Die 10 goldenen Regeln für die Erstellung eines Best Practice Excel-Modells

Inhalt

Excel-Modell erstellen Regeln

Ich stehe ja auf dem Standpunkt, dass wir am besten mit Excel-Modellen arbeiten können, die wir selbst erstellt haben. Sich Gedanken über die perfekte Struktur eines Modells zu machen und auch die Inputs, Outputs etc. einmal selbst zu definieren, kann für sich genommen bereits ein großes Learning darstellen. Insofern sehe ich viele der auf DIY Investor angebotenen Tools auch nur als Richtschnur bzw. Ausgangspunkt für die Erstellung eigener Finanz- bzw. Bewertungsmodelle… genauso verhält es sich übrigens mit der Pre-Investment Checkliste.

In diesem Artikel möchte ich deshalb diesmal kein konkretes Tool vorstellen, sondern einmal auf die aus meiner Sicht wesentlichsten Grundregeln für die Erstellung eines Excel-Modells eingehen. Der Fokus liegt – wie ihr sehen werdet – natürlich eher auf der Erstellung von Finanz- bzw. Bewertungstools. Vieles sollte aber auch für die Erstellung von Excel-Modellen ganz allgemein gelten.


#1: Struktur des Finanzmodells bzw. Excel-Modells definieren

Die Definition einer groben Modellstruktur ist nicht ohne Grund der erste und wichtigste Schritt im Rahmen der Erstellung eines Excel-Modells: Bevor wir mit irgendwas starten, sollten wir uns einmal intensiv Gedanken über den Sinn und Zweck unseres Modells sowie auch über die spätere Nutzung machen.

Bzgl. der Definition der Struktur sollten wir in zwei Ebenen denken:

  1. Die Struktur des Gesamtmodells
  2. Die Struktur der einzelnen Sheets bzw. Arbeitsblätter

Grundsätzlich sollten wir alle Tabellenkalkulationen so gestalten, dass der Prozessfluss und das Ergebnis leicht zu verfolgen sind. Eine gut strukturierte Tabelle ist einfacher zu verstehen und zu pflegen.


Struktur des Gesamtmodells

Bzgl. der Struktur des Gesamtmodells stellt sich vor allem die Frage, ob wir je bewertetem Unternehmen ein separates Excel-File anlegen oder ob wir doch lieber alles in einem Dokument haben möchten. Beide Vorgehensweisen haben aus meiner Sicht ihre Vor- und Nachteile.

Ein separates Excel-File je Unternehmen erlaubt beispielsweise eine flexible Struktur, in der wir für Modell-Inputs (Annahmen), Berechnungen und Outputs (Ergebnisse) jeweils separate Tabellenblätter verwenden können… dies wäre übrigens im Allgemeinen auch Best Practice. Darüber hinaus sind wir vermutlich flexibler, was die Erstellung verschiedener Szenarien und die Auswahl über ein spezielles Menü bzw. Dashboard angeht.

Allerdings hätten wir irgendwann auch eine ziemlich große Anzahl an Excel-Files zu bewältigen und standardmäßig keine zentrale Stelle, an der wir alle unsere Bewertungen und Sicherheitsmargen direkt auf einen Blick sehen können.

Dies ist auch einer der Gründe, warum ich selbst mich dafür entschieden habe, alles in ein Excel-Tool reinzupacken… bzw. ehrlich gesagt hat sich das bei mir über die Zeit in diese Richtung entwickelt. 🙂 Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings auch, dass alle unternehmensspezifischen Informationen (Unit Economics, normalisierte Financials, Bewertung etc.) jeweils in einem einzigen Tabellenblatt untergebracht werden müssen.

Hier einmal als Ausgangspunkt meine wesentlichen Anforderungen an die Struktur meines Finanzmodells bzw. Bewertungstools:

  1. Ich möchte gerne eine Übersichtsseite haben, auf der ich sehen kann, welche der von mir bisher analysierten Aktien aktuell das größte Potenzial besitzen
  2. Ich möchte nicht zig verschiedene Excel-Files bzw. -modelle mit ganz unterschiedlichen Strukturen haben
  3. Ich möchte gerne ein standardisiertes Tool haben, welches für die meisten Unternehmen bzw. Branchen funktioniert bzw. sich leicht anpassen lässt
  4. Ich möchte die Möglichkeit haben, Änderungen bzw. Verbesserungen am Modell einfach in einem “Master”-Modell nachzupflegen, welches ich als Ausgangspunkt für weitere Bewertungen nutzen kann

Alle diese Anforderungen zusammengenommen haben für mich den Ausschlag für ein integriertes Tool gegeben.


