Viele der für uns Value Investoren wirklich (und ich meine wirklich wirklich) interessanten Unternehmen sind recht klein und deshalb typischerweise nicht in DAX, MDAX oder so gelistet. Diese Unternehmen sind vielen Mainstream-Investoren ggf. gar nicht bekannt. Institutionelle Investoren und Analysten interessieren sich in der Regel aufgrund der Größe ebenfalls nur begrenzt dafür. Manchmal handelt es sich auch um ausländische Unternehmen, deren Aktien in Deutschland zwar gehandelt werden können, die aber ebenfalls kaum jemand auf dem Schirm hat. Die Aktien solcher Unternehmen werden deshalb auch nicht so rege gehandelt, wie z.B. die Aktien der DAX-Schwergewichte wie Volkswagen oder Siemens. Im Börsenjargon würden wir sagen, dass es sich um illiquide Aktien handelt.
Planen wir solche Aktien in unser Portfolio zu nehmen, dann sollten wir etwas vorsichtig sein bzw. ein paar Regeln beachten. Was aus meiner Sicht aber nicht heißt, dass wir illiquide Aktien gar nicht handeln sollten oder können (wie von vielen Marktbeobachtern vorgeschlagen). Wir sollten uns aber des Risikos wohl bewusst sein.
In diesem Artikel möchte ich einmal erläutern, wie wir die größten Fehler beim Kauf illiquider Aktien vermeiden können und was wir beim Kauf von illiquiden Aktien bzw. Unternehmen beachten sollten.
Was sind illiquide Aktien?
Zunächst vielleicht aber mal ein paar Worte zur Definition. Was ist eine illiquide Aktie denn eigentlich genau? An welchen Handelsvolumen lässt sich das festmachen? Gibt es da Anhaltspunkte?
Ich selbst habe noch nie eine konkrete Definition einer illiquiden Aktie gesehen, grundsätzlich gilt aber aus meiner Sicht Folgendes:
Ob eine Transaktion einen Einfluss auf den Preis hat, hängt erstmal nicht vom grundsätzlichen Handelsvolumen ab, sondern von der Relation zwischen Angebot und Nachfrage.
Für große Käufer sind alle Aktien illiquide
Das Ganze ist also eine Frage der Perspektive. Wenn wir z.B. einen großen Investor wie Warren Buffett oder eine große Versicherungsgesellschaft fragen würden, was eine illiquide Aktie ist, dann bekämen wir vermutlich eine etwas andere bzw. differenziertere Antwort als von einem kleineren Privatinvestor.
Für solche Großinvestoren sind – aufgrund der großen Volumen – vermutlich alle Aktien irgendwo illiquide, auch wenn sie Apple, Microsoft oder Siemens heißen.
Um den Aktienkurs nicht zu beeinflussen, zerstückeln die großen Investoren ihre Orders oft in mehrere kleinere Orders und führen diese über einen gewissen Zeitraum aus, um das richtige Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen und einen Einfluss auf den Marktpreis/Aktienkurs zu vermeiden.
Transaktionskosten spielen bei solchen großen Transaktionen vermutlich eine eher untergeordnete Rolle, sodass z.B. Warren Buffett eine Kauforder über ca. 10 Mio. Apple-Aktien (oder 1. Mrd. USD) leicht auf mehrere Orders aufteilen kann.
Je kleiner diese Orders aber werden, desto höher werden – prozentual gesehen – die Transaktionskosten. Wenn wir als Privatinvestoren bzw. DIY Investoren also eine Aktie kaufen möchten, die im Vergleich zu unserem Kaufauftrag nur sehr wenig gehandelt wird, dann könnte das aufgrund der Ordergebühren für uns uninteressant werden.
Illiquide Aktien für Privatinvestoren
Welche Aktien gelten also für uns Privatinvestoren als illiquide?
Ich würde zunächst mal sagen, dass alle Werte, die in irgendeinem deutschen Index gelistet sind (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX) erstmal als liquide angesehen werden können. Auch die großen internationalen Titel (AAPL, MSFT etc.) können wir glaub ich über Xetra ohne Probleme handeln.
