Zykliker bzw. zyklische Unternehmen: Das sind die wesentlichen Geschäftstreiber!

Inhalt

Zykliker - Geschäftszyklus

Seit es den Kapitalismus gibt, gibt es Unternehmen, deren Gewinne mit der Wirtschaft insgesamt steigen und fallen. Diese “Zykliker”, wie Peter Lynch und andere diese Unternehmen bezeichnen, können sich von extrem hohen Gewinnen in einem Jahr zu massiven Verlusten im nächsten bewegen.

Vom Standpunkt eines Investors aus sind diese diese Unternehmen oft relativ schwer zu bewerten. Und als weitere Komplikation: Wer den Zykliker nicht erkennt und zum falschen Zeitpunkt des Geschäftszyklus investiert, kann außerdem eine böse sehr Überraschung erleben.

In diesem Artikel möchte ich zunächst einmal etwas tiefer auf die Charakteristika von zyklischen Unternehmen eingehen.


Verschiedene Ursachen der Zyklizität

Ein zyklisches Unternehmen (oder Zykliker) ist ein Unternehmen, dessen Gewinne über die Jahre ein sich wiederholendes Muster signifikanter Zu- und Abnahmen aufweisen. Zu den Zyklikern gehören historisch vor allem die Branchen der “Old Economy”, also z.B. Öl und Gas, Mining, Stahl, Aluminium und andere Rohstoffe, Luftfahrt / Airlines, Automobil, Papier oder Chemie. Aber auch die Hersteller von Halbleitern oder Elektronikgeräten wie Smartphones oder Luxusartikeln sind diesen Zyklen ausgesetzt.

Hier seht ihr einmal beispielhaft die quartalsweise Gewinn- und Aktienkursentwicklung von Micron Technology, einem der größten Hersteller von Memory Chips… wie ihr seht ein klassischer Zykliker:

Zykliker Beispiel: Micron Technology

Quelle: Micron Quartalsberichte, Nasdaq

Zur Info: TTM steht für “Trailing Twelve Months”, d.h. die dargestellten Gewinne repräsentieren jeweils die Summe der Gewinne aus den letzten vier Quartalen. Auf diese Weise ist der Gewinn je Aktie direkt vergleichbar mit dem Aktienkurs.

Die Hauptursache dieser Gewinnschwankungen sind typischerweise starke Preisveränderungen der Produkte. Diese können – je nach Branche – auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden.


1. Makroökonomische Trends bzw. Geschäftszyklus

In den B2C-Branchen wie der Luftfahrt- oder auch der Automobilindustrie beispielsweise ist die Ergebniszyklizität oft mit breiteren makroökonomischen Trends bzw. mit dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld verbunden (d.h. im Wesentlichen mit dem typischen Geschäftszyklus oder Business Cycle). Haben die Menschen aufgrund einer drohenden Wirtschaftskrise Angst vor einem Jobverlust, dann fahren sie in der Regel ihren Konsum zurück. Das heißt sie reisen weniger, verschieben den geplanten Autokauf auf später, gehen seltener ins Kino etc.

Dies hat direkte Auswirkungen auf die Produktnachfrage und stellt die Unternehmen vor die Wahl: Entweder die Produktion zurückfahren, was bei der typischerweise hohen Fixkostenintensität direkt auf die Marge geht (Stichwort Economies of Scale), oder aber die Preise reduzieren mit dem gleichen Effekt. Die Frage ist also nur: Mit welcher Strategie verliert man absolut weniger Gewinn.


2. Kapazitätsauslastung und Lagerbestände

In den B2B-Branchen wie der Mining-, Stahl-, Papier- oder Chemieindustrie wird die Zyklizität über die Einflüsse des Geschäftszyklus hinaus zusätzlich auch von spezifischen Branchenfaktoren bestimmt, die in der Regel mit der vorhandenen Produktionskapazität und deren Auslastung zusammenhängen… also insbesondere mit dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.

