Covenants in Kreditverträgen: Das müsst ihr darüber wissen!

Inhalt

Covenants analysieren

Im Rahmen der Covid-19 Pandemie sind Verletzungen der Covenants – das sind die über die Laufzeit und den Zinssatz hinausgehenden wesentlichen Klauseln in Kreditverträgen – an der Tagesordnung. Sofern nicht rechtzeitig im Vorfeld ein entsprechender Verzicht (ein “Waiver”) bzw. eine temporäre Anpassung der Covenants vereinbart wurde, geht ein Unternehmen unter Umständen in die technische Insolvenz (“Technical Default”) mit allen dazugehörigen Nachteilen sowohl für Anteilseigner als auch für Kreditgeber bzw. Banken.

Grund genug für mich, das Thema Covenants hier einmal etwas umfassender zu behandeln.


Was sind Covenants?

Covenants sind bestimmte, in Kreditverträgen hinterlegte Klauseln, mithilfe derer die Kreditgeber – meist Banken – ihr Ausfallrisiko begrenzen und sich unter bestimmten Voraussetzungen einen Durchgriff bzw. eine Einflussnahme auf das Unternehmen sichern können.

Kreditgeber sind, jedenfalls im Vergleich zu Equity-Investoren, in der Regel nämlich sehr vorsichtig und risikoavers, was vor allem auf das begrenzte Upside-Potenzial ihrer “Investments” auf der Einnahmenseite zurückgeführt werden kann… die monatlichen Zinszahlungen sind ja in der Regel vertraglich fest vereinbart und können nicht einfach angehoben werden.

 Fremdkapitalgeber fokussieren sich deshalb konsequenterweise verstärkt auf die Begrenzung ihres Downside-Risikos  und versuchen sicherzustellen, dass die festgelegten Zinszahlungen und Tilgungsleistungen auch mit hinreichender Sicherheit fließen.

Covenants haben daher typischerweise vier verschiedene Zwecke bzw. können in vier verschiedene Kategorien eingeteilt werden:

  1. Sicherstellung der “Rückzahlungskapazität” der Kreditnehmer
    In der Regel wird mindestens die mögliche Verschuldung des Unternehmens auf ein vertretbares Maß begrenzt. Darüber hinaus können so genannte “Leakages”, z.B. Verkäufe von Unternehmensteilen oder anderen Vermögenswerten, vertraglich unterbunden bzw. mindestens eingeschränkt werden. Die Sicherstellung der Rückzahlungskapazität deckt einen Großteil der so genannten finanziellen Covenants (“Financial Covenants”) ab
  2. Vermeidung von ungewollter Nachrangigkeit der Ansprüche des Kreditgebers
    Dieser Punkt ist vor allem für unbesicherte Kredite relevant. In einem solchen Fall lässt sich der Kreditgeber typischerweise über eine so genannte “Negative Pledge” Klausel garantieren, dass auch andere Kreditgeber keine Sicherheiten verbrieft bekommen. Wird z.B. ein Kredit an Corporate bzw. an die Holdinggesellschaft eines Unternehmens vergeben, dann beinhalten die Covenants oft eine Beschränkung der Verschuldung der operativen Geschäfte (z.B. Business Units oder Tochtergesellschaften), weil diese bei der Bedienung der Kredite aufgrund der größeren “Nähe zum Cash Flow” oft vorrangig behandelt werden
  3. Schutz gegen verschiedene Arten von Events
    Am bekanntesten ist hier die so genannte “Change of Control” Klausel. Für den Fall einer Übernahme lassen sich die Banken typischerweise einen Anspruch auf Rückzahlung bzw. auf Nachverhandlung der Kreditkonditionen zusichern. Auch für einen möglichen Exitus des Senior Managements könnte eine Regelung (z.B. die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung) im Kreditvertrag stehen
  4. Bereitstellung bestimmter Informationen an den Kreditgeber
    Mit der Unterzeichnung eines Kreditvertrages verpflichtet sich der Kreditnehmer (das Unternehmen) außerdem oft zur regelmäßigen Bereitstellung bestimmter Informationen. Dabei handelt es sich logischerweise meist um Finanzdaten, aber auch um so genannte “Covenant Compliance Certificates”. Das sind Dokumente, in denen das Unternehmen die Einhaltung der Covenants zu einem bestimmten Stichtag schriftlich versichert… oft ist für den Kreditgeber nämlich nur schwer nachzuvollziehen, ob die Covenants tatsächlich wie vereinbart eingehalten wurden oder nicht
Covenants - typische Kriterien / Kategorien

Covenants werden in der Regel zwischen den Parteien, also Banken und Unternehmen, ausverhandelt. In den letzten Jahren wurden allerdings – u.a. aufgrund des quasi unbegrenzt verfügbaren Kapitals – von Bankenseite zunehmend auch Zugeständnisse bzgl. der Covenants gemacht.

