Dies ist Teil 5 meiner Artikelreihe zu den verschiedenen Anlageklassen: Eigentumswohnungen bzw. Immobilien (Real Estate).
Immobilien werden von vielen eher als unattraktive Anlageform bezeichnet, weil langfristige Analysen eine Rendite weit unter denen einer Investition in Aktien aufzeigen (3-4% versus ~8-10% pro Jahr) und darüber hinaus die Verwaltung von vermieteten Immobilien recht aufwendig ist.
Ich denke aber, dass hierbei oft vergessen wird, dass einer der großen Vorteile von Immobilieninvestitionen durch die Nutzung von Leverage, also durch Fremdkapital zustande kommt. Eigentlich finanziert niemand seine Wohnung oder sein Haus nur mit eigenem Geld. Und Aktien mit geliehenem Geld kaufen machen eigentlich auch nur sehr erfahrene Investoren.
Der Effekt von Fremdkapital auf die Rendite von Immobilien
Um den Effekt von Fremdkapital auf die Rendite genauer zu verstehen, schauen wir uns einmal an, wie sich die Rendite einer Immobilie eigentlich zusammensetzt.
Da gibt es auf der Investitionsseite zunächst mal den Kaufpreis und die Kaufnebenkosten, also Kosten für den Kauf der Wohnung sowie Maklerprovision, Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten. Die Kaufnebenkosten machen je nach Bundesland in Summe inzwischen ca. 12% vom Kaufpreis aus.
Auf der Einnahmenseite haben wir einerseits den so genannten Reinertrag bzw. das Net Operating Income (NOI) aus den laufenden Mieteinnahmen sowie andererseits die Wertsteigerung der Immobilie.
Der Reinertrag / das NOI wird folgendermaßen berechnet:
Reinertrag / NOI = Nettomieteinnahmen – Bewirtschaftungskosten – Leerstandskosten bzw. Mietausfallwagnis.
Die Rendite unserer Immobilie wird dann folgendermaßen berechnet (vereinfacht):
Rendite = Reinertrag / Kaufpreis inkl. Kaufnebenkosten
Beispiel:
Nehmen wir an, es handelt sich um eine Eigentumswohnung mit Mieteinnahmen von 320 EUR/Monat, die für 85.000 EUR angeboten wird.
Der Kaufpreis inkl. Nebenkosten wäre dann ca. 95.200 EUR, die Jahresmieteinnahmen 3.840 EUR. Vereinfacht nehmen wir an, dass die Wohnung im Wert nicht weiter zunimmt und dass 20% der Mieteinnahmen für die Bewirtschaftung, also Instandhaltung, Leerstand etc. anfallen.
Wir haben also eine Rendite pro Jahr von ca. 3,2%:
Rendite = 3.840 x (1 – 0,2) / 95.200 = 3.072 / 95.200 EUR
Was passiert aber nun, wenn wir 90% des Kaufpreises über unsere Bank zu einem Zinssatz von 2% finanzieren?
Unser Eigenkapitaleinsatz verringert sich auf 18.700 EUR (Fremdkapital von 76.500 EUR) und unser Ertrag verringert sich um die jährliche Zinszahlung an die Bank:
Eigenkapital = Eigenkapital + Kaufnebenkosten = 10% x 85.000 + 12% x 85.000 = 18.700 EUR
Ertrag = 3.840 x (1 – 0,2) – 2% x 76.500 = 1.542 EUR
Daraus folgt eine Rendite pro Jahr von 8,2%:
Rendite = 1.542 / 18.700 = 8,2%
Unter Berücksichtigung des Fremdkapitalanteils ist das also schon um einiges attraktiver und sogar bei der angenommenen, recht hohen Bewertung der Immobilie ganz in Ordnung (hängt natürlich etwas von unserem Renditeanspruch und unseren Investitionsalternativen ab). Wenn wir darüber hinaus noch eine Wertsteigerung unserer Wohnung berücksichtigen, dann wird das Ganze noch besser.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch einige Faktoren, die eine Investition in Immobilien bzw. Eigentumswohnungen (jedenfalls im kleinen Maßstab) etwas komplizierter machen.
Weitere Charakteristika von Immobilieninvestments
Verringerung der Rendite über Zeit
Die Rendite unserer Immobilieninvestition verringert sich über die Zeit: Typischerweise würden wir zu Beginn ca. 1-3% der Schulden pro Jahr tilgen. Über Zeit wird also unser investiertes Eigenkapital ansteigen und unsere Zinszahlungen abnehmen, bis wir schlussendlich, wenn wir die Wohnung komplett abbezahlt haben, bei unserer Eigenkapitalrendite von 3,2% wie oben beschrieben ankommen.