Struktur des Bewertungsmodells

Den wesentlichen Bestandteil dieses integrierten Tools machen natürlich die einzelnen Unternehmensbewertungen aus. Diese habe ich entlang der folgenden Logik strukturiert (ebenfalls bereits mehrmals umgebaut bzw. hin- und hergeschoben… zukünftige Änderungen sind explizit nicht ausgeschlossen):

  • Unit bzw. Growth Economics: Eine Tabelle mit den Economics der kleinsten abbildbaren Geschäftseinheit (z.B. ein Restaurant oder ein produziertes Auto)
  • Normalisierte Financials: GuV, Bilanz und Kapitalflussrechnung hochgerechnet bzw. abgeschätzt für das laufende Geschäftsjahr
  • Ratios und Risikofaktoren: Im Wesentlichen Finanzkennzahlen zu Profitabilität wie EBIT-Marge, ROIC, ROE etc., Stabilität (“Financial Health”) wie Zinsdeckung, Leverage, Gearing sowie Liquidität wie Cash Conversion Cycle etc.
  • Wesentliche Bewertungsinputs: Informationen zu Dividendenpolitik, Aktienrückkäufen, Kapitalkosten, Kapitalstruktur (z.B. D/E Zielwert) sowie versteckten Assets und Schulden; Annahmen zur Investitionen, Working Capital, Abschreibungsdauern, Kapitalmaßnahmen etc.
  • Berechnete Inputs: Berechnung von Steuersätzen, Abschreibungsplan, WACC
  • Prognose der Financials: Forecast von GuV inkl. EPS (Gewinn je Aktie) sowie Bilanz und zugehöriger Ratios
  • Bewertung: Unternehmensbewertung nach verschiedenen Methoden, z.B. Owner Earnings, Earnings Power Value, DCF, Multiple-Bewertung, Disaggregation des Returns etc.

Eine Zusammenfassung der Bewertung habe ich im Tabellenblatt zusätzlich oben rechts dargestellt (auch grafisch, d.h. als Diagramm), damit ich das Ergebnis einmal auf einen Blick sehen kann.

Darüber hinaus gibt es noch ein “Summary” Sheet, welches die Zusammenfassung der einzelnen Bewertungen enthält sowie ein Tabellenblatt mit einigen übergeordneten Modell-Inputs (z.B. Bond Default Spreads, gesetzliche Steuersätze, Industriekennzahlen, typische Abschreibungsdauern etc.), auf die alle Bewertungen zurückgreifen können.


#2: Farbcodes: Inputs, Outputs, Berechnungen klar trennen und kennzeichnen

Ein Best Practice Excel-Modell hat – so habe ich es einmal gelernt – separate Tabellenblätter für die Darstellung von Annahmen, Berechnungen und Modellergebnissen.

So konsequent müssen wir das zwar nicht unbedingt umsetzen, im Idealfall sollten wir für Inputs, Berechnungen und Outputs aber schon unterschiedliche Bereiche unseres Tabellenblattes vorsehen… in der Regel kommen die Inputs ganz oben und die Berechnungen dann weiter unten. Wesentliche Ergebnisse können wir zusätzlich in einem separaten Sheet oder in einer separaten Tabelle neben den Inputs festhalten (auf diese Weise sehen wir sofort, wie sich das Ergebnis nach Änderung einer Annahme verändert).

Was wir jedenfalls vermeiden sollten, sind Tabellen, die sowohl Inputs, als auch wesentliche Berechnungen enthalten. Trotz der Nutzung unterschiedlicher Farbcodes kann das Ganze so schnell unübersichtlich werden.

Beim Aufbau der Tabelle sollten wir uns außerdem überlegen, nach welcher Logik wir die Daten typischerweise ins Excel eintragen. So sollten wir logisch zusammengehörige Informationen auch im Excel zusammen darstellen.

Darüber hinaus sollten wir festgelegte Farbcodes nutzen, um auf einen Blick zu sehen, bei welchen Zellen es sich um Inputs handelt, die überschrieben werden können (bzw. wo vom Benutzer auch ein Input erwartet wird) und wo die Berechnungen stattfinden.

Meine Farbcodes sehen z.B. folgendermaßen aus:

  • Inputzelle: Rote Schrift, gelb hinterlegt
  • Zelle mit Verweis auf anderes Tabellenblatt: Rote Schrift
  • Berechnungszelle: Schwarze Schrift

Hier kann aber natürlich jeder diejenigen Farbcodes verwenden, die ihm oder ihr am besten zusagen.


