Das Thema Immobilienbewertung treibt momentan viele von uns um. Das gilt nicht nur für alle die Privatinvestoren, die aktuell überlegen, ihre Immobilie(n) zu verkaufen bzw. dies konkret geplant haben, sondern auch für diejenigen von uns, die in gelistete Immobilien-AGs oder REITs investiert sind und in den letzten Monaten einen substantiellen Einbruch der Aktienkurse miterleben mussten.
Alle fragen sich, wann und unter welchen Umständen sich die Immobilienpreise wieder erholen werden…
In den Medien wird darüber hinaus viel über die Entwicklung der Immobilienpreise spekuliert. Heute lesen wir irgendwo einen Artikel in dem steht, dass die Immobilienpreise wahrscheinlich noch weiter fallen werden, morgen steht mit Sicherheit irgendwo das genaue Gegenteil.
Ich habe deshalb einmal versucht, mich dem Thema Immobilienbewertung aus der Sicht eines rationalen Käufers, z.B. eines Family Offices, zu nähern und herauszuarbeiten, welchen Return dieser rational denkende Investor in verschiedenen Szenarien erzielen würde (die wesentlichen Stellhebel sind hier wie ihr euch denken könnt neben dem Kaufpreis bzw. der Bruttorendite vor allem der Fremdkapitalzinssatz und die EK-Quote, mit der der Investor in das Investment reingeht). Kombiniert mit einer Einschätzung der Zielrendite des Investors lässt sich daraus ein entsprechender Korridor für die Bewertung einer Immobilie ableiten.
In diesem Artikel möchte ich einmal insbesondere das Excel-Tool vorstellen, welches ich zur Evaluierung der Immobilienpreise und zur Ableitung der möglichen Rendite in verschiedenen Szenarien gebaut habe und welches ihr euch weiter unten auch herunterladen könnt.
Intro: Verschiedene Käufermärkte im Immobilienmarkt
Bevor wir nun aber tiefer in das Bewertungsthema einsteigen, möchte ich zunächst noch ein, zwei Worte darüber verlieren, welche Arten von Immobilien ich hier eigentlich betrachten möchte und welche nicht (was also sozusagen “in Scope” und was “out of Scope” ist).
Mit dem Begriff “Immobilie” wird ja erstmal ganz grundsätzlich jeder Asset bzw. jeder Vermögenswert bezeichnet, der als “immobil”, also unbeweglich, klassifiziert werden kann. Dazu können je nach Definition neben den uns vermutlich als erstes in den Sinn kommenden Wohn- und Bürogebäuden auch alle möglichen anderen Assets gehören, z.B.
- Logistikimmobilien wie Lager- oder Produktionshallen
- Hotels
- Funktürme
- Andere Infrastruktur-Assets wie z.B. Serverfarmen, Windkraftanlagen etc. (Solaranlagen werden jedenfalls aus steuerlicher Sicht interessanterweise als bewegliche Wirtschaftsgüter einkategorisiert)
Um ein Gefühl zu bekommen, schaut euch in diesem Zusammenhang einmal an, welche Arten von Unternehmen in den USA typischerweise den REIT-Status erhalten.
Wenn wir uns jetzt einmal nur auf die so genannten Wohnimmobilien (“Residential Real Estate”) konzentrieren, dann gibt es da auf der Käuferseite ebenfalls verschiedene Submärkte, zwischen denen wir differenzieren müssen:
Eigennutzer: Zum einen gibt es da die Privatkäufer, die ein Haus oder eine Wohnung zur Eigennutzung erwerben möchten (also z.B. für sich selbst oder für ihre Kinder). Für diese ist natürlich der Spread zwischen Mietrendite und FK-Zins eher nachrangig, weil sie ja selbst in der Immobilie einziehen und nicht von irgendwelchen Mietzahlungen abhängig sein werden. Stattdessen spielen andere Faktoren bei der Kaufentscheidung eine größere Rolle, insbesondere die Finanzierbarkeit des Kaufs in Abhängigkeit von der Vermögens- und Einkommenssituation. Aufgrund der weiterhin hohen Nachfrage, insbesondere in den Ballungsgebieten, ist die Zahlungsbereitschaft der Eigennutzer nach wie vor hoch. Die Preise werden daher mutmaßlich über denjenigen für eine reine Kapitalanlage liegen.
