Ein schönes Zitat von Warren Buffett lautet ja “Du lernst am besten aus Fehlern, es müssen aber nicht unbedingt deine eigenen sein”. Auch wenn das sicherlich richtig ist, wird vermutlich niemand von uns in der Lage sein, eigene Fehler komplett zu vermeiden (eher im Gegenteil). Deshalb ist es natürlich auch sehr sinnvoll, unsere eigenen Fehler regelmäßig zu analysieren und eine Methodik zu entwickeln, aus diesen Fehlern zu lernen und sie nicht zu wiederholen.
Ein guter Ansatzpunkt hierfür ist das Festhalten unserer Fehler in unserer Pre-Investment Checkliste. Ein Vorgehen, das von Mohnish Pabrai, einem der bekanntesten und erfolgreichsten Value Investoren, quasi in Dauerschleife gepredigt wird. Und aus meiner Erfahrung heraus ist das in der Tat sehr hilfreich.
Aus diesem Grund habe ich auch einmal meine gröbsten Verfehlungen (nur im Bereich Aktieninvestments natürlich :-)) zusammengestellt und die entsprechenden Fragen – wo relevant – in meine Checkliste aufgenommen.
Here we go.
1. K+S: Stabilität der Preiskartelle überschätzt
K+S war eines meiner favorisierten Investments vor einigen Jahren. Ich hatte die Aktie recht günstig gekauft (bei ca. 22 EUR) und war recht komfortabel im Plus (Aktie stand bei ca. 34 EUR). Darüber hinaus zahlte K+S, wenn ich mich recht erinnere, eine ansehnliche Dividende.
Ich wusste auch, dass die Kali-Preise i.W. über zwei regionale Kartelle hoch gehalten wurden. Allerdings hatte ich die Stabilität dieser Kartelle falsch eingeschätzt. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass einer der großen Player (Uralkali) aus dem Kartell aussteigen und damit die Kali-Preise (und auch die Aktienkurse… K+S fiel bis auf unter 18 EUR) auf Talfahrt schicken würde.
Seitdem versuche ich, solche Risiken regulatorischer oder kollusiver Art im Vorfeld zu antizipieren und tendiere dazu, solche Investments zu meiden.
2. Alumina Ltd.: Illiquide Aktie falsch gekauft
Alumina Ltd. ist einer der größten Hersteller von Alumina (zu deutsch Tonerde), dem Vormaterial für die Aluminiumproduktion. Die Mehrheit am Unternehmen gehört Alcoa, dem größten US-amerikanischen Aluminium-Hersteller. Alumina Ltd. ist in Australien ansässig. Die Aktie kann aber auch an deutschen Börsen gehandelt werden.
Das Handelsvolumen ist bzw. war allerdings sehr gering, die Aktie war also illiquide. Ich wusste es damals leider nicht besser und platzierte eine Kauforder ohne ein Limit zu setzen.
Die Aktien bekam ich recht schnell ins Depot, allerdings lag der Kurs signifikant über dem letzten Kurs, zu dem ich eigentlich einsteigen wollte. Solche Schnitzer werden natürlich von denjenigen auf der anderen Seite des Trades sofort ausgenutzt. Dem entsprechend war ich mit diesem Investment am Ende auch eher nur mittelmäßig erfolgreich.
Seitdem vermeide ich zwar nicht den Kauf von illiquiden Werten, halte mich aber strikt an ein paar Grundsätze, um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden.
Falls ihr mehr darüber lesen wollt, wie ihr am besten illiquide Aktien handelt, dann schaut euch meine Kurzanleitung “Wie wir illiquide Aktien handeln” an.
3. E.on, RWE und Co.: Zu sehr auf die High-Level Kennzahlen geachtet
Was passiert, wenn man stupide davon ausgeht, dass die Auswirkungen der Energiewende nur minimal sein werden und sich nur an ein paar High-Level Kennzahlen orientiert, das musste ich am Beispiel E.on erfahren.
Eigentlich muss ich aber genauer sein. Die Auswirkungen der Energiewende waren mir wohl bewusst, ich habe mir allerdings nicht die Zeit genommen, den Zusammenhang zum Geschäftsmodell von E.on und anderen Versorgern herzustellen. Und Fukushima konnte ich natürlich nicht vorhersehen.
Ich ging einfach davon aus, dass die Aktie sehr günstig bewertet wäre, weil die wesentlichen Kennzahlen, die ich mir damals immer angeschaut habe, nämlich P/B, P/E, Dividendenrendite etc., auf ein gutes Investment hindeuteten.
Wesentliches Learning: In vielen Fällen gibt es eine sehr gute Begründung für fallende bzw. niedrige Kurse (und damit positive Kennzahlen). Zwar irrt sich Mr. Market hin und wieder mal, oft liegt er aber nicht ganz so falsch.
