Akquisition M&A

Warum die meisten Akquisitionen nicht funktionieren

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Ebenso wie ich aber beim Thema Diversifizierung standardmäßig davon ausgehe, dass es ein Problem mit dem Kerngeschäft gibt, gehe ich bei Übernahmen standardmäßig davon aus, dass diese nicht funktionieren werden (also keinen Mehrwert für die Anteilseigner erzeugen werden).

In diesem Artikel möchte ich einmal darauf eingehen, unter welchen Umständen eine Übernahme sinnvoll sein kann und außerdem vermutlich durch das Unternehmen zum Erfolg geführt werden wird.


Woran erkennen wir, ob eine Ãœbernahme sinnvoll ist und vermutlich erfolgreich sein wird?

Was sind also die Anzeichen für eine erfolgreiche Akquisition. Woran können wir erkennen, ob eine Akquisition aus Shareholder-Sicht einen Mehrwert darstellen wird oder nicht?

Hier gibt es aus meiner Sicht vier Aspekte:

  1. Ist das zu übernehmende Unternehmen bzw. das Produktportfolio überhaupt eine gute Ergänzung zum bestehenden Geschäft (das ist dann wieder das Thema Diversifizierung, Wettbewerbsvorteil, Franchise etc.)?
  2. Zahlt das Unternehmen einen fairen Preis für die Übernahme und ist es ggf. auch bereit, auf die Übernahme zu verzichten, wenn der Preis nicht stimmt?
  3. Kann das Unternehmen die Akquisition erfolgreich durchführen bzw. hat es eine bereits eine erfolgreiche M&A Historie (Stichwort Integration)?
  4. Werden nicht nur die Synergien, sondern auch die Kosten der Integration (IT-Systeme, Unternehmenskultur etc.) richtig berücksichtigt?

Passen die Unternehmen zusammen?

Ob ein zu übernehmendes Unternehmen zum aktuellen Geschäft des Übernehmenden passt, ist wahrscheinlich die wichtigste Frage, die wir uns als DIY Investoren stellen sollten.

Handelt es sich um eine kleine, sehr spezifische Ergänzung zum aktuellen Kerngeschäft bzw. Geschäftsmodell (z.B. wenn Apple den App-Entwickler Shazam übernimmt), dann kann eine Akquisition sehr sinnvoll sein. Das gilt vor allem, wenn sich die Akquisition noch innerhalb des so genannten Burggrabens befindet. Um beim Beispiel zu bleiben: Shazam trägt durch die direkte Verlinkung zu Apple Music direkt zum weiteren Ausbau des Apple Ökosystems bei.

Handelt es sich um eine große Übernahme, die nur entfernt etwas mit dem zu tun hat, was das übernehmende Unternehmen aktuell macht, dann ist Vorsicht geboten. Das gilt in vielen Fällen auch, wenn das zu übernehmende Unternehmen auf den ersten Blick eine gute Ergänzung zu sein scheint. Ein gutes Beispiel für einen solchen Fall ist z.B. ein Stahlhersteller, der einen Distributor übernimmt. Wenn der Hersteller keine Erfahrung mit dem Distributionsgeschäft hat und nicht weiß, wie genau eine Kombination aus beiden Geschäftsmodellen Wert stiften soll, dann bleibt das Ganze nur ein Zusammenschluss von zwei unzusammenhängenden Businesses.

In vielen Fällen ist auch Vorsicht geboten, wenn ein Unternehmen auf den ersten Blick eine gute Ergänzung zum bereits bestehenden Geschäft zu sein scheint.

Schaut euch dazu auch meine Artikel zu Behavioral Finance, zum Langsamen Denken und zu Second Level Thinking an – unser Gehirn macht es sich oft einfach und glaubt der ersten einigermaßen logischen Erklärung, die ihm geliefert wird. Und diese kommt meist direkt vom Management.


Stimmt der Kaufpreis und sind die Synergieeffekte realistisch?

Um hier mal mit einem bekannten Zitat von Warren Buffett zu starten:

Price is what you pay, value is what you get. – Warren Buffett

Ich würde sagen, dass Unternehmen für den weitaus größten Teil ihrer Akquisitionen zu viel Geld auf den Tisch legen. Am Ende geht es hierbei um zwei Dinge:

  • Um die Höhe des “Control Premiums”
  • Um die Synergien, die das Unternehmen durch die Ãœbernahme glaubt realisieren zu können

Wir als Privatinvestoren können eine Aktie ja tagtäglich zum aktuellen Börsenkurs kaufen (sofern es sich nicht um eine sehr illiquide Aktie handelt). In der Regel zahlt ein Unternehmen aber ein Premium auf den aktuellen Aktienkurs, einfach weil es etwas wert ist, die volle Kontrolle über ein Unternehmen zu besitzen und Unternehmensentscheidungen direkt beeinflussen zu können.

