Auch durchschnittliche Unternehmen können sehr gute Ergebnisse für die Shareholder erzielen, wenn sie von außergewöhnlich guten Managern geführt werden. Klar sind wir in erster Linie auf der Suche nach Unternehmen mit sehr stabilen Geschäftsmodellen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen. Wie wir aber z.B. am Beispiel von Microsoft (MSFT) über viele Jahre gesehen haben bzw. gerade sehen, kann die Qualität des Managements auch für Unternehmen mit einem breiten Burggraben einen großen Unterschied ausmachen.
Darüber hinaus kann es aber natürlich auch unabhängig vom Geschäftsmodell eine Strategie sein, speziell in Unternehmen mit außergewöhnlich gutem Management zu investieren. Um in diesem Bereich Investmentideen zu generieren, müssen wir uns allerdings einiger Annäherungen behelfen. Denn in keinem Screener der Welt können wir natürlich “Qualität des Managements” als Filter auswählen.
In diesem Artikel möchte ich deshalb einmal darauf eingehen, anhand welcher – hauptsächlich quantitativer – Kriterien wir am besten einschätzen können, ob ein Unternehmen ein gutes bzw. exzellentes Management besitzt.
Was ist ein gutes Management ausmacht
Bevor wir in die Details einsteigen, versuchen wir zunächst mal die Frage zu beantworten, was einen guten CEO oder Manager bzw. ein gutes Management Team eigentlich ausmacht.
Aus meiner Sicht ist ein außerordentlich guter Manager zunächst mal jemand, der außergewöhnliche Skills auf zwei Gebieten besitzt:
- Wertgenerierung im Unternehmen
- Allokation der generierten Cash Flows
Damit nun ein Manager bzw. ein Management Team diese Skills auch im Interesse der Eigentümer bzw. Aktionäre einsetzt, sind ggf. ein paar Anreize erforderlich. Denn auch die besten Manager sind nur Menschen und verfolgen standardmäßig zunächst mal ihre eigenen Interessen… auch wenn das natürlich nicht immer richtig ist, sollte es aus (Investoren-)Sicht erstmal unsere Ausgangshypothese sein.
Ein oft zitiertes Beispiel für einen Manager mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zur Wertgenerierung im Unternehmen ist Steve Jobs, der ehemalige CEO von Apple. Jobs hatte ein unglaublich gutes Gespür für erfolgreiche Produkte, Produktlebenszyklen und dafür, parallel eine ganze Reihe an profitablen Produktideen zu verfolgen.
Als Beispiele für Manager mit extrem guten Skills zur Kapitalallokation werden oft Warren Buffett (CEO von Berkshire Hathaway) oder auch Henry Singleton (ehemaliger CEO von Teledyne) genannt. Beide haben durch effiziente Kapitalallokation auch mit eher durchschnittlichen Unternehmen sehr hohe Returns für ihre Aktionäre erzielt. Berkshire Hathaway war ja zur Zeit der Übernahme durch Warren Buffett in erster Linie eine marode Textilfabrik.
Zusammenfassend können wir also sagen:
Der Begriff Jockey Stocks ist übrigens eine Analogie aus dem Reitsport: Ohne einen guten Jockey wird auch das beste Pferd das Rennen nicht gewinnen.
Unternehmen mit tollem Management finden
In einer perfekten Welt würden wir einfach unser Aktienuniversum nach genau den Unternehmen filtern, deren Management erstens die besten Skills hat und deren Ziele zweitens am besten mit denen der Aktionäre abgestimmt sind.
Leider gibt es wie gesagt nach wie vor keinen Screener, der es uns erlaubt, genau diese Firmen auf einfachem Wege zu identifizieren. Vermutlich wird es einen solchen Screen auch nie geben.
Was es allerdings gibt, sind ein paar Annäherungen mit denen wir arbeiten können. Das Manual of Ideas unterscheidet analog zur obigen Definition drei Kriterien:
- Fähigkeiten des Managements (Management Ability)
- Fähigkeiten der effizienten Kapitalallokation
- Anreize des Management
Viele der im folgenden vorgestellten Ansätze basieren auf den uns bereits bekannten Finanzkennzahlen. Wie ihr sehen werdet, ist das alles kein Hexenwerk.
