5 Biases von Value Investoren

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Value Investor Bias Fehler

In den 1970er Jahren hat Daniel Kahnemann quasi bewiesen, dass Menschen grundsätzlich keine rational handelnden Lebewesen sind. Er entdeckte die so genannten kognitiven Verzerrungen (“cognitive biases”) indem er anhand von Experimenten belegte, dass wir systematisch falsche Entscheidungen treffen. Seitdem beschäftigt auch die Finanzwelt sich von Jahr zu Jahr immer intensiver mit dem Thema… in diesem Kontext Behavioral Finance genannt. Nun ist es so, dass viele bekannte und erfolgreiche Value Investoren, u.a. auch Warren Buffett und Charlie Munger, die rationale Entscheidungsfindung als wesentliches Erfolgskriterium benennen.

Unsere Rationalität hört allerdings leider oft bereits ganz am Anfang, nämlich bei unseren grundlegenden Annahmen auf. In diesem Artikel möchte ich einmal die negativen Effekte einiger typischer “Value Investing Mantras” eingehen und diese vielleicht hier und da einmal in Frage stellen.

The first principle is that you must not fool yourself — and you are the easiest person to fool. ~ Richard Feynman

1. KGV: Günstig, günstig, günstig

Viele Privatinvestoren mit einem Fokus auf den “klassischen” Value Ansatz verwenden Aktien Screener, um interessante Aktien  zu identifizieren. Eine Kennzahl auf die dabei typischerweise besonders viel Augenmerk gerichtet wird, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis bzw. KGV.

Viele Value Strategien beruhen nun einzig und allein darauf, Aktien mit einem niedrigen KGV – der Grenzwert wird hier oft bei 8 bis 12 gesehen – zu kaufen. Auch wenn dieser Screening-Prozess nur eine von vielen möglichen Ansätzen zur Ideengenerierung darstellt, werden vermutlich die wenigsten Value Investoren dieser Kategorie jemals ein Unternehmen mit einem KGV oberhalb von 25 oder 30 überhaupt in Betracht ziehen.

Dies ist zwar in gewisser Weise konsistent mit Ben Graham’s Ideen aus The Intelligent Investor und kann zu sehr guten Returns führen. Allerdings berücksichtigt der Ansatz nicht den aktuellen Wandel hin zu neuen und digitalen Geschäftsmodellen und die zunehmende Disruption althergebrachter Geschäftsmodelle. Die Portfolios dieser Investoren könnten deshalb am Ende zwei systematische Schwächen aufweisen:

  1. Fokus auf althergebrachte, über die Zeit verschwindende Geschäftsmodelle: Es gibt meist einen guten Grund, warum eine Aktie günstig bewertet ist. In vielen Fällen können wir diesen Grund mit “bescheidene Zukunftsaussichten” oder “schwaches Wachstum” betiteln. Ein nach diesem Grundsatz aufgebautes Portfolio könnte also dem entsprechend tendenziell zu sehr aus Unternehmen bestehen, die ihre besten Zeiten bereits hinter sich haben (z.B. Old Economy Industrieunternehmen)
  2. Keine Partizipation an Wachstumstrends: Viele wirklich gute Unternehmen mit tollen Wachstumsaussichten und einer – relativ zu den Zukunftschancen – günstigen Bewertung werden von vornherein unberücksichtigt gelassen
Das KGV ist übrigens eine sehr gute Kennzahl, um die eigene Investment Thesis zu kommunizieren (und wird von vielen Value Investoren in den Medien ja auch entsprechend genutzt). Selten ist das KGV aber die beste Kennzahl für die tatsächliche Unternehmensbewertung… jedenfalls aus meiner Sicht.

Ob ein Unternehmen günstig bewertet ist, hängt neben einer Unterbewertung bezogen auf die aktuell erzielbaren Gewinne vor allem auch von den Zukunftsaussichten und dem erwarteten Gewinnwachstum ab und sollte deshalb auch relativ dazu betrachtet werden.


2. Buy-and-Hold für klassische Value Aktien

Die gleichen Investoren, die wie gerade beschrieben ihre Aktien auf Basis des KGV auswählen, verfolgen in vielen Fällen einen Buy-and-Hold Ansatz, d.h. belassen ihre Aktien typischerweise für sehr lange Zeit in ihrem Portfolio.

Besitzen die Portfoliounternehmen allerdings keine besonders rosigen Wachstumsaussichten, dann sollten die Aktien nur so lange im Portfolio bleiben, bis sich die Unterbewertung bezogen auf den aktuellen intrinsischen Wert aufgelöst hat. Weil kein großartiges Wachstum zu erwarten ist, wird der annualisierte Return immer niedriger, je länger dieser Prozess der Wertaufholung dauert bzw. je länger die Aktien im Portfolio verbleiben, wenn dieser Prozess einmal abgeschlossen ist.

Deshalb legen viele der erfolgreichsten Investoren auf diesem Gebiet auch so viel Wert auf einen konkreten und kurzfristig (innerhalb von 6 bis 12 Monaten) greifenden Kurstreiber (Catalyst).


