CAGR berechnen

CAGR berechnen: Wieso, weshalb, warum… und wie!

CAGR berechnen

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CAGR berechnen

Vielleicht habt ihr den Begriff bzw. die Abkürzung “CAGR” ja schonmal gehört? Aber auch wenn das nicht der Fall sein sollte, habt ihr als DIY Investoren mit Sicherheit bereits mit einem CAGR zu tun gehabt. Der CAGR ist nämlich nichts anderes als die durchschnittliche Wachstumsrate einer bestimmten Kennzahl über einen festgelegten Zeitraum. Wenn ihr also auf Yahoo Finance, Onvista oder einem beliebigen Aktienscreener einmal das durchschnittliche Gewinnwachstum der letzten 5 Jahre seht, dann wurde für die Berechnung vermutlich die CAGR-Formel verwendet.

In diesem Artikel möchte ich einmal darauf eingehen, wie wir den CAGR berechnen und für welche Anwendungsfälle wir ihn nutzen können… und als erstes natürlich darauf, wofür diese kryptische Abkürzung überhaupt steht!.

Disclaimer: In meinem gesamten Umfeld ist “CAGR” übrigens ein männlicher Begriff. Deshalb spreche ich hier auch immer von dem CAGR. Keine Ahnung, was hier richtig ist ehrlich gesagt…


Was ist der CAGR bzw. wofür steht die Abkürzung?

CAGR ist eine Abkürzung des englischen Begriffs “Compound Annual Growth Rate” und bedeutet übersetzt soviel wie “durchschnittliche jährliche Wachstumsrate”. Das heißt wir schauen uns über einen Zeitraum von mehreren Jahren an, wie groß das Wachstum einer bestimmten Kennzahl im Durchschnitt pro Jahr gewesen ist.

Beispiel: Wächst der Gewinn eines Unternehmens in Jahr 1 im Vergleich zum Vorjahr von 100 EUR auf 150 EUR (+50%), nur um dann im Folgejahr wieder auf 75 EUR zu schrumpfen (-50%), dann beträgt die durchschnittliche Wachstumsrate bzw. der CAGR genau -13,4% pro Jahr:

100 * (1 + (-13,4%)) x (1 + (-13,4%)) = 75

Außerdem: Auch wenn der Name das zunächst suggeriert, können wir den CAGR übrigens nicht nur auf Jahresbasis, sondern auch auf Monats-, Wochen- oder sogar Tagesbasis bestimmen (kommt aber eher seltener vor). Die Formel funktioniert für andere Zeiträume in der gleichen Art und Weise.


Häufige Anwendungsfälle des CAGR

Vor allem im Investment-Kontext begegnet uns der CAGR verhältnismäßig häufig. Für diejenigen unter euch, die eine auf Wachstum oder die Erzielung eines passiven Einkommens ausgelegte Portfoliostrategie verfolgen, sind z.B. die historischen Wachstumsraten für Umsatz, Gewinn oder Dividende immens wichtig.

Aber auch für den klassischen Value Investing Ansatz à la Warren Buffett… erwiesenermaßen ist es ja so, dass sich mit Unternehmen mit starken Wettbewerbsvorteilen UND gleichzeitig starkem Wachstum über Zeit tendenziell die besten Returns erzielen lassen (jedenfalls dann, wenn die entsprechenden Aktien zu einem fairen Kurs erworben wurden).

Das heißt in irgendeiner Form verwenden wir vermutlich alle von Zeit zu Zeit Kennzahlen, die auf Basis des Konzepts des CAGR ermittelt wurden.


Den CAGR berechnen: Herleitung

Den CAGR berechnen ist im Grunde genommen ganz simpel und erfordert eigentlich nur ein solides Verständnis der Zinseszinsrechnung. Diese bildet nämlich den Ausgangspunkt für die Herleitung des CAGR.

Ausgehend von einem Wert heute (Wert 0) ergibt sich bei einem konstanten Zinssatz r über einen Zeitraum n ein bestimmter Endwert (Wert 1).

Wert0 x (1 + r)n = Wert1

Wenn ihr also z.B. 10.000 EUR langfristig zu einem Zinssatz von 2% anlegt, dann habt ihr nach 10 Jahren einen Betrag von 12.190 EUR:

Wert nach 10 Jahren = 10.000 x (1 + 0,02)10 = 12.190 EUR

Weil wir ja die Wachstumsrate r bzw. den CAGR berechnen wollen, müssen wir die Formel noch etwas umstellen und nach r bzw. dem CAGR auflösen:

CAGR berechnen - Herleitung der CAGR-Formel

Wie ihr sehen könnt, spielen die Zwischenjahre (also im obigen Beispiel die Jahre 1 bis 9) in der Berechnung des CAGR gar keine Rolle. Aus diesem Grund ist es auch egal, wie die Jahre zwischen dem Ausgangs- und dem Endpunkt genau aussehen. Ob das Wachstum nun konstant ist oder sogar auch mal negativ ist für die Berechnung vollkommen irrelevant, solange Anfangs- und Endwert identisch sind:

Wie wir später aber noch sehen werden, spielt es natürlich ggf. für unsere Investitionsentscheidung eine große Rolle, ob die Gewinnentwicklung über Zeit eher stabil ist wie auf der linken Seite dargestellt oder doch eher volatil verläuft wie rechts zu sehen.