Das sagt übrigens auch mein Immobilienmakler immer: “Wenn Ihre Wohnung leer stehen würde, dann könnte man nochmal einen substantiell höheren Kaufpreis verlangen. Kein potenzieller Eigennutzer möchte erstmal 9 Monate oder länger warten, bis er in seine Wohnung einziehen kann.”
Flipper etc.: Dann gibt es Investoren, die etwas exotischere Geschäftsmodelle wie z.B. “Fix & Flip” verfolgen, Investoren also, die renovierungsbedürftige Objekte günstig einkaufen, wiederherrichten und anschließend direkt wieder weiterveräußern.
Bestandshalter: Zu guten Schluss gibt es noch die privaten Kapitalanleger, die z.B. eine vermietete Wohnung für die Altersvorsorge suchen, sowie die professionellen Investoren (Family Offices, Pensionsfonds etc.), für die die Bestandshaltung von Immobilien eine sichere Anlage im Rahmen einer diversifizierten Portfoliostrategie darstellt.
Für diese letztgenannten Anleger, sofern sie mehr oder weniger rational an die Entscheidung für ein Immobilieninvestment herangehen, kann man denke ich auf Basis von ein paar Annahmen eine gute Abschätzung bzgl. der realisierbaren Immobilienpreise durchführen.
Dies soll dem entsprechend auch der Fokus der nächsten Absätze sein.
Grundsätzliches zur Immobilienrendite und zur Kaufpreisfindung im Mark
Ganz generell gibt es zwei Möglichkeiten, um als Bestandshalter mit Wohnimmobilien Geld zu verdienen bzw. einen positiven Return zu erzielen:
- über die Nettoanfangsrendite (NAR) bzw. den Net Initial Yield (NIY)
- durch die zukünftig zu realisierenden Wertsteigerungen
Definition: Nettoanfangsrendite (NAR) = Nettokaltmiete / Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten
Je nach Marktsituation schafft es entweder der Käufer, einen Teil des zusätzlich zu realisierenden Wertsteigerungspotenzials beim Ankauf sozusagen „for free“ zu bekommen, oder aber der Verkäufer schafft es, sich einen größeren Teil des möglichen zukünftigen Wachstums beim Verkauf bereits mitbezahlen zu lassen:
2 Möglichkeiten zur Generierung einer Rendite mit Immobilien
Aktuell (d.h. gegen Anfang 2024) befinden wir uns in einer Situation, in der die Käufer tendenziell nicht dazu bereit sind, für zukünftige Wachstumspotenziale etwas zu bezahlen… was unter anderem auch daran liegen dürfte, dass viele Banken aktuell keine attraktiven Finanzierungsoptionen für solche „unsicheren“ zukünftigen Cash Flows bereitstellen können oder wollen.
Aus diesem Grund gibt es aus Verkäufersicht zurzeit eigentlich nur drei realistische Optionen:
- Verkauf von Bestandsobjekten mit geringem Wachstumspotenzial zu einem für den Käufer attraktiven Preis (d.h. mit hohem initialen Yield bzw. hoher Anfangsrendite)
- Verkauf von neu gebauten bzw. renovierten Assets, deren Miete bereits auf das Marktniveau angehoben wurde
- Verkauf leerstehender Wohnungen für potenzielle Eigennutzer, deren Kalkulation nicht vom Spread zwischen NAR und FK-Zins abhängt (siehe oben)
Rolf Buch, der CEO von Vonovia, hat diesen Umstand im Earnings Call seines Unternehmens zum 3. Quartal 2023 wie ich finde sehr gut zusammengefasst:
There are two ways to make money in real estate. One is through the net initial yield and the other is through value growth of the assets.
