Auf DIY Investor gibt es ja bereits eine ganze Reihe an Artikeln zur klassischen Discounted Cash Flow (DCF) Bewertung und den meisten damit in Zusammenhang stehenden Themenbereichen… unter anderem auch einige Artikel zum Thema Kapitalkosten / WACC. Tatsächlich ist es nun allerdings so, dass insbesondere im Rahmen der WACC-Berechnung in der Praxis oft einige vereinfachende Annahmen getroffen werden, um das so genannte Zirkularitätsproblem des WACC zu umgehen.
Dies kann unter Umständen zu signifikanten Abweichungen zwischen den mithilfe der verschiedenen DCF-Verfahren ermittelten fairen Werten für das Eigenkapital führen (heißt trotz konsistenter Cash Flow Annahmen ist der auf Basis des FCFF ermittelte faire Wert einer Aktie z.B. auf einmal substantiell höher als der auf Basis des FCFE ermittelte Wert).
In diesem Artikel möchte ich das Zirkularitätsproblem des WACC einmal anhand eines einfachen fiktiven Bewertungs-Beispiels illustrieren (Beispiel Fall 1) und außerdem einen möglichen Lösungsweg aufzeigen (Beispiel Fall 2).
Zirkularitätsproblem des WACC: Beispiel Intro
Da ich glaube, dass ein wenig Theorie vorab in diesem Fall weit weniger bringt, als eine Illustration der Problematik anhand eines konkreten Beispiels, möchte ich – entgegen meiner üblichen Vorgehensweise – hier direkt einmal mit der Übersicht über das verwendete Beispielunternehmen einsteigen.
Ich habe das Beispiel hier bewusst so einfach und simpel wie möglich gehalten, insbesondere auch, um die hier angesprochene Zirkularitätsproblematik sozusagen von anderen möglichen und weit verbreiteten Inkonsistenzen in der Planung / Bewertung zu “isolieren”.
Hier einmal eine Übersicht über die wesentlichen KPIs unseres fiktiven Beispielunternehmens (die “Immobilien-AG”):
- 70 Mio. EUR eingesetztes Kapital (i.W. 100 Gebäude à 0,7 Mio EUR)
- 50 Mio. EUR Fremdkapital (LTV also ungefähr gleich ~71,4%, also 50 Mio. / 70 Mio. EUR)
- Aktuell erzielbare Mieteinnahmen auf Basis des eingesetzten Kapitals ~6 Mio. EUR
- Jährliche Instandhaltung (CapEx) in Höhe der Abschreibungen (2% bzw. 1,4 Mio. EUR pro Jahr)
- Andere Betriebskosten i.H.v. ~0,6 Mio. EUR
- Zinszahlungen i.H.v. 1 Mio. EUR (= 50 Mio. EUR FK x 2% FK-Zins)
- Effektiver Steuersatz 20%
- Marktkapitalisierung entspricht genau dem Buchwert, also 20 Mio. EUR
Aus diesen Annahmen ergibt sich die folgende Gewinn- bzw. Cash Flow Brücke:
Cash Flow Brücke [Mio. EUR]
Da die Instandhaltungsinvestitionen hier genau den regelmäßigen Abschreibungen entsprechen, sind Gewinn- und Cash-Sicht i.W. identisch, d.h. NOPAT und Nettoergebnis sind äquivalent zu FCFF und FCFE.
Um das Zirkularitätsproblem zu isolieren und keine Vermischung mit weiteren Konsistenzthematiken zu riskieren (diese gibt es nämlich typischerweise über das Zirkularitätsproblem des WACC hinaus auch noch bei den Annahmen bzgl. der langfristigen Wachstumsraten) gehen wir für die Zukunft hier einmal von einem Nullwachstum aus (ganz analog übrigens zu Buffett’s Owner Earnings Ansatz), sodass wir die Bewertung deshalb mithilfe der Rentenformel (Formel für die ewige Rente) durchführen können.
Auf ein klassisches zwei- oder drei-stufiges DCF-Modell bezogen, betrachten wir hier also im Grunde genommen nur den Terminal Value (den Endwert).
