Jean Marie Eveillard: Seine 10 Investitionsgrundsätze

Jean-Marie Eveillard

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Jean-Marie Eveillard

Jean Marie Eveillard ist einer der – jedenfalls der breiten Masse – etwas weniger bekannten Value Investoren. Über einen sehr langen Zeitraum hat Eveillard den First Eagle Value Fonds gemanagt und in dieser Zeit außerordentlich gute Renditen für seine Investoren erzielt. Dabei verfolgte er einen Investment-Ansatz, der irgendwo zwischen Benjamin Graham (

Net Net Investing bzw. nach Zigarettenstummeln suchen) und Warren Buffett (außergewöhnlich gute Unternehmen günstig kaufen) angesiedelt ist.

In seinem eigenen Buch Value Investing, aber auch im Buch The Art of Value Investing von Whitney Tilson werden die aus Sicht von Eveillard 10 wichtigsten Grundsätze des Value Investing anhand von Zitaten vorgestellt.

Diese 10 Grundsätze, die übrigens an der ein oder anderen Stelle signifikant von den Ansichten vieler anderer Value Investoren abweichen (was seinem Erfolg allerdings in keinster Weise einen Abbruch tat), möchte ich in diesem Artikel einmal vorstellen.

An einigen Stellen habe ich übrigens kreativ interpretiert, um aus Eveillard’s Zitaten einen Grundsatz ableiten zu können.


Eine ausreichende Sicherheitsmarge berücksichtigen

Einer der Lieblingsantworten von Ben Grahem auf Fragen zur Entwicklung der allgemeinen Wirtschaft oder der Gewinne von Unternehmen X oder Y war:

Die Zukunft ist ungewiss.

Genau aus diesem Grund brauchen wir eine Sicherheitsmarge, um unser Downside-Risiko zu minimieren. Das sieht auch Jean Marie Eveillard so.


Schmerzen aushalten können

Value Investoren verfolgen in der Regel einen langfristig angelegten Ansatz (von Anlegern, die in Spezialsituationen mit einem konkreten Katalysator investieren vielleicht einmal abgesehen).

Deshalb versuchen die meisten Value Investoren auch nicht, mit ihrer kurzfristigen Performance irgendein Benchmark zu schlagen.

Im Gegenteil: Value Investoren akzeptieren die Tatsache, dass es (längere) Phasen geben kann, in denen die Performance sogar um einiges schlechter ausfällt, als das Benchmark.

Um das tun zu können, muss der Investor in der Lage sein, die Schmerzen auszuhalten, die solche Phasen verursachen.

Eveillard sagt (in der deutschen Übersetzung seines Buches):

[…] die Wahrheit ist, dass der menschliche Charakter unter Schmerzen schrumpft.

und

Das ist der Grund dafür, warum nicht sehr viele Leute auf diese Art investieren.

Um also ein erfolgreicher Value Investor zu werden, müssen wir zuallererst in der Lage sein, mit diesen Phasen richtig umzugehen.


Flexibel bzgl. seines eigenen Investment-Styles sein

Ende der 1970er Jahre orientierte sich Jean Marie Eveillard’s Investment Ansatz noch klar an den Methoden von Ben Graham. Da ging es um Net Nets (Deep Value Aktien), die i.W. eine tiefe Analyse der verschiedenen Bilanzpositionen erforderten.

Über die Zeit veränderten sich die Märkte allerdings, sodass auch Eveillard sich immer stärker an den Ansätzen von Warren Buffett orientierte (bzw. orientieren musste). Wobei auch diese Sichtweise etwas relativiert werden muss, weil in bestimmten (Boom-)Phasen auch mit dem Buffett-Ansatz recht schwer war, geeignete Unternehmen zu finden.

Am Ende lag Eveillard mit seinem Ansatz irgendwo zwischen den beiden Gurus.

