Effiziente Kapitalallokation

Effiziente Kapitalallokation: Wertgenerierung beginnt (und endet) genau hier!

Effiziente Kapitalallokation

Inhalt

Effiziente Kapitalallokation

Frage: Welche Unternehmen repräsentieren die besten Investitionsgelegenheiten? Aus meiner Sicht doch solche, bei denen bestimmte Wettbewerbsvorteile (so genannte Burggräben oder Moats) zu einer überdurchschnittlich hohen Kapitalrendite (ROIC) führen und wo das Management gleichzeitig dazu in der Lage ist, das erwirtschaftete Kapital in einer Art und Weise auf die vorhandenen Investitionsgelegenheiten zu allokieren (d.h. zu verteilen), dass die Kapitalrendite mindestens konstant bleibt oder vielleicht sogar noch weiter zunimmt. Durch seine Kapitalallokation hat das Management also maßgeblichen Einfluss darauf, in welche Richtung sich das Unternehmen zukünftig entwickelt.

Diesem Aspekt sollte also im Rahmen unserer Unternehmens- bzw. Aktienanalyse ein hohes Gewicht beigemessen werden.

Pat Dorsey von Dorsey Asset Management z.B. formuliert es so:

“Lollapaloozas” occur when competitive advantage & capital allocation work together to compound value. – Pat Dorsey

Übersicht Kapitalallokation: Das sind die Optionen

Grundsätzlich stellt die Kapitalallokation das Bindeglied zwischen Geschäftswert und Shareholder Value dar. Im Grunde genommen geht es um die Frage, was mit dem durch das Unternehmen erwirtschafteten Gewinn bzw. Cash Flow passiert und darum, welchen Return die Anteilseigner auf das zusätzlich erwirtschaftete Kapital erhalten.

  • Wenn Kapital destruktiv eingesetzt wird, profitieren die Aktionäre nicht in vollem Umfang von einem höheren Geschäftswert. Je nach Einsatz des Kapitals wird unter Umständen sogar Wert vernichtet (“Value Destruction”)
  • Wenn das Kapital intelligent eingesetzt wird, profitieren die Aktionäre sowohl von einem höheren organischen Unternehmenswert als auch von wertsteigernden Allokationsentscheidungen und der Wert vervielfacht sich im besten Fall (“Compounding of Value”)

Die negativen wie positiven Effekte einer ineffizienten bzw. effizienten Kapitalallokation sollten wir nicht unterschätzen. Für die zukünftige Wertentwicklung ist die Kapitalallokation des Managements ein essentieller Faktor. Deshalb hier noch einmal sehr plakativ:

Kapitalallokation - Effekte

Ich denke, dass auch die Formulierung (“Verpuffung” versus “Vervielfachung”) in Bezug auf das Thema Kapitalallokation nicht übertrieben dargestellt ist und die Relevanz gut illustriert.

Grundsätzlich gibt es fünf verschiedene Möglichkeiten, um das durch das Unternehmen erwirtschaftete Kapital (i.W. der freie Cash Flow nach Erhaltungsinvestitionen plus die zusätzliche Verschuldungskapazität) zu verwenden:

  1. Als Cash auf dem Konto liegen lassen bzw. in marktgängige Wertpapiere (Staatsanleihen etc.) investieren
  2. In das Business reinvestieren
  3. Ein anderes (und gut zum aktuellen Geschäft passendes) Unternehmen akquirieren
  4. Eigene Aktien zurückkaufen
  5. Eine Dividende ausschütten

Das Anhäufen von Cash kann dabei allerdings nicht als Kapitalallokation im eigentlichen Sinne verstanden werden. Im Gegenteil: Eine Anhäufung von Cash wäre meist das Resultat aus einer Untätigkeit des Managements. Nur in Ausnahmefällen, wie z.B. im Falle von Apple, kann es Argumente für das “Horten von Cash” geben.

Wir ihr an der folgenden Abbildung erkennen könnt, ist auch die Reihenfolge dieser Optionen der Kapitalallokation natürlich nicht zufällig gewählt:

Effiziente Kapitalallokation

Internes Wachstum, Dividenden und Aktienrückkäufe werden von den Investoren (oder vom Markt?) oft normativ als gut angesehen, was allerdings nicht stimmt. Denn mit allen drei Optionen für die Verwendung des Kapitals kann auch Wert vernichtet werden.