Die Verletzung eines Covenants ist aus technischer Sicht eine Vertragsverletzung (“technischer Default”), die es dem Kreditgeber erlaubt, bestimmte Veränderungen anzustoßen oder aber das Kapital zurückzufordern. Eine Rückforderung geht meist mit einem Insolvenzverfahren (ggf. allerdings auch in Eigenverwaltung) einher.

Zusammenfassend kann man also sagen: Die Covenants sind dazu gedacht, bestimmte Verhaltensweisen bei den Kreditnehmern sicherzustellen, um ein solches Insolvenzverfahren möglichst zu vermeiden.

Umgangssprachliche Kategorisierungen von Covenants

In Bezug auf das Thema Covenants gibt es eine Reihe inoffizieller Fachbegriffe (bzw. eher Klassifizierungen der Covenants in bestimmte “Schubladen”), die regelmäßig verwendet werden… nur damit ihr diese Begriffe einmal gehört habt und einordnen könnt, wenn sie euch über den Weg laufen.

Am weitesten verbreitet ist die Unterteilung in finanzielle und nicht-finanzielle Covenants (“Financial” versus “Non-financial” Covenants), wie ich sie auch in diesem Artikel verwende.

In Fachkreisen gibt es darüber hinaus aber noch weitere Klassifizierungen.

Zum einen wird manchmal unterschieden zwischen “Maintenance” Covenants und “Incurrence” Covenants:

  • Maintenance Covenants
    Das Einhalten bestimmter finanzieller Metriken, vor allem Ratios bzw. die Festlegung von Untergrenzen für “gute” Dinge wie Gewinne, Cash Flows, Liquidität und die Festlegung von Obergrenzen / Höchstwerten für “schlechte” Dinge wie Leverage, Gesamtverschuldung etc. Diese Covenants werden typischerweise zu jedem Bilanzstichtag überprüft
  • Incurrence Covenants
    Festlegen bestimmter Limits, z.B. bzgl. Assetverkäufen, Dividendenzahlungen, zusätzlicher Schuldenaufnahme, Vergabe von Garantien etc.

Zum anderen begegnet man schonmal einer Einteilung in “positive” versus “negative” Covenants:

  • Positive Covenants: Der Kreditnehmer muss bestimmte Dinge sicherstellen
  • Negative Covenants: Der Kreditnehmer muss bestimmte Dinge vermeiden

Obwohl nicht offiziell, ist die Logik hinter den Einteilungen leicht nachvollziehbar, sodass es eigentlich keine größeren Unklarheiten geben sollte, was im Zweifel gemeint ist.


Wesentliche finanzielle Covenants

Wenn wir uns einmal auf die wesentlichen finanziellen Covenants fokussieren, dann lassen sich diese ebenfalls gut in verschiedene Kategorien einsortieren:

  • Leverage Ratios / Covenants – gemischte Bilanz und P&L Ratios
  • Coverage Ratios – z.B. Interest Coverage (Zinsdeckung) und FCC (Fixed Charge Coverage) bzw. Cash Flow Coverage Ratios
  • Net Worth Covenants – Fokus auf für eine mögliche Liquidation zur Verfügung stehende Vermögenswerte
  • Working Capital und Liquditätskennzahlen – eher selten, z.B. Current Ratio oder Quick Ratio
  • CapEx Ratios / Baskets – maximale Investitionen, beinhaltet ggf. auch M&A-Restriktionen
  • Andere Ratios

Eine Begrenzung des Financial Leverage und / oder des Interest Cover sind heutzutage in so gut wie allen Kreditverträgen enthalten (d.h. wenn Covenants hinterlegt sind, dann sind diese meist mit dabei). Eine tiefergehende Übersicht findet ihr auch in meinem separaten Artikel zu den Financial Covenants.