Starten wir also einmal mit den Fähigkeiten des Managements.
Fähigkeiten des Managements
Um die Fähigkeiten des Managements einzuschätzen, können wir uns verschiedener Kennzahlen bedienen, die wir auf Basis der im Jahresabschluss enthaltenen Kennzahlen ermitteln können. Dies sind im Wesentlichen:
- Die Kapitalrendite (Return on Capital Employed – ROCE – oder Return on Invested Capital – ROIC)
- Das Wachstum der Kapitalrendite
- Die operative Marge im Vergleich zum Wettbewerb
- Die Geldumschlagsdauer (Cash Conversion Cycle)
- Investitionstrends (Δ CapEx/Δ Umsatz und CapEx/D+A)
Kapitalrendite (Return on Capital Employed)
Da es quasi die Kernaufgabe eines jeden CEOs bzw. Managements ist, eine möglichst hohe Wertgenerierung zu erzielen, macht es natürlich Sinn, dass wir uns die Kapitalrendite anschauen. Diese wird zwar unter anderem auch durch das Geschäftsmodell definiert. Trotzdem sagt die Kapitalrendite natürlich auch etwas über die Qualität des Managements aus, speziell wenn wir die Kennzahl im Wettbewerbsvergleich betrachten.
Wachstum des Capital Employed (je Aktie)
Das Wachstum des Capital Employed sollten wir nur im Zusammenhang mit dem Return on Capital Employed verwenden, da das Kapital z.B. auch durch Wert-vernichtende Akquisitionen gesteigert werden könnte.
Ein über die Zeit wachsendes Capital Employed bei gleichzeitig stabiler Kapitalrendite bedeutet z.B., dass das Management nicht in im Vergleich zum aktuellen Geschäft weniger profitable Geschäftsfelder investiert.
Operative Marge im Vergleich
Da Gewinnmargen sich oft je nach Industrie unterscheiden, sollten wir die relative Marge im Vergleich zum direkten Wettbewerb anschauen.
Eine konsistent hohe Marge im Vergleich zum Wettbewerb ist oftmals ein guter Indikator für effiziente interne Prozesse, die ja primär auf eine kontinuierliche Arbeit des Managements an diesen Prozessen zurückgeführt werden können.
Kapitalumschlag (Asset Turnover) bzw. Cash Conversion Cycle
Der Kapitalumschlag bzw. Cash Conversion Cycle ist ein guter Indikator für die Kapitaleffizienz eines Unternehmens. Je niedriger der Cash Conversion Cycle ist, desto besser wird das Unternehmen operativ gemanagt.
Je nach Geschäftsmodell kann es sogar vorkommen, dass Unternehmen ein negatives Working Capital und/oder einen negativen Cash Conversion Cycle ausweisen (z.B. der Computerhersteller Dell). Das sind dann die Unternehmen, die ihre Lieferanten aus irgendwelchen Gründen erst dann bezahlen (müssen), wenn sie nicht nur das Produkt bereits verkauft, sondern auch das Geld bereits erhalten haben.
Investitionstrends
Die Investitionen (Capital Expenditures oder kurz CapEx) geben uns bereits einen Hinweis auf die Fähigkeiten der Kapitalallokation (zusammen mit Dividenden und Aktienrückkäufen).
Daneben sind sie aber auch hilfreich, um die Fähigkeiten des Managements im Hinblick auf die Führung des Unternehmens zu bewerten.
Wir können uns in diesem Zusammenhang zwei Kennzahlen ansehen:
- das CapEx Wachstum in Relation zum Umsatzwachstum
- CapEx in Relation zu Abschreibungen und Amortisation (D+A)
Je niedriger das Wachstum der Investitionen im Vergleich zum Umsatz ist, desto besser werden die neuen Vermögenswerte zu Umsatzgenerierung genutzt. Liegen die Investitionen außerdem noch unterhalb der Abschreibungen, dann generiert das Unternehmen zusätzliche Cash Flows, was ein höheres Gewinnmultiple (z.B. KGV) rechtfertigen könnte.