Zusätzlicher Hinweis: Wir gehen davon aus, dass jeweils der gesamte Gewinn bzw. Cash Flow in Form einer Dividende ausgeschüttet wird. Auf diese Weise bleiben Kapitalstruktur und auch FCFE über die Zeit konstant. Würden wir eine teilweise Thesaurierung der Gewinne und damit eine Verschiebung der Kapitalstruktur hin zu mehr Eigenkapital über die Zeit unterstellen, dann wäre das ein weiterer Faktor, der zu Abweichungen zwischen dem Entity- und dem Equity-Verfahren führen würde.
Intro: Typische Bewertungspraxis
Schauen wir uns zunächst einmal an, zu welchen Ergebnissen eine Bewertung mit den typischerweise in der Praxis verwendeten Annahmen bzw. Vereinfachungen führen würde.
Dazu ermitteln wir zunächst die Kapitalkosten nach dem typischerweise in der Praxis verwendeten Ansatz (“Praktiker-WACC”) und ermitteln anschließend den fairen Wert des Eigenkapitals sowohl auf Basis des Entity- als auch auf Basis des Equity-Verfahrens (also auf Basis von FCFF und FCFE getrennt).
Typische WACC-Ermittlung (“Praktiker-WACC”)
Wenn ihr euch erinnert: Die Gesamtkapitalkosten werden ermittelt als gewichteter Mittelwert aus Eigen- und Fremdkapitalkosten. Dabei wird die Kapitalstruktur in der Regel als konstant angenommen.
Die Ermittlung der Eigenkapitalkosten erfolgt mithilfe des Capital Asset Pricing Modells (CAPM). Der unternehmensspezifische Risikofaktor (das Beta) basiert auf der Volatilität des Aktienkurses im Vergleich zum Gesamtmarkt sowie auf dem Verschuldungsgrad (dem Debt-to-Equity Ratio).
Ich habe hier einmal die folgenden wesentlichen Inputs definiert:
- Basiszinssatz bzw. Risk-Free Rate = 1,5%
- Marktrisikoprämie = 5,0%
- Unlevered Beta (Asset Beta) = 0,5
- FK-Risikoprämie = 0,5%
Die Kapitalkosten bzw. der WACC ermitteln sich in diesem Fall z.B. folgendermaßen (sollte soweit auch aus der gängigen Literatur bekannt und auch konsistent zu unserem Artikel hier sein):
Typische WACC-Berechnung in der Praxis
Das verschuldete Beta bzw. Levered Beta wird dabei in der Praxis in den meisten Fällen nach der folgenden Formel berechnet (für eine detailliertere Erläuterung der theoretischen Hintergründe des Beta-Faktors lest zunächst nochmal diesen Artikel):
Gängige Ermittlung des Beta in der Praxis
Wie ihr seht, erhöht sich mit zunehmender Verschuldung das Risiko für die Eigenkapitalgeber… zu erkennen am rechten Teil der Gleichung.
Wäre die Verschuldung gleich Null, dann wäre auch der gesamte rechte Teil der Gleichung gleich Null und das Levered Beta (ßL) entspräche eins zu eins dem Unlevered Beta bzw. Asset Beta (ßA).
Für die Ermittlung der Gewichtungsfaktoren wird in der Regel die Marktkapitalisierung (hier 20 Mio. EUR) verwendet.
Resultierendes Bewertungsergebnis
Schauen wir uns nun einmal das Ergebnis an, welches wir unter Anwendung der oben abgeleiteten Cash Flow Kennzahlen sowie der Eigenkapitalkosten und des “Praktiker-WACC” mithilfe der verschiedenen Bewertungsverfahren erzielen würden.
Hier schonmal die grafische Zusammenfassung:
Equity-Verfahren: Um den fairen Wert des Eigenkapitals mithilfe des Equity-Verfahrens zu ermitteln, nutzen wir den den Eigenkapitalgebern zufließenden freien Cash Flow (den Free Cash Fow to Equity) und zinsen diesen mithilfe der Eigenkapitalkosten ab (ewige Rente ohne Wachstum).