That is still how we look at the sector and how we make our portfolio decisions. In the current environment, however, many players don‘t accept this fundamental concept. Most investors and potential buyers look at net initial yield only and ignore the growth element, not because they are stupid, but often, banks don‘t provide adequate financing for growth potential.
That is why disposals, which are difficult per se these days, are currently very difficult for portfolios where this growth still needs to be realized.
What works better is new construction where the rent is already at market level or assets where the net initial yield is high because assets are unlikely to see much more value growth.
– Rolf Buch, CEO Vonovia SE
Relevant ist deshalb für unsere Betrachtung insbesondere die erste Option, wobei der Verkauf vermieteter Neubauten konzeptionell denke ich auf die gleiche Art und Weise kalkuliert werden könnte.
Nach welcher Logik entscheidet also ein (rationaler) Investor, ob er oder sie ein Objekt für die Haltung im Bestand ankauft oder nicht? Um uns dieser Fragestellung zu nähern, starten wir mal mit einem wie ich finde sehr guten aktuellen Artikel aus dem Handelsblatt zum Thema Immobilienpreisentwicklung / -bewertung.
Wesentliche Entscheidungskriterien für einen Kauf
In besagtem Artikel schreibt das Handelsblatt unter Bezugnahme auf Umfragen von ImmoScout24, dass potenzielle Käufer – aktuell insbesondere Family Offices – inzwischen mit Anfangsrenditen (also Mieteinnahmen / Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten) i.H.v. ca. 5% gut kalkulieren können bzw. kalkulieren. Gleichzeitig – und das steht ebenfalls im Artikel – gehen Marktteilnehmer davon aus, dass sich die Zinsen für eine Baufinanzierung in der nächsten Zeit bei ca. 4% einpendeln könnten, also wieder leicht zurückgehen.
Würden Family Offices also wirklich zum ca. 20-fachen der Kaltmiete kaufen, wenn sie den Kauf gleichzeitig zu einem Zins i.H.v. 4% finanzieren müssten, wie in dem Artikel suggeriert (also bei einem Spread zwischen NAR und Zins von nur 1,0%)?
Da ich davon ausgehe, dass Family Offices generell sehr rational an ihre Kapitalallokation herangehen, habe ich einmal versucht, mich dieser Fragestellung Bottom-up und auf Basis der vorhandenen Daten und Fakten zu nähern.
Ein Family Office fragt sich vor einem Kauf natürlich insbesondere, welche Rendite es bei den gegebenen Marktbedingungen auf sein Eigenkapital erzielen kann (nehmen wir als Beispiel mal die vom Handelsblatt genannte Mietrendite i.H.v. 5% und das genannte Zinsniveau i.H.v. 4%).
Und vor allem auch: Wie viel Eigenkapital es beisteuern muss, um mit dem Objekt oder Portfolio mindestens noch einen positiven Cash Flow zu erwirtschaften.
Die Preisvorstellung eines Verkäufers wird also vom Käufer auf Basis der erzielbaren Rendite bei verschiedenen Eigenkapitalanteilen und gegebenem Fremdkapitalzins bewertet.
Der Cash Flow spielt natürlich auch eine Rolle. Ist dieser bei sehr geringen EK-Anteilen negativ, wird das Family Office den EK-Anteil vermutlich sukzessive so weit erhöhen, bis der Cash Flow ausreichend positiv wird. In diesem Zustand wird dann entschieden, ob die erzielbare Rendite annehmbar und der angebotene Kaufpreis dem entsprechend in Ordnung ist.
Die Logik wird denke ich zum Zusammenhang mit einem konkreten Berechnungsbeispiel noch klarer herauskommen. Schauen wir uns also einmal ein solches Beispiel an.
Berechnungsbeispiel Immobilienpreis
Bevor ich auf die Kenngrößen unserer Beispielimmobilie bzw. unseres Beispielportfolios eingehe, kurz ein paar Worte zur Berechnungsmethodik.
