Ein Investment Policy Statement (abgekürzt IPS) ist eine Erklärung, die die allgemeinen Investitionsziele eines Investors definiert sowie auch auf die ganz konkrete Strategie eingeht, mit der diese Ziele erreichen werden sollen. Darüber hinaus werden im IPS auch ganz spezifische Informationen bzw. Anforderungen u.a. hinsichtlich Asset Allocation, Risikotoleranz und Liquiditätsanforderung festgehalten.
Ein Investment Policy Statement wird von vielen professionellen Investoren (sowohl privaten als auch institutionellen) als Guideline insbesondere in den Fällen verwendet, in denen das Portfolio von einem externen Dritten gemanagt wird… also einem Vermögensverwalter o.Ä. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass ein Investment Policy Statement nicht auch für uns selbst als Manager unseres eigenen Vermögens (oder dasjenige unseres kleinen Family Offices) sehr sinnvoll sein kann… oder auch in einem Fall, in dem wir das Portfoliomanagement für einen oder mehrere externe Dritte mit übernehmen.
Insofern möchte ich in diesem Artikel zunächst einmal einen Überblick über den typischen Aufbau und die Erstellung eines Investment Policy Statements geben.
Intro Investment Policy Statement
Das Investment Policy Statement (IPS) dient grob zusammengefasst als strategischer Leitfaden für die Planung und Umsetzung unseres Vermögensaufbauplans bzw. unserer Anlagestrategie (in einem größeren Kontext würde man hier ggf. bereits von einem Investitionsprogramm sprechen).
Im IPS werden – vereinfacht gesprochen – also Investitionsziele und -beschränkungen festgelegt und dokumentiert. Das ist aber nicht alles.
Das IPS nimmt außerdem Bezug auf die Historie und die Lebensumstände des Investors. Anlageziele und -strategien werden entsprechend unter Berücksichtigung der aus diesen Lebensumständen resultierenden Restriktionen abgeleitet.
Das IPS ist also ein sehr individuelles Dokument, das genau auf die Anforderungen und die spezifische Situation des individuellen Investors zugeschnitten ist… nichts desto trotz orientieren wir uns natürlich bei der Erstellung des IPS an einem Standardtemplate bzw. einer Checkliste, um alle wesentlichen und relevanten Punkte entsprechend zu berücksichtigen.
Exkurs: Vereinfachter Investitionsplan
Eine Alternative zu einem eher formellen IPS stellt der so genannte Investitionsplan dar. Auf einen solchen kann zurückgreifen, wer ein vollständiges Investment Policy Statement für zu komplex hält oder aber – zunächst – etwas kleinere und konkrete Anlageziele verfolgt (z.B. „Ich benötige einen Plan, wie ich die Mittel für die Ausbildung meiner Kinder – z.B. ca. 50.000 EUR – in einer Zeitspanne 10 Jahren von heute an gesehen aufbauen kann“).
Unabhängig davon, ob es sich nun um ein sehr formelles Statement oder „nur“ einen groben Plan handelt, geht es darum, dass wir ein klares Verständnis davon erhalten, wie wir unsere Investitionsziele erreichen wollen.
Ein Investitionsplan kann im ersten Entwurf also sehr einfach aussehen bzw. erstellt werden:
- Schritt 1: Ziele formulieren und dabei so konkret wie möglich sein (und größere Änderungen oder Updates zu einem späteren Zeitpunkt dabei nicht ausschließen)
- Schritt 2: Einen konkreten Plan für jedes Ziel erstellen. Ein solcher Plan besteht i.d.R. zunächst einmal darin, ein Konto festzulegen, auf dem das Geld angespart werden soll, den regelmäßig zurückzulegenden Betrag auszuwählen und eine Asset Allocation auszuarbeiten, mit der das Ziel mit einem möglichst geringen Risiko erreichen werden kann (Plan B für den Fall unzureichender Returns inklusive)
- Schritt 3: Die besten und kostengünstigsten Anlagen auswählen, um deine gewünschte Asset Allocation zu erreichen
Wer natürlich ausschließlich oder überwiegend in Indexfonds investieren möchte, hat es beim Schritt 3 etwas leichter.
Kerninhalte des Investment Policy Statement (IPS)
Die folgende Aufstellung kommt aus dem Dokument “Elements of an Investment Policy Statement of Individual Investors” vom CFA Institute.