#3: Wesentliche Infos im Header festhalten

Um die Inhalte der einzelnen Tabellenblätter bzw. Sheets schnell zu erfassen, sollten wir diese nicht nur mit einer sprechenden Überschrift versehen, sondern auch ein paar der wesentlichsten Informationen direkt ganz oben sichtbar anordnen (als Analogie zu einer Webseite nenne ich das Ganze einfach mal den “Header”).

Zu diesen Informationen können neben dem Namen des bewerteten Unternehmens sowie dem zugehörigen Ticker (relevant falls wir uns die Kurse direkt per Makro aus dem Internet ziehen) unter anderem das Datum der Analyse bzw. des letzten Updates, das Ende des letzten Geschäftsjahres sowie die Berichtseinheit (z.B. Mio. USD oder Tausend EUR) gehören.

So könnte das Ganze dann beispielsweise aussehen:

Excel Modell erstellen

Neben den bereits angesprochenen Informationen habe ich ganz oben wie ihr sehen könnt außerdem Region und Sektor festgehalten. Dies ist für entsprechende Verweise auf andere Tabellenblätter erforderlich, in denen bestimmte Informationen zentral abgerufen werden. Wenn wir z.B. für die Berechnung der Kapitalkosten mit dem CAPM arbeiten, können wir die Beta-Faktoren für verschiedene Regionen und Industriesektoren auf einem separaten Tabellenblatt festhalten und diese mithilfe eines “vlookup” in die entsprechende Tabelle ziehen.

Vielleicht auch interessant: Die 7 wichtigsten Excel-Formeln für Investoren 

#4: Annahmen immer in separate Zellen schreiben

Aus Transparenzgründen sollten wir wesentliche Modellannahmen immer in separaten Zellen festhalten und nicht als direkten Bestandteil der entsprechenden Formel verwenden.

Wir könnten beispielsweise auf die Idee kommen und die für das operative Geschäft erforderlichen Barmittel (“Operating Cash”) in unserem Excel-Modell entsprechend der folgenden Formel ermitteln (wobei die Zelle C4 den Umsatz und die Zelle C5 das Operating Cash darstellt): C5 = C4 x 0,02.

In diesem Fall hätten wir die Annahme (nämlich Operating Cash ist gleich 2% vom Umsatz) in einer Formel versteckt und hätten ggf. später keine Transparenz mehr darüber, dass es diese Annahme in der Formel überhaupt gibt… von einem anderen Nutzer als uns selbst ganz zu schweigen.

Viel besser wäre es also, wenn wir stattdessen die Annahme in eine separate Zelle schreiben und auf diese Weise transparent darstellen würden.


#5: Funktionen: Keep it simple

Sehr ähnlich zu den Modellannahmen verhält es sich mit den Excel-Funktionen.

Wo immer möglich sollten wir die Verwendung von Programmcode (also i.W. Makros) vermeiden oder – falls dies nicht möglich sein sollte – diesen jedenfalls gut dokumentieren.

Wir sollten außerdem versuchen, uns auf die einfachen und gut nachvollziehbaren Excel-Funktionen zu beschränken. Im Zweifel ist eine direkte Verlinkung z.B. immer besser, als eine verschnörkelte Formel. Als Faustregel sollte eine Formel in der Eingabezeile von Excel nicht länger als eine Zeile (vielleicht maximal zwei) sein, da sie ansonsten nur noch schwer nachzuvollziehen ist.

Vermeiden sollten wir darüber hinaus die Nutzung von so genannten “Named Ranges”, also von uns mit einem bestimmten Namen versehene, festgelegte Tabellenbereiche. Eine Formel könnte dann beispielsweise auf einen Bereich namens AntOpC verweisen, was das Nachvollziehen der Formel signifikant erschweren kann (selbst wenn wir den Namen irgendwann selbst einmal festgelegt haben).


#6: Einheitliche Tabellenformate wählen

Für die Darstellung von Tabellen sollten wir einheitliche Formate verwenden… und damit meine ich nicht unbedingt die blaue Schriftart und die entsprechende Umrandung, sondern eher die Tabellenstruktur.

Das fängt damit an, dass wir die Jahreszahlen immer als Spalten und die verschiedenen Kennzahlen als Zeilen darstellen:

Excel Modell Best Practice

Außerdem sollten wir eine Spalte vorsehen, um die Einheit der Kennzahlen festzuhalten. Dies hat zum einen den Grund, dass wir typischerweise über das gesamte Modell hinweg ganz verschiedene Einheiten nutzen (EUR, EUR je Aktie, %-Anteil, CAGR etc.) und wir dabei schnell den Überblick verlieren können. Zum anderen ändern sich die Einheiten aber auch von Unternehmen zu Unternehmen, sodass wir hier die entsprechende Flexibilität benötigen… als Alternative könnten wir die Einheit ja auch mit in die Beschreibung aufnehmen (also z.B. “Umsatz [Mio. EUR]”), was mir aber wenig praktikabel zu sein scheint.