Übersicht wesentlicher Financial Covenants

Leverage und Interest Cover sind darüber hinaus wesentliche Inputfaktoren für die Bottom-up Abschätzung der Fremdkapitalkosten.

Da sowohl die Leverage Ratios als auch die Coverage Ratios eine Cash Flow Komponente besitzen, spricht man hier auch vom so genannten  Cash Flow Lending.  Einfach ausgedrückt bemisst die Bank ihre Kreditvergabe also danach, wie viel Cash Flow regelmäßig für die Zahlung der Zinsen und die Rückführung des Kreditbetrages (die Tilgung) zur Verfügung steht… und sorgt mithilfe entsprechender Covenants dafür, dass ein ausreichender Puffer zwischen operativem Cash Flow und Zins- und Tilgungszahlungen besteht.

Dies steht etwas im Gegensatz zur früheren Praxis, in der vornehmlich auf die für eine mögliche Liquidation zur Verfügung stehenden (physischen) Vermögenswerte geschaut wurde: Das so genannte  Asset Lending . Gänzlich ausgestorben ist das Asset Lending zwar noch nicht. Heute kommt es jedoch meist nur dann zum Einsatz, wenn ein Unternehmen über signifikante physische Vermögenswerte verfügt (es sich z.B. um ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes, ein Chemieunternehmen o.Ä. handelt). In diesem Fall kann aus Covenant-Sicht ein höheres Gewicht auf diese Assets gelegt werden (z.B. durch die Nutzung eines Net Worth Ratios, wie des Financial Gearing oder des Debt/Equity Ratios).

Durch das Aufkommen digitaler Geschäftsmodelle gibt es heute viele Unternehmen, die mit einer sehr geringen Kapitalintensität (also mit nur wenigen physischen Vermögenswerten) einen signifikanten Cash Flow erwirtschaften. Aus diesem Grund ist eine Festlegung von Kreditsummen, Zinssätzen, etc. auf Basis von physischen Sicherheiten heute bei vielen Unternehmen nicht mehr besonders zielführend. Stattdessen wird über die Covenants eher ein ausreichendes Cash Flow Niveau abgesichert.

Im Folgenden möchte ich einmal kurz auf die wesentlichen Ratios und Kennzahlen eingehen.


Leverage Ratios

Bei den Leverage Ratios handelt es sich um eine Kombination aus Bilanz- und P&L-Kenngrößen. Das wesentliche Ratio ist das so genannte Financial Leverage, in dem die Gesamt- oder Nettoverschuldung (je nach Definition, nach meiner Erfahrung wird meist die Nettoverschuldung verwendet) in Bezug zum EBITDA gesetzt wird:

Total Debt / EBITDA = Gesamtverschuldung (kurz- und langfristige) / Adjusted EBITDA  (vor Sondereffekten)
Senior Debt / EBITDA = (Gesamtverschuldung – Convertible Notes – Redeemable Prefs – Nachrangschulden) / Adjusted EBITDA (vor Sondereffekten)

Der EBITDA, also der Gewinn von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation wird hier als Proxy (also als Annäherung) für den operativen Cash Flow verwendet. Die Definition des EBITDA richtet sich dabei nach den unternehmens-spezifischen Anforderungen (bzw. den Anforderungen der Banken). Meistens wird mindestens eine Korrektur einzelner Sondereffekte, ggf. aber auch eine Anpassung für relevante Off-Balance Sheet Items vorgenommen.

Leverage Ratio Berechnung

Berechnungslogik des Financial Leverage

Im Grunde genommen wird also die Verschuldung als ein Vielfaches des operativen Cash Flows bzw. EBITDAs dargestellt. Bzgl. der Einordnung gilt dem entsprechend:  Je höher die Verschuldung im Verhältnis zum Cash Flow, desto höher das finanzielle Risiko. 

Allerdings gibt es darüber hinaus noch eine Abhängigkeit vom Geschäftsmodell bzw. vom Geschäftsrisiko, im Englischen oft als “Business Risk” oder “Operational Risk” bezeichnet. Ein Unternehmen mit einem sehr stabilen Cash Flow Profil, z.B. ein Vermieter von Wohnimmobilien wie Vonovia, kann sich in der Regel eine höhere Verschuldung “leisten”, als z.B. ein zyklisches Unternehmen aus der Chemiebranche wie BASF.