Darüber hinaus wird oft mit so genannten Synergieeffekten gerechnet. Das kombinierte Unternehmen wird ja wahrscheinlich (oder vielleicht) nicht zwei Hauptverwaltungen, zwei Strategieabteilungen etc. benötigen. Oft geht es bei den Synergien um die Reduktion von Fixkosten oder um höhere Marktanteile durch eine gesteigerte Marktmacht. Manchmal auch um R&D und komplementäre Technologien. Das ist aber sehr schwer zu bewerten.

Am Ende ist eine Übernahme das Ergebnis aus Verhandlungen zwischen zwei Parteien, wobei die eine Partei ihren Aktionären klar machen muss, dass es sich bei der Übernahme um ein Schnäppchen handelt und die andere Partei ihren Aktionären, dass es sich um einen mehr als angemessenen Kurs handelt. Also ein kleines Dilemma.

Deshalb wird der Kaufpreis in vielen Fällen erstmal recht hoch sein, um die Aktionäre des Übernahmekandidaten zu überzeugen. Im zweiten Schritt werden dann die positiven Synergieeffekte genutzt, um den Aktionären des Übernehmers den Deal als Schnäppchen zu verkaufen.

Allein schon diese Logik (sofern sie greift) sollte uns nervös machen. Denn Synergien werden in den Kalkulationen oft übertrieben dargestellt bzw. sind in der Realität oft (viel!) schwerer umzusetzen als geplant.


Hat das Unternehmen einen Track Record bei Akquisitionen?

Wichtig ist auch, was gegebenenfalls nach Abschluss der Transaktion passiert. Dann nämlich, wenn beide Unternehmen zu einem einzigen verschmolzen werden müssen.

Hier macht es aus meiner Sicht einen sehr großen Unterschied, ob das übernehmende Unternehmen bereits Erfahrung mit Akquisitionen hat. Und vor allem der Integration von anderen Unternehmen.

Ein Beispiel für ein Unternehmen, dass über einen langen Zeitraum hauptsächlich auch über Akquisitionen gewachsen ist, ist Transdigm (ein US-Zulieferer in der Aerospace-Industrie). Das Unternehmen ist im Wesentlichen über Dekaden sehr erfolgreich über Akquisitionen gewachsen. Zu erkennen ist dies vor allem an den nach wie vor hohen Kapitalrenditen.

Heißt: Transdigm hat einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und tätigt Akquisitionen, um diesen Vorteil weiter zu stärken.

Wenn ein Unternehmen eine längere Historie an Akquisitionen hat, dann sagt uns die Kapitalrendite, wie erfolgreich die Akquisitionen für uns Aktionäre waren.

Was sind vermutlich die Kosten der Integration?

Darüber hinaus ist auch wichtig, wie ein Unternehmen an eine Akquisition bzw. Integration herangeht. Gibt es einen Prozess, um IT-Systeme etc. schnell zu standardisieren? Oder läuft erstmal alles mehr oder weniger unverändert nebeneinander her?

Auch wenn nämlich alle obigen Faktoren zusammenpassen (was sie in den meisten Fällen nicht tun), hängt der Erfolg einer Übernahme immer noch von den vielen weichen Faktoren ab, die in der Regel nicht Bestandteil der Pressemitteilung bzw. des Verkaufsprospekts für die Shareholder sind.

Dies können unter anderem sein:

  • Nicht kompatible IT-Systeme
  • Stark unterschiedliche Unternehmenskulturen (z.B. Engineering vs. Service vs. Manufacturing Mindsets)
  • Moral der Mitarbeiter
  • etc.

Zum Beispiel zu den IT-Systemen: ABB nutzt Salesforce als CRM System und hat die Policy, dass jedes Unternehmen spätestens 6 Monate nach der Übernahme auf dieses System umgestellt haben muss. Mit anderen IT-Systemen wird so ähnlich vorgegangen, was allerdings alles andere als die Regel ist. Meistens existieren auch Jahre nach einer Akquisition noch eine Vielzahl an verschiedenen Systemen und Lösungen. Was das für die Produktivität bestimmter Funktionen (z.B. des Controllings oder des Vertriebs) bedeutet, ist klar.


Fazit

Damit Akquisitionen auch für die Anteilseigner eines Unternehmens wertstiftend sind, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Das zu übernehmende Unternehmen muss eine gute Ergänzung zum existierenden Geschäft sein
  2. Der Kaufpreis muss fair und die Synergien realistisch bewertet sein
  3. Das Unternehmen muss idealerweise bereits Erfahrungen mit Ãœbernahmen haben
  4. Es muss einen konkreten Prozess für den Umgang mit wesentlichen Integrationsthemen (z.B. Verinheitlichugn der IT-Systeme, Unternehmenskulkturen etc.) geben

Speziell die erste Voraussetzung, nämlich der strategische Fit zum existierenden Geschäft, sollten wir sehr gründlich prüfen und bewerten. Denn gerade hier ist es gefährlich, den Ausführungen des Managements Glauben zu schenken.


Credits

Bildnachweis:  Flickr/Flazingo Photos, CC BY-SA 2.0

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