Es ergibt sich in diesem Fall ein Ergebnis bzw. ein fairer Eigenkapitalwert in Höhe von 27 Mio. EUR:
Fairer Wert des EK = FCFE / EK-Kosten = 2,4 Mio. EUR / 9% = 27 Mio. EUR
Entity-Verfahren: Wenden wir das Entity-Verfahren an, dann nutzen wir zunächst den allen Kapitalgebern zur Verfügung stehenden freien Cash Flow (den Free Cash Flow to Firm bzw. FCFF) für die Ermittlung des Enterprise Value, also des Unternehmenswertes:
Enterprise Value (EV) = FCFF / WACC = 3,2 Mio. EUR / 3,71% = 86 Mio. EUR
Anaschließend ziehen wir noch die aktuelle Nettoverschuldung ab, um zum Wert des Eigenkapitals zu gelangen:
Fairer Wert des EK = EV – Nettoverschuldung = 86. Mio. EUR – 50 Mio. EUR = 36 Mio. EUR
Wie ihr sehen könnt, weichen die Bewertungsergebnisse beider Verfahren bereits in diesem recht einfachen Bewertungsfall substantiell voneinander ab (Abweichung je nach Ausgangspunkt bis zu ca. 30%).Hätten wir uns im Vorfeld der Bewertung – wie in der Praxis oft üblich – bereits für das aus unserer Sicht “passendere” Bewertungsverfahren entschieden, dann hätten wir außerdem überhaupt keine Kenntnis von einer möglicherweise existierenden Alternativlösung erlangt.
Zirkularitätsproblem des WACC: Ursachen
Im Grunde genommen besteht das Problem nun nicht darin, herauszufinden, welches der beiden Verfahren nun besser geeignet ist, um das jeweils analysierte Unternehmen zu bewerten. Tatsächlich sollten bei konsistenten Annahmen beide Verfahren zu identischen Bewertungsergebnissen führen…
Ein guter Ansatzpunkt für den Einstieg in die Problematik besteht in der Auflistung der wesentlichen Annahmen, die bei der Ermittlung der Kapitalkosten bzw. des WACC in der Praxis oft unterstellt werden:
- Die Kapitalstruktur bleibt über die Zeit konstant
- Das Fremdkapital wird (richtigerweise) zwar als nicht gänzlich risikolos angenommen (deshalb ein Aufschlag auf die Risk-Free Rate bzw. den Basiszinssatz). Diese teilweise Übernahme des Risikos durch die Fremdkapitalgeber wirkt sich jedoch nicht positiv auf die Eigenkapitalkosten aus, obwohl die EK-Geber ja offenbar einen Teil des Investment-Risikos an die FK-Geber abgeben
- Der Gewichtungsfaktor für die Eigenkapitalkosten wird auf Basis des Marktwertes des Eigenkapitals, also der Marktkapitalisierung, ermittelt, welche nicht zwangsläufig dem fairen Wert des Eigenkapitals entspricht (hiermit wird versucht das eigentliche Zirkularitätsproblem zu umgehen)
Gehen wir die Punkte einmal einen nach dem anderen durch.
Kapitalstruktur
Bzgl. der Kapitalstruktur (Punkt 1) haben wir in diesem Beispielfall kein Problem. Wenn wir den Nettogewinn am Ende es Jahres immer komplett als Dividende ausschütten (was sollen wir in einem “No Growth” Szenario auch anderes machen?), dann bleibt das eingesetzte Kapital und auch die Eigenkapitalposition – und damit die Kapitalstruktur – konstant.
