Peter Lynch - 6 Unternehmenskategorien

Peter Lynch: 6 Kategorien für die Einordnung von Unternehmen

Peter Lynch - 6 Unternehmenskategorien

Inhalt

Peter Lynch One Up on Wall Street - Die 6 Unternehmenskategorien

Einige von euch kennen vielleicht das Buch One Up on Wall Street von Peter Lynch. Peter Lynch war zwischen 1977 und 1990 bei Fidelity für das Management des Magellan Fonds zuständig, mit dem der über die Zeit einen durchschnittlichen jährlichen Return von fast 30% erzielt hat. Nach seinem Ausstieg als Manager des Magellan Fonds hat Lynch dann mehrere Investment-Bücher geschrieben. In One Up on Wall Street (Der Börse einen Schritt voraus) teilt er die verschiedenen Aktieninvestments in sechs Kategorien ein und erläutert für jede Kategorie die wichtigsten Informationen, die wir aus seiner Sicht für eine Investentscheidung brauchen.

In diesem Artikel möchte ich diese sechs Kategorien einmal etwas detaillierter vorstellen.


Die 6 Kategorien von Unternehmen

Die Unternehmenswelt ist wie wir alle wissen ja sehr komplex und vielschichtig. Im Grunde genommen gleicht nicht ein Unternehmen dem anderen. Wenn es um ein konkretes Investment geht, dann gibt es eine schier unendliche Anzahl an Kennzahlen und Informationen, die wir für unsere Investentscheidung heranziehen können.

Welche Information ist aber nun wirklich wichtig und worauf sollten wir unsere Zeit und Energie am besten verwenden?

Um diese Frage zu beantworten und dieser Komplexität Herr zu werden, kann in vielen Fällen eine grobe Einteilung des Unternehmen in eine überschaubare Anzahl an Kategorien sehr sinnvoll sein.

In seinem Buch hat Peter Lynch eine solche Kategorisierung aus Investorensicht einmal vorgenommen.

Im Detail hat Lynch folgende 6 Kategorien definiert:

  • Slow Growers (langsam wachsende Unternehmen)
  • Stalwarts (Unternehmen mit mittelmäßigem Wachstum
  • Fast Growers (schnell wachsende Aktien)
  • Cyclicals (Zykliker)
  • Turnarounds
  • Asset Plays

Im Folgenden gehe ich einmal auf jede Kategorie im Einzelnen ein. Ich persönlich finde die Kategorisierung einmal aus Entscheidungs- und Bewertungssicht sinnvoll. Jede Kategorie unterliegt nämlich anderen Treibern und muss ggf. aus Bewertungsgesichtspunkten etwas anders betrachtet werden. Zusätzlich können wir aus der Einteilung auch einige Rückschlüsse im Hinblick auf unsere Portfoliozusammensetzung ziehen. Wie Peter Lynch damit umgegangen ist, lest ihr ebenfalls im Folgenden.

The person that turns over the most rocks wins the game. And that’s always been my philosophy. – Peter Lynch

Slow Growers (langsam wachsende Unternehmen)

Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die mehr oder weniger gleichmäßig mit dem Wirtschaftswachstum wachsen (2-3% pro Jahr).

Typischerweise handelt es sich hierbei um große und bereits etablierte Unternehmen, die eine regelmäßige und attraktive Dividende zahlen. Was nicht schlecht sein muss. Aufgrund fehlender alternativer (und attraktiver) Wachstumsopportunitäten ist eine Dividendenzahlung oft die beste Wahl aus Shareholder-Sicht.

Langsam wachsende Unternehmen sind natürlich nicht direkt als langsam wachsende Unternehmen gestartet, sondern haben die Phase des schnellen Wachstums bereits hinter sich.

Peter Lynch investiert nicht besonders oft in Slow Growers, weil sich typischerweise der Anstieg des Aktienkurses sehr eng am (Gewinn-)Wachstum des Unternehmens orientiert und deshalb keine starken Kurssprünge zu erwarten sind.

Stalwarts (Unternehmen mit mittlerem Wachstum)

Apple ist glaube ich ein gutes Beispiel für ein solches Unternehmen: Nach dem jahrelangen starken Wachstum getriggert durch die Einführung bzw. Erfindung des iPhone hat sich das Wachstum in den letzten Jahren stark verlangsamt. Oder auch Nestlé, Coca-Cola, P&G etc.

