Das Market to Metcalfe Ratio: Eine neues Bewertungsmodell für Bitcoin

Inhalt

Warren Buffett und Charlie Munger haben ja in ein paar Interviews ihre Meinung zu Kryptowährungen allgemein und Bitcoin im Speziellen relativ klar geäußert. Buffett sagte außerdem, das Bitcoin analog zu Gold keinen fairen Wert besitzen kann, weil es keine Cash Flows produziert: “You can’t value bitcoin because it’s not a value-producing asset.” Soweit so klar. Trotzdem hat nun ein Team von der ETH Zürich versucht, den fairen Wert für die Bitcoin Währung abzuleiten. Und zwar bedienen sich die Wissenschaftler dabei unter anderem des so genannten Gesetzes von Metcalfe.

In diesem Artikel möchte ich einmal etwas näher auf die Bestimmung des fairen Wertes für Bitcoin mithilfe der Größe des Netzwerks an Nutzern eingehen.


Ansätze für die Bewertung von Bitcoin

Die Forschungen zum Thema Bewertung von Kryptowährungen befinden sich noch im Anfangsstadium.

Die meisten Ansätze gehen dabei von dem kostenintensiven Prozess der Generierung von Bitcoins als Ursprung des Wertes aus (also vom Hinzufügen von Knoten in der Blockchain):

Der komplexe (und kostenintensive) Prozess der Generierung von Bitcoins

Eine neue Idee besagt allerdings, dass der faire Wert von Bitcoin (und potenziell auch von anderen Kryptowährungen), von der Größe des Netzwerks, also i.W. der Anzahl an aktiven Nutzern abhängt (dies ist das Metcalfe Gesetz).

[stextbox id=”diy_2_blau”]Wenn ihr übrigens eine Einführung in Bitcoin bzw. Kryptowährungen wünscht, dann schaut euch meinen Artikel Bitcoin & Co: Die Basics über Kryptowährungen an… oder alternativ den Artikel Kryptowährungen – Alles Wissenswerte über den Hype.[/su_note]

Intro: Was besagt Metcalfes Gesetz (bzw. das Metcalfesche Gesetz)?

Metcalfes Gesetz besagt, dass der Wert eines Netzwerks proportional ist zur Anzahl an Knoten, die dieses Netzwerk besitzt.

Ursprünglich entwickelte Robert Metcalfe das Gesetz in den 1980ern, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Kommunikationssystemen (z.B. Internet oder Usernet) abzubilden.

Die Quintessenz: Ab einer bestimmten Anzahl an Knoten übersteigt der Nutzen die Kosten, was bei den folgenden Zusammenhängen logisch erscheint:

  • Der Nutzen steigt proportional zur möglichen Anzahl an Verbindungen zwischen den Nutzern (entspricht etwa dem Quadrat der Teilnehmerzahl bzw. Nutzerzahl)
  • Die Kosten dagegen steigen “nur” proportional zur Anzahl an Nutzern, also linear

Dieser Umstand kann alternativ auch als Netzwerkeffekt bezeichnet werden. In den letzten Jahren wurde festgestellt, dass das Metcalfe Gesetz für eine Vielzahl an neueren vernetzten Systemen ebenfalls gilt (unter anderem wurde der Zusammenhang auch für Facebook und Tencent analysiert).


Der faire Wert von Bitcoin: Das Market to Metcalfe Ratio

Wenn das Metcalfe-Gesetz für Bitcoin also auch gelten würde, dann könnte die fundamentale Bewertung von Bitcoin tatsächlich sogar noch viel einfacher sein, als die Bewertung von Aktien.

Hier die Ergebnisse der Analyse des Zusammenhangs zwischen der Anzahl an aktiven Nutzern und dem Wert von Bitcoin (dargestellt durch die Marktkapitalisierung):

Quelle: Wheatley et al: Are Bitcoin Bubbles Predictable? (2018)

Interessanterweise (oder wie zu erwarten?) zeigt die Regression einen sehr starken Zusammenhang zwischen dem Wert von Bitcoin und der Anzahl an aktiven Nutzern.

Dei Abweichungen von der roten Linie sollten die Preisblasen gewesen sein (die wesentlichen Blasen sind im Schaubild in blau, rot und gelb dargestellt).

Eine alternative Darstellung zeigt den Zusammenhang noch etwas besser:

Quelle: Wheatley et al: Are Bitcoin Bubbles Predictable? (2018)

Hier wurden im Wesentlichen die tatsächliche Marktkapitalisierung von Bitcoin sowie der “faire Wert” auf Basis der Metcalfe-Regression ins Verhältnis zueinander gesetzt (es entsteht das so genannte Market to Metcalfe Ratio). Ein Wert von 1 sollte also einen fair bewerteten Markt repräsentieren.

Wie ihr sehen könnt, bewegte sich der Bitcoin Kurs in den Jahren 2015 und 2016 mehr oder weniger um den fairen Wert herum, während sich seit Anfang 2017 eine starke Blase entwickelt hat, in deren Zuge der Preis bis auf das 10-Fache des fairen Wertes angestiegen ist.

