Das Ertragswertverfahren – So bewertete ich meine erste Immobilie

Inhalt

Ertragswertverfahren Bewertung Immobilie

Das Ertragswertverfahren für die Bewertung von Immobilien ist im Wesentlichen das Gleiche wie der DCF-Ansatz für die Aktienbewertung. Das heißt wir schauen uns die zukünftigen Cash Flows bzw. Erträge der Immobilie an und zinsen diese auf den heutigen Zeitpunkt ab, um den intrinsischen Wert zu ermitteln. Der wesentliche Unterschied zur Bewertung einer Aktie ist der, dass die Cash Flows einer Immobilie, nämlich i.W. die Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten viel besser zu prognostizieren sind, als die zukünftigen Umsätze und Kosten eines an der Börse gelisteten Unternehmens.

Ich habe das Ertragswertverfahren quasi analog Lehrbuch (bzw. Wertermittlungsverordnung WertV) für die Bewertung meiner ersten kleinen Eigentumswohnung benutzt, allerdings danach festgestellt, dass man auch mit einem etwas einfacheren bzw. anderen Bewertungsansatz wunderbar zurechtkommt. Vor allem die etwas künstliche Unterscheidung zwischen Bodenwert und Ertragswert ist aus meiner Sicht nicht wirklich notwendig.

Trotzdem hilft es glaub ich, die Logik hinter dem “offiziellen” Ertragswertverfahren einmal zu verstehen. Mein kleines Bewertungsmodell von damals könnt ihr natürlich in unserer DIY Tools Rubrik herunterladen.


Recap: Die Details meiner ersten Immobilieninvestition

Da ich das Verfahren anhand meiner ersten eigenen kleinen Eigentumswohnung erläutern möchte, hier noch einmal ein paar Details zur Wohnung (nur die relevanten Zahlen und Fakten, die Historie und Vorgeschichte könnt ihr in meinem Artikel zu meiner ersten Eigentumswohnung nachlesen):

  • Größe: ca. 30 m³
  • Aktuelle Kaltmiete: ca. 280 EUR/Monat
  • Betriebskostenvorauszahlung: 90 EUR/Monat
  • Hausgeld: ca. 130 EUR/Monat, davon ca. 90 EUR/Monat auf den Mieter umlegbar
  • Kaufpreisvorstellung: 50.000 EUR
  • Grundstück: 281 m²
  • Anzahl Geschosse: 6
  • zu erwerbender Miteigentumsanteil (MEA): 29,02 / 1.000
  • Lage: Mindestens gute Lage in einer ruhigen Seitenstraße in Düsseldorf Pempelfort
  • Baujahr: ca. 1955

Mit diesen wesentlichen Infos können wir eigentlich bereits starten. Im Laufe der Bewertung müssen wir noch einige weitere Infos aus anderen Quellen einholen und bestimmte Themen hinterfragen. Im Grunde genommen können wir hiermit aber erstmal loslegen.


Grundsätzliche Logik des Ertragswertverfahrens

Wie ihr an der Abbildung sehen könnt, war mein erstes Bewertungsmodell relativ einfach gestrickt und bestand nur aus wenigen Zeilen. Bis heute habe ich das Modell allerdings immer wieder erweitert bzw. verfeinert, weil ich schnell festgestellt habe, dass meine Anforderungen eigentlich andere sind.

Ertragswertverfahren Kapitalwertmethode

Wie funktioniert nun die Berechnung nach dem Ertragswertverfahren bzw. der Kapitalwertmethode?

Zunächst mal wird der Wert der Eigentumswohnung in zwei Teile aufgeteilt:

  1. den Bodenwert
  2. den Wert des Gebäudes, das auf dem Grundstück steht (der so genannte Gebäudeertragswert)

Im Zuge jeder Zwangsversteigerung wird übrigens ein Bewertungsgutachten erstellt und jedem Interessenten zur Verfügung gestellt. Die Gutachten könnt ihr im Internet unter zvg-portal.de herunterladen. Die Gutachten sind ganz hilfreich, weil die Gutachter teilweise recht detailliert beschreiben, wie genau sie die marktübliche Miete berechnet haben oder welche Kosten sie für die anstehenden Instandhaltungsmaßnahmen herangezogen haben.