Hier wird oft zwischen so genannten Mikro- und Makrozyklen unterschieden:

  • Makrozyklus: Entsteht aufgrund eines graduellen Nachfragewachstums über die Zeit ein Engpass auf der Kapazitätsseite, steigen die Produktpreise relativ schnell an. Dies im Zusammenspiel mit den dann wieder sprudelnden Gewinnen der Unternehmen wiederum triggert in der Regel unkoordinierte Investitionen in neue Kapazitäten an, was nach einiger Zeit zu einem Ãœberangebot im Markt und daraus resultierend zu einem Preiseinbruch führt. In der Folge müssen dann veraltete Kapazitäten geschlossen werden, um Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht zu bringen
  • Mikrozyklus: Dieser hat mit der Höhe der Lagerbestände in der Wertschöpfungskette und auch mit der Unsicherheit bzgl. der echten Konsumentennachfrage (Bullwhip-Effekt) zu tun. Grundsätzlich: Sind die Läger bei Endverarbeitern, Großhändlern, Händlern etc. voll, werden diese ab einem bestimmten Niveau (d.h. Lagerreichweite, oft angegeben in Monaten) zunächst abverkauft, bevor wieder bei den Produzenten bestellt wird

In den meisten Fällen weisen die Makrozyklen eine gewisse Abhängigkeit vom bzw. Korrelation mit dem Geschäftszyklus auf. Die Dauer der Zyklen hängt dem entsprechend vor allem davon ab, wie schnell neue Kapazitäten in den Markt gelangen bzw. veraltete Kapazitäten aus dem Markt herausgenommen werden können bzw. davon wie lang typischerweise die Lagerzyklen sind.

Wie ihr an der Gewinnentwicklung von Micron Technology sehen könnt, scheint ein Zyklus in der Halbleiterbranche (bzw. im Memory Chip Segment) ca. 3 bis 3 1/2 Jahre zu dauern (also 12 bis 14 Quartale).

Unglücklicherweise (für viele zyklische Branchen) ist es viel einfacher neue Kapazitäten in den Markt zu bringen, als alte Kapazitäten zu schließen, was ja irgendwann auch geschehen muss, wenn die Nachfrage eher stagniert. Dies hängt auf der einen Seite mit der Konsolidierung der Industrie, andererseits aber auch mit politischen Druck zusammen. Die recht unverfängliche Umschreibung “Kapazitäten aus dem Markt nehmen” bedeutet ja in der Realität oft Werksschließungen, Arbeitsplatzabbau etc.


Einfluss der Kostenposition

Wie stark der Preis- bzw. Gewinneinbruch bei einem individuellen Unternehmen ausfällt (im Speziellen bei einem Zykliker), hängt vor allem von der Position des Unternehmens auf der so genannten Kostenkurve (= Angebotskurve) sowie der Steigung dieser Kurve ab.

Eine Kostenkurve ist eine Grafik, auf der die Produktionskosten in Abhängigkeit von der installierten Produktionskapazität dargestellt werden. Jeder Block repräsentiert dabei eine einzelne Produktionsanlage oder einen einzelnen Produzenten:

Zykliker verstehen: Kostenkurve

In der makroökonomischen Theorie definiert der Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragekurve den Marktpreis. Je steiler sich also die Kostenkurve darstellt (d.h. vereinfacht: je größer der Kostenunterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Produzenten ist), desto stärker sollte der Preis bei einem Nachfrageeinbruch negativ beeinflusst werden.

Auf die einzelnen Unternehmen bzw. Zykliker bezogen bedeutet das: Die günstigsten Produzenten sollten auch bei einer schlechten Wirtschaftslage noch Geld verdienen, die teuren dagegen relativ schnell in die Verlustzone rutschen.

Hier spielen natürlich noch viele weitere Aspekte eine Rolle. In einem stark konsolidierten Markt beispielsweise, in dem ein großer Player sowohl günstige als auch teure Produktionskapazitäten besitzt, lässt sich der Preis durch ein geschicktes Management der Kapazitäten ggf. noch hoch halten. Segmente mit einer Struktur, die solche Maßnahmen ermöglicht (also idealerweise ein Duopol), sind in diesen Märkten allerdings sehr selten anzutreffen (wenn überhaupt)… auf diese Spezialthemen werde ich aber zu einem späteren Zeitpunkt nochmal etwas tiefer eingehen.