Also wichtigste Erkenntnis hier: Mit dem CAGR ist keine Aussage über die Entwicklung von Umsatz, Gewinn oder Dividende in den Jahren zwischen Anfangs- und Endpunkt möglich.

CAGR berechnen in Excel

Auch in Excel können wir die Berechnung des CAGR bzw. der Compound Annual Growth Rate sehr einfach umsetzen.

Im Folgenden seht ihr einmal ein Beispiel:

CAGR berechnen in Excel

Im Grunde genommen lässt sich also die gesamte Formel automatisiert in Excel abbilden. Für die Umsetzung gibt es nach meiner Erfahrung zwei Alternativen. Die Formeln könnt ihr übrigens so verwenden wie dargestellt. Ihr müsst nur die entsprechenden Werte in eurem Spreadsheet richtig verlinken:

(Endwert/Anfangswert)^(1/(Jahr n – Jahr 0)) -1

oder

(Endwert/Anfangswert)^(1/(n Jahre)) -1

Wenn ihr die Formel ohne die explizite Berücksichtigung von Anfangs- und Endjahr (also Alternative 2) verwendet, dann solltet ihr darauf achten, mit der Zählung der Jahre immer bei Null anzufangen. In der oben dargestellten Zeitreihe betrachten wir zwar in Summe eine Entwicklung über acht Jahre. Weil ein Wachstum aber natürlich immer nur zwischen zwei Jahren stattfindet, berechnen wir den CAGR mit n = 7 Jahren.


Sonderfälle: CAGR mit negativen Zahlen etc.

Manchmal beschäftigen wir uns im Rahmen der Unternehmensanalyse außerdem mit Unternehmen, bei denen sich der Gewinn über die Zeit z.B. vom Negativen ins Positive dreht oder aber über den gesamten Zeitraum negativ ist. In diesen und anderen Fällen funktioniert die Berechnung des CAGR mit der oben hergeleiteten CAGR-Formel leider nicht.

Folgende Fälle können wir aus meiner Sicht unterscheiden:

  1. Entwicklung von positiv zu positiv – Standardfall, Formel funktioniert
  2. Entwicklung von positiv bis auf Null  – Standardfall, Formel funktioniert
  3. Entwicklung von positiv zu negativ  – Formel ergibt keine vernünftige Lösung
  4. Entwicklung von Null zu positiv – Formel ergibt Division durch Null bzw. Wachstum ist gleich unendlich
  5. Entwicklung von negativ zu positiv – Formel ergibt keine vernünftige Lösung
  6. Entwicklung von negativ bis auf Null – Formel ergibt keine vernünftige Lösung
  7. Entwicklung von negativ zu negativ – Formel ergibt keine vernünftige Lösung

Es gibt zwar im Netz hier und da einen Vorschlag für eine Anpassung der CAGR-Formel speziell im letzten Fall (also die Entwicklung von negativ zu negativ). Allerdings habe ich bisher noch keinen Ansatz gefunden, der wirklich funktioniert und bei dem ich nicht mithilfe einer simplen Rückwärtsrechnung auf einen komplett anderen Ausgangswert gekommen wäre.

Also: Den CAGR berechnen ist nur in bestimmten Konstellation von Zahlen überhaupt sinnvoll, nämlich dann, wenn der Ausgangswert größer als Null (also positiv) ist und wenn es gleichzeitig keinen Vorzeichenwechsel gibt.

Glücklicherweise können wir uns bei den meisten dieser Sonderfälle damit beruhigen, dass es sich vermutlich nicht um besonders gute Unternehmen und damit auch keine besonders guten Investments handelt. Für eine Detailanalyse solcher Unternehmen würden wir dann ohnehin vermutlich eher einen Deep Value Bewertungsansatz basierend auf den Bilanzkennzahlen à la Benjamin Graham verwenden.

Bei den typischen Aktienscreenern müssen wir aber trotzdem etwas aufpassen, denn: Ein Wert, wie wenig sinnvoll er auch sein mag, wird in den meisten Fällen schon berechnet.


Nicht vernachlässigen: Die Entwicklung in den Zwischenjahren!

Wie bereits oben angedeutet, sind die Zwischenjahre für eine Investitionsentscheidung nicht ganz unwichtig, bleiben bei der Berechnung des CAGR bzw. der Wachstumsrate allerdings unberücksichtigt.

Wenn wir nämlich analog zu Warren Buffett (oder auch analog zum Ansatz von Charlie Tian in seinem Buch Invest like a Guru) nur in großartige Unternehmen mit stabilen Wettbewerbsvorteilen, hohen Kapitalrenditen und hohen Gewinnmargen investieren möchten, dann spielt die Entwicklung in den Zwischenjahren natürlich eine gewichtige Rolle.