Als Resultat habe ich meine Checkliste um ein paar Fragen nach den 2-4 wesentlichsten Treibern der zukünftigen Profitabilität bzw. Erfolgsfaktoren für das nachhaltige Funktionieren des Geschäftsmodells erweitert.
4. Apple: 2 Wochen nach Kauf ausgestoppt geworden
Ich war vor langer Zeit mal bei einem Vortrag von einem Aktienhändler, der so eindringlich dazu aufgerufen hat, die Kurse mit Stop-Losses abzusichern, dass ich eine kurze Zeit lang tatsächlich nach jedem Kauf einen Stop-Loss gesetzt habe.
Allerdings nur so lange, bis ich aus einem eigentlich langfristigen Investment, nämlich Apple, nach 2 Wochen rausgeflogen bin. Ich hatte damals meinen Stop-Loss bei 340 EUR/Aktie (nach Split ca. 48 EUR) gesetzt.
Und schlimmer noch: Als ich bemerkte, dass ich ausgestoppt wurde, lag der Kurs bereits wieder bei 390 EUR. Diese 50 EUR je Aktie (ich bin natürlich direkt wieder eingestiegen, diesmal aber ohne Stop-Loss) waren natürlich komplett unnötig.
In manchen Fällen passiert es übrigens sogar, dass der Verkaufspreis (weit) unterhalb des Stop-Loss Kurses liegt. Je nach dem, bei welchem Angebotskurs der Preis zum ersten Mal unter den Stop-Loss fällt.
Seitdem nutze ich eigentlich keine Stop-Loss Orders mehr. Mein Ziel ist es, mich bei jedem Investment so sicher zu fühlen, dass ich mögliche Kurstiefs eher zum Nachkaufen nutzen würde.
5. Gagfah, Glencore etc.: Zu sehr auf Warnungen von anderen gehört
Das Schwierige an Value Investments ist oft, an unserer Sicht der Dinge festzuhalten, auch wenn quasi der gesamte Markt eine andere Meinung hat und scheinbar sogar durch weiter fallende Kurse Bestätigung findet.
Ich kann mich an mindestens zwei Fälle erinnern, in denen meine Zweifel am Ende die Überhand gewonnen und mich entweder zum vorzeitigen Ausstieg gebracht oder aber davon abgehalten haben, in der Phase des tiefsten Kurses signifikant nachzukaufen.
Beispiel 1: Gagfah. Die Gagfah war bis zur Übernahme durch die Deutsche Annington (heute Vonovia) eine der größten börsennotierten Immobiliengesellschaften (mit Fokus auf Wohnimmobilien).
Damals wurde der Gagfah vorgeworfen, dass sie nur unzureichend in die Instandhaltung ihrer Gebäude investierte und darüber hinaus die Mieter schlecht behandelte. Aufgrund von Verträgen mit der Stadt Dresden, die aus der Privatisierung größerer Wohnungsbestände herrührten, drohte eine massive Klage der Stadt gegen das Unternehmen.
Ich ging nicht davon aus, dass die Klage das Unternehmen zu Fall bringen würde. Allerdings waren immer mal wieder negative Artikel in der Börsenpresse zu lesen, die sogar das Drohszenario einer Insolvenz malten. Hiervon habe ich mich leider (teilweise) beeinflussen lassen.
Ich bin zwar nicht ausgestiegen, habe aber auch nicht nachgekauft, als der Kurs bei niedrigen 4 EUR stand. Natürlich ging Gagfah nicht pleite, sondern der Aktienkurs erholte sich schnell.
Ähnlich erging es mir bei Glencore (Beispiel 2). Damals fiel der Aktienkurs aufgrund von Preiseinbrüchen im Kohlemarkt und auch aufgrund von operativen Problemen in einigen Minen massiv ab (kurzzeitig auf bis auf unter 1 EUR). Ich war bereits investiert und habe nicht nachgekauft, weil eine Investmentbank Stimmung gegen das Unternehmen machte und von einer Insolvenz ausging. Trotz der schnellen Ankündigung des Managements, notfalls auch eigenes Geld nachzuschießen (CEO Ivan Glasenberg und einige andere hochrangige Manager war gleichzeitig die größten Aktionäre von Glencore).
Ein Ausbauen meiner Position hier hätte einen Return von irgendwo zwischen 300 und 400% über einen Zeitraum von 3 Jahren eingebracht. Shit happens.
6. Daimler etc.: Nach Erreichen ansehnlicher Rendite viel zu früh wieder verkauft
Nach der Finanzkrise habe ich einige Unternehmen, unter anderem auch Daimler, tatsächlich zu Spottpreisen gekauft. Leider war mein Anlagehorizont damals nicht lang genug, sodass ich oft nach Erreichen einer ordentlichen Rendite (meist irgendwo zwischen +20 und +50%) auf Nummer sicher gegangen bin und verkauft habe.