Wie gerade bereits angedeutet, wird ein rationaler Investor seine Investitionsentscheidung auf Basis der erzielbaren Eigenkapitalrendite treffen. Die EK-Rendite stellt dem entsprechend das Ergebnis unserer Berechnung dar (bzw. die Maximierung der EK-Rendite repräsentiert sozusagen unsere Zielfunktion).
Als Randbedingung gilt, dass der Cash Flow idealerweise positiv sein soll… und zwar inkl. der Tilgungszahlung für die Baufinanzierung, die ja je nach Betrachtungsweise auch als Return für den Eigentümer mitgezählt werden könnte.
Und schlussendlich: Wir haben drei Variablen und müssen die EK-Rendite i.W. für alle verfügbaren bzw. realistischen Kombinationen dieser Variablen ermitteln:
- Die Nettoanfangsrendite (also Nettokaltmiete / Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten) – Unterstellte Bandbreite von 2,0 bis 8,0% (in 0,5%-Schritten)
- Den Zinssatz, zu dem eine entsprechende Baufinanzierung verfügbar ist – von 1,0 bis 6,0% (in 0,5%-Schritten)… unter dem folgenden Link könnt einmal einen aktuellen Zinssatz für einen Immobilienkredit berechnen
- Den EK-Anteil von 1 bis 100% (in 10%-Schritten)
In der Praxis habe ich das einfach gelöst, indem ich verschiedene Datentabellen mit jeweils zwei Variablen erstellt habe, um die beste Option idealerweise direkt ablesen zu können… bzw. für den aktuellen Zinssatz direkt sagen zu können, bei welchem EK-Anteil welcher Return erwirtschaftet werden kann… dazu aber später noch mehr.
Beispielportfolio
Da für die Illustration i.W. nur die Relationen der einzelnen Kenngrößen zueinander wichtig sind und nicht so sehr die absoluten Größenordnungen, rechnen wir das Ganze einmal am Beispiel eines kleineren deutschen Bestandshalters durch.
Hier einmal die wesentlichen (fiktiven) Portfoliokenngrößen:
- Mieteinnahmen i.H.v. ca. 21 Mio. EUR pa
- Operative Kosten, d.h. Kosten für Hausverwaltung, Instandhaltungsaufwand etc. ~5 Mio. EUR pa
- Aktivierungspflichtige Instandsetzungsmaßnahmen (also Fassadensanierungen, Dacherneuerungen, neue Heizungen etc.) ~2 Mio. EUR pa
Ein Family Office oder ein Pensionsfonds als potenzieller Käufer des Portfolios würde also im aktuellen Marktumfeld mit den folgenden Kennwerten kalkulieren:
- Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten: ~420 Mio. EUR (= 21 Mio. Mieteinnahmen x 20-fache Miete – entspricht einer NAR von 5%)
- Cash Flow vor Zinsen, Steuern und Tilgung: Ca. 14 Mio. EUR (= 21 Mio. EUR Mieteinnahmen abzüglich 5 Mio. EUR nicht umlegbare Kosten und abzgl. 2 Mio. EUR Maintenance-CapEx)
Rendite- und Cash Flow Ermittlung im Status Quo
Wenn wir nun einmal wie oben festgelegt von einem Fremdkapitalzinssatz i.H.v. 4% ausgehen, dann ergibt sich für verschiedene Nettoanfangsrenditen und EK-Anteile das folgende Bild:
Eigenkapitalrendite eines Family Office (in Abhängigkeit vom EK-Anteil) bei einer Nettoanfangsrendite (NAR) von 5% und einem FK-Zins von 4% [%]
Vielleicht kurz zur Erläuterung: Was ihr hier als kräftig blau dargestellte Linie seht, ist die erzielbare Eigenkapitalrendite bei verschiedenen Eigenkapitalanteilen in %, unterstellt einen Kaufpreis in Höhe der 20-fachen Nettokaltmiete (also eine Rendite i.H.v. 5%) sowie Finanzierungskosten i.H.v. 4% pa auf das in Anspruch genommene Fremdkapital.
Die hellblaue Fläche außen herum stellt die Bandbreite der erzielbaren EK-Renditen bei höheren oder niedrigeren Anfangsrenditen dar.
