Air Lease: Stabiles Geschäftsmodell mit guten Wachstumsaussichten

Inhalt

Air Lease Aktie - Flugzeugleasing

Das Leasing von Flugzeugen an große Fluggesellschaften als Geschäftsmodell wurde in der letzten Zeit bereits an mehreren Stellen behandelt. Unter anderem hatten Woodlock House über Air Lease sowie David Einhorn und Horos Asset Management über AerCap geschrieben bzw. berichtet. Grund genug für mich, mir das Geschäft mit dem Leasing von Flugzeugen für DIY Investor auch einmal etwas detaillierter anzusehen.

Kleine Randnotiz in eigener Sache: Es hat mich übrigens einiges an Ãœberwindung gekostet, hier eine Idee vorzustellen, die nicht “unique” ist und über die mehrere Investoren an anderer Stelle bereits berichtet haben. Als Blogger möchte ich meinen Lesern natürlich einerseits möglichst originäre Inhalte bieten. Als Investor andererseits möchte ich mich allerdings nicht limitieren lassen und gute Ideen ausschließen, nur weil sie von anderen bereits betrachtet wurden (genau diese Tendenz hatte ich ja bereits in den 5 Biases von Value Investoren beschrieben). In diesem Sinne hoffe ich, dass mein Artikel auch für diejenigen, die Air Lease bereits kennen, noch einige neue Insights enthält.


Background und Geschäftsmodell von Air Lease

Das Geschäftsmodell der in 2010 gegründeten Air Lease unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem einer Immobilien-AG wie Vonovia oder DEFAMA, nur dass es sich bei den vermieteten (bzw. verleasten) Vermögenswerten um bewegliche Sachen handelt.

Flugzeuge werden von Air Lease zu günstigen Konditionen bei den großen Flugzeugbauern Airbus und Boeing gekauft und anschließend von über 90 Fluggesellschaften aus über 50 Ländern langfristig geleast. Bei den Leases handelt es sich großtenteils um so genannte “Triple Net Leases” bei denen die Fluggesellschaft neben der Leasingrate selbst auch alle operativen Kosten inkl. der Instandhaltungskosten übernimmt. D.h. mit dem operativen Betrieb der Flugzeuge hat Air Lease rein gar nichts zu tun.

Die Cash Flows sind aufgrund der lang laufenden Leasingverträge recht stabil und gut prognostizierbar. Air Lease fokussiert sich auf junge und moderne Flugzeuge, die grob während des ersten Drittels ihrer Nutzungsdauer (also bis sie ca. 8-10 Jahre alt sind) im Portfolio gehalten werden. Die Flotte, hauptsächlich bestehend aus den am weitesten verbreiteten und deshalb im Handel liquidesten “Single Aisle” Fliegern, ist deshalb im Durchschnitt nur knapp unter 4 Jahre alt.

Warum Fluggesellschaften einen Teil ihrer Flotte leasen

Der Leasing-Anteil an der gesamten Flugzeugflotte liegt weltweit inzwischen bei ca. 40% (von ca. 25% in 2000 und ca. 2% in 1980). Fluggesellschaften leasen einen Teil ihrer Flotte aus verschiedenen Gründen:

  • Sie benötigen weniger Cash und müssen sich nicht um Anzahlung und Finanzierung der Flugzeuge kümmern
  • Die Fluggesellschaften können atmen was ihre Flottengröße angeht. Leasing erlaubt ihnen, ihre Flotte flexibel auf Wettbewerb, Marktumfeld etc. anzupassen
  • Die Airlines können neue Flugzeuge zu einem früheren Zeitpunkt ins Portfolio nehmen, weil die Leasing-Gesellschaften aufgrund ihrer Größe typischerweise die besseren Lieferpositionen innehaben (Air Lease repräsentiert aktuell ca. 14% der Orderbücher von Airbus und Boeing und ist damit einer der größten – wenn nicht sogar der größte – Einzelkunde)
  • Die Fluggesellschaft braucht nicht das Restwertrisiko zu tragen, weil sie das Flugzeug nach Ende des Leasingvertrages an den Leasinggeber zurückgeben kann
  • Fluggesellschaften können geleaste Flugzeuge recht schnell auch in Sondersituationen einsetzen und so ihren Flugplan aufrecht erhalten. Das gilt z.B. für den aktuellen Fall der Boeing 737 MAX 8, die ja erstmal nicht mehr starten darf

Aus diesen Gründen wird das Leasing von Passagierflugzeugen auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Flugzeugmarkt spielen.

