Bericht Deutsches Eigenkapitalforum 2018

Inhalt

Eigenkapitalforum 2018

In der letzten Woche (vom 26. bis zum 28. November) fand in Frankfurt wieder das deutsche Eigenkapitalforum (EKF) statt, welches ich in diesem Jahr zum ersten Mal besucht habe. Im Wesentlichen handelt es sich beim Eigenkapitalforum um eine Plattform für kleinere gelistete Unternehmen, die sich bei Investoren präsentieren und für ein Investment werben möchten. Eine gute Gelegenheit also, sich mit ein paar interessanten Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen und mit anderen Investoren auszutauschen.


Eigenkapitalforum 2018

Wesentlicher Bestandteil des Eigenkapitalforums sind die so genannten Analysts’ Conferences. Dabei handelt es sich um für alle Teilnehmer zugängliche 30 minütige Präsentationen der einzelnen Unternehmen, von denen jeweils ca. fünf gleichzeitig in verschiedenen Räumen stattfinden.

Darüber hinaus bietet das Eigenkapitalforum interessierten Investoren und Analysten die Möglichkeit, die Unternehmen nach einem 1-on-1, also nach einer persönlichen Diskussion im kleinen Kreis zu fragen. Diese Option habe ich in diesem Jahr allerdings nicht genutzt, weil ich mir erstmal einen Überblick verschaffen wollte… und weil es bei der großen Anzahl an teilweise schwergewichtigen Teilnehmern vermutlich auch nicht ganz so einfach gewesen wäre, eine 1-on-1 Session zu ergattern.

Dem Ziel des Eigenkapitalforums entsprechend waren auf der Veranstaltung hauptsächlich kleinere und der breiten Masse noch eher unbekannte Unternehmen aus SDAX, TecDAX und darunter vertreten. Aufgrund der großen Anzahl an Unternehmenspräsentationen (>150), war die Bandbreite an unterschiedlichen Geschäftsmodellen, Industrien und Sektoren relativ groß. Von klassischen Industrie- und Maschinenbauunternehmen über Immobilienfirmen bis hin zu Unternehmen aus den Bereichen Technologie, Software, IT und Medien war auf dem Eigenkapitalforum alles vertreten.


Allgemeiner Eindruck: Viel Wachstum, wenige Turnarounds

Natürlich möchte jedes Unternehmen seinen potenziellen Investoren eine möglichst positive Story präsentieren. Das liegt etwas in der Natur der Sache. Dass allerdings fast alle Vortragenden beim Eigenkapitalforum (in der Regel CEO oder CFO) auch vor dem Hintergrund des sich aktuell etwas eintrübenden wirtschaftlichen Umfelds eine mehr oder weniger positive Wachstumsstory präsentieren, hat mich schon etwas überrascht.

Darüber hinaus konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Visibilität bzgl. der zukünftigen Entwicklung in einigen Fällen noch relativ begrenzt und die Risiken (z.B. zukünftiger Wettbewerb aus China) zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich transparent sind… das gilt vor allem für diejenigen Unternehmen, die in Zukunftsbranchen wie E-Mobilität, autonomes Fahren, Datenspeicher etc. aktiv sind.

Da für die einzelnen Präsentationen insgesamt nur etwa 30 Minuten vorgesehen waren (und zwar inklusive Fragerunde bzw. Q&A), reichte es in den meisten Fällen nur für einen groben Überblick.


Übersicht der besuchten Unternehmen

Insgesamt habe ich an den ersten zwei Tagen des Eigenkapitalforums (am dritten Tag war ich leider aus privaten Gründern verhindert) bestimmt 20 verschiedene Präsentationen verfolgt.

Im Folgenden möchte ich euch einmal eine kurze Übersicht über einige der auf den ersten Blick interessantesten Unternehmen geben, deren Präsentationen ich auf dem Eigenkapitalforum bzw. EKF 2018 besucht habe. Einige der Unternehmen werde ich mir in nächster Zeit nochmal etwas intensiver ansehen.

Disclaimer: Die Bewertungsdimension habe ich erstmal bewusst ausgeblendet, d.h. ich habe mich hier nur auf die wesentlichen Charakteristika des Geschäftsmodells, die Wachstumschancen und die Wettbewerbsvorteile konzentriert, soweit hierzu auf dem Eigenkapitalforum etwas Relevantes präsentiert wurde. Alle Informationen zu den Unternehmen ohne Gewähr.


