Glenn Greenberg - der große unbekannte Value Investor

Glenn Greenberg: Der große unbekannte Value Investor

Glenn Greenberg - der große unbekannte Value Investor

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Glenn Greenberg - der große unbekannte Value Investor

Kürzlich bin ich über einen Vortrag von Glenn Greenberg an der Columbia Business School gestoßen, der voll ist von interessanten und hilfreichen Insights zum Thema Bewertung, DCF, Datenanalyse, Portfoliokonstruktion etc. Greenberg ist von seinem Investmentstil, aber auch von seinen Ansätzen her Warren Buffett recht ähnlich. Vor allem in Greenberg’s Herangehensweise an die Analyse von Finanzdaten bzw. die Nutzung von externen Datenprovidern habe ich mich selbst wiedergefunden. Der Bewertungsansatz von Greenberg auf Basis des Cash Flow Yields ist sehr eingängig und simpel.

Hier also eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte aus dem Vortrag von Glenn Greenberg an der Columbia.


Wer ist Glenn Greenberg?

Glenn Greenberg ist einer der erfolgreichsten Value Investoren und hat laut dem Intro von Bruce Greenwald (kennt ihr vielleicht als Autor des Buchs Value Investing – From Graham to Buffett and Beyond) einen Track Record ähnlich dem von Warren Buffett erreicht (oder sogar besser).

Wie viele andere bekannte Value Investoren hat Greenberg die Columbia Business School besucht. Nach dem Studium arbeitete Greenberg zunächst 5 Jahre lang für JP Morgan und wurde dort mit dem Value Investing Virus infiziert. Er lernte, dass man kein Genie sein muss, um großartige Investitionsgelegenheiten zu finden. Er analysierte nämlich ein Unternehmen, das einiges an Land besaß. Nach etwas Research stellte er fest, dass allein das Land dreimal soviel wert was, wie der Aktienkurs der Firma an der Börse.

Nachdem er JP Morgan verlassen hatte, arbeitete Greenberg weitere 5 Jahre als Research Analyst für einen kleineren Vermögensverwalter bevor er 1984 seine eigene Investmentfirma Chieftain Capital (heute Brave Warrior Advisors) gründete.

Mit einem anfänglichen Kapital von ca. 40 Mio. USD war er laut eigener Aussage in der Lage, den Markt (also den S&P500) um durchschnittlich 8% pro Jahr zu schlagen. Dabei fokussierte sich Greenberg fast ausschließlich auf die Unternehmensanalyse und betrieb so gut wie kein Marketing für seine Firma bzw. seinen Fonds.


Greenberg zur Analyse von Daten

Während seiner zweiten beruflichen Station beim Vermögensverwalter lernte Greenberg, die Zahlen eines jeden potenziellen Investments soweit zu internalisieren, dass er wirklich über das Business bzw. das Geschäftsmodell nachdenken konnte. Eine Motivation war vermutlich auch die Tatsache, dass er regelmäßig von seinem damaligen Chef bzgl. seiner Investmentideen “gegrillt” wurde.

Seit dieser Zeit glaubt Greenberg auch nicht an die Nutzung vorgefertigter Spreadsheets. Ein Investor muss sich aus seiner Sicht sehr intensiv mit den Zahlen eines Unternehmens befassen, um das Geschäft und die Treiber zu verstehen. Greenberg vertraut nicht auf Zahlen, die von anderen aufbereitet wurden. Stattdessen analysiert Greenberg selbst detailliert die Rohdaten, also i.W. die Geschäftsberichte, um zu lernen, auf welche 2-3 Zahlen er sich eigentlich wirklich konzentrieren muss. Am Ende hängt aus seiner Sicht alles an wenigen zentralen Einflussgrößen (Treibern), die die aktuelle und zukünftige Performance eines Unternehmens beeinflussen.

Analog zu John Nash (portraitiert von Russell Crowe in A Beautiful Mind) muss ein guter Investor alle Unternehmensdaten und -informationen vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen und die wirklich relevanten Infos herauslesen können.

Auch Warren Buffett spricht übrigens hin und wieder darüber, dass die Entwicklung jedes Unternehmen nur maximal einer Hand voll Treibern unterliegt.