Die Berechnung des intrinsischen Wertes erfolgt in drei Schritten:

  1. Berechnung des Bodenwertes
  2. Bestimmung des NOI (Net Operating Income)
  3. Ermittlung des intrinsischen Wertes der Immobilie

Schematisch sieht das Ganze dann ungefähr so aus:

Ertragswertverfahren Kapitalwertmethode

Das heißt wir bestimmen zunächst den absoluten Wert des Grund und Bodens und übersetzen diesen mithilfe des relevanten Zinssatzes (des so genannnten Liegenschaftszinses) einen einen Jahreswert – Annahme ist hier das der Boden niemals an Wert verliert und wir mit einem (virtuellen) Cash Flow für diesen Boden bis in alle Ewigkeit rechnen können.

Anschließend bestimmen wir den Reinertrag oder auch Net Operating Income (NOI) mithilfe von Abschätzungen zu Mieteinnahmen und Betriebskosten. Wenn wir von diesem Reinertrag den Anteil des Bodenwertes abziehen, erhalten wir den so genannten Reinertrag der baulichen Anlagen.

Auf Basis dieses Reinertrags für das Gebäude ermitteln wir den Ertragswert für das Gebäude auf Basis des Zinssatzes und der angenommenen Nutzungsdauer. Dies funktioniert eigentlich genau wie beim DCF-Verfahren, wo wir mit Kapitalkosten bzw. WACC (= Zinssatz) und einem Prognosezeitraum (= Nutzungsdauer) rechnen.

Die Summe aus Bodenwert und Gebäudeertragswert ergibt dann den Wert der Immobilie.

Die Unterscheidung zwischen Bodenwert und Ertragswert des Gebäudes machen wir also, weil beide eine unterschiedliche Nutzungsdauer haben. Die Nutzungsdauer von Grund und Boden ist quasi unendlich, die des Gebäudes theoretisch begrenzt (je nach Baujahr und Zustand wird hier oft mit 40-80 Jahren gerechnet).

Ermittlung des Bodenwertes

Der Bodenwert ist theoretisch eigentlich recht einfach zu ermitteln. Allerdings kann es mitunter recht schwierig sein, an die richtigen Eingangsgrößen zu kommen. Die Bodenwerte, wie auch Informationen zu getätigten Immobilientransaktionen und Kaufpreisstatistiken werden von den so genannten Gutachterausschüssen gesammelt und veröffentlicht, um Transparenz über den Immobilienmarkt zu schaffen.

Vom Prinzip her funktioniert die Bodenwertermittlung so: Es gibt einen Bodenrichtwert, den ihr auch im Internet finden könnt. Für das Land NRW gibt es die Bodenrichtwerte und viele weitere nützliche Informationen unter www.boris.nrw.de. Der Bodenrichtwert wird normalerweise für ganze Straßenzüge oder Stadtteile angegeben und stellt deshalb erstmal einen Durchschnittswert dar. Dazu gibt es dann ein paar Zusatzinformationen, die später dabei helfen, den Bodenwert für ein bestimmtes Gebäude auf der jeweiligen Straße zu ermitteln.

Bei diesen Zusatzinformationen handelt es sich um die folgenden Faktoren:

  • der Stichtag der Bodenrichtwertbestimmung
  • die Geschossflächenzahl (GFZ) – Verhältnis der gesamten Geschossfläche aller Vollgeschosse der baulichen Anlagen auf einem Grundstück zu der Fläche des Baugrundstücks
  • die Art des Gebietes  – W für Wohngebiet, G für Gewerbegebiet, M für Mischgebiet (je nach Örtlichkeit kann es hier auch noch mehr Unterscheidungen geben)
  • die Geschosszahl – Anzahl der Vollgeschosse im Haus
  • die Grundstückstiefe
  • die Lage (in der groben Übersicht) – gut, mittel oder einfach

Bodenrichtwert und Zusatzinfos ermitteln

In Düsseldorf Pempelfort haben wir z.B. einen Bodenrichtwert von 1.350 EUR/m² (wie ihr meinem kleinen Bewertungsmodell entnehmen könnt, waren das damals noch 1.100 EUR/m²). Es handelt sich offenbar um ein reines Wohngebiet mit durchschnittlich 4 (IV) Vollgeschossen, einer Geschossflächenzahl von 2,0 und einer Grundstückstiefe von 35m. Der Stichtag der Wertermittlung ist der 1. Januar 2015. Die Lage in Düsseldorf Pempelfort kann man denke ich als gut bewerten.