Gleiches gilt für M&A Aktivitäten… typischerweise (d.h. vermutlich in >90% der Fälle) wirken diese wertvernichtend. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Einer kleinen Gruppe an auf M&A fokussierten Unternehmen (so genannte “Serial Acquirers”) gelingt es tatsächlich immer wieder, mittels M&A den Unternehmenswert zu steigern.

Grundsätzlich kann man glaube ich sagen: Effiziente – das heißt wertsteigernde – Kapitalallokation erfordert viel Disziplin und Fokus. Dem entsprechend muss das Management diese Fähigkeiten erstmal unter Beweis stellen und wir als Investoren sollten nicht einfach annehmen, dass diese Fähigkeiten vorhanden sind.

Im Folgenden möchte ich einmal auf die verschiedenen Optionen im Einzelnen eingehen.


Investieren in organisches Wachstum

Investieren in organischen Wachstum sollte für ein Unternehmen die erste Option für das Reinvestieren der erwirtschafteten Cash Flows sein. Das gilt allerdings nur, sofern intern noch attraktive Investitionsgelegenheiten (d.h. Optionen mit einer hohe Kapitalrendite) ausgemacht werden können.

Hat der Markt, in dem ein Unternehmen agiert, einen gewissen Sättigungsgrad erreicht, reduziert sich in der Regel das Umsatz- bzw. Gewinnwachstum und die Kapitalrendite nimmt aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs ab bzw. gerät über die Zeit unter Druck. Der so genannte “Runway for Growth”, also sozusagen der Wachstumshorizont (siehe hierzu auch den Artikel zu T. Rowe Price), ist dann nur noch ziemlich begrenzt. In einem solchen Fall sollte ein Unternehmen das Kapital unter Umständen eher in andere Kanäle leiten. Tut es das nicht, droht die Vernichtung von Kapital.

Ob ein CEO bzw. ein Management Team diese Logik verinnerlicht hat, können wir oft nur anhand der tatsächlichen historischen Entwicklung und an konkreten Aussagen festmachen.

Hier einmal ein entsprechendes Zitat aus einem Earnings Call:

Well, [in the parts of the business where you don’t have growth] you’re going to drive earnings and cash, aren’t you? There is no point in chasing revenue or pretending that you are in a growth market when you are not. – CEO

In den meisten Fällen passiert genau das aber leider nicht. Stattdessen geschehen oft zwei Dinge:

  • Es wird weiterhin auf Wachstum im angestammten Markt bzw. Marktsegment gesetzt
  • Es wird “diversifiziert”, also in Segmente außerhalb des (noch) attraktiven Kerngeschäfts investiert, in denen die Kapitalrendite aber meist von vornherein nicht besonders attraktiv ist (DiWORSEification)

Im ersten Fall werden ganz praktisch entweder die Hurdle Rates für individuelle Investitionsprojekte gesenkt oder aber – noch schlimmer – die Zahlen werden durch die Projektverantwortlichen (im stillen Einverständnis mit dem Management) so geschönt, dass die Hurdle Rate doch erreicht wird… beides schlussendlich mit einem negativen Effekt auf den ROIC.

John Malone, ehemaliger CEO von TCI (und einer der im Buch The Outsiders vorgestellten CEOs), definierte für seine Investitionen – sowohl organisches Wachstum als auch Akquisitionen – eine Hurdle Rate von 20% ROI und war sehr konsequent in der Umsetzung. Unterhalb dieses Return-Ziels wurde kein Investment getätigt.


M&A

Sobald keine attraktiven internen Wachstumsoptionen mehr identifiziert werden können, orientieren sich viele Unternehmen in Richtung Übernahmen / M&A.