Demnach sollte ein gut durchdachtes IPS die folgenden Komponenten enthalten:
1. Umfang und Zweck
- Die Quelle des Vermögens des Anlegers sowie der relevante Kontext
- Identifizierung und Definition des Anlegers
- Struktur („Standard of Care“ des Portfoliomanagers, Risikomanagement, Monitoring und Reporting, Organisationsstruktur)
- Festlegen einer Risikomanagementstruktur
- Zuweisung der Verantwortung für die Portfolioüberwachung und -berichterstattung
2. Steuerung
- Festlegung der Zuständigkeiten für die Festlegung, Durchführung und Überwachung der Ergebnisse der Umsetzung der Anlagepolitik
- Beschreibung des Prozesses für die Überprüfung und Aktualisierung des IPS
- Beschreibung der Befugnisse bei der Einstellung und Entlassung von Personen, die mit dem Portfolio in Verbindung stehen
- Zuweisung der Verantwortung für die Festlegung der Vermögensaufteilung des Portfolios, einschließlich der verwendeten Inputs und der Kriterien, die zur Entwicklung der Inputs verwendet werden
- Zuweisung der Verantwortung für die Überwachung des Risikomanagements und die Berichterstattung
3. Investitions-, Rendite- und Risikoziele
- Beschreibung des allgemeinen Anlageziels
- Angabe der Rendite-, Risiko- und Ausgabenannahmen (Abflüsse im Portfolio)
- Festlegung der Risikotoleranz des Anlegers
- Beschreibung relevanter Beschränkungen (Liquiditätsanforderungen, steuerliche Erwägungen, Beschränkungen für bestimmte Investitionen, rechtliche Beschränkungen)
- Beschreibung sonstiger Überlegungen, die für die Anlagestrategie relevant sein könnten
4. Risikomanagement
- Festlegen von Leistungsmessungen und Rechenschaftspflichten
- Festlegung von Kennzahlen zur Messung und Bewertung von Risiken
- Festlegung des Prozesses für die Neugewichtung des Portfolios und der Ziel-Asset-Allokationen
Zur Auflistung der wesentlichen Komponenten eines IPS liefert das CFA Institute außerdem den folgenden Disclaimer:
The IPS is a highly customized document that is uniquely tailored to the preferences, attitudes, and situation of each investor. Templates that purport to offer convenience and ease in development of an IPS almost inevitably sacrifice consideration of factors that are highly relevant to the investor. The investment professional must thoroughly understand the investor’s objectives, restrictions, tolerances, and preferences to be able to develop a truly useful policy guide. – CFA Institute
Kurz zusammengefasst: Man sollte den Prozess der Erstellung des IPS nicht vereinfachen (und Templates, die eine Vereinfachung suggerieren, am besten ignorieren), weil dadurch wesentliche Aspekte in Bezug auf die Anforderungen des Investors übersehen werden könnten… nachdem ich den Erstellungsprozess eines IPS nun bereits zweimal durchlaufen habe, kann ich diese Einschätzung aus meiner Sicht sehr gut nachvollziehen.
Das Dokument enthält außerdem Beispielformulierungen zu jedem einzelnen der aufgelisteten Kriterien, was darauf hindeutet, dass das CFA Institute das Investment Policy Statement als einen z.B. in Word verfassten Fließtext begreift.
Ich persönlich habe unser eigenes IPS in tabellarischer Form in Word verfasst und einige erklärende Schaubilder, z.B. zur Vermögensübersicht, zur Asset Allocation, zur Organisation etc. hinzugefügt (letzteres beinhaltet auch eine Übersicht über die relevanten Konten und Depots sowie die regelmäßigen Geldflüsse).
Über die Vorteile des Erstellungsprozesses eines IPS
Man könnte natürlich argumentieren, dass die Erstellung eines IPS am Ende nur Zeit kostet, weil wir im Grunde ja nur für uns selbst investieren und unsere Präferenzen etc. (erstmal) nicht mit einem in unserem Auftrag agierenden Vermögensverwalter bzw. Portfoliomanager abstimmen müssen.
Ich halte allerdings auch den eigentlichen Prozess der Entwicklung des IPS für sehr wertvoll, weil er uns dazu zwingt, uns zu allen relevanten Portfoliothemen einmal Gedanken zu machen, diese in einem strukturierten Prozess zu Papier zu bringen und schlussendlich auch für uns selbst verbindlich festzuschreiben.
Im Hinblick auf das Management unseres eigenen kleinen Family Offices ist es darüber hinaus ggf. erforderlich, die Sichtweisen, Erwartungen, Ansichten etc. mehrerer Familienmitglieder in Einklang zu bringen (ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Aufgabenstellung 🙂 ).