Aufgrund des aus seiner Sicht geringeren Risikos beim Deep Value Ansatz hätte er diesen diesen zwar nach wie vor bevorzugt. Aufgrund der veränderten Marktentwicklung war er aber flexibel.

Ergo: Wir sollten nicht starr einem einzelnen Investment-Ansatz folgen, sondern flexibel auf die sich in der heutigen Zeit ja schnell ändernden Marktgegebenheiten reagieren können.


Weltweit investieren

Der First Eagle Fund hat weltweit investiert, unter anderem in den USA, Europa, Japan, Hongkong.

Dabei ging Eveillard immer nach den gleichen Investitionsgrundsätzen vor, die seiner Meinung nach universell gültig sind.

Nach Eveillard’s Ansicht basiert Value Investing auf dem gesunden Menschenverstand und kann deshalb überall funktionieren, auch wenn im Vergleich zu den 1970er und 1980er Jahren viele Ineffizienzen heutzutage verschwunden sind (heißt mit anderen Worten: Deep Value Investing – der Ansatz von Ben Graham – ist nur noch in ganz ausgewählten Märkten möglich).

An den lokalen Gegebenheiten bzw. den lokalen Investoren orientierte sich Jean Marie Eveillard nicht:

Wir kaufen niemals Aktien auf der Grundlage von Überlegungen darüber, was andere Anleger tun könnten.

Schlussfolgerung: Die Ansätze und Methoden des Value Investing sind universell und nicht auf bestimmte Märkte oder Regionen beschränkt. Aus diesem Grund können wir grundsätzlich weltweit investieren.

Kommentar: Eveillard macht allerdings keine Aussagen zu seinem Kompetenzradius. Wir wissen nicht, ob der einen Kompetenzradius für sich definiert hat bzw. ob er darauf basierend bestimmte Regionen ausgeschlossen hat.


Auf das Wesentliche fokussieren

Es kann leicht passieren, dass wir und in Details verlieren und in Komplexität verstricken.

Um das zu vermeiden, fokussiert sich Jean Marie Eveillard nur auf die drei bis fünf Merkmale eines Unternehmens, auf die es wirklich ankommt.

Wir sollten also darauf achten, dass wir das Gesetz der sinkenden Erträge (Law of Diminishing Returns) beachten. Oft sind es tatsächlich nur zwei bis drei wesentliche Treiber, von denen die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens abhängt. Diese zwei bis drei Treiber sollten wir kennen und verstehen.


Schnäppchen finden

Die kurzfristigen Aussichten von Unternehmen, die in unseren Value Screens hochpoppen, sind meist recht düster.

Die besten Investitionsgelegenheiten entstehen dann, wenn ein bisher als Liebling der Anleger wahrgenommenes Unternehmen auf einmal Probleme hat. Diese Probleme, auch wenn wir sie nur für vorübergehend halten, werden von Mr. Market oft als dauerhaft wahrgenommen was in der Regel dazu führt, dass die Aktie überdurchschnittlich stark abgestraft wird.

Wir sollten also versuchen, diejenigen Unternehmen zu identifizieren, für die der Markt die Zukunftsaussichten aufgrund kurzfristiger Probleme falsch einschätzt. Gleichzeitig sollten wir versuchen, nicht in Unternehmen zu investieren, die tatsächlich dauerhafte Probleme haben (siehe meine größten Fehler beim Aktienkauf).


Verschuldung kann gefährlich sein

Einer von Eveillard’s häufigsten Fehlern bestand laut eigener Aussage darin, die potenziellen Auswirkungen der Verschuldung von Unternehmen zu ignorieren (in der deutschen Übersetzung von Eveillard’s Buch wird dieser Faktor etwas unglücklich als Kredit-Hebelung bezeichnet).

Beim Net Net  bzw. Deep Value Ansatz geht es ja darum, den Wert der Vermögenswerte im Liquidationsfall abzuschätzen und zu sehen, ob nach Abzug aller Schulden noch etwas übrig bleibt.