3. Nur originäre Ideen zulassen

Manche Investoren haben an sich den Anspruch, Aktien im Portfolio zu haben, die sonst noch keiner entdeckt hat. Vielen gefällt speziell der Fact Finding Prozess bzw. der Prozess der Ideengenerierung… je unbekannter desto besser. Manchem Investor gefällt vielleicht auch die Aufmerksamkeit, die er erhält, wenn er Freunden, Bekannten oder anderen Investoren von seinen Investments berichtet.

Tatsächlich kann dies aber gegebenenfalls zu zwei nicht zu vernachlässigenden Biases führen:

  • Es könnte sein, dass gute Investments anderer Investoren (unterbewusst) ausgeschlossen bzw. von vornherein nicht in Betracht gezogen werden
  • Investments in bekannte Großunternehmen (Large Cap) oder Unternehmen mit breiter Aufmerksamkeit in der Investoren-Community könnten ausgeschlossen werden, obwohl es sich. ggf. um gute Investments handeln kann

Ein weiterer negativer Nebeneffekt dieses Bias: Der Investor muss mehr Zeit für die Suche nach guten Investmentideen aufwenden und kann seine Analyse nicht auf der Investment Thesis von anderen aufbauen (ob letzteres aufgrund des Ankereffekts natürlich sinnvoll ist, darüber kann gestritten werden).

Diese Schwäche hört sich vielleicht erstmal etwas abwegig an. Ich denke aber, dass dieses Verhalten speziell bei Value Investoren vielleicht öfter vorkommt, als wir denken (und dass wir vielleicht auch selbst manchmal in diese Falle tappen).

Auch Value Investor Mohnish Pabrai hat in seinen Vorträgen und Blogbeiträgen übrigens schon des öfteren seine Verwunderung darüber geäußert, dass viele Investoren einfach nicht “kopieren” können. Für ihn stellt das Kopieren der Ideen anderer allerdings eine der vielversprechendsten Strategien überhaupt dar (schaut euch hierzu auch die Insights von Mohnish Pabrai an).


4. Strikt nach Lehrbuch vorgehen

Zum Thema Value Investing wurden bereits unzählige Bücher geschrieben… angefangen bei Intelligent Investieren (Ben Graham) und One Up on Wall Street (Peter Lynch) über Auch Sie haben das Zeug zum Börsengenie (Joel Greenblatt) und das Little Book of Valuation von Aswath Damodaran bis hin zu Value Investing von Bruce Greenwald.

In allen diesen Büchern werden mehr oder weniger konkrete Bewertungsansätze bzw. -konzepte vorgestellt. Von allen genannten Autoren können wir viel lernen.

Etwas gefährlich könnte es allerdings werden, wenn wir eine zu akademische bzw. technische Herangehensweise wählen und zu viel Zeit darauf verwenden, z.B. unser DCF-Bewertungsmodell genau wie im Lehrbuch beschrieben, nachzubilden.

Hieraus ergeben sich die folgenden Schwachpunkte:

  • Das eigentliche Investment, also Geschäftsmodell, Wettbewerbsvorteile, Zukunftsaussichten, Qualität des Managements etc. wird ggf. nur insoweit betrachtet, wie ein Input für das Bewertungsmodell gebraucht wird… das heißt das Modell definiert, was der Investor sich anschaut
  • In der Regel wird der gleiche Bewertungsansatz für alle Unternehmen und Situationen verwendet, obwohl diese vielleicht ganz unterschiedliche Herangehensweisen erfordern
Investing in stocks is an art, not a science, and people who’ve been trained to rigidly quantify everything have a big disadvantage. – Peter Lynch

5. Das Makro-Umfeld ignorieren

Viele Value Investoren treffen ihre Investitionsentscheidungen einzig und allein auf Basis des Ergebnisses ihres Bewertungsmodells und ignorieren dabei die Tatsache, dass Leitzins, Wirtschaftsentwicklung, Wechselkurs etc. einen signifikanten Einfluss auf einige unserer wesentlichen Bewertungskennziffern haben können.

So korrelieren z.B. die Kurs-Gewinn-Verhältnisse tendenziell mit dem Zinssatz (mehr Infos dazu findet ihr im Artikel KGV und Zinssatz: So hängen die beiden Kannzahlen zusammen). Auch der WACC (also die gewichteten Kapitalkosten) hängen vom Zinsniveau ab.

Wenn wir im Ausland investieren, z.B. in den USA, dann sollte uns außerdem eine Prognose des Wechselkurses unbedingt interessieren.


Fazit

Es gibt eine ganze Reihe an systematischen Schwächen, für die speziell wir als Value Investoren empfänglich sind. Dazu gehört z.B. ein zu starker Fokus auf ein niedriges KGV als Bewertungskennzahl, ein Buy-and-Hold Ansatz mit den falschen Werten im Portfolio oder ein Vernachlässigen des Makro-Umfelds.

Habt ihr ggf. weitere Themen, die ihr hier seht? Falls ja, dann schreibt doch einfach unten einen Kommentar.

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1 Kommentar zu „5 Biases von Value Investoren“

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