Online

  • Lotto24 und Zeal Network (ehem. Tipp24.de): Lotto24 und Zeal Network sind beide im Online-Lottogeschäft aktiv, wobei Zeal mit Tipp24 in Deutschland eine so genannte Zweitlotterie anbietet. Zukünftiges Wachstum soll vor allem aus dem zunehmenden Kauf von Lottoscheinen über den Vertriebskanal “Online” kommen (der Lotto-Markt insgesamt schrumpft eher leicht). Was beide Unternehmen aktuell interessant macht, ist das Übernahmeangebot, welches Zeal in der vergangenen Woche für Lotto24 abgegeben hat und für welches offenbar bereits die Zustimmung von ca. 65% der Stimmrechte vorliegt
  • bet-at-home.com: bet-at-home.com ist ein Anbieter von Online-Sportwetten (vor allem Fußball) und ein Betreiber von Casino- und Pokerwebseiten. Durch das starke Wachstum des Online- und des Mobile-Gamings konnte bet-at-home.com in den letzten Jahren im Umsatz stark zulegen und einen hohen Cash-Bestand aufbauen (aktuell ca. 67 Mio. EUR). Laut Vorstand Franz Ömer werden für den operativen Betrieb maximal 10-20 Mio. EUR benötigt, sodass auch für das laufende Geschäftsjahr eine attraktive Sonderdividende winkt
  • HolidayCheck Group: HolidayCheck ist eine der bekanntesten Webseiten für die Rezension von Hotels. HolidayCheck agiert allerdings auch wie ein Reisebüro, d.h. erlaubt die Buchung von Reisen über die Plattform und bietet darüber hinaus eine persönliche Beratung an (hierüber versucht HolidayCheck sich vom Wettbewerb zu differenzieren). Wesentliche Einnahmequellen sind dem entsprechend die Werbeeinnahmen über die Webseite(n) sowie die Provisionen für vermittelte Reisen. Der Umsatz wächst aktuell um ca. 15%, die EBITDA-Marge soll mittelfristig von zur Zeit 9% auf bis zu 15% steigen
  • zooplus: zooplus ist ein Online-Händler im Bereich Heimtierbedarf. Der Markt verzeichnet ein schönes Wachstum, welches teilweise – aber nicht ausschließlich – auch auf den Wechsel hin zum Online-Handel zurückzuführen ist. Das Geschäft ist recht wettbewerbsintensiv, die EBITDA-Marge dem entsprechend in den vergangenen Jahren rückläufig (in den letzten Quartalen um die 28%). Der Vorsteuergewinn ist aktuell noch negativ. Vor allem die Logistikkosten machen mit 19% einen signifikanten Anteil an den Gesamtkosten aus. Die Marketingkosten schlagen im Gegensatz dazu nur mit überschaubaren 2% zu Buche. Dem entsprechend wird gerade signifikant in die Optimierung der Logistik investiert. Mit den bereits existierenden Kunden (ca. 75% des Umsatzes) wird bereits eine positive EBT-Marge von 3-4% erwirtschaftet. Die Retention Rate bzw. der Anteil wiederkehrender Umsätze liegt bei ca. 95%

Media

  • wallstreet:online: wallstreet:online ist nach Finanzen.net (und ungefähr gleichauf mit OnVista) das zweitgrößte Finanzportal in Deutschland. Sowohl Umsatz als auch Gewinn sind in den letzten zwei Jahren sprichwörtlich explodiert, vor allem aufgrund der Übernahme des Portals börsennews.de und aufgrund der besser auf die Kunden zugeschnittenen Werbeoptionen auf den Seiten. Der aktuelle strategische Fokus liegt vor allem auf dem Kauf der wallstreet:online Capital AG (betreibt das Portal FondsDiscount.de) und dem damit einhergehenden Gewinnwachstum durch Synergien bei der Vermittlung von Fonds und weiteren Finanzprodukten und -dienstleistungen. Ein weiteres Wachstumsprojekt (Kryptowährungen und ICO) wird aktuell nur auf Sparflamme weiterverfolgt. Um das geplante Wachstum von 4 Mio. Nutzern zu generieren, wird ein Zukauf weiterer Portale und Webseiten nicht ausgeschlossen
  • DEAG Deutsche Entertainment AG: Die DEAG ist einer der größten Veranstalter von Pop- und Rockkonzerten in Deutschland und hat das Geschäftsmodell in den letzten Jahren auf Klassik, Jazz und Familienunterhaltung (z.B. Disney on Ice) sowie den (hochmargigen) Verkauf von Tickets (myticket.de) ausgeweitet. In diesen neuen Segmenten will das Unternehmen mittelfristig weiter wachsen. Auch die Jahrhunderthalle in Frankfurt gehört zur DEAG, was zwei interessante Aspekte hat: (1) Die Halle steht offenbar zu einem sehr niedrigen Wert in den Büchern, (2) um die Halle herum befindet sich ein großes Areal, welches nun durch die DEAG entwickelt wird

