Vitaliy Katsenelson hatte ich bereits in meinem Artikel zum Absolute PE Bewertungsansatz etwas näher vorgestellt. Neben seiner Tätigkeit als Autor und Blogger (Contrarian Edge) betreibt Katsenelson auch seine eigene Investmentfirma. Für diese hat er eine kurze und übersichtliche Investment-Checkliste zusammengestellt.
Diese Checkliste möchte ich euch in diesem Beitrag einmal vorstellen.
Katsenelson’s Investment Checkliste
Im Rahmen des Investmentprozesses verfolgt Vitaliy Katsenelson fünf sequentielle Schritte:
- Finde ein gutes Business
- Stelle sicher, dass das Business im Worst-Case Szenario immer noch ein gutes Investment ist
- Kaufe, wenn die Sicherheitsmarge ausreichend ist
- Beobachte das Business kontinuierlich
- Verkaufe, wenn der richtige Zeitpunkt da ist
Eigentlich recht simpel. Katsenelson gibt aber glücklicherweise noch ein paar weitere Inhalte zu den einzelnen Punkten auf der Checkliste.
Lest übrigens hier, warum Checklisten auch und vor allem im Investment-Kontext sehr hilfreich sind.
1. Handelt es sich um ein gutes Business?
Ein Unternehmen mit einem guten Geschäftsmodell können wir auf verschiedenen Wegen finden. Die Optionen reichen hier von einem einfachen Screener (oder hier: Screener Teil 2), über das Lesen von Blogs und Aktienmagazinen bis hin zum Besuch einer Kapitalmarktkonferenz (z.B. des Eigenkapitalforums EKF oder der Münchener Kapitalmarkt Konferenz MKK) und der Diskussion mit anderen Investoren.
Hier die Schritte, die Katsenelson durchläuft, um ein gutes Business zu identifizieren:
- Finde potenzielle Investments entweder über Screener (z.B. den 52-Wochen-Tief Screen oder den Magic Formula Screen), über die Portfolios der Top-Investoren oder einfach von einer bereits existierenden Watchliste
- Frage “Handelt es sich um ein hoch-qualitatives Business? Würde ich mich mit dem Investment für 5 bis 10 Jahre wohlfühlen, auch wenn der Aktienmarkt geschlossen und deshalb kein Verkauf möglich wäre?”
- Untersuche das Unternehmen im Detail, sprich mit Management, Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern sowie auch mit anderen Investoren aus dem eigenen Netzwerk
Ein Business bzw. ein Unternehmen hat für Katsenelson eine hohe Qualität, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Das Business ist transparent und einfach zu verstehen
- Es existiert ein signifikanter (und nachhaltiger) Wettbewerbsvorteil
- Die Umsätze sind wiederkehrend (d.h. Kunden müssen das Produkt immer wieder kaufen bzw. kaufen es immer wieder)
- Das Unternehmen hat eine starke Bilanz
- Dem Management gehört ein Teil des Unternehmens
- Das Unternehmen wird gut und effizient geführt
- Das Management verfügt über gute Capital Allocation Skills
Wie ihr seht sind die Kriterien sehr ähnlich zu denen von z.B. Warren Buffett oder auch Charlie Munger.
2. Ist das Unternehmen im Worst-Case Szenario immer noch ein gutes Investment?
Im zweiten Schritt geht es im Wesentlichen um die Bewertung des Investments sowie auch um die Definition eines Worst Case, also eines Szenarios, das die schlechtestmögliche zu erwartende Entwicklung widerspiegelt.
Nach folgender Logik geht Katsenelson vor:
- Bewerte das Unternehmen mit den typischen Value Investing Werkzeugen, um zu verstehen, wie viel das Business in 3-5 Jahren wert sein könnte
- Definiere ein Worst-Case Szenario
- Versuche über verschiedene Worst-Case Szenarios bzw. Stresstests herauszufinden, wie hoch das Abwärtsrisiko (Downside Risk) für die Aktie ist
- Vergleiche die Worst-Case Bewertung mit dem aktuellen Aktienkurs. Hierauf basierend triff die Entscheidung, die Aktie entweder zu kaufen, auf die Watchliste zu setzen oder komplett zu ignorieren bzw. abzulehnen
Wenn ich nach Katsenelson’s Buch Active Value Investing richtig interpretiere, dann nutzt er für die Bewertung neben einem selbst entwickelten Absolute PE Ansatz auch verschiedene Multiples und die DCF-Methode. Um den Worst Case zu definieren, geht er z.B. von bestimmten negativen Umsatz- oder EBIT-Entwicklungen aus.