Bezogen auf den Kapitaleinsatz bzw. den Nettobuchwert der Flugzeuge (hier ist der durchschnittliche Buchwert gemeint, also das Mittel aus dem Buchwert am Jahresanfang und am Jahresende) sind die Leasing-Umsätze recht stabil bei ca. 11,5% und damit recht unabhängig von den globalen makroökonomischen Zyklen. Die durchschnittliche Rest-Leasingdauer des Air Lease Portfolios liegt aktuell bei ca. 7 Jahren.

Auf der Kostenseite gibt es eigentlich nur drei wesentliche Blöcke:

  • Zinszahlungen: Der durchschnittliche Zinssatz liegt aktuell bei ca. 3% inkl. Risikoprämie. Mehr als 80% der Schulden haben einen festen Zinssatz, ca. 90% der Kredite sind unbesichert, d.h. werden einzig und allein auf Basis des Kreditratings vergeben und benötigen kein konkretes Flugzeug als Sicherheitsleistung
  • Abschreibungen: Die Abschreibungsdauer von 25 Jahren (bei einem angenommenen Restwert von 15%) liegt etwas unter der tatsächlichen Nutzungsdauer von 30 bis 40 Jahren je Flugzeug, was tendenziell zu einem niedrigeren Nettogewinn, aber auch zu stillen Reserven führt
  • Zentralkosten: Die Vertriebs- und Verwaltungskosten sind mit ca. 6,0% vom Umsatz niedrig im Wettbewerbsvergleich. Darüber hinaus sind klare Skaleneffekte erkennbar (in 2012 betrugen die SG&A-Kosten noch 8,7% vom Umsatz)
Air Lease SG&A Kosten

Air Lease SG&A Kosten als Anteil vom Umsatz [%], Quelle: Geschäftsberichte Air Lease

Ca. 70-80% der Investments in neue Flugzeuge werden mit Fremdkapital getätigt, sodass das Debt/Equity Ratio meist irgendwo zwischen 2,5 und 3,0 liegt. Gegebenenfalls werden Teile der Investments durch opportunistische Asset-Verkäufe finanziert… bzw. müssen durch Asset-Verkäufe finanziert werden, um die Grenzwerte bzgl. des D/E Ratios einzuhalten.

Insgesamt ergibt sich aus diesen Charakteristika ein Geschäftsmodell mit einer Eigenkapitalrendite nach Steuern von ca. 12%, wie ihr aus der folgenden Tabelle entnehmen könnt:

Air Lease Economics - ROE

Economics Air Lease (Herleitung Return on Equity) 

Wie ihr seht, ist die Rendite bezogen auf das Gesamtkapital noch recht überschaubar und wird erst durch den Leverage-Effekt, also den Einsatz von ca. 70% Fremdkapital sehr attraktiv. Das gleiche gilt für den freien Cash Flow. Aufgrund des hohen CapEx Bedarfs in der Wachstumsphase ist der freie Cash Flow (vor Berücksichtigung der Nettoneuschuldenaufnahme) erstmal negativ.

Die Fremdkapitalquote (D/E Ratio) ist bei solchen Geschäftsmodellen typischerweise außerdem der das Wachstum begrenzende Faktor. Regelmäßige Kapitalerhöhungen können das Wachstum dem entsprechend nochmals beschleunigen, wenn es entsprechende Opportunitäten im Markt gibt. Air Lease hat von dieser Möglichkeit seit dem IPO in 2011 allerdings soweit ich weiß noch keinen Gebrauch gemacht.

Über die Zeit ergeben sich daraus die folgenden grundsätzlichen internen Werttreiber für das Geschäftsmodell von Air Lease:

  • Umsatzwachstum durch Zukauf weiterer Flugzeuge und Leasing ebendieser an die Fluggesellschaften
  • Verbessertes Kredit-Rating und damit Reduzierung des Risikoaufschlags auf den Basiszins mit zunehmender Größe
  • Größtes Orderbuch bei den großen OEMs und damit ggf. Verhandlung (noch) besserer Einkaufskonditionen sowie Lieferpositionen mit Airbus und Boeing
  • Heben von Skaleneffekten (Economies of Scale) bzgl. der Zentral- bzw. SG&A-Kosten

Air Lease wird weiterhin von einem sehr erfahrenen Management-Team geführt. Sowohl der aktuelle CEO John L. Plueger als auch der Vorsitzende des Verwaltungsrates Steven F. Udvar-Hazy bringen jeweils mehrere Jahrzehnte Erfahrung im Flugzeugleasing-Geschäft auf die Waage. Udvar-Hazy war 1973 bereits Mitgründer und bis 2010 außerdem CEO von ILFC (International Lease Finance Corp.), einer der ersten Flugzeugleasing-Gesellschaften überhaupt und Vorläufer des Air Lease Konkurrenten AerCap.


