Im Monat April fanden gleich zwei Veranstaltungen mit Fokus auf deutsche Small-Cap Unternehmen statt. Zunächst mal gab’s am 22. April das erste Platow Börsenforum, bei dem in diesem Jahr sieben Unternehmen ihre Strategien und Ziele präsentierten. Dann fand am 28. und 29. April 2020 außerdem die zweitägige Münchner Kapitalmarktkonferenz MKK mit ca. 25 Unternehmenspräsentationen statt. Potenziell also viel neuer Input zu interessanten Unternehmen.
Analog zu meinen bisherigen Berichten zum deutschen Eigenkapitalforum möchte ich hier nur auf ein paar wenige interessante Unternehmen eingehen und die aus meiner Sicht wesentlichen Take Aways mit euch teilen. (Ich muss aber dazu sagen, dass ich mir nicht alle Vorträge anhören konnte und deshalb kein komplettes Bild habe).
Grundsätzliches zur Konferenz
Wie ihr euch bereits denken könnt, musste sowohl das Platow Börsenforum als auch die Münchner Kapitalmarktkonferenz in diesem Jahr aufgrund des Lockdowns in Folge der Corona-Pandemie auf ein Online-Format umgestellt werden.
Platow nutzte die Software Zoom für die Durchführung der Videokonferenz, was die ganze Veranstaltung etwas persönlicher und interaktiver gestaltete. Durch die geringe Anzahl an präsentierenden Unternehmen und den dadurch etwas großzügiger gestalteten Zeitplan war außerdem jeweils eine abschließende Q&A-Session möglich.
Die Organisation des Online-Events der MKK wurde von der EQS Group durchgeführt. Aufgrund des sehr engen Zeitplans gab es hier leider keine anschließende Frage & Antwort-Runde.
Grundsätzlich fand ich beide Formate aber sehr gut, wobei die Präsentationen der MKK leider öfter mal eingefroren waren während der Ton normal weiterlief. Ob das an meiner Internetverbindung lag oder ob es da ein anderes technisches Problem gab weiß ich natürlich nicht. Jedenfalls wäre eine Verteilung der Präsentationen im pdf Format im Vorfeld ganz hilfreich gewesen.
Wenn man nun mal davon absieht, dass es online natürlich keine Möglichkeiten zum Netzwerken und zum Austausch mit anderen Investoren gibt, sehe ich einen großen Vorteil des Online-Formats vor allem darin, dass man sich einfacher Notizen machen bzw. einige Punkte mitschreiben kann (auch auf dem Rechner). Ich glaube, dass zukünftig eine Kombination aus On- und Offline-Formaten ganz gut funktionieren könnte.
29. Münchner Kapitalmarktkonferenz: Spannende Unternehmen
Ich möchte euch im Folgenden einmal drei aus meiner Sicht sehr spannende Unternehmen mit sehr guten Wachstumsperspektiven vorstellen: Die EQS Group, die DFV Deutsche Familienversicherung und die Deutsche Fachmarkt AG (DEFAMA). Es geht hier also um die Digitalisierung regulatorischer und versicherungstechnischer Prozesse sowie um das Thema Immobilien.
Wie immer aber der Disclaimer vorab: Über die Präsentation bei der MKK bzw. beim Platow Börsenforum hinaus habe ich mich mit den Unternehmen noch nicht wirklich beschäftigt (Ausnahme ist hier die DEFAMA).
Also fangen wir einmal an.
EQS Group AG
Die EQS Group ist bereits seit ca. 10 Jahren bei der MKK vertreten und ist einer der Pioniere im Bereich Investor Relations. Heute ist das Unternehmen global aufgestellt und bedient ca. 2500 Kunden mit Investor Relations-Lösungen, wobei EQS hierbei von drei globalen Trends profitiert:
- der Digitalisierung (vor allem der Investorenkommunikation, aber natürlich auch der ganzen damit in Zusammenhang stehenden Workflows)
- strengeren Regulierungsvorschriften seit der Finanzkrise
- der andauernden Globalisierung
Ganz schön an dem Geschäftsmodell ist die Tatsache, dass es sich bei ca. 80% der Umsätze um wiederkehrende Umsätze handelt. Diese resultieren größtenteils aus den Nutzungsgebühren für das Investor Relations Cockpit (die wesentliche SaaS Lösung der EQS Group), dem Hosting von IR-Webseiten und der Durchführung von (Online-)Events wie Hauptversammlungen und Konferenzen. Die restlichen 20% werden typischerweise mit dem Setup bzw. der Einrichtung der Software verdient.
