und bin noch nie über eine so treffende Zusammenfassung gestossen.)

    Kommentar:
    Es gibt einen technologischen Grund warum in der Halbleiterei das Konzept “economy of scales” und der Fortschritt so gut funktionieren:
    Bei der Halbleiterproduktion wird quasi ein Schaltplan auf einen Wafer photographiert. Wenn eine (neue) Wafertechnologie entwickelt wurde können damit sehr viele Produkte in großer Stückzahl hergestellt werden. Deshalb funktioniert das oben beschriebene Konzept (bei hohem Wettbewerb) sehr gut.

    Allerdings stößt das Moorsche Gesetz gerade an physikalische Grenzen.
    Mit spannenden Auswirkungen auf den Markt (z.B. Intel).

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