In der Sequenz einer effizienten Kapitalallokation sollte dies aus meiner Sicht tatsächlich auch den nächsten Schritt darstellen. Um allerdings mit einer Übernahme tatsächlich erfolgreich zu sein und zusätzliche Unternehmenswerte zu schaffen, müssen eine ganze Reihe an Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Übernahmen sollten ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein, d.h. jede einzelne Übernahme sollte auf konkreten strategischen Zielen beruhen
  2. Das operative Management sollte in der Lage sein und die Fähigkeiten haben, neue Geschäfte in die bestehende Struktur zu integrieren und geplante Synergien tatsächlich zu heben. Das erfordert viel Disziplin sowie einen iterativ immer weiter verbesserten Prozess und konkrete KPIs zur Erfolgsmessung
  3. Das Management sollte ein klares Verständnis über den Wert und damit den Kaufpreis der Akquisitionsziele haben und nicht eine Strategie des Wachstums um jeden Preis verfolgen (z.B. um den Analysten eine tolle Wachstumsstory präsentieren zu können)

Aus der Vergangenheit gibt es einfach zu viele Negativbeispiele (z.B. Daimler und Chrysler, Microsoft und Nokia, AOL und Time Warner etc. etc.), als dass wir davon ausgehen könnten, dass eine M&A Transaktion (oder sogar eine M&A-basierte Strategie) standardmäßig ein Erfolg wird… lest hierzu auch den DIY Investor Artikel Warum die meisten Akquisitionen nicht funktionieren.

Um einschätzen zu können, ob eine M&A Strategie tatsächlich Früchte tragen könnte, sollten wir uns neben der Unternehmenshistorie (also der Historie der Transaktionen im Zusammenspiel mit der Entwicklung der operativen Gewinne) auch einmal ein paar der so genannten “Serial Acquirers” ansehen.

Hierbei handelt es sich um Unternehmen, deren Strategie i.W. darin besteht, durch M&A Transaktionen, d.h. den Kauf anderer Unternehmen, zu wachsen. In den 1970er Jahren war die von John Malone geführte TCI ein Musterbeispiel für eine solche Firma. Heutzutage wären da international z.B. Transdigm (hatte ich ja in meinem Artikel zu den Profit Pools schonmal als attraktives Unternehmen identifiziert), Danaher oder auch Constellation Software zu nennen.


Aktienrückkäufe

Was macht ein Unternehmen, das keine attraktiven internen Wachstumsoptionen mehr hat und gleichzeitig keine preislich attraktiven M&A-Ziele identifizieren kann (oder keine M&A-Strategie verfolgen möchte) mit seinem Kapital?

Klar, es überlegt sich, eigene Aktien zurückzukaufen oder unter Umständen auch eine Dividende auszuschütten. Aus Sicht einer effizienten Kapitalallokation sollte zunächst – also vor der Auszahlung einer Dividende – die Sinnhaftigkeit von Aktienrückkäufen geprüft werden, einfach weil Rückkäufe in der Regel steuerlich vorteilhafter sind.

Grundsätzlich sind Aktienrückkäufe analog zu Investments in organisches Wachstum oder andere Unternehmen ebenfalls als aktive Nutzung des Kapitals zu verstehen und stellen kein passives Tool zur Besänftigung der Aktionäre dar (wie teilweise jedenfalls die Dividenden). Deshalb sollten Aktienrückkäufe immer auf Basis einer objektiven Einschätzung über den intrinsischen Wert des Unternehmens erfolgen.

Grundsätzlich werden Aktienrückkaufprogramme immer beliebter, auch hier in Deutschland. In vielen Fällen sollten wir als Investoren aber skeptisch sein, denn Aktienrückkäufe finden in vielen Fällen schlicht und einfach unabhängig von der aktuellen Bewertung des Unternehmens statt… und wenn Aktien zu Kursen oberhalb des intrinsischen Wertes zurückgekauft werden, dann wirkt dies am Ende wertvernichtend… mehr dazu lest ihr in meinem Artikel zum Thema Aktienrückkaufprogramme.

Was wir also als Investoren benötigen, ist eine Indikation, dass das Management die Logik hinter den Aktienrückkäufen versteht bzw. eine Sicht auf den intrinsischen Wert des Unternehmens hat und außerdem den Wertbeitrag von Aktienrückkäufen gegen andere Investitionsgelegenheiten (Investieren in organisches Wachstum, M&A) abwägen kann.