Bodenrichtwert Ertragswertverfahren

Quelle: boris.nrw.de

Was machen wir also nun mit diesen Infos. Nun, zunächst mal müssen wir genau diese Kennwerte auch für unsere Immobilie herausfinden bzw. berechnen?

Aus dem Grundbuch können wir schonmal entnehmen, dass die Grundstücksgröße ca. 281 m² beträgt. Aus der Teilungserklärung bzw. einer separaten Flächenberechnung können wir die gesamte Wohn-/Nutzfläche des Hauses entnehmen, in diesem Fall sind das 964,8 m². Daraus ergibt sich dann eine Geschossflächenzahl GFZ von 3,43 (= 946,8 / 281).

Ich könnte hier zwar noch im Detail darauf eingehen, wie die Wohnfläche nun genau definiert ist und welche Anpassungen für Balkone, Zufahrten etc. noch gemacht werden müssen. Dazu gibt es aber erstens haufenweise Literatur. Und zweitens sind am Ende viele andere Berechnungsannahmen so ungenau, dass es keinen Sinn macht, sich für die Berechnung der GFZ lange mit der genauen und exakten Berechnung der Wohnfläche aufzuhalten.


Bodenwert des Hauses bzw. der Wohnung

Auch in der Straße, in der sich die Wohnung befindet haben wir ein reines Wohngebiet vorliegen. Die Grundstücktiefe ist sehr ähnlich dem Durchschnittswert. Das Haus hat allerdings sechs (VI) Vollgeschosse und nicht vier (IV).

In der folgenden Tabelle seht ihr die Werte des Durchschnittsgrundstücks und die unseres Hauses nochmal gegenüber gestellt.

Ertragswertverfahren - Kapitalwertmethode - Anpassungsfaktoren

Wenn wir uns die Tabelle einmal ansehen, stellen wir fest, dass es Unterschiede beim Stichtag, bei der GFZ und bei der Geschosszahl gibt. Unterschiede zwischen dem Richtwertgrundstück und unserem Haus führen zu Unterschieden im Bodenwert. Das heißt im Wesentlichen, dass wir den Bodenrichtwert des Gutachterausschusses nicht so einfach übernehmen können, sondern noch ein, zwei Anpassungen vornehmen müssen.

Für die Ermittlung der Anpassungsfaktoren gibt es die Richtlinien für die Ermittlung der Verkehrswerte (Marktwerte) von Grundstücken, oder kurz WertR und ein paar andere Publikationen. Für Düsseldorf enthält z.B. der Grundstücksmarktbericht des Gutachterausschusses ein paar nützliche Informationen. Der Bericht kostet zwar um die 50 EUR, ist aber gespickt mit tollen Daten und Fakten zum Immobilienmarkt. Vergleichbare Reports gibt es auch für andere Städte in Deutschland.

Wie habe ich nun also die Anpassungsfaktoren ermittelt? Nun, eigentlich habe ich hier nur mehr oder weniger grobe Annahmen auf Basis einiger Datenpunkte getroffen, die ich aus den o.g. Publikationen entnommen habe.

Ich denke Ihr solltet euch bei euren eigenen Analysen nicht vom Umfang der theoretischen Abhandlungen zum Thema Immobilienbewertung und all den verschiedenen Einflussfaktoren verunsichern lassen.

Am Ende geht es darum, dass ihr ein gutes Gefühl mit eurer Bewertung habt und nicht darum, dass ihr einem komplizierten, theoretischen Bewertungsprozess eins zu eins folgt.