Logistik, Mobilität

  • Aves One: Aves One ist ein reiner Bestandshalter von Güterwagons und Containern. Das Geschäftsmodell zeichnet sich durch stabile Cash Flows mit sehr langfristigen Mieterträgen und einer breiten Kundenbasis (von Logistikern bis hin zu Großunternehmen) aus und funktioniert ähnlich zu einem Bestandshalter von Gewerbe- oder Wohnimmobilien. Der Fremdkapitalanteil ist mit 90% sehr hoch, was aber durch die stabilen Cash Flows kein großes Problem darstellt. Der Kauf des Nacco Portfolios (die letzte große Transaktion) wurde sogar zu 100% mit Fremdkapital finanziert (75% von der KFW, 25% über ein Nachrangdarlehen der Gesellschafter). Ebenfalls ein wichtiger Aspekt: Zinsänderungen können innerhalb von ca. 12-18 Monaten über die Mieten an die Kunden weitergegeben werden. Die Asset Base soll im nächsten Schritt auf 1 Mrd. EUR vergrößert werden (aktuell 750 Mio. EUR)
  • Sixt Leasing: Sixt Leasing ist ein Ableger der Sixt SE (Sixt hält noch einen Anteil von ca. 42%) und konzentriert sich i.W. auf drei Bereiche: (1) das Leasing von größeren Fahrzeugflotten an Großunternehmen, (2) das Management dieser Flotten für die Unternehmen sowie (3) den Online-Verkauf von Leasingkontrakten an Privatkunden. Die EBT-Marge ist mit 6% (Ziel 7%) relativ gering. Dafür kann die EK-Quote aufgrund des geringen Geschäftsrisikos mit ca. 14% relativ niedrig bleiben, was zu einer EK-Rendite von ca. 11% führt

Technologie, Software, IT

  • Hypoport: Bei Hypoport dreht sich alles um die Digitalisierung der Immobilien- und Versicherungsindustrie. Obwohl die Zahl der Immobilientransaktionen eher stagniert, sieht Hypoport noch signifikantes Wachstumspotenzial durch die Verlagerung von Offline- hin zu Online-Abschlüssen. Zu Hypoport gehören u.a. die B2B-Plattform Europace, die Banken und Finanzierungsberater (von kleinen selbständigen Beratern bis hin zu den Beratern von Check24 oder Dr.Klein) zusammenbringt sowie auch Dr.Klein, ein Franchise-System für die Kreditvermittlung an private Immobilienkäufer
  • GK Software: Die GK Software programmiert, vertreibt und wartet Softwarelösungen für den Einzelhandel (sowohl für Filialen als auch für Unternehmenszentralen). Der Marktanteil in Deutschland liegt bei ca. 30%. Die Produkte sind sehr eng mit den Softwarelösungen von SAP verwoben, sodass GK Software vermutlich im Schatten von SAP in weitere Wachstumsmärkte – genannt wird vor allem NAFTA – vorstoßen kann. SAP besitzt außerdem ein Vorkaufsrecht auf die Gründeranteile (>50% der GK-Aktien). Darüber hinaus sorgen das Cloud Computing, der Trend zu Omni-Channel-Lösungen (hier hat GK wohl einen signifikanten Wettbewerbsvorsprung) sowie neu entwickelte Lösungen für Tankstellen und Gastronomiebetriebe für weitere Wachstumspotenziale. Erste Pilotkunden sind sowohl in NAFTA als auch im Segment der Tankstellen bereits vorhanden. Der Umsatz soll bis 2020 um ca. 60% steigen, was einem Wachstum von mehr als 15% p.a. entspricht. Die EBIT-Marge soll sich bis auf ca. 15% entwickeln
  • Datagroup: Datagroup hat ebenfalls ein recht gut nachvollziehbares Geschäftsmodell. Das Unternehmen managt nämlich die gesamte IT für Unternehmen (“Service-as-a-Product”) und betreibt dafür eine Reihe an Datencentern in Deutschland. Das Hauptprodukt zur Dienstleistung ist eine private Cloud-Lösung namens CORBOX, die komplementär bzw. ergänzend zu den Public Clouds von Amazon AWS oder Microsoft Azure funktioniert. Die Strategie von Datagroup basiert neben der Gewinnung von Neukunden sowie dem Upselling bestehender Kunden zum großen Teil auf einer Konsolidierung der deutschen IT-Landschaft, also auf der Übernahme von kleineren Wettbewerbern. Hier hat sich Datagroup bereits eine Reputation als Integrations- bzw. Turnaround-Spezialist aufgebaut. Die EBITDA-Marge ist in den vergangenen Jahren von unter 7% auf über 12% geklettert. Das Ziel für 2021 liegt bei >13% (EBIT >10%). Bis 2021 soll außerdem ein jährliches Umsatzwachstum von 14-23% realisiert werden.