Unter anderem möchten wir ja verstehen, ob und inwieweit ein Unternehmen z.B. von einer Wirtschaftskrise negativ getroffen werden würde. Großartige Unternehmen haben nämlich eine Tendenz dazu, solche Krisen quasi ohne Gewinneinbußen zu überstehen.

In welches der folgenden Unternehmen würdet ihr also lieber investieren (beide haben wie ihr seht das gleiche Gewinnwachstum, also den gleichen CAGR, vorzuweisen)?

CAGR berechnen - Zwischenjahre

Ich denke die Antwort ist offensichtlich. Das links dargestellte Unternehmen finden wir natürlich besser.

Allein den CAGR des Umsatz- oder Gewinnwachstums zu berechnen (oder diese Kennzahl in unserem Screener zu berücksichtigen), hilft uns also im Zweifel nur begrenzt weiter.

Auch die Konsistenz bzw. Stabilität des Gewinns oder des Umsatzes über die Zeit sind wichtige Indikatoren. Wenn wir Zugang zu den historischen Unternehmensdaten haben, können wir die Stabilität des Gewinns (heißt die Konsistenz der Entwicklung über Zeit) z.B. einfach anhand einer grafischen Darstellung ablesen und eine Einschätzung treffen.

Als Alternative können wir die Korrelation mit dem idealtypischen Verlauf der Gewinnentwicklung ermitteln. Ist diese gleich 1, dann entspricht die reale Wachstumsrate in den Zwischenjahren exakt dem CAGR.

Die Stabilität von Umsatz, Gewinn und Dividende als Indikator ist übrigens im Aktienfinder-Screen von Torsten Tiedt enthalten. In einem anderen Screen habe ich das bisher noch nicht gesehen.


Fazit

Der CAGR ist eine Abkürzung des englischen Begriffs “Compound Annual Growth Rate” und repräsentiert die durchschnittliche Wachstumsrate über einen bestimmten Zeitraum, wobei die Entwicklung in den Zwischenjahren (also den Jahren zwischen Start- und Endpunkt) keine Rolle spielt.

Im Investment-Kontext wird der CAGR oft für die Berechnung des historischen Umsatz-, Gewinn- oder Dividendenwachstums verwendet. Allerdings liefert die Formel nur sinnvolle Ergebnisse, wenn der Ausgangspunkt größer als Null ist. Diese Einschränkung ist für uns wichtig, da bestimmte Kategorien von Unternehmen – z.B. Zykliker –  ja auch mal für gewisse Zeiträume Verluste (also negative Gewinne) einfahren können.

Wir können den CAGR berechnen, indem wir einfach die Zinseszinsformel etwas umstellen und nach dem Zinssatz bzw. der Wachstumsrate auflösen.


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6 Kommentare zu „CAGR berechnen: Wieso, weshalb, warum… und wie!“

  1. Benjamin Graham hat noch einen Hinweis gegeben, um Schwankungen zu kompensieren:

    statt den Jahreswert zu nehmen, sollte man den Mittelwert (n-1, n, n+1) nehmen

    MfG
    Ulrich

  2. Ich finde an den beiden Diagrammen sieht man auch wunderbar, dass der Betrachtungszeitraum viel ausmacht. Gucken wir uns die beiden Unternehmen erst ab 2014 bzw. 2015 bis heute an, sieht die Sache schon erheblich anders aus. Da kommen dann wieder die anderen Qualitätsmerkmale zum Einsatz die man sich anschauen sollte.

    Und danke für den wieder Mal tollen Beitrag.

  3. Benjamin Graham kannte vermutlich nicht den Korrelationskoeffienten.
    Mit diesem und einem Intervall von rund 10 Jahren kann man vermutlich vernünftige Vorhersagen der nahen Zukunft machen. Aber CAGR und Korrelationskoffezient sind nur Indikationen für Wachtumswerte

  4. Hallo,
    danke für deinen guten, ausführlich (und verständlich) geschriebenen Beitrag! Die Excel-Formel habe ich in “OpenOffice Calc” gleich mal nachgebaut und sie funktioniert fehlerfrei. Jetzt muss ich nicht mehr auf die CAGR-Rechner im Internet zurückgreifen. Ich habe die 1. von dir beschriebene Formel verwendet, sie in Klammern gesetzt und noch ein “* 100” dahintergeschrieben, damit das Ergebnis gleich in Prozent erscheint. Das ganze sieht dann so aus: ((Endwert/Anfangswert)^(1/(Jahr n – Jahr 0)) -1)*100

    PS: Ich sage übrigens “Die CAGR”, weil es auf deutsch “DIE jährliche durchschnittliche Wachstumsrate” heißt. Aber wahrscheinlich bin ich wegen meines eigenen Geschlechts ein wenig voreingenommen. 😉

  5. Pingback: ETF Portfolio aufbauen | Gewichtung nach BIP - AktienAufbruch

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