Niemand außer euch selbst gibt euch dafür eine Rückmeldung.

So, nun zu den Anpassungen:

  • Zeitliche Anpassung: Hier habe ich einfach angenommen, dass der Bodenwert pro Jahr um ca. 2% zunimmt, also in etwa mit der langfristigen Inflationsrate wächst. Auf das halbe Jahr gerechnet wäre das ca. 1%
  • Geschossflächenzahl: Diese ist für unser Haus um einiges höher als beim Referenzgrundstück. Mehr Geschosse pro Grundfläche bedeutet mehr Wohnungen und damit höhere Mieteinnahmen. Logischerweise müsste dieses Grundstück pro m² Grundfläche auch mehr wert sein. Ich habe auf Basis der WertR hier einen Aufschlag von 11% angenommen
  • Geschosszahl: Hier gibt es zwar einen Unterschied, der höhere Wert durch die zusätzlichen Geschosse sollte allerdings durch den Anpassungsfaktor für die GFZ bereits berücksichtigt sein

In Summe ergibt sich also ein Aufschlag von ca. 12% auf den Bodenrichtwert, sodass wir für meine Originalbewertung aus 2010 bei einem Bodenwert von ca. 1.230 EUR/m² Grundfläche bzw. 346.000 EUR insgesamt für das Haus und ca. 10.000 EUR für die Wohnung (berechnet auf Basis des Miteigentumsanteils von 29/1000) landen. Dieser Wert könnte durchaus noch höher sein, wenn man andere Anpassungsfaktoren wählt.

Bevor wir uns Schritt 2, also der Berechnung des Reinertrags zuwenden, müssen wir den Gesamtwert des Bodens noch auf ein einzelnes Jahr beziehen. Da der Wert des Bodens über die Zeit im Gegensatz zum Gebäude eigentlich nicht abnehmen sollte und eigentlich auch nicht verfällt oder Ähnliches (es sei denn es gibt besondere Altlasten von denen wir heute noch nichts wissen), können wir hier von einer ewigen Rente ausgehen.

Der Jahreswert für den Bodenwert ergibt sich dann auf Basis der folgenden Formel für die ewige Rente:

Gesamtwert = Jährlicher Ertrag / Zinssatz

bzw.

Jährlicher Ertrag = Gesamtwert * Zinssatz = ~10.000 EUR * 4,5% = ~450 EUR

Auf die Bestimmung des Zinssatzes (in diesem Fall 4,5%) komme ich weiter unten im Rahmen der Bestimmung des Ertragswertes nochmal zurück.


Ermittlung des Net Operating Income (NOI) bzw. des Reinertrags

Der Reinertrag ist im wesentlichen das Äquivalent zum freien Cash Flow bei der Unternehmensbewertung.

Das NOI besteht aus den generierten Einnahmen, d.h. Mieten etc. abzüglich der Ausgaben, die bei uns als Vermieter verbleiben.

Hier seht ihr die Berechnung des NOI für meine kleine Wohnung:

Ertragswertverfahren Immobilie - Berechnung NOI (Net Operating Income)

Bei dieser Betrachtung werden typischerweise auf den Mieter umlegbare Kostenbestandteile nicht berücksichtigt, da diese in der Berechnung sowohl auf der Einkommensseite (in der Praxis über die sogenannte Betriebskostenvorauszahlung bzw. über die jährliche Abrechnung) als auch auf der Ausgabenseite (das so genannte Hausgeld) auftreten und das Ergebnis nicht beeinflussen würden.

Zu den umlegbaren Kostenbestandteilen gehören u.a. Dinge wie Heizung, Gemeinstrom, Reinigung, Betriebskosten Aufzug, Hausmeister, aber z.B. auch die Grundsteuer.

Der Reinertrag (NOI) bildet den Ausgangspunkt für die Berechnung des Immobilienwertes und im Anschluss auch der Finanzierung. Gehen wir die Punkte einmal im Einzelnen durch.


