Bank Valuation mit dem DDM

DDM: Valuation einer wachsenden Bank (inkl. Beispiel)

Bank Valuation mit dem DDM

Inhalt

Vielleicht habt ihr die von mir leicht angepasste Fallstudie von Prof. Damodaran zur Bewertung der Wells Fargo Bank mithilfe des Dividend Discount Modells gelesen. Da es sich bei Wells Fargo um ein relativ großes Kreditinstitut mit eher moderaten Wachstumsoptionen und einem stabilen Geschäft handelt, wurde die Bank mithilfe eines abgewandelten Gordon Growth Modells bewertet… also unter der Annahme einer konstanten Eigenkapitalrendite, einer konstanten Ausschüttungsquote und damit auch einer konstanten Wachstumsrate.

Wenn wir nun allerdings eine Bank analysieren möchten, von welcher wir – jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum – noch ein starkes zukünftiges Wachstum erwarten, dann müssen wir das Dividend Discount Modell bzw. das Gordon Growth Modell etwas anpassen und um eine Phase stärkeren Wachstums erweitern.

Um euch den Aufbau und die Berechnungsmethodik eines solchen Modells zu erläutern, habe ich einmal das im Artikel zur Erläuterung des Geschäftsmodells einer typischen Bank bekannte fiktive InnoBank Beispiel etwas erweitert und um eine ca. 5-jährige Wachstumsphase ergänzt.


Intro: InnoBank

Wenn ihr euch erinnert: Die InnoBank hatte zu Beginn des ersten Geschäftsjahres ihres Bestehens mithilfe des Kapitals ihrer Investoren (800.000 EUR) Einlagen i.H.v. 10 Mio. EUR eingesammelt und diese in Form von Konsumentenkrediten an Autokäufer etc. vergeben.

Mit diesen Krediten hat die Innobank einen Zinsüberschuss (“Zinsspread”) i.H.v. 3% bzw. absolut 300.000 EUR erwirtschaftet, von dem nach Abzug aller weiteren betrieblichen Aufwendungen inkl. der Ertragsteuern am Ende noch 70.000 EUR übrig geblieben sind.

Diese 70.000 EUR sollten – so der letzte Stand – vollständig zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und zur Generierung weiteren Wachstums durch zusätzliche Kreditvergaben genutzt werden. Bevor wir uns gleich die Modellierung der weiteren Entwicklung anschauen, zunächst nochmal ein kurzer Abriss zum DDM.


Rückblick: Dividend Discount Modell

Das Dividend Discopunt Modell (DDM) basiert bekanntermaßen auf der Annahme, dass  der Wert einer Aktie dem Barwert aller zukünftig erwarteten Dividendenzahlungen entspricht. 

Zunächst einmal sind die ausgeschütteten Dividenden natürlich direkt beobachtbar und stellen damit sehr zuverlässig abschätzbare Cash Flows dar. Das ist ein Vorteil und deshalb greifen auch viele Bank-Analysten darauf zurück.

Allerdings spiegeln die ausgezahlten Dividenden nicht immer unbedingt die tatsächliche Ertragskraft der Bank wider… je nach dem, ob die Bank eher konservativ agiert (also eine höhere Kapitalquote als erforderlich vorhält), oder nicht.

Wird also eine eher konservativ agierende Bank allein auf Basis ihrer geringen ausgeschütteten Dividenden bewertet, erscheint sie ggf. zu teuer, weil das Bewertungsergebnis die tatsächliche Ertragskraft nicht richtig bzw. nicht vollständig abbildet. Im umgekehrten Fall gilt die Logik natürlich ganz äquivalent… wie in unserem Beispiel, in dem sich die InnoBank noch in einer starken Wachstumsphase befindet und daher erstmal noch gar keine Dividenden ausbezahlt.

Ergo reicht es unter Umständen nicht aus, die aktuell gezahlte Dividende als alleinige Bewertungsgrundlage heranzuziehen – vielmehr müssen wir die Dividende immer im Kontext der langfristigen Geschäftsstrategie und insbesondere auch der Wachstumsmöglichkeiten betrachten.

Und dabei ist eine Sache immens wichtig:  Konsistenz in den Annahmen! 


Ein konsistentes DDM für die Bewertung einer Bank: Wachstum versus Ausschüttung

Die konsistente Bewertung einer Bank mithilfe des Dividend Discount Modells hängt von drei zentralen Faktoren ab:

Eigenkapitalrendite (ROE): Der Nachsteuergewinn bezogen auf das jeweils zu Beginn des Jahres investierte Eigenkapital. Je höher die EK-Rendite, desto mehr Kapital kann über die Zeit in weiteres Wachstum reinvestiert oder in Form einer Dividende oder eines Aktienrückkaufs an die Aktionäre zurückgegeben werden.