Alle diese Unternehmen sind zwar echte Schwergewichte und deshalb keine extrem hohen Wachstumsraten mehr. Trotzdem wachsen sie noch mit Raten oberhalb der 5% (oft sogar ~10-12% pro Jahr).

In Abhängigkeit von Kaufzeitpunkt können mit Stalwarts sehr attraktive Returns erzielt werden. In einem Long-Term Hold Szenario (wenn wir die Aktie also für 25 Jahre oder so im Portfolio haben) ist der Return in den meisten Fällen allerdings nicht so attraktiv (es sei denn wir haben vor dem Start der starken Wachstumsphase gekauft wie damals Warren Buffett Coca-Cola).

Typischerweise würden wir solche Unternehmen vielleicht für ein, zwei Jahre halten, einen Profit von 30-50% erwirtschaften und dann wieder abstoßen und nach alternativen Optionen suchen.

Peter Lynch hatte immer ein paar dieser mittelmäßig wachsenden Unternehmen im Portfolio, einfach weil sie in der Regel auch in Krisenzeiten ganz ordentlich performen.

Fast Growers (schnell wachsende Unternehmen)

Hierbei handelt es sich in der Regel um kleinere und aggressive neue Unternehmen, die Wachstumsraten von 20 bis 25% pro Jahr vorweisen können. In dieser Kategorie finden wir diejenigen Werte, deren Aktienkurse sich auch schonmal vervielfachen können.

Es ist wichtig anzumerken, dass ein schnell wachsendes Unternehmen nicht zwangsläufig auch in einer schnell wachsenden Industrie unterwegs sein muss. Alles was erforderlich ist, ist etwas Raum für eine Expansion in einer sich ansonsten nur langsam verändernden Industrie.

Lynch bringt hier die Beispiele Anheuser-Busch und Marriott. Beide Unternehmen sind in einer eher stagnierenden Industrie zu Hause (nämlich Bierbrauerei und Hotellerie) und haben es trotzdem hinbekommen um durchschnittlich 20%+ zu wachsen, indem sie Marktanteile von anderen Wettbewerbern hinzugewonnen haben (organisch und durch Übernahmen).

Peter Lynch investiert gerne in Wachstumsunternehmen. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Unternehmen starke Bilanzen und substantielle Gewinne vorweisen müssen. Darüber hinaus muss klar sein, ob und wie viel man bereit ist, für das weitere Wachstum zu zahlen (Stichwort EPV versus DCF)

Cyclicals (Zykliker)

Als Zykliker werden Unternehmen bezeichnet, deren Umsätze und Gewinne in einer mehr oder weniger vorhersehbaren Art und Weise schwanken. Ein Wachstumsunternehmen wächst bis zu einer gewissen Sättigung des Marktes einfach weiter. Bei einem zyklischen Unternehmen geht es zuerst nach oben, dann wieder nach unten usw.

Oftmals bewegen sich Umsätze, Gewinne und auch Aktienkurse in starker Abhängigkeit von der allgemeinen Wirtschaftslage. Beispiele für zyklische Industrien sind deshalb z.B. die Automobilindustrie, die Stahlindustrie oder auch die Luftfahrtbranche. In Krisenzeiten werden nunmal weniger Autos und Flugtickets usw. gekauft.

Es ist beim Investieren in zyklische Unternehmen also umso wichtiger, den richtigen Einstiegszeitpunkt abzupassen. Dazu müssen wir i.W. verstehen, an welcher Stelle im Geschäftszyklus wir uns gerade befinden.

Für Peter Lynch sind die Zykliker die Aktienkategorie, in der Investoren am schnellsten ihr Geld verlieren können. Dies liegt im Grunde genommen daran, dass speziell Anfänger die Zykliker oft mit den mittelmäßig wachsenden Unternehmen verwechseln. In beiden Kategorien handelt es sich nämlich oft um so die genannten Blue Chips, also große und bekannte Unternehmen. Und diese werden fälschlicherweise oft als stabile Anlagen angesehen.

Turnarounds

Nach der Definition von Peter Lynch sind Turnaround Kandidaten diejenigen Unternehmen, die im Zyklus zu weit nach unten abdriften und deshalb in ernsthafte Probleme – bis hin zur Insolvenz – geraten.