Fähigkeit der effizienten Kapitalallokation
Im Extremfall kann es relativ einfach sein, die Fähigkeiten der Kapitalallokation eines Managers bzw. CEOs einzuschätzen. Ist ein CEO bereits seit Jahrzehnten an der Spitze eines Unternehmens (wie. z.B. Warren Buffett bei Berkshire Hathaway), dann sollte ein kurzer Blick auf die Entwicklung des Aktienkurses bereits ausreichen.
Aber wie viele CEOs gibt es auf der Welt, die bereits seit Jahrzehnten ein und dasselbe Unternehmen führen und für die wir eine solche Historie überhaupt haben?
Gehen wir also nochmal einen Schritt zurück.
In den meisten Fällen ist die Investition der freien Cash Flows in das existierende Business die Standardvorgehensweise. Für Unternehmen mit einer sehr attraktiven Kapitalrendite, einem starken Wettbewerbsvorteil bzw. Franchise und weiteren Wachstumsoptionen innerhalb dieses Franchise macht das ja auch sehr viel Sinn.
Hat ein Unternehmen allerdings nur eine unterdurchschnittliche Rendite und operiert in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld, dann ist eine Reinvestition der Cash Flows ins existierende Geschäft vielleicht nicht die beste Option.
Trotzdem wird ein Großteil der CEOs und Manager diesen Weg wählen, einfach weil vielerorts immernoch die Maxime “Größer = Besser” vorherrscht.
Was schauen wir uns also in diesem Zusammenhang zur Einschätzung der “Capital Allocation Skills” an?
Nun, wir können z.B. analysieren, ob und in welchem Maße ein CEO bzw. Management Team alternative Methoden der Kapitalallokation – speziell Aktienrückkäufe und Dividenden – nutzt.
Aktienrückkäufe
Weil wir als Value Investoren bzw. DIY Investoren grundsätzlich nur in diejenigen Unternehmen bzw. Aktien investieren, die aus unserer Sicht unterbewertet sind, besteht unser Portfolio sozusagen standardmäßig aus Unternehmen, von denen wir glauben, dass sie eigene Aktien zurückkaufen sollten.
Wenn Unternehmen nämlich ihre eigene Aktien zurückkaufen – und zwar zu einem Preis, der unterhalb des intrinsischen Wertes liegt – , dann steigert das den intrinsischen Wert je Aktie und es wird Wert für die verbleibenden Aktionäre generiert.
Im Grunde genommen suchen wir also nach einem Beleg, dass das Management genau dies in der Vergangenheit bereits getan hat. Wir suchen nach einem inversen Zusammenhang zwischen Rückkäufen und Aktienkurs (als Proxy für den intrinsischen Wert).
Auch wenn Aktienrückkäufe nicht immer publiziert werden, ist die Anzahl umlaufender Aktien in den meisten Fällen für jedes Quartal verfügbar und deshalb z.B. auch Bestandteil vieler Screener.
Wenn wir also die Anzahl umlaufender Aktien quartalsweise über einen längeren Zeitraum anschauen, dann können wir auf dieser Basis ggf. einen Zusammenhang zum Aktienkurs erkennen.
Ein Management, das in Phasen niedriger Aktienkurse mehr zurückkauft und sich umgekehrt bei einem höheren Kurs damit eher zurückhält, hat vermutlich die Logik verstanden.
Wir müssen bei diesen Analysen allerdings immer im Hinterkopf behalten, dass der Aktienkurs jeweils nur eine (grobe) Annäherung des intrinsischen Wertes darstellen kann (den wir ja nicht für jeden Zeitpunkt kennen).
Dividendenpolitik
Auch Dividendenzahlungen sind so etwas wie ein zweischneidiges Schwert.
Auf der einen Seite werden sie von vielen Investoren aufgrund ihrer Besteuerung als ineffizient gegenüber einer Reinvestition des Kapitals in das Unternehmen (oder auch gegenüber Aktienrückkäufen) angesehen. Auf der anderen Seite erinnern Dividenden das Management aber auch daran, dass es im Hintergrund noch sowas wie Aktionäre bzw. Eigentümer gibt, die einen Return für die Bereitstellung ihres Kapitals verlangen.