Abschätzung des Rohertrags

Der Rohertrag ist der Oberbegriff für alle Einnahmen, die wir mit der Immobilie bzw. der Eigentumswohnung generieren. In den meisten Fällen sollte es sich hier um die entsprechenden Mieteinnahmen handeln (es sei denn wir haben z.B. eine Münzwaschmaschine oder Ähnliches im Keller stehen, mit der wir weitere Einnahmen erzielen).

Der Rohertrag setzt sich theoretisch zusammen aus der erzielbaren Kaltmiete laut Mietspiegel sowie gewissen Aufschlägen, z.B. für Kabelanschluss, Isolierglasfenster etc.

Erzielbare Kaltmiete je m²: Die erzielbare Kaltmiete hängt sehr stark von der Lage ab. Die Mietspiegel unterscheiden je nach Stadt mehr oder weniger detailliert zwischen verschiedenen Lagen, Baujahren, Ausstattungen. Oft sind auch die Bandbreiten der Mieten relativ groß. Z.B. könnte in so einem Mietspiegel der Richtwert für eine Wohnung in guter Lage, erbaut nach 2000 zwischen 7,2 und 9,2 EUR/m² liegen. Da wir ja immer konservativ bewerten und ggf. lieber etwas Potenzial nach oben haben wollen, würden wir uns hier eher an das untere Ende der Skala legen bzw. maximal den Mittelwert für unsere Berechnung zugrunde legen.

Aufschläge auf die Kaltmiete: Je nach Stadt kann der Mietspiegel wiederum Aufschläge berücksichtigen für Isolierglasfenster, nachträglich angebrachte Wärmedämmungen, Aufzüge, Gärten, Terrassen etc. Die Mietspiegel können gegen ein kleines Entgelt bei der örtlichen Haus und Grund-Niederlassung erworben werden. Teilweise sind die Daten auch bereits im Internet verfügbar.

Die erzielbare Kaltmiete inkl. Zuschläge ergibt dann mit der Wohnfläche des Objekts und mit 12 multipliziert den auf das Jahr hochgerechneten Jahresrohertrag.

Hier sollten wir aber etwas aufpassen und ggf. die aktuelle Miete der Wohnung mit berücksichtigen.

Sollte die aktuelle Miete weit unter dem Mietspiegel liegen, kann eine Anpassung auf das im Rahmen des Ertragswertverfahrens angenommene Niveau schwierig sein. In diesem Fall sollten wir unsere Bewertung eher mit der tatsächlichen Miete durchführen.

Abschätzung der Bewirtschaftungskosten

Für die Abschätzung der Bewirtschaftungskosten müssen wir Annahmen über die folgenden Kostenbestandteile treffen:

Mietausfallwagnis: Dies ist sozusagen ein weiterer Sicherheitspuffer und berücksichtigt einen Abschlag für entgangene Einnahmen durch potenziellen Leerstand. In der Praxis wird hier typischerweise mit 2 bis 5% der Jahresmiete gerechnet, was ca. 1-2 Wochen pro Jahr entspricht. Vermieten wir eine möblierte Wohnung zeitlich befristet, dann müssen wir aufgrund der Kurzfristigkeit des Marktes ggf. einen höheren Abschlag einkalkulieren (dafür erhalten wir aber natürlich auch einen Möblierungszuschlag). Gleiches gilt für Vermietungen in Gegenden mit generell höherem Leerstand oder z.B. mit sinkenden Bevölkerungszahlen.

Verwaltungskosten: Da es sich bei unserem fiktiven Beispiel um eine Eigentumswohnung handelt, die typischerweise durch eine (mehr oder weniger) professionelle Hausverwaltung verwaltet wird, fallen zusätzliche monatliche Gebühren an. Diese bewegen sich je nach Stadt und Verwaltung um die 20-25 EUR inkl. Mwst  je Monat und Einheit. Kaufen wir ein Einfamilienhaus bzw. ein ganzes Mehrfamilienhaus und entscheiden uns, dieses selbst zu verwalten, dann treten diese Kosten natürlich nicht auf. Die Verwaltungskosten können wir aus den Wirtschaftsplänen der Eigentümergemeinschaft bzw. auch aus der letzten Jahresabrechnung entnehmen.