Wenn ihr den Zusammenhang zwischen Geschäftsrisiko und Finanzrisiko sowie den resultierenden Grenzwerten für Leverage- und Coverage-Ratios besser verstehen möchtet, dann empfehle ich euch meinen Artikel zur Standard & Poor’s Rating Matrix bzw. zur Entstehung eines Credit Ratings… falls ihr es eher unübersichtlich mögt und ihr ein Faible für Details habt, könnt ihr euch auch direkt das entsprechende ca. 80-seitige Dokument von S&P (die Credit Methodology) durchlesen. 🙂

Trotz der Abhängigkeit vom Geschäftsrisiko werden oft ein paar Daumenregeln für das Financial Leverage genannt (in Abhängigkeit davon, ob ein Unternehmen ein Investment Grade Rating benötigt oder nicht). Diese groben Richtwerte für die Maximalverschuldung möchte ich euch hier natürlich nicht vorenthalten:

Net Debt / EBITDA Richtwerte
  • Investment Grade: ca. 2 bis 3x EBITDA je nach Branche
  • Non-Investment Grade: ca. ~4x EBITDA
  • Private Equity Investor: ca. 6-7x EBITDA

Diese Richtwerte repräsentieren aus meiner Sicht eher die Untergrenze des (aktuell) Erlaubten. Bei einem stabilen Geschäftsmodell mit sehr gut prognostizierbaren Cash Flows und gleichzeitig sehr niedrigen Fremdkapitalzinsen sollten die Banken durchaus noch eine etwas höhere Verschuldung akzeptieren.


Coverage Ratios

Kreditgeber verlangen vom Kreditnehmer in der Regel die Einhaltung eines Mindest-Cash Flow Niveaus in Relation zu bestimmten Aufwendungen, im speziellen den regelmäßigen Zins- und ggf. auch Tilgungszahlungen.

Im Gegensatz zu den Leverage Ratios handelt es sich bei den so genannten Coverage Ratios deshalb um reine P&L bzw. Cash Flow Ratios, d.h. es wird ausschließlich die Fähigkeit des Unternehmens zur Zahlung von Zinsen oder Kreditraten aus dem operativen Cash Flow heraus betrachtet. Die Gesamtverschuldung ist in diesem Kontext erstmal irrelevant.

Weil die Coverage Ratios eine Verschuldungskapazität auf Basis der Profitabilität und den aktuellen Zinsumfelds festlegen, ergänzen sie sich gut mit den Leverage Ratios.

Die Coverage Ratios werden typischerweise auf Basis des EBITDA (oft als Cash Flow Proxy verwendet), des Betriebsergebnisses (EBIT) oder direkt auf Basis des Cash Flows ermittelt.

Typischerweise werden drei verschiedene Ebenen der Deckung definiert, die gewissermaßen unterschiedlich hohe Sicherheitsanforderungen ausdrücken:

  • Zinszahlungen (Brutto, Netto, Senior/Junior)
  • Kreditraten (Zins und Tilgung)
  • “Fixed Charges” (Kreditraten, Investitionen, Miet- und Leasingzahlungen)

Die Deckung der Zinszahlungen stellt logischerweise die geringsten Anforderungen an den Cash Flow, reflektiert aber gleichzeitig auch die Flexibilität eines Unternehmens, im Falle des Falles z.B. CapEx zu kürzen und regelmäßige Tilgungen auszusetzen (in Absprache mit den Kreditgebern natürlich).

Hier einmal ein paar Definitionen typischer Interest Cover und Fixed Charge Cover Ratios:

Cash Flow und Interest Cover

  • EBIT(DA) / Zinsaufwand
  • EBIT(DA) / Zinsaufwand auf Senior Debt
  • EBIT(DA) / Zinsergebnis bzw. Nettozinsaufwand
  • (EBITDACapEx) / Zinszahlungen

Fixed Charge Cover

  • Debt Service Cover Ratio
  • CFADS (Cash Flow Available for Debt Service) / Kreditrate
  • Fixed Charge Cover: EBITDA / Fixed Charges (es gibt eine ganze Reihe an Definitionen für die “Fixed Charges”), z.B. können Leasingzahlungen – falls relevant bzw. substantiell – als “Fixed Charges” berücksichtigt werden

Ich denke die Berechnung der Interest Coverage Ratios ist relativ klar. Zur weiteren Erläuterung hier aber auch nochmal eine mögliche Berechnungslogik der Fixed Charge Cover Ratios (die genaue Definition ist wie gesagt sehr von der jeweiligen Situation und den Vertragspartnern abhängig):