3. Kaufe, wenn die Sicherheitsmarge ausreichend ist
Kauft Katsenelson eine Aktie für sein Portfolio, dann hat sie die folgenden Qualitätsmerkmale:
- Die gründliche Analyse (siehe Schritt 1) hat ergeben, dass es sich um ein hoch-qualitatives Business handelt
- Das Worst-Case Szenario wird dem Unternehmen wahrscheinlich nicht allzu gefährlich werden (siehe Schritt 2)
- Der Preis ist so gut, dass unter Berücksichtigung der potenziellen Risiken eine ausreichend hohe Sicherheitsmarge vorliegt
Sollte der dritte Punkt nicht erfüllt sein, dann wird das Unternehmen erstmal auf die Watchlist gesetzt, bis der Preis wieder attraktiver ist.
4. Beobachte das Unternehmen kontinuierlich
Ist die Aktie einmal im Portfolio, ist der Prozess noch nicht zu Ende. Durch eine kontinuierliche Beobachtung reduziert Katsenelson das Risiko im Portfolio weiter. Speziell in sich seitwärts entwickelnden Märkten sieht er die Gefahr, den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu verpassen. Folgende Regeln definiert Katsenelson:
- Betrachte jedes Portfoliounternehmen, als würdest du es dir zum ersten Mal ansehen
- Wenn neue Informationen zu einem neuen intrinsischen Wert führen, stelle sicher, dass die Aktie immernoch eine gute Wahl für das Portfolio darstellt
- Wenn sich herausstellt, dass die Aktie kein gutes Investment mehr für das Portfolio darstellt, verkaufe ohne Zögern
An diesem Punkt ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir uns unsere typischen Biases (z.B. den Ankereffekt) nochmal ins Gedächtnis rufen. Wenn wir uns nämlich ein Unternehmen schonmal angesehen haben (oder es sogar schon im Portfolio haben), dann könnte es sein, dass unsere bereits gebildete Meinung zu viel Gewicht bei unserer Analyse erhält.
In diesem Zusammenhang ist außerdem die Anzahl an Werten in unserem Portfolio eine entscheidende Steuergröße. Bei mehr als 10-20 Werten wird es uns schwer fallen, ein kontinuierliches Monitoring aller Werte sicherzustellen.
5. Verkaufe, wenn der richtige Zeitpunkt da ist
Viele Value Investoren verfolgen eine “Buy and Hold Forever”-Strategie, solange sich an den Economics, d.h. an den grundsätzlichen Aussichten des Unternehmens, nichts ändert.
Katsenelson selbst hat drei Kriterien, nach denen er über einen Verkauf entscheidet:
- Eine Aktie hat ihr volles Potenzial erreicht. In diesem Fall verkauft Katsenelson die Hälfte des Bestandes, wenn die Aktie das untere Ende des Zielkursbandes erreicht hat, die andere Hälfte, wenn die Aktie am oberen Ende angekommen ist (weil Value Investing eher eine Kunst denn eine exakte Wissenschaft ist und es deshalb nicht den einen fairen Wert gibt, wählt er diesen Ansatz)
- Es gibt ein besseres Investment (mit besserem Risiko-Return Profil), welches ein Umschichten der Mittel rechtfertigt
- Etwas ist falsch gelaufen. Manchmal kommt es vor, dass bestimmte der originalen Investment Thesis zugrunde liegende Annahmen sich im nachhinein als falsch herausstellen. Sollte daraus folgen, dass es sich nicht mehr um einen guten Kauf handelt, wird sofort und ohne Zögern verkauft
Mithilfe dieses “aktiven” Portfolio-Managements stellt Katsenelson sicher, dass er vor allem in Seitwärtsmärkten regelmäßig Gewinne realisiert.
Fazit
Alles in allem verfolgt Vitaliy Katsenelson einen vielen anderen Value Investoren nicht unähnlichen Ansatz. Aus meiner Sicht interessant ist hier vor allem die etappenweise Verkaufslogik sowie das regelmäßige Überprüfen der Portfolio-Werte.
Weitere Ressourcen
- Die Webseite von Vitaliy Katsenelson’s Investmentfirma IMA
- Buch Active Value Investing von Vitaliy Katsenelson