Ausschüttungsquote bzw. Payout Ratio: Der Anteil des Nettogewinns, der in Form einer Dividende ausgeschüttet wird. Das Payout Ratio hat einen direkten Einfluss auf den zu erwartenden freien Cash Flow. Höhere Ausschüttungen bedeuten kurzfristig höhere Dividenden, können bzw. werden logischerweise aber das zukünftige Wachstum einschränken.

Eigenkapitalkosten (ke): Die Renditeanforderung der Eigenkapitalgeber. Diese bestimmt den Abzinsungsfaktor der zukünftigen Dividenden. Je höher die EK-Kosten, desto geringer der Barwert der Dividendenzahlungen.

Zwischen Dividende und Wachstum besteht ein grundlegender Zielkonflikt: Je mehr ein Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet, desto weniger bleibt für Reinvestitionen in zukünftiges Wachstum übrig.

Dieser Zusammenhang ist aufgrund der regulatorischen Anforderungen an die Kapitalquote bei Finanzdienstleistern besonders ausgeprägt.

Oder nochmal etwas konkreter: Da sich der Buchwert des Eigenkapitals durch das Einbehalten von Gewinnen erhöht, führt eine hohe Ausschüttungsquote zu einer langsameren Eigenkapitalbildung und damit zu einer potenziellen Begrenzung des Wachstums… und umgekehrt:

Bewertung von Banken - Zusammenhang von Ausschüttung und Wachstum

Ganz praktisch sind Ausschüttungsquote und erwartetes Gewinnwachstum über die erzielte Eigenkapitalrendite miteinander verknüpft. Die fundamentale Beziehung lautet folgendermaßen:

Erwartetes Gewinnwachstum = ROE × (1 − Ausschüttungsquote)

Die Eigenkapitalrendite ist damit der Schlüssel zur Bewertung einer Bank bzw. eines Finanzdienstleisters mithilfe des Dividend Discount Modells. In Kombination mit der Ausschüttungsquote definiert die Eigenkapitalrendite das zukünftige Dividendenwachstum.

Besonders relevant wird dieser Zusammenhang, wenn sich die Bank der Phase des stabilen und nachhaltigen Wachstums nähert.

In dieser Phase kann die Wachstumsrate deutlich von früheren Werten abweichen. Um die Konsistenz der Bewertung sicherzustellen, sollte die Ausschüttungsquote für die Schätzung des Endwerts (des Terminal Value) einer Bank dem folgenden Verhältnis entsprechen (die obige Formel einfach umgestellt):

Ausschüttungsquotenachhaltig = 1 − g / ROEnachhaltig​

Neben der Ausschüttungsquote sollte sich auch das Risiko des Unternehmens anpassen, um der Annahme eines stabilen Wachstums gerecht zu werden. Falls Betas zur Schätzung der Eigenkapitalkosten verwendet werden, sollten diese mit zunehmendem Reifegrad der Bank gegen eins konvergieren.


Beispiel: Bewertung der InnoBank auf Basis des Dividend Discount Modells

So, zurück zu unserem fiktiven Beispiel. Im ersten Geschäftsjahr ihres Bestehens hatte die InnoBank wie einleitend beschrieben einen Gewinn i.H.v. 70.000 EUR erzielt, was einer Rendite aufs eingesetzte EK i.H.v. 8,75% entsprach (nachzulesen hier).

Was passiert also nun als Nächstes?

Ich habe einmal versucht, die einzelnen Schritte anhand der Excel-Modellierung etwas genauer darzustellen.


Wachstum der Bilanz im Jahr 2 (Erhöhung des Kreditvolumens und der Einlagen)

Durch das Einbehalten des kompletten Gewinns i.H.v. 70.000 EUR erhöht sich zunächst das Eigenkapital von 800.000 EUR zu Jahresbeginn auf 870.000 EUR zum Jahresende.

Diese 70.000 EUR ermöglichen es der InnoBank nun, das Kreditvolumen um insgesamt 875.000 EUR zu erhöhen (auf dann insgesamt 10.875.000 EUR). Dies ist das Wachstum, welches bei einer Einhaltung der regulatorischen Kapitalquote i.H.v. 8% maximal erzielt werden kann. Eine äquivalente Ausweitung finden wir auf der Passivseite der Bilanz beim Einlagengeschäft (denn irgendwo müssen die verliehenen Gelder ja wieder herkommen):

Der Einfachheit halbe nehmen wir einmal an, dass die Beschaffung der zusätzlichen Einlagen sowie auch die Kreditvergabe gleichzeitig am ersten Tag des neuen Geschäftsjahres erfolgen (und das Kapital somit ein volles Geschäftsjahr für die Bank arbeiten kann).