Debt Service Cover = Net Cash Flow from Operations / (Zinsaufwand + Kurzfristig fällige Schulden)
CFADS / Total Debt Service = (CFO – CapEx – Dividenden) / (Zinsaufwand + Kurzfristig fällige Schulden)
Fixed Charge Cover = EBITDA (+ Leasingzahlungen) / Fixed Charges (+ Leasingzahlungen)

Im Gegensatz zu den Leverage Ratios gilt hier die umgekehrte Logik:  Je niedriger das Ratio, desto höher das unterliegende Kreditrisiko


Net Worth Covenants

Bei den so genannten Net Worth Covenants handelt es sich um einen eher traditionellen Ansatz, in dem die Gedamtverschuldung zum so genannten Net Worth bzw. dem Tangible Net Worth in Beziehung gesetzt wird:

  • Gesamtverschuldung / Total Net Worth (z.B. Eigenkapital bzw. Equity)
  • Gesamtverschuldung / Tangible Net Worth (z.B. Equity korrigiert um Goodwill und ggf. andere immaterielle Vermögenswerte)

Net Worth Covenants wie das Debt / Equity Ratio oder das Financial Gearing werden oft auch als “Health Check” der Bilanz verwendet, werden aber wie gesagt heutzutage immer seltener eingesetzt.

Neben der oben angesprochenen Veränderung der Geschäftsmodelle stellt die Unsicherheit bzgl. der tatsächlichen Höhe des Eigenkapitals auf der Bilanz eine weitere Hürde für die Nutzung der Net Worth Ratios dar… das bilanzielle EK ist ja eine eher theoretische Größe, weil es weder mit der Fähigkeit des Unternehmens zur Cash Flow Generierung, noch zum Marktwert des Eigenkapitals korrespondiert.


Working Capital- und Liquditätskennzahlen

Liquiditätskennzahlen werden nur in sehr seltenen Fällen als Covenants in Kreditverträgen verwendet. Sie kommen im Wesentlichen in Situationen zum Einsatz, in denen der Kreditgeber kurzfristig eine ausreichende Liquidität sicherstellen muss (und in der die Verschuldungssituation etwas in den Hintergrund tritt).

Die drei wesentlichen Ratios in diesem Zusammenhang sind Current Ratio (Liquidität 3. Grades), Quick Ratio (Liquidität 2. Grades) und Trading Ratio:

Current Ratio = Kurzfristige Vermögenswerte / Kurzfristige Verbindlichkeiten
Quick Ratio = Kurzfristige Vermögenswerte – Lagerbestand / Kurzfristige Verbindlichkeiten
Trading Ratio = Kundenforderungen + Lagerbestand / (Lieferantenverbindlichkeiten + kurzfristig zahlungswirksame Rückstellungen + Revolving Credit Facility)

Ein typischer Anwendungsfall für eine zeitliche begrenzte Nutzung von Working Capital- bzw. Liquiditätskennzahlen könnte eine Wirtschaftskrise wie z.B. die Corona-Krise sein. In einer solchen Krise könnten Liquiditätsanforderungen an die Stelle der typischen Leverage- und Coverage-Covenants treten, weil für diese in vielen Fällen mittels eines Waivers eine Aussetzung vereinbart werden muss.


CapEx, M&A und andere Covenants

Covenants mit Bezug auf die Begrenzung von Investitionen (CapEx), M&A Transaktionen oder auch Dividendenzahlungen sind aus Bankensicht vor allem dazu gedacht, in finanziell heiklen Situationen unkontrollierbare Mittelabflüsse zu vermeiden.


Wie finanzielle Covenants festgelegt werden

Die Festlegung der Covenants durch die Banken erfolgt in der Regel in vier bzw. fünf Schritten:

  1. Umfassende Kreditanalyse (diese beinhaltet den Aufbau von relevantem Wissen über Unternehmen, Branche und operatives Leverage)
  2. Auswahl der am besten geeigneten und relevantesten Covenants (2-3 sorgfältig ausgewählte Covenants sollten in der Regel ausreichen, um für den Kreditgeber einen guten Schutz zu garantieren)
  3. Sensitivitätsanalyse über den gesamten Wirtschafts- bzw. Geschäftszyklus
  4. Festlegung der eigentlichen Covenants (typischerweise ca. 15-20% unterhalb der aktuellen oder prognostizierten Performance)
  5. Monitoring und ggf. Anpassen der Covenants (soweit erforderlich)