Wie ihr seht, ergibt sich fast unabhängig vom eingesetzten Eigenkapital ein Return von um die 2,0-2,7% (von ganz geringen EK-Anteilen <~20% einmal abgesehen).
Hier einmal die Beispielkalkulation für einen EK-Anteil von 30%:
Berechnung der EK-Rendite für einen EK-Anteil von 30% [Mio. EUR und %]
Im Rahmen der Herleitung des AFFO ist denke ich insbesondere die Ermittlung der Ertragsteuern erklärungsbedürftig: Die Steuern werden hier zu Null EUR ermittelt, weil die Abschreibungen (80% Gebäudewertanteil x 420 Mio. EUR “Herstellkosten” / 50 Jahre = ~7 Mio. EUR) den zu versteuernden Gewinn bei einem EK-Anteil von 30% negativ werden lassen. Bei höheren EK-Anteilen und damit geringeren Zinskosten wird dieser dann allerdings irgendwann positiv.
Den Return bezogen auf das Eigenkapital habe ich in diesem Fall wie folgt ermittelt:
CF ROE = AFFO / EK = 2,2 EUR / (30% x 420 Mio. EUR) = 1,8%
Wichtig ist noch, dass aus einer Cash Flow-Perspektive heraus natürlich auch die obligatorischen Tilgungszahlungen im Rahmen der Baufinanzierung geleistet werden müssen (Banken verlangen i.d.R. eine Mindesttilgung i.H.v. 1% des Kreditbetrags). Für einen EK-Anteil von 30% würde das wie ihr seht einen zusätzlichen negativen Cash Flow i.H.v. 2,9 Mio. EUR bedeuten:
Tilgungszahlung Jahr 1 = 1% x Kreditsumme = 1% x 70% x 420 Mio. EUR KP = 2,9 Mio. EUR
Der so genannte Cash Flow to Equity wäre also in diesem Fall im Resultat sogar negativ.
Ihr fragt euch vielleicht, wie es sein kann, dass sich die EK-Rendite quasi nicht verändert, obwohl sich doch mit zunehmendem Eigenkapitalanteil die Zinskosten immer weiter reduzieren? In diesem Fall wächst zwar natürlich der AFFO, also der Zähler der Return-Kalkulation. Gleichzeitig erhöht sich aber auch das Eigenkapital, also der Nenner, sodass am Ende ungefähr wieder der gleiche Wert herauskommt.
Zielrendite eines Family Office oder Pensionsfonds
Nun da die Ermittlung der wesentlichen Kenngrößen denke ich ausreichend erläutert worden ist, möchte ich mich kurz mit einer anderen Frage beschäftigen: Ist eine Zielrendite i.H.v. 2,0-2,7% eigentlich für ein Family Office noch ausreichend?
Gegeben die aktuellen Renditemöglichkeiten beim Tagesgeld (3,5-3,75%) würde ich das eher verneinen. Ich bin zwar mit der typischen Portfolioallokation und den Zielrenditen von Family Offices oder Pensionsfonds nicht besonders gut vertraut, würde aber sagen, dass der Zielwert für ein Immobilienportfolio schon in der Größenordnung von 4-6% aufs EK liegen sollte (eher oberes Ende würde ich annehmen).
Heißt also im Umkehrschluss: Bei der hier unterstellten Profitabilität des Immobilienportfolios und bei einem Fremdkapitalzins i.H.v. 4% ist ein Kaufpreis in Höhe der 20-fachen Nettokaltmiete (also eine NAR von 5%) vermutlich noch zu hoch gegriffen und es würde bei diesen Relationen nur in sehr seltenen Fällen eine Transaktion stattfinden (d.h. der Verkäufer würde seine Immobilie bzw. sein Portfolio nur schwer los werden).
Verändertes Zinsumfeld
Was würde aber passieren, wenn sich die Zinsen, wie von einigen Banken erwartet, zur Mitte diesen Jahres hin wieder spürbar reduzieren… sagen wir mal auf 3% (dies ist ca. der Zielkorridor der Deutschen Bank)?