Analysten und Investoren gibt Greenberg den Tipp, sich vorzustellen, dass man dem CEO ein Wahrheitsserum verabreichen und dann drei (!) Fragen stellen darf. Diese drei Fragen zu identifizieren ist die große Herausforderung, denn sie sollen dabei helfen, eine Entscheidung bzgl. des Investments zu treffen. Als Beispiel bringt Greenberg dann Abbot, eine Pharmafima, die mit dem 10-fachen Cash Flow bewertet war. 45% des Gewinns (Tendenz steigend) wurden mit einem einzigen Arzneimittel namens Humira erwirtschaftet. Mindestens eine Frage sollte sich also um die Zukunft von Humira drehen (z.B. “Wie leicht ist das Mittel von den Generika-Herstellern zu kopieren?” oder “Mit welchen Herausforderungen wird sich das Unternehmen konfrontiert sehen, wenn das Patent einmal ausläuft?”)

Jedes Geschäft unterliegt maximal einer Handvoll Treibern. Diese muss der Investor identifizieren und anschließend die möglichen Einflüsse auf das Unternehmen einschätzen.

Was ein gutes Business ausmacht

Auch zur Beantwortung der Frage was ein gutes Business ausmacht, hat Greenberg eine Gegenfrage parat: “Worauf würdet ihr bei einem Unternehmen achten, wenn ihr all euer Erspartes in nur eine einzige Aktie investieren und von den Returns im Rentenalter leben müsstet? Folgende Punkte spricht Greenberg an:

Das sind eigentlich die gleichen Kriterien, die auch von anderen Value Investoren, u.a. auch von Warren Buffett (5 Punkte für die Einschätzung des Investitionsrisikos einer Aktie) genannt werden. Insofern nicht überraschend.

Auf den letzten Punkt (ein gutes Management) geht Greenberg nochmal etwas detaillierter ein. Sein langjähriges Investment in Comcast (vor kurzem noch im Bieterwettstreit mit Disney um die Assets von 21st Century Fox) hat Greenberg davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass Management-Teams über gute Skills im Bereich der Kapitalallokation verfügen (schaut euch dazu auch einmal die Fallstudie zu Henry Singleton, dem ehem. CEO von Teledyne, an) und intensiv auf ihr Business fokussiert sein sollten.

Greenberg erlebte seinen ersten Börsencrash im Jahr 1987 und hat seitdem beschlossen, nur noch in hochqualitative Geschäfte zu investieren bei denen er von den Fundamentaldaten überzeugt ist. Wenn wir mittelmäßige Unternehmen kaufen, glaubt Greenberg, dann werden wir im Krisenmodus mit höherer Wahrscheinlichkeit verkaufen und dauerhafte Verluste erleiden (müssen).


Der Gewinn je Aktie (EPS) spiegelt nicht unbedingt die wirtschaftliche Realität wieder

Wie auch Warren Buffett, der mit seiner Owner Earnings Berechnung einige Anpassungen am veröffentlichten Unternehmensgewinn vornimmt, ist Glenn Greenberg der Meinung, dass Gewinne nach IFRS oder US-GAAP nicht unbedingt die wirtschaftliche Realität eines Unternehmens widerspiegeln und dass Investoren deshalb darüber hinaus noch Zeit investieren sollten, um den “wahren” nachhaltig möglichen Gewinn bzw. Cash Flow zu ermitteln.

Als Beispiel nennt Greenberg in diesem Zusammenhang das Unternehmen Lockheed Martin und seine signifikanten Pensionsverpflichtungen. Vor einiger Zeit hatte der Markt die Aktie von Lockheed aufgrund von größeren Zahlungen an seinen Pensionsfonds aus dem Cash Flow heraus stark abgestraft und dabei nicht berücksichtigt, dass ein Großteil dieser Zahlungen irgendwann von Staat erstattet werden würde. In Zukunft würde sich die Situation dann also umkehren und der Cash Flow signifikant über den Gewinnen nach IFRS / GAAP liegen.


Capital IQ oder Bloomberg ersetzen nicht das eigene Denken

Ein weiterer Punkt, den Greenberg macht: Finanzdatenbanken wie Capital IQ, Thomson Reuters oder auch Bloomberg helfen uns nicht bei den wesentlichen Investitionsentscheidungen. Ist z.B. Time Warner Cable (heute Teil von Charter Communications wenn ich mich recht erinnere) oder Comcast das bessere Investment? Beide Firmen sind im Grunde genommen in der gleichen Industrie tätig. Time Warner fokussierte sich allerdings klar auf das (nicht wachsende) Kabelgeschäft und und gibt den Großteil der Gewinne an die Anteilseigner zurück. Comcast auf der anderen Seite hat begonnen das Geschäftsmodell um Contentangebote zu erweitern und wird von einem wie Greenberg es nennt “Empire Builder” geführt.