Kreditanalyse

Typischerweise gehen Banken bzw. Kreditanalysten ganz ähnlich vor wie die Kollegen auf der Equity-Seite, d.h. sie analysieren Bilanz, GuV und Cash Flows Statements, schauen sich Geschäftsmodelle und Wettbewerbsvorteile an usw. Oft erstellen sie sich auf Basis der Zahlen des Managements ein eigenes Szenario:

Vorgehen im Rahmen der Kreditanalyse

Beispielhaftes Vorgehen im Rahmen der Kreditanalyse

Ziel dieser Übung ist es, ein genaues Verständnis über das dem Geschäftsmodell zu Grunde liegende operative Risiko zu erhalten und die Covenants diesen Risiken entsprechend auszuwählen. Ein hohes operatives Risiko erfordert strengere Regeln bzgl. Verschuldung und Cash Flow Deckung und vice versa.


Auswahl der Covenants

In der Regel können sich Kreditgeber mir nur zwei oder drei gut ausgewählten Covenants (z.B. Financial Leverage, FCC und Trading Ratio) sehr gut absichern. Voraussetzung ist allerdings eine solide Kreditanalyse und ein gutes Verständnis über die wesentlichen Risiken des Geschäftsmodells.

Die Auswahl der Covenants erfolgt dann auf zwei Ebenen:

“Standard Package”

  • Leverage (Debt / EBITDA) und / oder Gearing (Net Debt / Equity)
  • Coverage Ratios (Zinsdeckung oder Cash Flow Cover)

Ergänzende branchen-spezifische Covenants

  • Schnell-wachsende Branche: FCC, CapEx Ratios plus CapEx Baskets
  • Unsicheres Working Capital: Quick Ratio

Sensitivitätsanalyse

Abschließend wird in vielen Fällen noch eine Sensitivitätsanalyse über einen gesamten Wirtschafts- bzw. Geschäftszyklus durchgeführt, um die wesentlichen Triggerpunkte für einen möglichen Kreditausfall zu eruieren.

Im Grunde genommen geht es darum, zu verstehen, was genau schieflaufen muss, um einen Kreditausfall bzw. eine Insolvenz unausweichlich zu machen.

Ein Test über einen gesamten Wirtschafts- bzw. Geschäftszyklus ist gerade bei zyklischen Unternehmen mit einem erhöhten operativen Risiko (Geschäftsrisiko) mit einem volatilen Cash Flow Profil relevant.


Festlegung der Grenzwerte

Die Festlegung der Grenzwerte für die Covenants erfolgt anschließend vor dem Hintergrund eines möglichen Turnarounds. Das heißt etwas konkreter, dass die Covenants nicht erst dann greifen sollen, wenn es bereits zu spät ist und ein Kreditausfall bzw. eine Insolvenz unter Umständen nicht mehr vermieden werden kann.

Eine falschen Festlegung der Covenants können für die Bank nämlich sehr ungünstig auswirken… und das gilt für Abweichungen in beide Richtungen:

  • Wenn die Covenants zu früh greifen, dann führt das zu einer erhöhten Ressourcenbindung auf Bankenseite (es müssen unnötige Waiver-Diskussionen mit dem Management geführt und ggf. weitere Analysen durchgeführt werden)
  • Wenn die Covenants erst zu spät greifen, ist eine Insolvenz inkl. folgender Liquidation oft nicht mehr abzuwenden

Aus diesem Grund werden die Grenzwerte der Covenants üblicherweise ca. 15-20% unterhalb des Basis-Szenarios – aber noch nicht in der Nähe des absoluten Downside-Cases – festgelegt:

Festlegung von Covenants

Monitoring

Die Kreditverträge enthalten typischerweise auch Festlegungen darüber, zu welchen Stichtagen die Kennzahlen des Unternehmens auf die Einhaltung der Covenants hin geprüft werden müssen.