In diesem Fall sähe der Renditespiegel in etwa wie folgt aus:
Eigenkapitalrendite eines Family Office (in Abhängigkeit vom EK-Anteil) bei einer Nettoanfangsrendite (NAR) von 5% und einem FK-Zins von 3% [%]
Wie ihr dem aktualisierten Chart entnehmen könnt, bewegt sich die Eigenkapitalrendite nun bei einem Eigenkapitalanteil von 10-20% bereits in einer für das Family Office akzeptablen Größenordnung von 5 bis 6%. Bei einer Nettoanfangsrendite i.H.v. 5,5% lägen wir sogar bereits bei Werten zwischen ~6 und 10%.
Kleine Veränderungen bei Zins oder Marktbewertung können also bereits einen substantiellen Unterschied ausmachen.
Eine mögliche Schlussfolgerung aus der obigen Analyse könnte nun sein, dass wir ein attraktives Investment immer in Marktsituationen vorfinden, in denen die Differenz zwischen Nettoanfangsrendite und Zinssatz (ich nenne es mal den “Spread”) mindestens in der Größenordnung von 2,0 bis 2,5%-Punkten liegt.
Wir Menschen suchen ja immer nach solchen einfachen Heuristiken und Daumenregeln.
Zusammenhang zwischen absolutem Zinsniveau und erforderlichem Spread
Leider können wir diese Schlussfolgerung aber nicht ohne Weiteres ziehen. Denn die EK-Rendite hängt sehr stark von der Größe und der Profitabilität des Portfolios sowie auch den absoluten Größenordnungen von NAR und FK-Zins ab… von der Finanzierungsstruktur (d.h. dem EK-Anteil) ja sowieso.
Schaut euch einmal die folgende Grafik an, welche die EK-Rendite in Abhängigkeit von NAR und Zinssatz aufzeigt (ich habe für die Darstellung einmal zwei beliebige EK-Anteile ausgewählt, nämlich 10% und 70%):
Cash-on-Cash Return bei konstantem Spread i.H.v. 2,0% zw. NAR und Zins; EK-Anteil 10% und 70% [%]
Bei einer Nettoanfangsrendite von 5,0% (und zugehörigen Zinssatz von 3,0%) findet ihr übrigens auch die Zahlen von oben (6,3% und 3,0%) wieder.
Ihr erkennt unmittelbar, dass sowohl der EK-Anteil, als auch das absolute Zinsniveau einen substantiellen Einfluss auf die EK-Rendite haben.
Dabei ist die Richtung des Effekts allerdings nicht unbedingt immer gleich. Heißt man kann nicht sagen, dass die EK-Rendite bei sinkenden absoluten Zinsen und steigenden Kaufpreisen zwangsläufig attraktiver wird.
Bei einem niedrigen EK- und einem hohen FK-Anteil ist es schlicht und einfach so: Hohe absolute Zinsen haben einen viel größeren negativen Einfluss auf den FFO, als niedrigere Zinsen. Heißt also im Umkehrschluss, dass der Spread zwischen NAR und Zinsen in einem Hochzinsumfeld nochmal höher ausfallen muss, um das Investment attraktiv zu machen.
Bei einem hohen EK-Anteil fallen Zinssenkungen wiederum viel weniger ins Gewicht. Steigende Kaufpreise allerdings im Gegensatz dazu sehr wohl.
Das Excel-Tool für die Ermittlung der Preisobergrenze einer Wohnimmobilie
Ich denke, was die gesamte Diskussion rund um die Entwicklung der Immobilienpreise sehr gut aufzeigt, ist die Tatsache, dass es in Summe zu viele einflussnehmende Variablen gibt, um den “fairen” Immobilienpreis so einfach mit ein paar einfachen Daumenregeln und ohne große Hintergrundrechnungen ableiten zu können.
Aus diesem Grund habe ich einmal ein Excel-Tool erstellt, welches die erzielbare Eigenkapitalrendite für verschiedene Szenarien ermittelt und so im Zusammenhang mit der Renditeerwartung eines rational handelnden Immobilienkäufers eine konkrete Einschätzung eines möglichen Verkaufspreises im Markt ermöglicht.