#7: Flexibilität und Konsistenz von Jahreszahlen und Einheiten

Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass wir ein bereits existierendes Modell als Ausgangspunkt für eine neue Unternehmensbewertung verwenden möchten. Dies kann neben der Anpassung der Einheiten (z.B. Reporting in EUR versus USD) auch eine Aktualisierung der Jahreszahlen im Modell erfordern.

Um hierbei einen größeren manuellen Aufwand zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, das Datum des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres in einer Zelle ganz oben im Tabellenblatt festzuhalten. Alle weiteren Jahreszahlen können dann von diesem Datum ausgehend flexibel per Formel ermittelt werden. Ich nutze dabei im Modell die folgende Logik:

  • Jahr 0 entspricht dem laufenden Jahr (TTM bzw. normalisiert), also abgelaufenes GJ + 1 Jahr
  • Jahr 1 entspricht dem ersten Prognosejahr, also abgelaufenes GJ + 2 Jahre
  • und so weiter

Die gleiche Logik gilt für die Einheiten. Unternehmen veröffentlichen Ihre Zahlen typischerweise in der Währung des Landes, in dem sie ihren Hauptsitz haben… und je nach Größe manchmal in Millionen, manchmal aber auch in Tausend Einheiten. Auch hier ist eine Verlinkung auf eine zentrale Stelle im Tabellenblatt aus meiner Sicht sehr sinnvoll und spart einiges an Zeit beim Aufsetzen eines neuen Modells.


#8: “About” Seite

Ich finde es sinnvoll, eine “About”-Seite in ein Excel-Modell einzufügen, in der ein paar grundlegende Daten festgehalten werden können.

Neben ein paar Informationen zur aktuellen Version oder einer allgemeinen Beschreibung des Modells sollten wir hier vor allem die Erläuterungen zu den verwendeten Farbcodes und Formatierungskonventionen festhalten.

Die Anforderungen hier hängen aber auch etwas davon ab, ob das Excel-Modell auch von anderen Personen verwendet werden soll / wird, oder nicht.


#9: Zentrale Sheets für zentrale Inputs

Neben den im oberen Teil des Bewertungsmodells festgelegten unternehmensspezifischen Inputs, benötigen wir für die Bewertung an mehreren Stellen auch übergeordnete bzw. unternehmensunabhängige Informationen.

Hierzu gehören beispielsweise Daten zu den Nutzungsdauern unterschiedlicher Vermögenswerte, zu Steuersätzen in verschiedenen Jurisdiktionen oder zu den typischen Bond Default Spreads (lest euch hierzu auch den DIY Investor Artikel zur Bestimmung der Fremdkapitalkosten durch) der Banken.

Diese Informationen sollten wir idealerweise in ein separates Tabellenblatt schreiben und mit den einzelnen Unternehmensbewertungen verlinken.

Aus diese Weise werden Verbesserungen bzw. Anpassungen der Datenbasis sofort über alle individuellen Bewertungen hinweg wirksam.


#10: Kommentare und Erklärseite nutzen

Wo immer nötig und sinnvoll sollten wir Gedankengänge, Erklärungen zu einzelnen Inputs etc. irgendwo festhalten.

Hierfür können wir z.B. die Kommentarfunktion nutzen und einzelne Zellen direkt erläutern. Falls ausrechend Platz vorhanden ist, können wir zu einzelnen Tabellen auch eine zusätzliche Kommentarspalte hinzufügen oder den Kommentar einfach daneben schreiben.

Alternativ bietet sich aber auch die Erstellung einer separaten Erklärseite an. Das gilt vor allem, wenn beim Update des Excel-Modells bestimmte Abläufe beachtet werden müssen (sehe ich allerdings bei unserem recht einfach gestrickten Bewertungstools eher nicht).


Zum Abschluss: Alles ist im Fluss und wird ständig verbessert und überarbeitet

Wir können noch so viel Zeit in die Entwicklung und den Aufbau eines Bewertungstools stecken. Trotzdem wird uns z.B. die Arbeit anderer Investoren immer wieder dazu inspirieren, neue und bessere Wege zu finden, um ein solches Modell aufzubauen.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir sollten uns – jedenfalls aus meiner Sicht – nicht auf eine einmal festgelegte Modellstruktur oder Berechnungslogik versteifen (auch wenn die Entwicklung dieser uns viel Zeit gekostet hat), sondern immer offen sein für neue Ideen und Impulse.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere relevante Artikel zum Thema

Warenkorb
Nach oben scrollen