Problematisch wird es dann in der Regel bei Unternehmen, deren Aktien in keinem Index mehr gelistet sind, weil sie einfach zu klein sind. Nehmen wir z.B. eine internationale Aktie wie die von Alumina Ltd. – eine australische Aktie, die hier kaum jemand kennt. Diese Aktie wird hier bei uns nur sehr sporadisch gehandelt. An manchen Tagen gar nicht, an anderen Tagen vielleicht mit einem Volumen von maximal 5.000 bis 10.000 Stück:
Quelle: onvista
Wenn wir also hier z.B. eine Kauforder platzieren, ohne ein Limit zu setzen, dann kann es schnell passieren, dass der Aktienkurs aufgrund der plötzlichen hohen Nachfrage in die Höhe schießt, wir den Einstiegskurs auf Basis unserer Unternehmensbewertung nicht erreichen und unser Investment von vornherein unter einem ungünstigen Stern steht.
Illiquide Aktien sind oft nicht so illiquide wie wir meinen
Wenn wir es aber richtig machen, können wir auch solche Aktien ohne zu große Risiken handeln.
Das wichtigste, was wir dafür mitbringen müssen, ist Geduld.
Darüber hinaus sollten wir ein paar Dinge beachten bzw. ein paar Regeln befolgen:
- Illiquide Aktien immer mit Limit Order kaufen – also einen maximalen Kaufpreis festlegen
- Order nicht nur tagesgültig, sondern mit Gültigkeit für einen längeren Zeitraum einstellen – es kann nämlich dauern, bis ein aktueller Aktionär seine Aktien zum Kauf anbietet
- Ggf. keinen Orderzusatz wie “Fill or Kill” nutzen: Die Chancen, dass wir unsere gesamte Order mit einem Mal gefüllt kriegen, sind bei illiquiden Aktien oft nicht so hoch. Ggf. müssen wir unsere Position in Blöcken aufbauen. Hierbei ist natürlich wichtig, dass wir entsprechend niedrige Ordergebühren bei unserem Broker haben bzw. unsere Position groß genug ist (prozentual sind die Ordergebühren dann ggf. wieder niedrig genug – Ziel sollte <1% sein)
- Nicht einknicken und den Kaufpreis nach oben anpassen, wenn die Order nicht sofort ausgeführt wird. Stattdessen einfach ruhig bleiben und abwarten, bis die Email-Bestätigung über den Kauf reinkommt bzw. wir die Aktien im Depot sehen
Limit Orders nutzen
Limit Orders sind aus meiner Sicht das wichtigste Instrument, welches wir nutzen können, um auch illiquide Aktien ohne Nachteile zu handeln.
Eine Limit Order ist eigentlich nichts anderes, als die Festlegung eines maximalen Kauf- oder eines minimalen Verkaufspreises.
Oberhalb dieses von uns festgelegten maximalen Kaufpreises wird die Order dann nicht ausgeführt.
Die Limit Order ist deshalb ein sehr wirksames Mittel, um zu verhindern, dass der Aktienkurs und damit unser Kaufpreis durch unsere Order in die Höhe schießt. Allerdings dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht erwarten, dass wir die Aktien innerhalb weniger Minuten im Depot haben (wie dies normalerweise bei viel gehandelten Aktien wie z.B. BASF der Fall ist).
Längere Gültigkeit der Order einstellen
Wir sollten außerdem unsere Order nicht nur tagesgültig einstellen, sondern eine längere Gültigkeitsdauer festlegen. Bei comdirect z.B. sind bis zu 12 Monate möglich, ich denke ein Monat sollte es aber erstmal auch tun.
Dies ist deshalb wichtig, weil es – wie oben gesehen – Tage geben kann, an denen eine illiquide Aktie ggf. gar nicht gehandelt wird. Da kann es schonmal passieren, dass Kauforders für mehrere Tage im Orderbuch stehen, ohne dass es eine entsprechende Gegenposition gibt.