Steigerung des Gewinns im Jahr 2

Im nächsten Schritt ermitteln wir nun den Gewinn des zweiten Geschäftsjahres. Fangen wir einmal ganz oben in der GuV-Struktur an (diese sowie die Zahlen des ersten Jahres sollten euch aus dem Artikel zur Funktionsweise des Bank-Geschäftsmodells bereits bekannt sein).

Der Zinsüberschuss – die wichtigste Determinante des Gewinns – nimmt aufgrund des um 875.000 EUR gestiegenen Kreditvolumens auf 326.250 EUR zu (versus 300.000 EUR im Vorjahr).

Zum Nachrechnen: Das Wachstum des Zinsüberschusses i.H.v. 26.500 EUR entspricht genau dem erzielten Zinsspread i.H.v. 3% auf das zusätzlich vergebene Kreditvolumen i.H.v. 875.000 EUR.

Analog zur Ausweitung des Kreditvolumens wird auch die Risikovorsorge angepasst. Der Aufwand dafür (kein Cash-Abfluss) steigt ggü. dem Vorjahr um insgesamt 1.750 EUR an (= 0,02% x 875.000 EUR).

Bewertung einer Bank mittel Dividend Discount Modell

Bei den administrativen Aufwendungen können wir eine kleine Besonderheit beobachten: Aufgrund der umsichtigen “Investitionen” des Vorjahres (in Personal und Geschäftsausstattung) kann die InnoBank das zusätzliche Wachstum in diesem Jahr realisieren, ohne weitere Kosten aufzubauen (“Fixkostendegression“), was konsequenterweise zu einer Verbesserung der Eigenkapitalrendite ggü. dem Vorjahr führen wird.

Alles zusammengenommen und unter Berücksichtigung der an das Finanzamt abzuführenden Ertragsteuern i.H.v. 30% ergibt sich zum Abschluss des zweiten Geschäftsjahres ein Nettogewinn i.H.v. 87.150 EUR, was einer Steigerung von 24,5% entspricht.

Zur Info: Ohne die Nutzung positiver Skaleneffekte bei den administrativen Aufwendungen hätte sich eine stabile Kapitalrendite und ein Gewinnwachstum von 8,75% entsprechend der obenstehenden Formel ergeben.

Aufgrund des noch sehr geringen Marktanteils entscheidet sich der Vorstand auch in diesem Jahr einstimmig für die vollständige Einbehaltung des Gewinns. Als Resultat kann das Kreditvolumen im folgenden Geschäftsjahr (Jahr 3) um weitere 1.089.375 EUR auf dann insgesamt 11.964.375 EUR erhöht werden… und so weiter.


Erste Dividenden ab Jahr 4 und Abflachung des Wachstums ab Jahr 6

Aufgrund des zunehmenden Drucks durch die Investoren entschließt sich der Vorstand der InnoBank schließlich dazu, für das wieder sehr erfolgreiche vierte Geschäftsjahr zum ersten Mal eine Dividende i.H.v. 20% auszuschütten und diese über einen Zeitraum von zwei Jahren auf das Zielniveau von 85% anzupassen. Entsprechend der bisherigen Unternehmensstrategie wird weiterhin nur die mindestens erforderliche Kapitalquote von 8% vorgehalten und der einbehaltene Gewinn vollständig für die Generierung weiteren Wachstums genutzt.

Die Entwicklung von GuV und Bilanz über die Zeit sieht dem entsprechend folgendermaßen aus (ich hoffe man kann das noch ganz gut erkennen):

Vielleicht nochmal ein, zwei erläuternde Sätze insbesondere zu den späteren Jahren (Jahr 5, Übergang und LT):

Das “finale” bzw. nachhaltig erzielbare Gewinnwachstum i.H.v. 2% wird ab dem auf das Jahr 5 folgenden Ãœbergangsjahr eingestellt. Die Kalibrierung erfolgt dabei über die Ausschüttungsquote (heißt die nachhaltig erzielbare Wachstumsrate i.H.v. 2% erfordert nur eine jährliche Einbehaltung von 15% des erwirtschafteten Gewinns).