In diesem Zusammenhang gibt es für unsere Belange ein paar Aspekte von Interesse:

  • Unter normalen Umständen, d.h. z.B. für Unternehmen mit geringen saisonalen Einflussfaktoren und einem Investment Grade Rating, findet die Prüfung der Covenants in der Regel einmal jährlich zum Geschäftsjahresende statt
  • Für Unternehmen mit einem schlechteren Rating behalten sich die Banken eine halbjährliche Überprüfung der Covenants vor (was ggf. signifikante Implikationen für die Unternehmen hat, man denke nur an die in vielen Unternehmen durchgeführten Jahresendmaßnahmen)
  • Für Unternehmen mit stark saisonalen Geschäftsmodellen werden die Covenants ggf.  zum Zeitpunkt des stärksten Drucks auf den Cash Flow (d.h. außerhalb der Saison) überprüft

Alles in allem ist ein kontinuierliches Monitoring der Unternehmenskennzahlen und ein frühzeitiges Aufdecken problematischer Entwicklungen aus Bankensicht essentiell. Wie ihr sehen könnt, werden die Monitoringmaßnahmen in der Regel flexibel an die entsprechende Situation angepasst.


Folgen einer Covenant-Verletzung

Der letzte Ausweg der Kreditgeber besteht im Falle einer Covenant-Verletzung darin, den Kredit fällig zu stellen und eine unmittelbare Rückzahlung der Kreditsumme einzufordern. Das typisches Resultat dieses Vorgehens ist allerdings die technische Zahlungsunfähigkeit (= technische Insolvenz oder technischer Default) des Unternehmens und die Einleitung eines Insolvenzverfahren (mit anschließender Liquidation).

In den meisten Fällen führt dieses Szenario allerdings nicht zum bestmöglichen Ergebnis. Zum einen ziehen sich Liquidationsverfahren in den meisten Fällen recht lange hin, zum anderen sind diese in der Regel recht teuer.

Aus diesem Grund besteht die beste Option für den Kreditgeber meist darin, mit dem Unternehmen daran zu arbeiten, einen möglichst großen Betrag zu sichern und langfristig zurückzuführen. Dieses Vorgehen erfordert einige Zugeständnisse seitens der Banken im Hinblick auf die vertraglichen Vereinbarungen. Vor allem kommen die folgenden Anpassungen in Betracht:

  • ein (zeitlich befristeter) Verzicht auf Einhaltung der Covenants. Dies ist relevant, wenn bestimmte Höchstgrenzen, z.B. beim CapEx, vereinbart wurden
  • eine (zeitlich befristete) Anpassung der Covenant-Levels
  • die Anpassung von Fälligkeiten, Zinssätzen oder anderen Vertragsbestandteilen (z.B. eine Ergänzung von Liquiditäts- bzw. Working Capital Covenants) im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines konkreten Aktionsplans (oft in Zusammenarbeit mit einem internen “Recovery Team” oder einem externen Restrukturierungsberater)

Vertraglich ist das oft so geregelt, dass das Unternehmen bereits im Vorfeld einer Covenant-Verletzung mit einem so genannten Waiver Request (inkl. eines Vorschlags für einen Penalty oder eine Kompensation) auf die Bank zugehen muss. Die Bank muss dann die Ursache der Covenant-Verletzung herausfinden und entsprechend mit dem Unternehmen verhandeln.

Größere und wichtigere Unternehmen (Kunden) kommen dabei tendenziell mit geringeren Fees / Penalties davon, als kleine Mittelständler.


Key Take Aways

Covenants sind bestimmte, in Kreditverträgen hinterlegte Klauseln, mithilfe derer die Kreditgeber – meist Banken – ihr Ausfallrisiko begrenzen und sich unter bestimmten Voraussetzungen einen Durchgriff bzw. eine Einflussnahme auf  das Unternehmen sichern können.

Die Möglichkeit der Einflussnahme dient den Banken vor allem anderen dazu, die spätere Rückzahlung des dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Kreditbetrages sicherzustellen.

Covenants sind deshalb in der Regel so designt, dass ein bestimmtes Verschuldungsniveau nicht überschritten und ein gewisses Cash Flow Niveau (in Relation zu den Zins- und Tilgungszahlungen) nicht unterschritten werden kann.

Da eine Verletzung der Covenants quasi unmittelbar eine technische Insolvenz nach sich zieht, sind sowohl die richtige Festlegung der Covenants (nicht zu restriktiv, aber auch nicht zu locker) als auch die frühzeitige Aufnahme von Gesprächen hinsichtlich der Einleitung von Gegenmaßnahmen (u.a. Waiver-Requests seitens des Unternehmens) essentiell.


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