Hier übrigens noch die logarithmische Formel zur Regression:

ln(faire Marktkapitalisierung Bitcoin) = 1,51 + 1,69  ln(Nutzeranzahl)

Nutzeranzahl und Anzahl Bitcoins vorhersagen

Um nun für einen beliebigen zukünftigen Zeitpunkt den fairen Wert zu ermitteln, benötigen wir neben der Nutzeranzahl, also der Größe des Netzwerks, auch die Anzahl an Bitcoins, die sich in Zukunft im Umlauf befinden werden… wir möchten ja nicht nur die zukünftige Marktkapitalisierung, sondern auch den fairen Wert je Bitcoin ermitteln.

Zunächst zum einfachen Teil.


Anzahl Bitcoins

Die Anzahl an Bitcoins zu prognostizieren ist relativ einfach. Es sind nämlich im Blockchain-Code von Bitcoin folgende Regeln implementiert:

  • ca. alle 10 Minuten wird ein neuer Block generiert. Für diese Generierung werden die Miner mit Bitcoins entschädigt
  • nach jeweils 210.000 neuen Blöcken wird die Vergütung halbiert, d.h. dann werden je Block nur noch halb so viele Bitcoins ausgegeben

Aktuell liegt die Vergütung je Block laut der Webseite BitcoinBlockHalf bei 12,5 Coins je Block. Es werden also 1.800 Bitcoins pro Tag neu generiert:

Anzahl neuer Bitcoins pro Tag = Anzahl Blöcke pro Tag x 12,5 Coins = 6 Blöcke pro Stunde x 24 Std x 12,5 = 1.800

Bis zum Erreichen der nächsten 210.000 Block-Marke werden noch ca. 760 Tage vergehen (ca. 109.449 Blocks bis dahin geteilt durch 144 Blöcke pro Tag). Das wäre dann ungefähr im Mai 2020. Die Details zur Rechnung findet ihr wieder auf BitcoinBlockHalf.

Bis dahin werden also noch insgesamt 1,368 Mio. Bitcoins (= 1.800 x 760) generiert. An jedem weiteren Tag danach wären es dann nur noch 900 Coins pro Tag.

Wir können die Anzahl an Bitcoins also im Wesentlichen auch für jeden beliebigen alternativen Zeitpunkt berechnen. Lediglich die Halbierung der Vergütung ab Mai 2020 (und weitere Halbierungen darüber hinaus, wenn wir richtig langfristig schauen möchten) müssen wir dabei berücksichtigen.


Projektion der Nutzerzahl

Wesentlich schwerer ist im Vergleich zur Prognose der Anzahl an Coins ist die Prognose der Nutzerzahlen, der zweiten wesentlichen Inputgröße.

Hierzu stellen die Autoren der Studie die Vermutung auf, dass zwischen der Marktkapitalisierung von Bitcoin und der Anzahl aktiver Nutzer ein sich gegenseitig befeuernder Zusammenhang besteht.

Heißt einfach ausgedrückt: Steigt die Marktkapitalisierung bzw. der Preis von Bitcoin, dann hat das einen positiven Effekt auf die Nutzerzahlen.

Auch hierzu haben die Autoren der Studie eine Regressionsanalyse durchgeführt:

Quelle: Wheatley et al: Are Bitcoin Bubbles Predictable? (2018)

Wir sehen im Wesentlichen, dass die Wachstumsrate der Nutzerzahlen über die Zeit abnimmt (auf der logarithmischen Skala).

Nutzen wir die Ergebnisse der Regression, dann wächst die Nutzerzahl des Bitcoin-Netzwerks bis 2023 auf ca. 2,6 Mio (von 0,79 Mio. aktuell). Allerdings kann es hier ja nach Umfang der Stichprobe recht große Abweichungen geben, sodass eine Prognose auf Basis der Regression laut der Autoren bestenfalls kurzfristig funktioniert.

Mehr Details hierzu lest ihr am besten selbst nach. Hier findet ihr das Paper zum Download.


Fazit

Trotz des Nichtvorhandenseins irgendwelcher Cash Flows, versuchen aktuell viele Wissenschaftler und Investoren Ansätze für die Bestimmung des fairen Wertes von Bitcoin zu entwickeln.

Ein sehr aktueller Ansatz setzt den Marktpreis von Bitcoin (bzw. die Marktkapitalisierung) in Zusammenhang zur Nutzerzahl des Netzwerks und nutzt damit da so genannte Metcalfesche Gesetz, welches in den 1980er Jahren entwickelt wurde, um den Nutzen von Kommunikationsnetzwerken zu bewerten.

Das so genannte Market to Metcalfe Ratio sagt uns, ob der Markt aktuell überbewertet (Ratio > 1), fair bewertet (Ratio = 1) oder unterbewertet (Ratio < 1) ist.

Bis auf eine recht kurze Phase in den Jahren 2015 und 2016 war der Markt nach dieser Logik im Wesentlichen immer stark überbewertet (es haben sich also Blasen entwickelt).


Weitere Ressourcen

Falls ihr Interesse an mehr Details habt und vielleicht auch die konkreten Formeln besser nachvollziehen möchtet, dann lest euch am besten das originale Paper einmal durch (das Paper enthält übrigens noch ein paar weitere Referenzen und Literaturhinweise):

Wheatley et al: Are Bitcoin Bubbles Predictable? Combining a Generalized Metcalfe’s Law and the LPPLS Model (2018)

2 Kommentare zu „Das Market to Metcalfe Ratio: Eine neues Bewertungsmodell für Bitcoin“

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