Aus Konsistenzgründen wird die Kapitalrendite ab dem Übergangsjahr ebenfalls als konstant angenommen. Im konkreten Excel-Modell wird die i.W. durch die Einstellung einer konstanten Gewinnmarge erzielt (heißt wir unterstellen für die Jahre nach Jahr 5 keine positiven Effekte aus der Fixkostendegression der Admin-Aufwendungen mehr).

Hinweis: Die nachhaltig erzielte Kapitalrendite in diesem Beispiel beträgt wie ihr sehen könnt 13,08%. Bei einem konstanten Payout Ratio i.H.v. 85% wird dem entsprechend auch die Wachstumsrate des Gewinns zukünftig konstant ausfallen:

Gewinnwachstumnachhaltig = Ek-Renditenachhaltig x (1 – Payout Rationachhaltig) = 13,08% x (1 – 85%) = ~2,0%

Das mit “LT” bezeichnete Jahr habe ich übrigens nur zur Ãœberprüfung der wesentlichen KPIs hinzugefügt (heißt um zu prüfen, ob die EK-Rendite auch derjenigen des Vorjahres entspricht und die Wachstumsrate wie erwartet bei 2% liegt). Für die gleich folgende Bewertung können wir aber bereits das Ãœbergangsjahr als “Terminal Value“-Jahr verwenden.

Nochmal zur Erinnerung: Das “Terminal Value”-Jahr ist das Jahr, ab dem wir alle zukünftig noch folgenden Cash Flows mithilfe des Gordon Growth Modells bewerten können. Wir unterstellen also im Grunde genommen die Zahlung einer ewigen Rente in Form einer über die Zeit konstant steigenden Dividende.


Bewertung InnoBank mithilfe des DDM

Im letzten Schritt der InnoBank-Bewertung mithilfe unseren individuellen Dividend Discount Modells (DDM) müssen wir lediglich noch die Dividenden auf den heutigen Zeitpunkt abdiskontieren und anschließend aufsummieren.

Relevant sind hier aufgrund der erst später einsetzenden Dividendenzahlung nur die Jahre 4 und 5 sowie das “Terminal Value”-Jahr.

Unterstellen wir einmal einen konstanten EK-Kostensatz i.H.v. 10%, dann ergibt sich der intrinsische Wert der InnoBank zu ungefähr 1,1 Mio. EUR, was aufgrund der langfristig erzielbaren Überrendite oberhalb des aktuellen Buchwerts i.H.v. 800.000 EUR liegt (der Einfachheit halber habe ich das bereits abgelaufene erste Geschäftsjahr einmal in die Bewertung mit einbezogen).

Kleiner Hinweis: Wenn wir übrigens die Bewertung auf Basis des Free Cash Flow to Equity-Modells vornehmen, also für den freien Cash Flow die gleich folgende Formel verwenden, dann kommen wir zu einem identischen Bewertungsergebnis:

Free Cash Flow to Equity = Nettogewinn – Reinvestition in regulatorisches Kapital

Das liegt daran, dass FCFE und Dividende in diesem Fall vollständig deckungsgleich sind, weil in unserem Beispiel kein Gewinnanteil zur Erhöhung der Kapitalquote über das regulatorisch erforderliche Mindestmaß hinaus einbehalten wird. Wäre das der Fall, dann würde der FCFE höher ausfallen, als die Dividendenzahlung.


Key Take Aways: Individuelle Bewertung einer Bank mithilfe des DDM

Die ausgeschüttete Dividende ist direkt beobachtbar und stellen damit einen sehr zuverlässig abschätzbaren Cash Flow dar. Aus diesem Grund greifen viele Bank-Analysten in der Praxis auch auf das Dividend Discount Modell zurück.

Für die Bewertung einer Bank mit geringem erwarteten Wachstum und stabilen KPIs (insbes. EK-Rendite und Ausschüttungsquote) kann das Gordon Growth Modell als Ausgangspunkt verwendet werden (ich verweise hier nochmal auf die Wells Fargo-Fallstudie).

Die Anwendung des Dividend Discount Modells für die Bewertung einer Bank in der Wachstumsphase ist dagegen schon etwas komplizierter und erfordert eine konsistente Modellierung von EK-Rendite, Ausschüttungsquote und Wachstumsrate.

Dabei gilt es insbesondere den Trade-Off zwischen Ausschüttungsquote und Gewinnwachstum zu verstehen: Eine hohe Ausschüttung (d.h. ein hoher Cash Flow heute) führt zu geringerem Wachstum und damit geringeren Cash Flows in der Zukunft.

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