Risikoübernahme durch FK-Geber: Das “Debt Beta”
Wie schon gesagt: Eine FK-Risikoprämie größer als Null (in diesem Fall gleich 0,5%) impliziert eine teilweise Übernahme des Ausfallrisikos durch die Fremdkapitalgeber. D.h. auch das Fremdkapital hat ein Beta, das so genannte Debt Beta oder ßD, welches wir in diesem Fall analog zur Eigenkapitalrisikoprämie mithilfe der folgenden Formel ermitteln können:
FK-Risikoprämie = ßD x Marktrisikoprämie
Durch Umstellung der Formel und Einsetzen der bekannten Werte ergibt sich das Debt Beta in diesem Fall folgendermaßen:
ßD = FK-Risikoprämie / Marktrisikoprämie = 0,5% / 5,0% = 0,1
Um dieses Debt Beta – also das Risiko, welches die Fremdkapitalgeber mit einem Investment in das betrachtete Unternehmen eingehen – nun entsprechend zu berücksichtigen, müssen wir die Berechnung des Risikofaktors für das Eigenkapital (ßL) anpassen bzw. erweitern:
Das (Ausfall-)Risiko für die Eigenkapitalgeber steigt mit zunehmendem Verschuldungsgrad zwar nach wie vor an. Allerdings nur um den Anteil, der nicht bei den Fremdkapitalgebern verbleibt. In diesem Fall reduziert sich das Levered Beta von vorher 1,5 auf einen Wert von nun 1,3.
In der Praxis lässt sich diese Logik der Risikoübernahme durch die Fremdkapitalgeber leicht über das Vorhandensein der Risikoprämie argumentieren:
Credit Spread versus 10-jährige US-amerikanische Staatsanleihen [%], Quelle: Federal Reserve of St Louis
Die Grafik zeigt deutlich, dass selbst für mit einem AAA geratete Anleihen über weite Zeiträume der letzten ca. 20 Jahre ein Aufschlag auf den risikolosen Zins (im Chart gleich der Nulllinie) existiert hat.
Zirkularitätsproblem: Gewichtungsfaktoren zur Ermittlung des WACC
Um die Problematik hinter der Berechnung der Gewichtungsfaktoren für die Ermittlung des WACC zu verstehen, müssen wir uns nochmal einen wesentlichen Punkt vergegenwärtigen.
Die Berechnungslogik des WACC hängt an mehreren Stellen von genau demjenigen fairen Wert des Eigenkapitals ab, den wir mithilfe des DCF-Bewertungsverfahrens, für das wir den WACC als wesentliche Inputgröße benötigen, ja erst ermitteln möchten:
Wir haben hier also einen klassischen Zirkelbezug vorliegen… im Kontext des WACC oft als Zirkularitätsproblem bezeichnet.
In der Praxis besteht die einfache Lösung dieses Problems nun darin, eine von drei möglichen Annäherungen für den fairen Wert des EK zu verwenden, nämlich entweder den Buchwert, die Marktkapitalisierung oder eine langfristige Zielkapitalstruktur.
Alle drei Werte können allerdings (bzw. werden mit ziemlicher Sicherheit) in der Realität mehr oder weniger stark vom fairen Wert abweichen:
- Buchwert: Die historischen Anschaffungskosten abzgl. Abschreibungen (ggf. auch außerplanmäßige) repräsentieren i.d.R. nicht den fairen Wert des EK bzw. haben meist gar keinen Bezug dazu
- Marktwert (= Marktkapitalisierung): Die Marktkapitalisierung muss nicht zwangsläufig dem fairen Wert entsprechen, eine Aktie kann am Markt auch stark über bzw. unterbewertet sein (das herauszufinden ist ja genau der Zweck unserer Analyse)
- Zielkapitalstruktur: Der Begriff Zielkapitalstruktur sagt es i.W. bereits… wir rechnen hier nicht mit der echten Kapitalstruktur, sondern einem langfristigen Zielwert, der nicht unbedingt etwas mit der aktuellen Kapitalstruktur zu tun haben und auch nicht auf einem “fairen Marktwert” für das Eigenkapital basieren muss (um diesen zu ermitteln, müssen wir ja wie gesagt erstmal eine Bewertung vornehmen)
Heißt das Zirkularitätsproblem lässt sich nicht so einfach mit den in der Praxis üblichen vereinfachten Annahmen umgehen… was nicht heißt, dass sich das Problem nicht auch lösen lässt.