Insofern ist auch das Vorhandensein einer Dividende ggf. ein Anzeichen für eine etwas aktionärsfreundlichere Haltung und eine gewisse Steuerungsfunktion des Managements. Im Zweifel entzieht nämlich die Dividende dem Management etwas Flexibilität, was die Reinvestition des Kapitals angeht.
Darüber hinaus haben wir natürlich im Vergleich zum Management des Unternehmens ggf. noch andere und bessere Optionen, was die Reinvestition der Cash Flows angeht.
Anreize des Managements
Wie zu Beginn bereits angedeutet: Selbst die besten Manager werden ggf. trotz außergewöhnlicher Skills nicht zwangsläufig die für das Unternehmen bzw. die Aktionäre des Unternehmens besten Entscheidungen treffen. Im Gegenteil werden sie im Zweifel eher ihre eigenen Interessen verfolgen.
Es ist also wichtig, dass die Interessen von Eigentümern und Managern in den wesentlichen Punkten deckungsgleich sind. In der Regel ist dies vor allem dann der Fall, wenn CEO und Manager gleichzeitig auch (Mit-)Eigentümer des Unternehmens sind.
In einem letzten Schritt schauen wir uns deshalb Unternehmensanteile von Insidern – also i.W. Managern – und aktuelle Insiderkäufe bzw. -verkäufe an.
Unternehmensanteile
Unternehmensanteile des Managements sind vermutlich die beste Option, um festzustellen, ob Management und Aktionäre die gleichen Interessen verfolgen. Wenn z.B. der CEO signifikant mehr Kapital in Unternehmensanteilen gebunden hat, als sein jährliches Gehalt beträgt (im Manual of Ideas ist von 6-7 mal soviel die Rede), dann wird er vermutlich nicht nur wie ein Manager, sondern auch wie ein Anteilseigner und Miteigentümer agieren.
Es gibt nun mehrere Wege, nach Unternehmen mit Insider-Ownership zu screenen. Wenn wir etwas restriktiver sein wollen, was die Auswahl der Unternehmen angeht (und z.B. auch in Small-Caps investieren würden), dann können wir eine Hürde von mindestens 10% annehmen. Alternativ können wir uns beispielhaft ausrechnen, welchem Anteil am Unternehmenwert z.B. das 7-fache Jahresgehalt des CEO circa entsprechen würde und die Hürde entsprechend festlegen (vermutlich unter 10%).
Insiderkäufe
Viele sehen Insiderkäufe und -verkäufe eher als kurzfristiges Signal. Was es ja auch ist.
Auf der anderen Seite ist z.B. ein größerer Aktienkauf des CEO oder eines anderen hochrangigen Managers aber auch ein starkes Signal für Value Investoren. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Manager Aktien oder Aktienoptionen als Bestandteil seiner Vergütung quasi zugeteilt bekommt oder ob er sein eigenes, bereits versteuertes Geld aufwendet, um in das Unternehmen zu investieren.
In jedem Fall können uns Informationen über Insiderkäufe und -verkäufe dabei helfen, den intrinsischen Wert der Aktie aus Sicht des Unternehmens zu approximieren.
Insiderkäufe und -verkäufe müssen regelmäßig per Gesetz veröffentlicht werden. Informationen hierzu finden wir nicht nur auf den Seiten von Aktienbörsen oder Aufsichtsbehörden (z.B. in den USA der SEC), sondern auch auf den großen Finanzwebseiten wie Gurufocus oder Yahoo Finance… und auch hier auf DIY Investor
Hier z.B. ein Auszug aus den aktuellen Apple Insiderkäufen und Insiderverkäufen von Yahoo Finance:
Quelle: Yahoo Finance
Weitere Ressourcen
Im Zusammenhang mit dem Auffinden von Aktien mit überdurchschnittlich gutem Management kann ich das Manual of Ideas von John Mihaljevic empfehlen, das viele gute Ideen zum Screening enthält und aus dem ich viel Inspiration für diesen Artikel entnommen habe.