Nutzen von Orderzusätzen wie “Fill or Kill”
Im Falle von illiquiden Aktien können Orderzusätze wie “Fill or Kill” (Alles oder Nichts) oft dazu führen, dass wir unsere Aktien nicht bekommen. Vielleicht weil aktuell niemand eine ausreichende Anzahl an Aktien zum Kauf anbietet. Oder aber, weil auf Verkäuferseite ebenfalls ein entsprechender Orderzusatz festgelegt wurde – oft trifft hier nämlich ein einzelner Verkäufer auf nur einen, oder nur sehr wenige Verkäufer.
Auf der anderen Seite kann das Weglassen des Orderzusatzes aber auch dazu führen, dass eine relativ kleine Order (sagen wir mal über 1.000 EUR) über mehrere Tranchen gefüllt wird und wir verhältnismäßig hohe Ordergebühren zahlen müssen.
Wobei die Wahrscheinlichkeit direkt alles zu bekommen natürlich bei kleinen Orders um Einiges höher ist.
Wir sollten also das Nutzen von Orderzusätzen wie “Fill or Kill” etwas davon abhängig machen, wie groß unsere Order ist. Ordergebühren oberhalb von ca. 1% unseres Ordervolumens sollten wir aber versuchen zu vermeiden. Bei Gebühren von sagen wir mal 10 EUR je Trade sollten wir also mindestens jeweils für 1.000 EUR kaufen.
Keine Angst haben etwas zu verpassen
Die größte Gefahr beim Kauf illiquider Aktien besteht für uns aber darin, dass unsere Angst, eine großartige Chance zu verpassen (FOMO – Fear of Missing Out) die Oberhand gewinnt und wir überstürzt handeln.
Der Aktienkauf unterscheidet sich – jedenfalls was die Psychologie angeht – aus meiner Sicht nämlich kaum von anderen Käufen, die wir in unserem Leben typischerweise tätigen. Auch wenn wir z.B. Flugtickets oder andere Dinge kaufen möchten, lassen wir uns oft von den entsprechenden Botschaften (“Zu diesem Preis nur noch 2 verfügbar” etc.) beeinflussen.
Weil wir Angst haben, sonst überhaupt keine Tickets mehr zu bekommen.
Diesen Umstand müssen wir uns glaub ich nur bewusst machen, wenn wir das nächste Mal eine Kauforder für eine illiquide Aktie platzieren und diese nicht sofort gefüllt wird.
Was ist mit dem Verkauf?
Haben wir eine illiquide Aktie einmal erfolgreich und zu einem günstigen Kurs zu unserem Portfolio hinzugefügt, dann stellt sich irgendwann natürlich auch wieder die Frage des Verkaufs.
Beim Verkauf sollten wir grundsätzliche die gleichen Regeln beachten wie beim Kauf. Wir sollten also vor allem wieder mit Limit Orders arbeiten und etwas Geduld mitbringen.
Wir sollten außerdem beim Verkauf unsere Preisuntergrenze (Limit Order) leicht unterhalb des aktuellen Kurses ansetzen. Dies erhöht die Chancen eines schnellen Verkaufs, hat aber gleichzeitig keinen großen negativen Einfluss auf unseren Return.
Zusammenfassung
Als illiquide werden Aktien bezeichnet, die nur in sehr geringem Umfang an der Börse gehandelt werden. Meistens handelt es sich um sehr kleine Unternehmen, die in keinem der bekannten Indices (DAX, MDAX etc.) gelistet sind.
Bei solchen Aktien können einzelne, auch kleinere Transaktionen den Aktienkurs bereits stark beeinflussen. Es besteht hier also ein gewisses Risiko, dass wir einen überhöhten Preis zahlen müssen, wenn wir nicht aufpassen.
Wenn wir solche illiquiden Aktien also erwerben möchten, dann sollten wir ein paar Regeln beachten. Wir sollten z.B. illiquide Aktien nur über Limit Orders kaufen und die Order über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten. Dann sollten wir einfach in Ruhe abwarten und uns in keinem Fall dazu verleiten lassen, unser Kaufpreislimit zu erhöhen.