Instandhaltungsrückstellungen: Neben den Verwaltungskosten enthält der von der Verwaltung aufgestellte Wirtschaftsplan auch die sogenannte Zuführung zur Instandhaltungsrücklage. Idealerweise sollte die Hausverwaltung einen detaillierten Investitionsplan für das Objekt haben und die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage danach bemessen. Aus dieser Rücklage werden dann im Idealfall die Instandhaltungsarbeiten finanziert. Wichtig ist aber anzumerken, dass die Verwaltung sich nur um das sogenannte Gemeinschaftseigentum kümmert, d.h. um Treppenhaus, Fassade, Dach, Balkone, Tiefgaragenstellplätze etc. Alles was in der Wohnung selbst an Renovierungsarbeiten erforderlich wird, müssen wir als Eigentümer selbst planen und auch die finanziellen Mittel für diese Arbeiten selbst bereitstellen. In Summe habe ich hier mit ca. jährlich 10 EUR/m² gerechnet.

Laufende Reparaturen: Hierbei handelt es sich um die Kosten für kleinere Renovierungsarbeiten, wie sie immer mal wieder auftreten.

Anzeigen/Gebühren: Sollten wir planen, die Eigentumswohnung selbst zu vermieten, dann müssen wir dafür Anzeigen schalten, Besichtigungstermine abstimmen, zur Wohnung fahren etc. All dies kostet natürlich auch Geld und wird in unserer Berechnung entsprechend berücksichtigt. Beauftragen wir einen Makler, dann gilt heute meistens das Bestellerprinzip, d.h. wir als Vermieter tragen die Kosten. Neben der Provision, deren Höhe wir ja kennen, müssen wir also eine Annahme bzgl. der durchschnittlichen Mietdauer für die Wohnung treffen. Bei kleinen Wohnung liegt diese vermutlich meist irgendwo zwischen 2 und 5 Jahren, sodass wir z.B. mit einem Fünftel der Provision je Jahr rechnen können. Ich habe damals allerdings unterstellt, dass für mich keine derartigen Kosten auftreten würden, weil zum damaligen Zeitpunkt in Düsseldorf noch der Mieter die Provision in Rechnung gestellt bekam.

Zieht man nun alle Betriebskosten vom Rohertrag ab, so erhalten wir den Reinertrag bzw. das NOI. Diesen Reinertrag können wir nun weiter nutzen, um den Wert der Wohnung zu bestimmen und um daraus den monatlichen Cash Flow abzuleiten.


Ermittlung des Ertragswertes

Im Gegensatz zum eher theoretischen Bodenwert kann man den Ertragswert viel besser fassen. Der Ertragswert basiert nämlich auf den erwarteten Mieteinnahmen, den erwarteten Betriebs- und Instandhaltungskosten und auf der Nutzungsdauer der Immobilie. D.h. je länger die Nutzungsdauer der Immobilie, je höher die erzielbare Kaltmiete und je niedriger die erwarteten Kosten für die Wohnung, desto mehr wäre man bereit dafür zu zahlen.

Wie beim Discounted Cash Flow also.

Wie aber “übersetzt” man die Informationen über erwartete Mieten, Kosten und Nutzungsdauer in einen Kaufpreis zum Stichtag heute?

Im ersten Schritt müssen wir zunächst den Reinertragsanteil des Bodenwerts vom gesamten NOI abziehen (dieser muss ja auch über die Miete sozusagen “mitbezahlt” werden):

Reinertrag des Gebäudes = Reinertrag – Reinertragsanteil des Bodenwertes = 2.460 – 450 = 2.010 EUR

Den verbleibenden Rest zinsen wir mithilfe der so genannten Barwertformel auf den heutigen Zeitpunkt ab (d.h. wir ermitteln, wie viel ein Cash Flow, den wir z.B. in 3 Jahren erhalten werden, heute wert ist.

Barwertberechnung - Kapitalwertmethode - Ertragswertverfahren

So sieht die Formel für die Berechnung des Ertragswertes aus:

Ertragswert Gebäude = Reinertrag 1 / (1 + Zinssatz) + Reinertrag 2 / (1 + Zinssatz)2 … + Reinertrag 3 / (1 + Zinssatz)n

wobei n die Nutzungsdauer des Gebäudes darstellt.