Es gibt grundsätzliche mehrere verschiedene Arten von Turnaround Kandidaten:

  • Kandidaten für eine Notrettung. Beispiele hierfür sind z.B. Chrysler und Lockheed in den 1980ern oder die großen Banken nach der Finanzkrise 2008
  • Unternehmen, bei denen das Problem am Ende doch kleiner ist als wahrgenommen: Ein Beispiel hierfür ist die Ölkatastrophe auf der Plattform Deepwater Horizon von BP oder die Dieselgate Afffäre bei Volkswagen
  • Gute Unternehmen als Bestandteil eines größeren Unternehmens bzw. Konglomerats: Zum Beispiel die Marken Ferrari oder Jeep als Bestandteil von Fiat Chrysler (schaut euch hierzu auch meine SOTP-Analyse zu Fiat Chrylser an)
  • Restrukturierung zur Maximierung des Shareholder Value: Meistens dann der Fall, wenn Unternehmen sich über einen längeren Zeitraum “diversifiziert” haben und sich dann wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren wollen. Beispiele hierfür aus der Historie wären z.B. Teledyne (unter CEO Henry Singleton) oder Liberty Media (unter John Malone). Aktuell haben wir eine solche Themen z.B. bei E.on, ThyssenKrupp oder auch Bilfinger
Für Peter Lynch sind Turnarounds diejenigen Investments mit dem größten potentiellen Payoff, allerdings auch diejenigen mit dem größten Risiko. Diese Investments erfordern also ein tiefes Verständnis vor allem des Downside Risikos.

Asset Plays

Ein Asset Play ist im Wesentlichen ein Unternehmen mit versteckten Assets, von dem wir (und vielleicht ein paar andere Value Investoren) wissen, das aber vom Rest des Marktes mehr oder weniger ignoriert wird.

Auch wenn es ja im Markt Hundertschaften an Analysten, Hedge Fonds und andere Aktivist Investoren à la Carl Icahn oder Cevian Capital gibt, werden viele dieser Opportunitäten laut Peter Lynch offenbar trotzdem vom breiteren Markt nicht erkannt.

Wie bereits in meinem Artikel zu Unternehmen mit versteckten Assets beschrieben, können wir hier im Wesentlichen vier Kategorien identifizieren:

  • Eine Firma hat verschiedene Segmente in voneinander grundsätzlich unterschiedlichen Industrien
  • Ein von den Investoren nicht wahrgenommener hoher Barmittelbestand
  • Eine Firma hat signifikanten Investitionen in andere Firmen (Long-Term Investments)
  • Ein Unternehmen besitzt ein größeres Immobilienvermögen

Lynch nennt hier die großen Eisenbahnunternehmen in den USA wie z.B. Burlington Northern oder Union Pacific, die substantielle Assets in Form von Landbesitz inkl. Abbaurechte für Öl und Gas, Kohle, große Waldbestände etc. besaßen.


Fazit

In seinem Buch One Up on Wall Street nimmt Peter Lynch eine grobe Kategorisierung von Unternehmen in 6 Kategorien vor.

Jede dieser Kategorien erfordert im Wesentlichen andere Skills bzgl. der Aktienanalyse und Bewertung. Auch wenn sich ein Unternehmen nicht immer 1-zu-1 in eine bestimmte Kategorie zuordnen lässt, so hilft die Einteilung doch dabei, die wesentlichen Hebel für ein erfolgreiches Investment besser zu verstehen.

2 Kommentare zu „Peter Lynch: 6 Kategorien für die Einordnung von Unternehmen“

  1. Hallo Axel,

    danke für diesen Beitrag. Lynch’s Buch steht schon seit ich Ferhats Beitrag (von http://weniger-schlecht-investieren.de) dazu gelesen habe, auf meiner Wunschliste. Ich finde diese Einteilung sehr interessant und versuche schon jetzt, die Unternehmen, die ich analysiere, grob in diese Kategorien einzuteilen.

    Viele Grüße und schönes Wochenende 🙂

  2. Der Artikel ist sehr treffend und dir sehr gut gelungen, Axel. One Up One Wall Street ist eins der besten Bücher für Investorn, die ich kenne. Auf Grundlage der Ideen investiere ich seit früher Jugend. ***** VG

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