Kapitalmarktsicht auf Air Lease

Die aktuell vorhandenen gesamtwirtschaftlichen Risiken – der Handelsstreit, die fragile Konjunktur in China, der anstehende Brexit, die wieder aufflammende Krise in Italien etc. – schüren bei den Marktteilnehmern die Angst vor zurückgehenden Fluggastzahlen und vor weiteren Airline-Pleiten. Nach der Insolvenz von Air Berlin in 2017 gingen weltweit noch einige weitere Airlines in Konkurs, u.a. Germania, Small Planet, Jet Airways, Avianca Brazil etc. (eine umfassendere Liste findet ihr z.B. hier). Zunehmende Airline-Insolvenzen können auf Seiten der Leasing-Gesellschaften natürlich zu entsprechenden Zahlungsausfällen und ggf. sogar zu Problemen mit der Rückführung bzw. Wiederinbesitznahme von Flugzeugen führen.

Darüber hinaus sorgen steigende Zinsen in den USA für zusätzliche Unsicherheit hinsichtlich der (Re-)Finanzierungskosten der Leasing-Gesellschaften. Wie bereits kurz angedeutet, ist eine hohe Verschuldung Kernbestandteil des Geschäftsmodells und deshalb die Abhängigkeit vom Zinsumfeld recht groß. Zu den Risiken daraus aber weiter unten noch etwas mehr.

Kursentwicklung Air Lease

Kursentwicklung Air Lease; Quelle Yahoo Finance

Der aktuelle Aktienkurs von Air Lease befindet sich mit ca. 38 USD je Aktie allerdings noch signifikant oberhalb des kürzlichen Tiefs von ~28 USD. Eine weitere Verstärkung des negativen Sentiments könnte den Kurs deshalb durchaus noch etwas weiter nach unten drücken.


Investment Thesis

Zukünftige Werttreiber

Das geplante Wachstum von Air Lease basiert auf den Annahmen, dass (1) der Flugverkehr bzw. der Bedarf an Flugzeugen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter zunehmen und dass (2) der Anteil an geleasten Flugzeugen am gesamten Flugverkehr und/oder der Anteil von Air Lease am Leasing-Markt ebenfalls weiter zunehmen wird. Diese Annahmen fußen auf mehreren übergeordneten Trends:

  1. Einer immer größer werdenden Mittelklasse speziell in den Entwicklungsländern
  2. Teilweise Abkehr vom “Hub and Spoke” Konzept hin zu mehr direkten Stadt-zu-Stadt Routen (auch auf Langstrecke)
  3. Die zunehmende Ãœberalterung der existierenden Flugzeugflotte und damit signifikanter Erneuerungsbedarf
  4. Weiterhin hohe Anforderungen an die Flexibilität und Kosteneffizienz der Airlines
  5. Die Größe des Orderbuchs der Leasing-Gesellschaften in Verbindung mit den langen Lieferzeiten bzw. Order-Backlogs bei den wichtigsten Flugzeugtypen

Ich glaube es ist recht unstrittig, dass der Flugverkehr über die nächsten Jahre noch weiter zunehmen wird und das aus den oben genannten Gründen. Im Grunde genommen werden sich immer mehr Menschen das Fliegen leisten können (trotz vermutlich höherer Preise aufgrund steigender Umweltstandards). Darüber hinaus wird über die nächsten 20 Jahre fast die Hälfte der aktuellen Flugzeugflotte ersetzt werden müssen.

Auch die Flugzeugbauer haben inzwischen den Trend hin zu mehr Direktflügen und damit kleineren Flugzeugen erkannt. So stellte Airbus auf der Paris Air Show kürzlich seinen A321 XLR vor, einen modifizierten A321, der aufgrund eines zusätzlichen Tanks auch für Langstreckenflüge geeignet ist. Wie bei vielen anderen Airbus-Flugzeugen ist Air Lease übrigens hier auch wieder “Launch Customer”, also einer der ersten Kunden für den Flieger.

Air Lease Flugzeugleasing Wachstumstreiber

Wesentliche Wachstumstreiber Flugzeugleasing; Quelle: Air Lease Investorpräsentationen

Aufgrund ihrer finanziellen Position bzw. Situation und auch aufgrund der langen Lieferzeiten für neue Flugzeuge, werden sich die Airlines nach wie vor auf die Leasinggesellschaften verlassen müssen. Viele Airlines werden selbst bei eigener Finanzierung der neuen Flieger wegen der Lieferzeiten mindestens übergangsweise auf die Leasing-Gesellschaften angewiesen sein.