Als wesentliche Aussage solltet ihr hier aber erstmal mitnehmen: Die Kostenposition im Vergleich zum Wettbewerb spielt für einen Zykliker eine wichtige Rolle.

Die Nachfrage ist in diesem Fall übrigens vertikal, d.h. als komplett unelastisch dargestellt. Wir gehen also davon aus, dass die Nachfrage unabhängig vom Preis im jeweiligen ökonomischen Umfeld konstant bleibt. Das muss zwar nicht immer der Fall sein, trifft aber für viele der Produkte ziemlich am Anfang der industriellen Wertschöpfungskette (wie Öl, Metalle, Stahl, Basischemikalien etc.) in der Regel grob zu.

Zykliker: Wesentliche Erfolgsfaktoren

Wie ihr an den bisherigen Ausführungen bereits gesehen habt, werden Zykliker stark von externen Faktoren beeinflusst und sind dadurch starken Preisschwankungen ausgesetzt. Darüber hinaus sind die Produkte in der Regel austauschbar und wenig differenzierbar (jedenfalls nicht langfristig).

Aus diesem Grund spielen drei wesentliche Faktoren eine entscheidende Rolle für den Unternehmenserfolg:

  • Kosteneffizienz: Eine schlanke Aufstellung ist sozusagen die Grundvoraussetzung, um in einem wettbewerbsintensiven Umfeld profitabel zu operieren. Viele Zykliker haben hier allerdings noch Nachholbedarf
  • Management des Zyklus: Ein Zykliker sollte auf der einen Seite die Angebots- und Nachfragebilanz gut verstehen und pro-zyklische Investments (d.h. Investitionen in neue Kapazitäten auf dem Höhepunkt des Zyklus) idealerweise vermeiden. Auf der anderen Seite sollte ein Zykliker aber auch in ausreichendem Maße am langfristigen Nachfragewachstum partizipieren. Beides kombiniert ist vermutlich höchstens in einer stark konsolidierten Branche (mit max. 3 oder 4 Produzenten) möglich
  • Effiziente Forschung (R&D): Eine Produktdifferenzierung ist in vielen Fällen über einen gewissen Zeitraum möglich. Solange der Wettbewerb für ein bestimmtes Produkt noch überschaubar ist, können attraktive Margen erzielt werden. Da solche Differenzierungsvorteile in der Regel weder nachhaltig noch von langer Dauer sind, sollte die Forschung besonders effizient aufgestellt sein, um einen ggf. vorhandenen Differenzierungsvorteil langfristig aufrecht erhalten zu können

Auch wenn diese Erfolgsfaktoren grundsätzlich für das Verständnis einer zyklischen Branche sehr relevant sind, müssen wir die Wichtigkeit im Hinblick auf die Bewertung eines Zyklikers und ein potenzielles Investment nochmal hinterfragen. Unter Umständen spielt hier nämlich ein Verständnis über die aktuelle Position im Geschäftszyklus eine größere Rolle… hierauf werde ich in einem der nächsten Artikel einmal etwas näher eingehen.


Fazit

Als Zykliker werden Unternehmen bezeichnet, deren Gewinne stark mit dem so genannten Geschäftszyklus, also im Grunde genommen der Entwicklung der Gesamtwirtschaft schwanken. Ein Zykliker kann deshalb von Quartal zu Quartal bzw. von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr starke Gewinnschwankungen verzeichnen.

Neben dem Geschäftszyklus gibt es oft auch branchenspezifische Einflussfaktoren, die die Zyklizität weiter verstärken. Dazu gehören vor allem der regelmäßige Auf- und Abbau von Überkapazitäten sowie auch von Lagerbeständen entlang der Wertschöpfungskette.

Die Größenordnung des Preisverfalls (z.B. resultierend aus einer sich abschwächenden Nachfrage) hängt in großem Maße von der so genannten Kostenkurve bzw. deren Steilheit ab. Aus diesem Grund ist eine schlanke Aufstellung auch einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für einen Zykliker.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere relevante Artikel zum Thema

Warenkorb
Nach oben scrollen