Dividenden

Wenn keine der bisher genannten Optionen der Kapitalallokation einen attraktiven Return verspricht, bleiben einem Unternehmen eigentlich nur noch zwei Optionen:

  • Das Zahlen einer Dividende
  • Das Liegenlassen des Kapitals auf dem Firmenkonto bzw. das Investieren in marktgängige Wertpapiere (Marketable Securities)

Wobei die Dividendenzahlung dem Horten von Cash in den meisten Fällen vorzuziehen ist.

Auch Dividendenzahlungen werden ja kontrovers diskutiert. Gesteht ein Management Team ein, dass die Zahlung einer Dividende die beste Art der Kapitalallokation darstellt, dann kann das in der Regel als gutes Zeichen gewertet werden… jedenfalls im Hinblick auf die Fähigkeiten des Managements. Denn eine Abweichung vom Primat des Wachstums (“Wir sind ein Wachstumsunternehmen”) ist schon aus emotionalen Gründen nicht so ganz einfach.

Andererseits gibt es vor allem in Europa eine (wahrgenommene) Erwartungshaltung der Aktionäre an eine Dividende. Deshalb wird eine Dividende oft ausgeschüttet, obwohl intern eigentlich bessere Verwendungen für das Kapital existieren.

Diese beiden Gegenpole sollten wir bei unserer Einschätzung über die Fähigkeiten des Managements hinsichtlich einer effizienten Kapitalallokation ebenfalls berücksichtigen.

Für die Checkliste

Hier einige Fragen für unsere Pre-Investment Checkliste:

  • Wir die Kapitalallokation explizit und rational diskutiert (beispielsweise in den Earnings Calls)?
  • Folgen den Worten in der Regel auch Taten?
  • Wenn der ROIC bereits abgenommen hat (oder dabei ist, abzunehmen): Wurde bzw. wird Kapital an die Shareholder zurückgegeben?
  • Welches sind die Anreize des CEO? Wie wird er oder sie bezahlt? Gibt es eine ROI-Komponente?
  • Ist M&A in den Zielvergütungen enthalten (Manager, die dafür bezahlt werden, Kapital fehlzuallokieren, werden dies mit Freude tun… Anreize spielen eine große Rolle dabei)?
  • Liefert die Kapitalflussrechnung einen Beleg für mögliche M&A Aktivitäten? Wie viel wurde bezahlt? Was war das Resultat der Übernahme?
  • Wie hat sich die Anzahl ausstehender Aktien verändert? Ist sie angestiegen oder hat sie abgenommen? Wann fand die letzte Veränderung statt und warum?
  • Finden Aktienrückkäufe regelmäßig oder opportunistisch statt?
  • Hat das Unternehmen bereits eine Dividende gezahlt? Wurde schonmal eine Kapitalerhöhung durchgeführt?

Fazit zur Kapitalallokation

Starkes Gewinnwachstum setzt neben einer attraktiven (d.h. hohen) Kapitalrendite die effiziente Reinvestition dieser Gewinne durch das Management voraus. Grundsätzlich hat das Management fünf verschiedene Möglichkeiten der Kapitalallokation: Das Horten von Cash (heißt i.W. nicht tun), Investitionen in organisches Wachstum, M&A, Aktienrückkäufe und Dividenden.

Ein Management Team mit einem guten Verständis für die effiziente Kapitalallokation ist dazu in der Lage, das Kapital in den zum jeweiligen Zeitpunkt vielversprechendsten Kanal zu leiten. Inwiefern eine Investitionsgelegenheit im Vergleich attraktiv ist, wird durch die zu erzielende Kapitalrendite (ROI oder ROIC) definiert.

Wichtig zu erwähnen ist außerdem, dass trotz der durch Börsenpresse, Kapitalmarkt etc. oft normativ als gut angesehenen Optionen auch Wert vernichtet werden kann (heißt Investitionen in Wachstum z.B. sind nicht per sé gut).

Schlussendlich sollten wir als Investoren versuchen, die Allokationsentscheidungen eines jeden Unternehmens, das wir analysieren, in Bezug auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen. In diesem Zusammenhang sollten wir vor allem verstehen, aus welchen Beweggründen das Management z.B. Firmen übernimmt, Aktien zurückkauft oder Dividenden ausbezahlt.

1 Kommentar zu „Effiziente Kapitalallokation: Wertgenerierung beginnt (und endet) genau hier!“

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