Das liegt unter anderem auch am hohen Wettbewerbsdruck auf die Fluggesellschaften und damit dem starken Fokus auf Kosteneffizienz. WizzAir z.B., ein lokaler Billigflieger mit Fokus auf Osteuropa und ebenfalls Kunde von Air Lease, schätzt, dass sich die operativen Kosten durch die Erneuerung der Flotte (vom A321 CEO hin zum A321 NEO) um bis zu 20% verringern werden. Gerade hier bieten Flotte und Lieferpositionen von Air Lease große Vorteile im Vergleich zum Wettbewerb (AerCap etc.), aber auch zu den Möglichkeiten vieler Airlines:

Air Lease - Operative Kosten Airlines

Die Air Lease Order-Pipeline bei Airbus und Boeing umfasst aktuell ca. 360 Flugzeuge, wovon ein Großteil innerhalb der nächsten fünf Jahre (also bis ca. 2023) ausgeliefert werden soll. Erst kürzlich hat Air Lease auf der Paris Air Show darüber hinaus 21 Stück des neuen Airbus Langstreckenfliegers A321 XLR für die Auslieferung ab 2023 geordert.

Im Jahr 2019 sollen laut den Aussagen des CEO im letzten Earnings Call ca. 5,8 Mrd. USD investiert werden, wobei ca. 3,5 Mrd. USD durch neue Schulden, 1 Mrd. USD aus dem Verkauf gebrauchter Flugzeuge und der Rest aus dem operativen Cash Flow finanziert werden sollen. Das stellt im Vergleich zu den Vorjahren eine ganz andere Größenordnung dar, denn bisher wurde in einem einzelnen Jahr maximal 3,5-3,8 Mrd. USD in neue Flugzeuge investiert (je nachdem, ob man die Innenausstattung mitzählt oder nicht).

Für einen Großteil der neuen Flugzeuge existieren bereits Leasingvereinbarungen mit verschiedenen Fluggesellschaften, die aber erst in Kraft treten, wenn die Flugzeuge tatsächlich auch ausgeliefert wurden. D.h. die aktuellen Lieferengpässe bei Airbus und Boeing sollten bei Air Lease nicht zu irgendwelchen Regressansprüchen seitens der Airlines führen.

Hier einmal die geplanten Auslieferungen an Air Lease durch Airbus und Boeing auf der Zeitachse (die aktuelle Order bei Airbus ist darin noch nicht enthalten):

Orderbuch Air Lease Q1-2019

Geplante Flugzeugauslieferungen Air Lease [# Flugzeuge], Quelle: Investorpräsentation Air Lease

In den kommenden fünf Jahren stehen also durchschnittlich ca. 70 Flugzeuge pro Jahr zur Auslieferung an. Bei einem aktuellen Flugzeugbestand von 275 Flugzeugen (Geschäftsjahresende 2018) stellt das ein substantielles Wachstum dar. Speziell für die Jahr 2019 und 2020 wird aber sowohl für Airbus, aber auch für Boeing mit Verzögerungen resultierend aus Engpässen in der Lieferkette bzw. resultierend aus dem Auslieferungsstop der 737 MAX 8 gerechnet. Nur zum Vergleich: Der Konkurrent AerCap hat ca. 1.400 Flugzeuge im Bestand, ist also ungleich größer.

Darüber hinaus sorgen der Verschuldungsgrad bzw. die den Kreditverträgen unterliegenden Covenants aus meiner Sicht aktuell für eine Begrenzung der Wachstumsrate nach oben.

Ohne Kapitalerhöhung (ist bei derartigen Geschäftsmodellen auch nicht unüblich) und bei einem Debt/Equity Ziel von 250% sollte ein Umsatzwachstum von ca. 15% pro Jahr möglich sein. Um die Verschuldung nicht zu weit ansteigen zu lassen und gleichzeitig die georderten Flugzeuge bezahlen zu können, müssen immer auch einige gebrauchte Flugzeuge mit laufenden Leasingverträgen abgegeben werden, was natürlich das Umsatzwachstum etwas ausbremst. Grundsätzlich sollte es aber durchaus möglich sein, zeitweise die Zielmarke beim Debt/Equity Ratio von 2,5 zu überschreiten, ohne Probleme mit den Covenants zu kriegen (Aussage aus einem aktuellen Conference Call).