In die Kernsoftware (das “Cockpit”) wurde im Zeitraum zwischen 2017 und 2019 stark investiert, sodass nun zusätzlich eine CRM-Lösung, eine Shareholder-Suche und ein automatisierter Mailversand in das Cockpit integriert sind.
Die Investitionen wurden weitgehend aus dem eigenen operativen Cash Flow getätigt, was die Profitabilität über diesen Zeitraum ziemlich nach unten gedrückt hat. Dieses Tal ist aber nun laut Aussage von CFO André Marques durchschritten, weshalb der Aufwand in den kommenden Jahren nur unterproportional wachsen wird. Gleichzeitig wird der ARR (der Annual Recurring Revenue) je Kunde durch den umfangreichen Ausbau der Lösung signifikant zunehmen (von ca. 28.000 EUR bisher auf zukünftig ca. 45.000 EUR pro Jahr). Dies allein sollte zu einem zukünftigen Wachstum von ca. 10-20% führen.
Weiteres Wachstumspotenzial steckt außerdem in dem in 2016 gestarteten Geschäft im Bereich Corporate Compliance. Hier arbeitet EQS aktuell an der Entwicklung eines zur IR-Lösung vergleichbaren Cockpits. Für das Jahr 2020 ist der globale Launch der Module “Policy Manager” und “Approval Manager” (hier geht es um die Bereitstellung von Workflows für Bewirtung, Geschenke etc.) vorgesehen. EQS sieht hier in den kommenden Jahren ein Wachstumspotenzial von 20-30% pro Jahr, unter anderem auch deshalb, weil zum ersten Mal auch nicht-börsennotierte Unternehmen als Kunden in Frage kommen.
Insgesamt plant EQS für 2020 mit einem Umsatzwachstum zwischen 10 und 20% (was ca. 320 bis 400 neuen Kunden entspricht) und einem EBITDA-Niveau von 2,5 bis 4,5 Mio. EUR.
DFV Deutsche Familienversicherung AG
Die DFV Deutsche Familienversicherung AG wurde im Jahr 2007 durch Stefan Knoll gegründet. Die DFV ist bereits Knolls dritte Gründung im Versicherungsumfeld. Urprünglich startete Knoll seine Karriere einmal bei der Allianz.
Bei der DFV handelt es sich eigentlich um ein InsurTech Unternehmen, die DFV präferiert aber den Begriff digitalisierte Versicherung. Die DFV deckt alle typischen Aktivitäten einer klassischen Versicherungsgesellschaft von der Produktentwicklung bis hin zur Schadenabwicklung ab. Mit ihrem Angebot ist die DFV regelmäßig Testsieger bei Stiftung Warentest.
Aktuell hat die Versicherung ca. 500.000 Verträge under Management, ein Prämienvolumen von ca. 100 Mio. EUR und ca. 120 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Zeichen stehen allerdings auf Wachstum. Mithilfe einer innovativen Personalgewinnungskampagne (jeder Bewerber, der zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, bekommt 500 EUR auf die Hand) möchte die DFV 50 weitere Mitarbeiter gewinnen.
Dies alles dient dem Ziel, das geplante Wachstum auf 200 Mio. EUR Prämienvolumen bzw. 1.000.000 Kunden zu erreichen. Aktuell ist das Unternehmen dazu in der Lage ca. 100.000 Neukunden pro Jahr zu akquirieren, was einem Prämienvolumen von. ca. 25 Mio. EUR entspricht… und ca. 30 Mio. EUR an Investitionen erfordert.
Das Geschäftsmodell der Deutschen Familienversicherung ist im Grunde genommen recht einfach erklärt. Die DFV fokussiert sich auf ein ganz simples Produktangebot (die so genannte 16-er Matrix, erstattet werden je nach gewähltem Tarif 40, 70, 90 oder 100% aller Leistungen), was die Voraussetzung für eine vollumfängliche Digitalisierung der Versicherung darstellt und Abschlussstrecken von ca. 12 Minuten (wenn ich das richtig abgespeichert habe) ermöglicht. Die Bezahlung etc. ist unkompliziert über die üblichen Tools (z.B. Amazon Pay) möglich. Im Resultat sind bereits in den historischen Zahlen deutliche Skaleneffekte erkennbar (auf Basis Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung).
Die aktuelle Wachstumsprognose basiert unter anderem auch auf der Entwicklung CareFlex. Hierbei handelt es sich um eine arbeitgeberfinanzierte Zusatzpflegeversicherung, die aufgrund der Verankerung im Tarifvertrag bald in der gesamten deutschen Chemieindustrie ausgerollt werden soll (Henkel war hier in 2019 der Pilotkunde und für einen Großteil des Wachstums im ersten Quartal verantwortlich). Die DFV hält einen Anteil von 35% an CareFlex. Die weiteren Partner sind die R+V Versicherung und die Barmenia.