Real Estate

  • DEFAMA und Deutsche Konsum REIT: Beide Unternehmen sind damit beschäftigt, ein Portfolio an Fachmarktzentren aufzubauen. Damit bewegen sich beide Unternehmen in einer Nische, die in der Regel weder für große Immobilienkonzerne noch für kleine Privatinvestoren interessant ist. Die Kaufpreise liegen dem entsprechend noch im Bereich der 9-10-fachen Kaltmiete (entspricht einem Yield von ca. 11%)… was im Vergleich sehr attraktiv erscheint. Die Aktie der DEFAMA ist aktuell mit dem 12,5-fachen der Jahresmiete ebenfalls noch recht günstig bewertet. DEFAMA hat aktuell einen Bestand von ca. 30 Zentren im Portfolio. Die Deutsche Konsum ist mit ca. 100 Zentren ungleich größer. Ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgt übrigens auch FCR Immobilien, die allerdings neben der Bestandshaltung auch aktiv Verkäufe und Projektentwicklung betreibt

Industrials

  • Siltronic: Siltronic stellt Wafer für die Herstellung von Memory Chips her, die z.B. in SSD Festplatten bzw. Speichern und perspektivisch auch in autonomen Fahrzeugen verwendet werden. Wachstum und Profitabilität (EBIT-Marge im aktuellen Jahr über 30%) scheinen aktuell sehr attraktiv zu sein. Die Bedrohung aus China, das ja offenkundig ein großer Player im Wafer-Markt werden will, sieht CFO Rainer Irle höchstens bei den älteren und für Siltronic nicht mehr so relevanten 200mm Wafern (das wäre noch zu prüfen)
  • Akasol: Akasol baut Batteriezellen verschiedener Hersteller flexibel zu Batteriesystemen zusammen. Der aktuelle Fokus von Akasol liegt auf Batteriesystemen für e-Busse und perspektivisch auch Trucks. Erste Verträge existieren mit Volvo Trucks und Daimler
  • WashTec: WashTec ist einer der größten Hersteller von Waschanlagen. WashTec ist zwar global aktiv, der Großteil von Umsatz und Gewinn wird aber in Europa erwirtschaftet. In Nordamerika und Asien wird – aktuell jedenfalls – kein Geld verdient. Die EBIT-Marge liegt bei ca. 10%

Mein Fazit zum Eigenkapitalforum / EKF 2018

Für einen ersten Überblick ist das Eigenkapitalforum eine sehr gute Plattform, weil man in zeitlich sehr komprimierter Form eine Vielzahl an Unternehmen kennen lernen kann. Der Fokus liegt vor allem auf kleinen und eher unbekannten Unternehmen aus SDAX und darunter.

Für ein detaillierteres Verständnis zu einem bestimmten Unternehmen oder z.B. eine Einschätzung des Managements bieten sich die 1-on-1 Sessions an.

In diesem Jahr habe ich mir die Präsentationen von mindestens 20 Unternehmen angehört und dabei bestimmt eine Handvoll guter Ideen mitgenommen.


Disclaimer

Disclaimer 1: Die Inhalte dieses Artikels wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. DIY Investor übernimmt jedoch keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen und haftet nicht für Investitionsentscheidungen, die auf Basis dieser Informationen getroffen werden.

Disclaimer 2: Ich bin im Besitz von DEFAMA-Aktien.

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