Um hier nochmal eine Ebene tiefer zu gehen… folgende Vorteile könnte also man bzgl. der Erstellung eines IPS anführen:
- Wir lernen mehr über uns selbst und unsere Investitionsentscheidungen
- Ein gut strukturiertes IPS ist leicht verständlich und gibt uns theoretisch die Möglichkeit, jemand anderen mit der Verwaltung unseres Vermögens zu beauftragen, ohne den Investitionsprozess unterbrechen zu müssen
- Wir erhalten eine konkrete Orientierungshilfe für das Treffen unserer Investitionsentscheidungen
- Wir haben einen konkreten Leitfaden zur Beilegung von ggf. entstehenden Streitigkeiten (z.B. kann ein von allen Familienmitgliedern unterschriebenes IPS als Grundlage für die Rechtfertigung von Investitionsentscheidungen durch den Vermögensverwalter dienen)
- Mögliche Anpassungen im Zeitverlauf und die zugehörigen Begründungen können sehr gut und für alle nachvollziehbar dokumentiert werden
Arbeiten mit einem Investment Policy Statement
Anmerkung: Der Gesamtprozess zur Erstellung eines IPS ist für private und institutionelle Investoren weitgehend gleich. Ihr werdet jedoch sehen, dass der Zeithorizont und die besonderen Umstände für Einzelpersonen eine wichtigere Rolle spielen als für Institutionen, während rechtliche und regulatorische Überlegungen für institutionelle Investoren in der Regel relevanter sind, als für Privatinvestoren.
Die Entwicklung des Investment Policy Statement und die Arbeit mit einem solchen kann entlang der folgenden Schritte erfolgen (Schritte 1-4 angelehnt natürlich an das oben aufgezeigte Template bzw. die oben aufgezeigte Checkliste):
- Schritt 1: Ertragsziele und Risiken bestimmen und dokumentieren
- Schritt 2: Restriktionen identifizieren und dokumentieren
- Schritt 3: Generelle Investitionsstrategie ableiten
- Schritt 4: Konkrete Asset Allocation bestimmen
- Schritt 5: Portfolioentscheidungen umsetzen
- Schritt 6: Performance messen ggf. Portfolio anpassen (pures Rebalancing oder auch weitergehende Anpassungen)
Darüber hinaus sollte das IPS selbst in regelmäßigen Abständen einem Review unterzogen werden, um sicherzustellen, dass die Ziele und Restriktionen des Investors bzw. der Investoren noch richtig reflektiert werden.
Wie ihr seht, starten wir mit unserer Analyse eher auf einer groben und hohen Flughöhe (allgemeine Ertragsziele, Risiken und Restriktionen), gehen dann mit der Ableitung der konkreten Investitionsstrategie und der Asset Allocation immer mehr ins Detail… bis wir schlussendlich im tagtäglichen Management des Portfolios angekommen sind.
IPS Template
Um euch die Erstellung eures eigenen Investment Policy Statements etwas zu erleichtern, habe ich das einmal in ein ausdruck- und ausfüllbares PDF-Dokument übertragen und ins Deutsche übersetzt. Um das Template (und viele weitere) herunterzuladen, müsst ihr euch nur hier für den DIY Investor Newsletter eintragen.
Ein konkretes Beispiel für ein ausgefülltes Investment Policy Statement (auf Basis meiner eigenen Erfahrung) möchte ich euch in einem der nächsten Artikel dieser Serie vorstellen.
Key Take Aways
Ein Investment Policy Statement (abgekürzt IPS) ist eine Erklärung, die die allgemeinen Investitionsziele und die konkrete Anlagestrategie und Asset Allocation eines Investors definiert.
Das Investment Policy Statement wird typischerweise gemeinsam durch den zuständigen Portfolio- bzw. Wealth-Manager und den Investor selbst entwickelt. Vom CFA Institute gibt es ein sehr gutes und übersichtliches Template, welches für diese Aufgabe zu Rate gezogen werden kann (und welches ich als deutschsprachiges PDF-Dokument im Tools-Bereich zum Download hinterlegt habe).
Der Aufbau des IPS erfolgt dabei schrittweise: Ausgehend vom Status Quo des Investors und den individuellen Anforderungen wird zunächst ein konkretes Anlage- und Renditeziel definiert. Dieses Ziel wird anschließend unter Berücksichtigung der Restriktionen des Investors in eine konkrete Investitionsstrategie bzw. eine konkrete Asset Allocation überführt.