Heute kann ich teilweise sehen, welche Gewinne mir dadurch entgangen sind. Allerdings habe ich auch den umgekehrten Fehler gemacht (siehe unter Nummer 7).
Heute gehe ich eher so vor, dass ich ein Unternehmen langfristig im Portfolio behalte, solange ich keine Verschlechterung der Wettbewerbsposition oder eine disruptive Veränderung der Industrie sehen kann. Eine Ausnahme bilden hier natürlich Zykliker oder Spezialsituationen.
Eine Kategorisierung meiner Anlagen in die verschiedenen Archetypen bzw. Unternehmenskategorien, wie von Peter Lynch in One Up on Wall Street* beschrieben, hat mir hier sehr geholfen.
7. Zyklische Aktie für langfristiges Value Investment gehalten
Dies ist glaub ich ein sehr weit verbreiteter Fehler. Im Wesentlichen geht es hier darum, dass wir einen Zykliker nicht mit einem langfristigen Value Investment à la Warren Buffett verwechseln dürfen.
Um erfolgreich mit zyklischen Aktien zu handeln, benötigen wir ein Verständnis über den zu Grunde liegenden Zyklus. Wir müssen zwar nicht unseren Einstiegs- und Exitzeitpunkt exakt timen (das kann keiner), sollten aber verstehen, wo die Industrie sich gerade im Zyklus befindet. Ein Verständnis des Zyklus heißt übrigens in den meisten Fällen ein Verständnis von Angebot, Nachfrage und Kapazitätsauslastung.
Wir sollten aber auch nicht den Fehler machen und Eigenschaften von Unternehmen mit Wettbewerbsvorteil nur diesen gutzuschreiben. Eine starke und weltbekannte Marke und eine zyklische Industrie schließen sich z.B. nicht aus. Gerade höherpreisige Konsum- und Luxusgüter hängen auch stark an der Konjunktur, sodass wir hier immer etwas genauer hinschauen sollten.
8. GDF Suez: Quellensteuer in Frankreich übersehen
Damals hatte ich bereits so etwas wie eine Dividendenstrategie verfolgt und eine Dividendenrendite von einigen Prozent als Kaufkriterium berücksichtigt. Unter anderem investierte ich damals auch in Aktien von GDF Suez, einer Firma mit einer Dividendenrendite von ca. 8%.
Leider wusste ich damals nicht, wie aufwendig es sein würde, die vom französischen Staat einbehaltene Quellensteuer wieder zurückzuholen. Da meine Position in Summe recht klein war, stand der Aufwand und die Kosten am Ende in keinem Zusammenhang zum Nutzen.
Ich hatte mich zwar vorher im Internet schlau gemacht, in nahezu allen Artikeln war der Prozess allerdings als sehr einfach beschrieben worden. Ein Formular ausfüllen, absenden, fertig. Leider war das Ganze nicht ganz so einfach, wie sich später herausstellte. Im Gegenteil.
Das Ausfüllen der Formulare war zwar noch mit überschaubarem Aufwand möglich. Allerdings erhielt ich nach einiger Zeit Post, aus der hervorging, dass meine Depotbank die erzielten Dividenden bestätigen müsse. Diese Bestätigung zu erhalten, stellte sich nun als schwieriger heraus, als ich gedacht hatte. Zunächst mal hat es einige Emails und Anrufe gekostet, um überhaupt herauszufinden, wer für dieses Thema der richtige Ansprechpartner bei der Bank ist. Darüber hinaus sollte eine solche Bestätigung irgendwas zwischen 50 und 100 EUR kosten. Für meine kleine Position wie gesagt zu viel damals.
Als Resultat fokussiere ich mich heutzutage vor allem auf deutsche, britische (gar keine Quellensteuer) und US-amerikanische (Quellensteuer wird direkt angerechnet) Unternehmen.
Fazit: Fehler analysieren und in Checkliste übernehmen
Die Liste der eigenen Fehler ist lang. Vermutlich könnte ich hierzu noch ein, zwei ähnliche Artikel schreiben (ich habe den Vorteil einer guten Kostenposition überschätzt, die langfristigen Effekte von Kostensenkungsprogrammen ohne Strukturanpassungen überschätzt, den Vorteil durch ein differenziertes Produkt überschätzt etc.).
Aus meiner Sicht wichtig ist ein guter Ansatz, um unsere Learnings irgendwo festzuhalten und mithilfe eines strukturierten Prozesses (z.B. eines konkreten Investment-Prozesses inkl. einer Pre-Investment Checkliste) dafür zu sorgen, dass wir die Themen für die Zukunft auf dem Schirm haben.
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