Nutzungsdauer n: Die Nutzungsdauer von Gebäuden wird, wenn ich mich recht erinnere, grundsätzlich erstmal mit 80 Jahren angenommen und dann (1) um das Alter der Immobilie reduziert und (2) bei gutem Zustand wieder entsprechend erhöht. In meinem Fall wurde das Gebäude im Jahr 1955 errichtet, die verbleibende Nutzungsdauer lag also bei ca. 25 Jahren. Aufgrund des sehr guten Zustands bin ich allerdings von einer verbleibenden Nutzungsdauer von ca. 40 Jahren ausgegangen (was bei dem Zustand des Gebäudes vermutlich trotzdem noch eine sehr konservative Annahme ist).

Liegenschaftszinssatz: Der Liegenschaftszins ist der Zinssatz, mit dem der Reinertrag sich über die Zeit verzinsen sollte und reflektiert das typische Risiko der Investition (analog zum WACC bei der Unternehmensbewertung). Aufgrund der sehr gut prognostizierbaren Cash Flows (heißt Mieteinnahmen) können wir hier in der Tat mit einem recht niedrigen Zinssatz rechnen, in diesem Fall bin ich beim offiziell vom Gutachterausschuss im Grundstücksmarktbericht veröffentlichten Zinssatz geblieben (damals 4,5%).

Theoretisch können wir bei der Berechnung auch ein gewisses Wachstum der Mieten über Zeit unterstellen und so die Reinerträge über Zeit anwachsen lassen. Als Value Investoren bzw. DIY Investoren berücksichtigen wir dieses unsichere Upside-Potenzial allerdings in der Regel nicht, sondern rechnen konservativ auf Basis der bereits heute erzielbaren Miete.

In Excel könnt ihr das natürlich ganz einfach mit der Barwertformel lösen.

Rechnen wir den Ertragswert auf Basis dieser Annahmen aus, erhalten wir einen Immobilienwert nach dem Ertragswertverfahren von ca. 47.000 EUR:

Ertragswert = Bodenwert + Ertragswert des Gebäudes = ~10.000 EUR + ~37.000 EUR

In der Literatur funktioniert die Bestimmung des Ertragswertes übrigens über den so genannten Barwertfaktor. Vermutlich haben die Verfasser der Schriften zum Ertragswertverfahren den Immobilieninvestoren nicht zugetraut, die Logik hinter der Barwertrechnung zu verstehen und deshalb die


Anpassungen bzw. Vereinfachungen des Ertragswertverfahrens

Seit dieser ersten Wohnung habe ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, den Bodenwert explizit auszurechnen. Aus meiner Sicht ist das ganze Verfahren zu theoretisch, der Bodenwert zu aufwendig zu bestimmen mit recht wenig Aussagekraft.

Was aber nicht heißt, dass der Bodenwert komplett uninteressant ist. Für die Abschreibungen ist er sogar sehr relevant. Darauf gehe ich aber zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer ein.

Jedenfalls zinse ich in der Praxis einfach den gesamten Reinertrag bzw. das gesamte NOI auf den heutigen Zeitpunkt ab, ohne vorher den Bodenwertanteil abzuziehen. So komme ich direkt auf den Wert der Immobilie insgesamt.

Der einzige Unterschied: Ohne eine explizite Berücksichtigung des Bodenwertes nehmen wir einfach an, dass auch die Nutzungsdauer des Grund und Bodens irgendwo beschränkt ist. Die Vereinfachung kommt also zu einem noch etwas konservativeren Ergebnis.

Bei längeren Nutzungsdauern wird der Unterschied zwischen der vereinfachten und der genauen Methode darüber hinaus immer kleiner werden.


Excel zum Download + weitere Ressourcen

Mein kleines Bewertungsmodell von damals könnt ihr auf unserer DIY Tools Seite herunterladen.

Hier die Links zu den weiteren Ressourcen:

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