Auf dieses Tool möchte ich im Folgenden nochmal etwas mehr im Detail eingehen.
Modell-Inputs
Für die Berechnung benötigt das Tool zunächst ein mehr oder weniger realistisches Set der wesentlichen Inputs für die das Ergebnis einmal durchkalkuliert werden kann (die Datentabellen zeigen dann die Sensitivitäten bei Veränderungen der wesentlichen Variablen auf):
- Steuersatz [%]
- Nettoanfangsrendite 1 (Nettokaltmiete / Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten) [%]
- Kreditzins [%]
- Anfängliche Tilgung (mind. 1% bei den meisten Banken) [%]
- EK-Anteil [%]
- Mieteinnahmen, d.h. Nettokaltmiete (also exkl. Nebenkosten) ggf. unter Berücksichtigung einer gewissen Leerstandsquote bzw. eines Mietausfallwagnisses [EUR]
- Nicht umlegbare Betriebskosten (i.W. Verwaltung und Instandhaltungsaufwand) [EUR]
- Regelmäßige Instandhaltungs-Investitionen (Maintenance-CapEx) [EUR]
Ergebnisse für “Input-Szenario”
Aus diesen Inputs werden anschließend die folgenden Kennzahlen ermittelt:
- Der bilanzielle Wert (inkl. der Aufteilung in Eigen- und Fremdkapital)
- Die jährlich an die Bank zu zahlende Kreditrate (aufgeteilt in die Komponenten Zins und Tilgung)
- Die jährliche Abschreibung
Abgeleitet aus diesen Kennzahlen werden anschießend die verschiedenen Cash Flow-Kennzahlen sowie die EK-Rendite ermittelt:
- Reinertrag, FFO, AFFO, Flow to Equity
- Cash-on-Cash Return nach Steuern (vor und nach Tilgung) – Dies ist die erforderliche Eigenkapitalrendite
Wir könnten nun natürlich etwas mit den verschiedenen Inputs (insbesondere der NAR, dem Zinssatz und dem EK-Anteil) spielen, um herauszuarbeiten, welches Kombinationen die beste bzw. die realistischste EK-Rendite ergeben. Viel besser – und vor allem automatisiert – lässt sich das Ganze allerdings mit einer so genannten Sensitivitätsanalyse bewerkstelligen (in Excel nennt sich das etwas sperrig Datentabelle mit zwei Variablen).
Sensitivitätsanalyse und Einfluss der wesentlichen Variablen
Da wir in einer Datentabelle bisher nur die Abhängigkeit von zwei Variablen darstellen können, habe ich mich für die folgenden drei Output-Tabellen entschieden:
1. Die EK-Rendite in Abhängigkeit von der Nettoanfangsrendite (NAR) und dem Fremdkapitalzins (und bei konstantem EK-Anteil entsprechend des gewählten Inputs):
Cash-on-Cash Return bei verschiedenen NARs und Zinssätzen, unterstellter EK-Anteil bei 10,0% [%]
2. Die EK-Rendite in Abhängigkeit von der Nettoanfangsrendite (NAR) und dem EK-Anteil (und bei konstantem FK-Zins entsprechend des gewählten Inputs):
Cash-on-Cash Return bei verschiedenen EK-Anteilen und NARs, unterstellter FK-Zins bei 3,0% [%]
3. Die EK-Rendite durchgerechnet für eine gewählte Kombination aus NAR und FK-Zins und dargestellt für verschiedene EK-Anteile:
Return-Kalkulation für verschiedene EK-Anteile bei NAR und Zins entsprechend Input-Maske [%]
Aus allen diesen Tabellen kann man denke ich sehr gut ablesen, (1) ob eine bestimmte Kombination aus NAR und FK-Zins als Investment funktioniert (z.B. wenn wir eine Immobilie angeboten bekommen) und (2) was sich konkret ändern müsste, um das Investment attraktiv zu machen.