Zwar hängt der faire EK-Wert von den Kapitalkosten, dieser wiederum vom Beta und das Beta wiederum wieder vom fairen EK-Wert ab. Ein solches Problem lässt sich iterativ aber durchaus lösen:
Insbesondere mit dem uns zur Verfügung stehenden Tool namens Excel stellt eine iterative Lösung des Zirkularitätsproblems im Grunde genommen kein Problem dar. Ich könnte mir durchaus auch vorstellen, dass die oben angesprochenen vereinfachenden Annahmen bei der WACC-Berechnung noch aus einer Zeit stammen, in der Computer und Tabellenkalkulationsprogramme nicht wirklich weit verbreitet waren.
Im Detail gehen wir also folgendermaßen vor:
- Wir ermitteln zunächst Beta, EK-Kosten und WACC auf Basis einer ersten Schätzung für den fairen Wert des Eigenkapitals (“Best Guess”)
- Anschließend führen wir auf der Basis eine erste Bewertung durch
- Das Ergebnis dieser Bewertung nutzen wir im dritten Schritt, um ein neues Beta, neue EK-Kosten und einen neuen WACC zu ermitteln
- Auf dieser Basis ermitteln wir den fairen Wert nochmal neu
- usw.
Dieses Vorgehen wiederholen wir so oft, bis beide Bewertungsverfahren (also Entity- und Equity-Verfahren) zum gleichen Ergebnis führen… Excel findet den Wert in der Regel quasi in Echtzeit.
Fall 2: Iterative Ermittlung von EK-Wert und WACC
Schauen wir uns den Iterationsprozess einmal für unser Beispielunternehmen an… glücklicherweise ist die Anzahl manueller Iterationsschritte in diesem Fall sehr überschaubar, sodass sich die Lösungsfindung noch sehr gut auch grafisch illustrieren lässt.
Iteration 1
Wir starten im ersten Schritt mit unserem “Best Guess” für den fairen EK-Wert, nämlich der Marktkapitalisierung in Höhe von 20 Mio. EUR.
Auf Basis dieser Marktkapitalisierung ermitteln wir zunächst ein Beta von 1,3 wie oben bereits dargestellt:
ßL = ßA + (ßA – ßD) x (1 – t) x D / E = 0,5 + (0,5 – 0,1) x 80% x 50 / 20 = 1,3
Die Eigenkapitalkosten ergeben sich daraus zu 8,0%:
EK-Kosten = RFR + ßL x MRP = 1,5% + 1,3 x 5,0% = 8,0%
Anschließend ermitteln wir noch die Kapitalkosten bzw. den WACC. Mit den entsprechenden Gewichtungsfaktoren erhalten wir einen Wert von 3,43%:
WACC = EK-Anteil x EK-Kosten + FK-Anteil x FK-Kosten = 20 / 70 x 8,0% + 50 / 70 x 1,6% = 3,43%
Hiermit können wir nun unsere Bewertung vornehmen und den fairen Wert des Eigenkapitals nach beiden Verfahren berechnen.
Entity-Verfahren:
Fairer Wert des EK = FCFF / EK-Kosten – Nettoverschuldung = 3,2 / 3,43% – 50 = 43 Mio. EUR
Equity-Verfahren:
Fairer Wert des EK = FCFE / EK-Kosten = 2,4 / 8% = 30 Mio. EUR
Wie ihr seht haben wir auch hier wieder eine substantiellen Abweichung zwischen den beiden Ergebnissen. Die alleinige Berücksichtigung des Debt Beta löst das Problem also noch nicht… wir benötigen auch die “richtigen” Gewichtungsfaktoren für die Ermittlung der Kapitalkosten.
Interessanterweise sind beide Ergebnisse außerdem substantiell höher, als die aktuelle Marktkapitalisierung (unser erster “Best Guess”).
Iteration 2
Im nächsten Schritt nutzen wir das Ergebnis der Bewertung nach dem Entity-Verfahren (die eben ermittelten ca. 43 Mio. EUR) für den nächsten Durchlauf.