Netto-Mieteinnahmen müssen die Ratenzahlungen abdecken
Wir müssen sicherstellen, dass wir mit unseren Mieteinnahmen noch die Bewirtschaftungskosten und die Ratenzahlungen abdecken können. Falls wir da jeden Monat drauf zahlen, haben wir immer weniger Spielraum für weitere Investitionen. Gleichzeitig sollten wir darauf achten, dass wir gleichzeitig auch entsprechende Tilgungsrate haben. Dies ist beim derzeitigen Preisniveau in den Großstädten aus meiner Sicht schon schwierig.
Gibt es noch eine positive Korrelation mit der Inflation?
Grundsätzlich sollten die Immobilienpreise positiv mit der Inflation korrelieren. Mit dem Anstieg der Preise über Zeit steigen normalerweise auch die Mieten. Und je höher die Mieten, desto höher der Immobilienwert. Der Wert einer Immobilie ist ja nichts anderes als der zukünftig erwartete Cash Flow aus der Miete. Bei der derzeitigen demografischen Entwicklung und den niedrigen Zinssätzen in Deutschland besteht mittelfristig allerdings auch die Möglichkeit eines Wertrückgangs.
Wir müssen uns also bei unserer Einschätzung der Lage etc. recht sicher sein oder einen entsprechenden Abschlag auf den Kaufpreis einkalkulieren.
Verwaltungsaufwand
Ggf. kommen noch höhere Bewirtschaftungskosten und auch Maklerkosten auf uns zu, wenn wir die Verwaltung komplett an eine Hausverwaltung abgeben bzw. die Vermietung über einen Makler abwickeln möchten. Gerade wenn wir zu Beginn nur ein oder zwei Wohnungen besitzen, werden wir vermutlich die Verwaltung noch selbst übernehmen.
Die Immobilie wird also Verwaltungsaufwand bei uns erzeugen. Der ist zwar in Summe kaum der Rede wert. Allerdings sollten wir gut mit Problemen umgehen können und ggf. in der Lage sein, diese schnell zu lösen (bzw. lösen zu lassen).
Illiquides Investment
Die Immobilie als Investition ist nicht besonders liquide. Das heißt, sie lässt sich typischerweise nicht ohne zusätzliche Kosten schnell verkaufen und in Bargeld umwandeln. Besitzen wir eine Immobilie weniger als 10 Jahre, dann greift die so genannte Spekulationsfrist. Alle Gewinne aus dem Verkauf müssen wir dann mit unserem persönlichen Einkommensteuersatz (Grenzsteuersatz) versteuern. Haben wir außerdem mit unserer Bank eine Zinsbindung über 10 Jahre vereinbart, dann wird bei Ablösung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Das heißt die Bank verlangt für die ihr entgangenen Zinsen einen Geldbetrag als Entschädigung.
Wir sollten also nur Geld investieren, dass wir kurz- und mittelfristig nicht für andere Zwecke benötigen.
Negativer Leverage-Effekt
Es könnte eine Kombination aus Immobilienrendite und Zinsniveau geben, bei der wir einen negativen Leverage-Effekt haben, d.h. bei der unsere Rendite mit jedem Euro Fremdkapital immer schlechter wird. Dies tritt immer dann auf, wenn unsere Rendite ohne Fremdkapital geringer ist als der Zinssatz. Bei dem niedrigen Zinsniveau, das wir heute haben, sollte dieser Fall aber eigentlich nicht auftreten.
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Fazit
Das Beispiel aus der obigen Berechnung ist übrigens nicht vollkommen aus der Luft gegriffen. Vor ein paar Wochen wurde mir eine Wohnung mit sehr ähnlichen Kennzahlen tatsächlich angeboten.
Alles in allem können Immobilien eine interessante und attraktive Anlageform sein. Wir müssen uns allerdings darüber im Klaren sein, dass eine Immobilie etwas Aufwand mit sich bringt und in unsere Kalkulation alle wesentlichen Kosten enthalten muss (erwartete Erhaltungskosten, Mietausfälle, Maklerprovision). Ansonsten könnte es passieren, dass wir uns langfristig in eine Situation reinmanövrieren, die wir eigentlich gar nicht wollen.
Weitere Teile dieser Artikelreihe
Hier die Übersicht über die anderen Anlageklassen bzw. weiteren Teile dieser Artikelreihe:
- Bargeld, Sparbuch und Ähnliches (Cash)
- Lebensversicherungen
- Aktien (Equities)
- Festverzinsliche Wertpapiere (Fixed Income)
- Immobilien (Real Estate)
- Rohstoffe
- Andere alternative Investments
- Private Equity / Hedge Funds
- Solaranlagen und Windkraftanlagen
- Anteile an anderen “realen” Assets, wie z.B. Schiffen, Wasserkraftwerken oder Ackerland
- Unternehmensbeteiligungen, z.B. an Start-Ups
- Genossenschaftsanteile
- Peer-to-Peer Lending (Fremdkapital verleihen bzw. Kredite vergeben)