Nehmen wir einmal das Beispiel von oben: Wir sehen direkt, dass wir bei einer Marktbewertung in Höhe der 20-fachen Kaltmiete (NAR = 5%) und einem FK-Zins i.H.v. 4% eine negative EK-Rendite erwirtschaften, wenn wir nur mit 10% Eigenkapital in das Investment reingehen wollen. Wenn wir unser EK aus irgendwelchen Gründen nicht weiter erhöhen können und unsere Zielrendite bei 6% liegt, dann müssten wir entweder eine finanzierende Bank finden, die uns einen Zins i.H.v. 3,0% zur Verfügung stellt (dann würden wir einen Return i.H.v. 6,3% erzielen) oder aber wir müssten den Verkäufer bis auf eine NAR von größenordnungsmäßig 6,3 bis 6,5% runterhandeln (dann hätten wir bestenfalls einen Return i.H.v. ~7,3%).
Anwendungsfälle
Ich habe das vorliegende Excel-Tool im Rahmen der Analyse einer börsengelisteten Immobiliengesellschaft erstellt, um besser zu verstehen, welchen Einfluss auf den Cash Flow und die Bilanzstruktur der Teilverkauf des Portfolios haben könnte… und ob es möglich sein würde, die Immobilien oberhalb des Buchwerts zu veräußern (dieser lag bei einer NAR von ca. 4,7%).
Ich denke aber, dass das Tool sich auch sehr gut dafür eignet, um eine eigene Immobilie durchzukalkulieren… insbesondere für einen möglichen Verkaufsfall.
Wenn ihr nämlich eine Immobilie seit mehr als 10 Jahren im Bestand habt und über die Zeit bereits einen substantiellen Teil des aufgenommenen Kredits zurückbezahlt und dem entsprechend Eigenkapital aufgebaut habt, dann könnte es sein, dass die EK-Rendite sehr unattraktiv geworden ist und sich ein Verkauf lohnen würde.
Key Take Aways
Was können wir also schussfolgern? Zunächst mal aus meiner Sicht, dass wir die regelmäßigen Presseveröffentlichungen zur Entwicklung der Immobilienpreise mit sehr viel Vorsicht behandeln sollten… meist geht aus den Artikeln noch nichtmal hervor, um welches Segment es sich genau handelt.
Eine Einschätzung des Marktpreises für leerstehende Wohnungen bzw. die Interessentengruppe der Eigennutzer ist sehr schwierig. Hier spielen neben der immer sehr prominent platzierten Zinsentwicklung auch die Lage, die Neubauaktivität, Zuzüge in die Ballungszentren sowie auch die generelle Gehaltsentwicklung und das Sicherheitsempfinden der Interessenten eine große Rolle. Ich denke wir können aber festhalten, dass die erzielbaren Kaufpreise für leerstehende Wohnungen in den Ballungszentren (wo die Bevölkerung gerade tendenziell wächst, aber gleichzeitig zu wenig gebaut wird) oberhalb derjenigen für die Kapitalanlage liegen werden.
Die erzielbaren Kaufpreise für so genannte Kapitalanlagen (also vermietete oder zur Vermietung gedachte Immobilien) lassen sich im Gegensatz dazu aus meiner Sicht relativ gut kalkulieren… wenn man die Zielrendite der Käufer kennt und davon ausgehen kann, dass diese relativ rational an den Kauf einer Kapitalanlage herangehen (was für größere Investoren wie Family Offices oder Pensionsfonds mit Sicherheit der Fall sein wird).
Das vorgestellte Excel-Tool kann dabei helfen, aktuelle Marktbewertungen und Finanzierungsmöglichkeiten zu einer erzielbaren EK-Rendite zu aggregieren und darauf basierend die Attraktivität eines Investments einzuschätzen.
Download des Excel-Tools
Falls ihr Interesse am vorgestellten Excel-Tool habt, dann schaut einfach mal auf die DIY Spreadsheets Seite… dort findet ihr eine Übersicht aller Tools. Direkt zum Immobilien-Excel geht es hier.