Die Auswirkungen von Corona sind laut CEO Knoll recht überschaubar. Ca. 80% der Mitarbeiter befinden sich aktuell im Home Office, was aber aufgrund der Komplettausstattung mit Notebooks und VPN-Zugängen keinerlei Auswirkungen auf die Produktivität hat (bei vielen relevanten Wettbewerbern aber offenbar schon). Auch im Versicherungsgeschäft selbst sind bisher keine größeren negativen Einflüsse entstanden.
DEFAMA
Die DEFAMA – die Deutsche Fachmarkt AG – hatte ich auf DIY Investor ja bereits hier und da einmal erwähnt (z.B. in der Beschreibung der wesentlichen Bewertungskennzahlen für Immobilien-AGs und REITs).
Die DEFAMA ist mit aktuell 38 Objekten im Portfolio und einer annualisierten Nettokaltmiete von ca. 13,2 Mio. EUR einer der größten Vermieter von Fachmarktzentren in Deutschland. Das Unternehmen, welches größtenteils in kleinen bis mittelgroßen Städten in Nord- und Ostdeutschland aktiv ist, zählt vor allem bonitätsstarke Anbieter von Produkten des täglichen Bedarfs – wie z.B. Aldi, Lidl, Rossmann, dm oder toom – zu seinen Mietern, wobei jedoch kein Mieter in Summe mehr als ca. 10-15% der Gesamtmieteinnahmen ausmacht.
Die Abhängigkeit dieser Unternehmen von Wirtschaftskrisen sowie auch der Wettbewerbsdruck durch den Online-Handel sind also tendenziell als eher gering einzustufen, weshalb sich auch das Risiko von Mietausfällen für die DEFAMA in Grenzen halten sollte.
Mit ihrem Geschäftsmodell erzielt die DEFAMA Eigenkapitalrenditen im zweistelligen Bereich, was unter anderem auf die günstigen Einkaufskonditionen zurückgeführt werden kann: Die Kaufpreise für die letzten Objekte bewegten sich irgendwo zwischen der 7-fachen und der 11,5-fachen Jahresnettomiete.
Darüber hinaus scheint die DEFAMA recht kostenbewusst zu agieren. Es gibt keine externe IR-Agentur, keine größeren Büroräumlichkeiten etc. Die Immobilien werden in speziellen Objektgesellschaften gehalten und sind damit von der Gewerbesteuer befreit (Stichwort Vermögensverwaltende GmbH).
Hier noch ein paar weitere aktuelle Kennzahlen:
- FFO aktuell bei 4,6 Mio. EUR
- WALT: 4,3 Jahre
- Vermietungsquote: 96,5%
- Zinssatz im Durchschnitt: 2,3%
- Durchschnittliche Zinsbindung: 7,5 Jahre, Finanzierung über lokale Banken/Sparkassen
- LTV: 60,5%
Im aktuellen Setup ist die DEFAMA laut CEO Matthias Schrade in der Lage ca. 7-8 neue Objekte pro Jahr zu erwerben. (Für das laufende Jahr ist auf dieser Basis ein FFO von 5,7 Mio. EUR geplant und bestätigt). Zum Vergleich: Im Zielgebiet Ostdeutschland sind grob zwischen 5.000 und 10.000 relevanter Objekte verfügbar. Auch bei den Finanzierungsoptionen sieht Schrade keine größeren Einschränkungen: Finanzierungsangebote werden weiterhin ausgestellt, Auswirkungen der Coronakrise nicht negativ gewertet. Für die Akquisition weiterer Objekte steht außerdem eine Liquidität von ca. 5 Mio. EUR zur Verfügung.
Die Resilienz des Geschäftsmodells wird im Rahmen der aktuellen Coronakrise deutlich: Für den Monat April 2020 sind mehr als 80% der Mietzahlungen wie gewohnt eingegangen, der Rest wurde erstmal gestundet (also kein Ergebniseffekt, sondern nur ein Cash-Effekt im laufenden Jahr!), wobei größtenteils bereits konkrete Rückzahlungsvereinbarungen getroffen wurden. Trotzdem hat die DEFAMA – in Übereinstimmung mit den Banken – sicherheitshalber die Tilgungszahlungen ihrer Kredite für sechs Monate ausgesetzt.
Disclaimer
Disclaimer 1: Die Inhalte dieses Artikels wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. DIY Investor übernimmt jedoch keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen und haftet nicht für Investitionsentscheidungen, die auf Basis dieser Informationen getroffen werden.
Disclaimer 2: Ich bin im Besitz von DEFAMA-Aktien.