Wesentliche Message: Es gibt kein Substitut für unabhängiges Denken… wir als Investoren müssen unsere Hausaufgaben selbst machen.

Greenberg’s simpler Ansatz, um Unternehmen zu bewerteen

Sehr interessant fand ich die Ausführungen von Greenberg zum Thema Valuation bzw. Bewertung, zum DCF-Ansatz und zu seiner eigenen Bewertungsmethode.

Greenberg hat in der Vergangenheit offenbar mit einem DCF-Ansatz gearbeitet, ist aber nach einigen Jahren zu dem Schluss gekommen, dass die Methode keinen großen praktischen Nutzen hat und ist deshalb zu seinen ursprünglichen Methoden (nämlich komplett ohne Spreadsheets und ausschließlich mit Stift und Papier) zurückgekehrt.

Was Greenberg für wichtig hält, ist ein sehr klares Verständnis über zwei Dinge:

  1. Warum ein Unternehmen im aktuellen Zustand ein gutes Investment darstellt
  2. Wo dieses Geschäft in ein paar Jahren stehen könnte

Greenberg startet seine Analyse in der Regel mit dem aktuellen Free Cash Flow Yield (also FCF/Aktienkurs), wobei er vermutlich zunächst eine Normalisierung des Cash Flows vornimmt (meine Hypothese). Anschließend schaut Greenberg sich an, welches Wachstum das Unternehmen in den kommenden Jahren aus seiner Sicht realisieren kann. Wenn die Summe aus Free Cash Flow Yield und erwartetem Wachstum im Bereich von 13-15% rauskommt, dann ist das Unternehmen klar unterbewertet und wird für Greenberg als Investment interessant.

Die Summe aus aktuellem (und normalisiertem) Free Cash Flow Yield und erwartetem Wachstum muss mindestens 13-15% betragen, damit Greenberg investiert.

In der Vergangenheit hatte Greenberg mit weitaus höheren Hurdle Rates als 13-15% gearbeitet. Damals fragte er immer, ob der Aktienkurs innerhalb von 2 Jahren um 50% steigen könnte (ähnlich Mohnish Pabrai, der nur in Aktien investierte, denen er innerhalb von 2-3 Jahren eine Verdopplung des Kurses zutraute). Allerdings musste er diese Hurdle Rate über die Zeit immer weiter reduzieren, um überhaupt noch Investments zu finden. Auch für Warren Buffett repräsentieren wohl ca. 13% die Return-Untergrenze.


Greenberg zum Thema Portfoliokonstruktion

Auch zum Thema Portfoliokonstruktion erläutert Glenn Greenberg seinen Ansatz, sagt aber im Nebensatz auch, dass es sich hierbei um eine Ermessensfrage handelt. Greenberg sucht nach der bestmöglichen Investitionsgelegenheit und trifft dann eine Einschätzung hinsichtlich des Vertrauens in die Ergebnisse seiner Analyse.

Schätzt Greenberg das Investment als etwas risikoreicher ein, dann bekommt es eine geringere Allokation im Portfolio. Geht er von einem sehr sicheren Investment-Case aus, dann kann die Position aber auch schonmal 20% vom Portfolio ausmachen.

Greenberg’s Regel: Wenn er nicht gewillt ist, mindestens 5% seines Portfolios in eine Aktie zu investieren, dann investiert er lieber gar nicht.
Lest euch hierzu auch meinen Artikel zur Portfolio-Strategie von Mohnish Pabrai durch.

Lessons Learned durch die Finanzkrise 2008

Im Zuge der Finanzkrise 2008 hat Greenberg’s Portfolio mehr als 25% an Wert eingebüßt. Es sah das allerdings nicht als größeres Problem. Dafür nennt Greenberg zwei Gründe:

  • Wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht und nur in gute Geschäfte investiert haben, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, denn die Verluste werden höchstwahrscheinlich wieder aufgeholt (Beispiel American Express)
  • Solche Situationen bieten regelmäßig großartige Gelegenheiten, um bei den richtigen Positionen noch etwas nachzukaufen

Greenberg dachte sorgfältig darüber nach, ob er nach den Erfahrungen aus 2008 seinen Investment-Prozess bzw. seine Investment-Philosophie anpassen sollte. Am Ende entschied er sich aber dafür, seinem existierenden Ansatz treu zu bleiben.


Bildnachweis: Columbia.edu

2 Kommentare zu „Glenn Greenberg: Der große unbekannte Value Investor“

  1. Pingback: Glenn Greenberg – ein Value Investor. | Der Finanzstratege.

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