Überschätzen wir den intrinsischen Wert der Assets um sagen wir mal 10%, dann ist das bei einem geringen Verschuldungsgrad insgesamt kein großes Problem. Ist der Verschuldungsgrad (siehe hierzu auch meinen Post zu den wesentlichen Finanzkennzahlen) aber hoch, dann kann schnell die gesamte Sicherheitsmarge verschwunden sein.

Diesen etwas vagen Punkt interpretiere ich folgendermaßen: Wir sollten – sofern wir einen Net Net Ansatz verfolgen – bei stark verschuldeten Unternehmen einen eher konservativen Ansatz verfolgen und eine hohe Sicherheitsmarge berücksichtigen.


Diversifizierung kann weitaus mehr als 30 bis 40 Aktien bedeuten

Viele der bekannten Value Investoren haben ja sehr konzentrierte Portfolios.

So sagt z.B. Mohnish Pabrai, dass er sich mit jedem Investment so sicher fühlen muss, dass er gewillt ist, mindestens 5% des Portfoliowerts in das Investment zu investieren.

Jean Marie Eveillard hat da einen etwas anderen Ansatz. Seine Argumentation ist, dass er nie im Voraus weiß, welche seiner Investment-Ideen die besten sind und sich deshalb auch nicht auf einige wenige Aktien beschränkt.

Eveillard hatte deshalb auch nicht 10, sondern unter Umständen mehr als 30 oder 40 Investments gleichzeitig im Portfolio.

Auch hier gilt (analog zum Investment-Ansatz): Wir sollten versuchen, unseren eigenen Stil zu finden und uns nicht zu sehr von den Herangehensweisen der Top-Investoren beeinflussen lassen (obwohl diese natürlich einen sehr guten Anhaltspunkt dafür bieten, was funktionieren könnte).


Liquidität als Restgröße im Portfolio

Die Cash-Position im Portfolio ist für Eveillard eine reine Restgröße.

Das heißt findet Evaillard eine ausreichende Anzahl an guten Investments, dann ist die Cash Position quasi nicht existent (bis auf die ca. 5%, die der First Eagle Fund quasi immer benötigt, um die direkte Rückgabe von Anteilen garantieren zu können). Gibt es wenige Investmentalternativen, kann der Cash-Anteil auch höher liegen (bei Mohnish Pabrai z.B. teilweise bei bis zu 50%).

Damit ist Eveillard wieder mit den meisten anderen Value Investoren auf einer Linie.


Gold kann und sollte als Absicherung verwendet werden

Für viele Value Investoren ist Gold kein bewertbarer Vermögenswert und deshalb auch als Investment nicht interessant. Das ist ja auch die Meinung, die Warren Buffett bereits des Öfteren in seinen Aktionärsbriefen verlauten ließ.

Auch hier weicht Eveillard von der gängigen Meinung unter Value Investoren ab.

Für Eveillard ist Gold kein Rohstoff, sondern eine Form der Absicherung gegen extreme Ereignisse. In Phasen, in denen die Aktienkurse über einen  längeren Zeitraum fallen und sich schlecht entwickeln (wie z.B. während der Finanzkrise 2008), kann Gold ein ziemlich gut performen und die Verluste im Aktienportfolio jedenfalls zum Teil kompensieren.

Aus meiner Sicht hängt das Investieren in Gold davon ab, welche Art von Aktien wir im Portfolio haben. Haben wir viele Zykliker, dann werden wir durch eine Krise schwer getroffen und Gold könnte eine valide Alternative darstellen. Besteht unser Portfolio aus Aktien à là Warren Buffett, dann werden die Auswirkungen im Portfolio vermutlich erst gar nicht so stark sein, wie im Gesamtmarkt.

1 Kommentar zu „Jean Marie Eveillard: Seine 10 Investitionsgrundsätze“

  1. Pingback: Ein Value Investor sein - Kelm Investment Coaching

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