Wie ihr sehen könnt, reduziert sich das Beta auf Basis der angepassten Kapitalstruktur nun substantiell (aufgrund des geringeren Debt-to-Equity Ratios fällt der Risikoaufschlag geringer aus):
ßL = ßA + (ßA – ßD) x (1 – t) x D / E = 0,5 + (0,5 – 0,1) x 80% x 50 / 43,33 = 0,87
Dem entsprechend reduzieren sich auch die Eigenkapitalkosten nochmal erheblich:
EK-Kosten = RFR + ßL x MRP = 1,5% + 0,87 x 5,0% = 5,8%
Aufgrund des höheren EK-Anteils in der Kapitalstruktur nehmen die Gesamtkapitalkosten trotz geringerer Eigenkapitalkosten leicht zu:
WACC = EK-Anteil x EK-Kosten + FK-Anteil x FK-Kosten = 43,33 / 93,33 x 5,8% + 50 / 93,33 x 1,6% = 3,57%
Anhand der Veränderung der Kapitalkosten für das Eigen- und Gesamtkapital können wir nun bereits erkennen, dass sich die Bewertungsergebnisse weiter annähern werden. Aufgrund der geringeren EK-Kosten wird der Wert auf Basis des Equity-Verfahrens höher ausfallen, als die zuvor ermittelten 30 Mio. EUR. Aufgrund des höheren WACC wird der Wert auf Basis des Entity-Verfahrens hingegen geringer sein, als die zuvor ermittelten 43 Mio. EUR.
Hier die Berechnung der aktualisierten fairen Werte für das EK für beide Verfahren:
Entity-Verfahren:
Fairer Wert des EK = FCFF / EK-Kosten – Nettoverschuldung = 3,2 / 3,57% – 50 = 39,6 Mio. EUR
Equity-Verfahren:
Fairer Wert des EK = FCFE / EK-Kosten = 2,4 / 5,8% = 41,1 Mio. EUR
Wie ihr sehen könnt, haben sich die Werte durch die Anpassung des EK-Werts (und damit des D / E Ratios und der Gewichtungsfaktoren) bereits substantiell angenähert.
Der bisher angewandten Logik folgend, führen wir die nächste Iteration konsequenterweise mit einem EK-Wert von 39,6 Mio. EUR durch.
Weitere Iterationen
Die Details dieser dritten und aller weiteren Berechnungen erspare ich euch hier allerdings. Stattdessen könnt ihr die wesentlichen Details bzw. Kennzahlen für die Iterationen drei bis fünf der folgenden Grafik entnehmen:
Wie ihr sehen könnt, dauert es noch ca. bis zur Iteration Nr. 5, bis die Bewertungsverfahren bis auf zwei Stellen hinter dem Komma zu identischen fairen Werten für das EK führen. Die Veränderungen an Kapitalstruktur bzw. Kapitalkosten bis dahin sind allerdings nur noch marginal.
In einem meiner nächsten Posts werde ich nochmal etwas konkreter darauf eingehen, wie wir diesen iterativen Prozess in Excel relativ einfach umsetzen können (hierfür gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten… wir können entweder die eingebaute “Iterationsfunktion” von Excel oder aber das bereits hier in der Vergangenheit einmal angerissene APV-Verfahren dafür nutzen).
Key Take Aways
In Ermittlung der Kapitalkosten im Rahmen der DCF-Bewertung in der Praxis basiert in der Regel auf einer Reihe von (teilweise inkonsistenten) Annahmen.
Unter anderem wird zwar für die Fremdkapitalgeber eine gewissen Risikoübernahme unterstellt (zu sehen am Risikoaufschlag auf die Risk-Free Rate), der Einfluss dieser Risikoübernahme auf das Risiko der Eigenkapitalgeber wird allerdings meist nicht berücksichtigt.
Viel wesentlicher ist allerdings, dass der WACC als wesentliche Inputgröße für die DCF-Bewertung an mehreren Stellen vom Ergebnis eben jener Bewertung abhängt.
Dieses so genannte Zirkularitätsproblem des WACC führt teilweise zu substantiellen Unterschieden der Ergebnisse von Equity- und Entity-Bewertungsverfahren, lässt sich aber mit einem iterativen Ansatz recht einfach lösen… insbesondere unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms wie Microsoft Excel.