Valuation und Return Potenzial

Der erwartete Return eines Investments in eine jede Aktie setzt sich i.W. aus drei Bestandteilen zusammen:

  • Dividenden bzw. regelmäßige Ausschüttungen
  • Wertaufholung bei einer Unterbewertung im Vergleich zum aktuellen Unternehmenswert
  • Zukünftiges Wachstum der Gewinne bzw. Cash Flows

Für Air Lease sehe ich für die nächsten paar Jahre durchaus ein Potenzial von >20% pro Jahr, im Wesentlichen getrieben durch ein weiteres Wachstum der Top Line und damit des Nettogewinns je Aktie (EPS) bzw. des operativen Cash Flows:

Air Lease Return Potenzial

Wie ihr sehen könnt, spielen die Dividende und das Aufholen der aktuellen Unterbewertung zwar auch eine gewisse Rolle. Im Vergleich zum Gewinnwachstum treten diese beiden Return-Komponenten jedoch eher in den Hintergrund.


Dividende und Wertaufholung

Die Dividendenrendite von Air Lease ist sehr überschaubar und auch zukünftig wird laut Planungen des Managements der größte Teil des operativen Cash Flow für Investitionen in weitere Flugzeuge verwendet werden. Ich gehe davon aus, dass eine Ausschüttung in der Größenordnung von 10% des erwirtschafteten Nettogewinns auch in Zukunft stattfinden wird.

Die Wertaufholung der Aktie (ausgehend vom aktuellen KGV von ~8) könnte ca. 5% pro Jahr betragen. Bei einer konservativ geschätzten langfristigen Wachstumsrate für die Jahre 6ff von 1,5% sollte das faire KGV irgendwo in der Größenordnung von 10 bis 12 liegen (der historische Durchschnitt über die letzten 8 Jahre lag allerdings trotz attraktiver Wachstumsaussichten nur bei ca. 11,5). Ich schaue mir übrigens das erwartete Langfristwachstum an, weil ich die Wachstumskomponente separat betrachten und nicht als Bestandteil des KGV doppelt zählen möchte.

Air Lease - Historisches KGV und KBV

Historisches KGV und KBV von Air Lease; Quellen: Morningstar, Alpha Vantage

Da es sich beim Flugzeug-Leasing um ein sehr Asset-intensives Geschäftsmodell handelt, habe ich mir auch das Verhältnis zwischen Aktienkurs und Buchwert (KBV bzw. Price/Book) einmal angesehen. Die Air Lease Aktie handelt aktuell unter Buchwert (KBV ~0,9), historisch beim ca. 1,2-fachen. Bei den Assets von Air Lease handelt es sich übrigens fast ausschließlich um Flugzeuge.

Es gibt keine nennenswerten immateriellen Vermögensgegenstände und keinen Goodwill aus irgendwelchen Unternehmensübernahmen. D.h. materieller Buchwert (tangible book value) – also der Buchwert korrigiert um die immateriellen Assets – und Buchwert sind quasi identisch. Darüber hinaus wird – wie oben bereits angedeutet – relativ aggressiv abgeschrieben, was zu stillen Reserven, wenn auch in relativ geringer Größenordnung, führen sollte.


Gewinnwachstum

Der weitaus größte Beitrag zum Return über die nächsten paar Jahre wird aus meiner Sicht aus dem weiteren Wachstum des Gewinns bzw. des (operativen) Cash Flows kommen.

Auf Basis der für die Auslieferung in den nächsten 5 Jahren bereits georderten ca. 360 Flugzeuge sowie auf Basis des Ziel-Korridors für den Verschuldungsgrad von 250% sehe ich ein Umsatzwachstum von ca. 14-15% pro Jahr als realistisch an. Zum Vergleich: Sollte das Wachstum mehr oder weniger wie laut Orderbuch ohne Begrenzung des Verschuldungsgrades stattfinden, kämen wir nach meinen Berechnungen schon in die Größenordnung von 18-20% Umsatzwachstum pro Jahr (natürlich mit einem entsprechenden negativen Effekt auf das Durchschnittsalter der Flotte, weil in einem solchen Szenario quasi keine gebrauchten Flugzeuge verkauft werden würden).

Bei EBITDA-Marge und Abschreibungsquote sehe ich erstmal keine größeren Veränderungen. Durch eine Verbesserung der Zinsdeckung (Interest Coverage) könnte sich aber das Kredit-Rating und damit der Risikoaufschlag auf den Basiszins noch etwas verbessern. Aufgrund der hohen Relevanz der Zinsaufwendungen in der GuV könnte dies zu einem zusätzlichen Wachstum der Gewinnmarge von ca. 1-2% beitragen.

Auf der anderen Seite wird die regelmäßige Ausgabe von Aktienoptionen bzw. neuen Aktien vermutlich zu einer teilweisen Verwässerung des EPS-Wachstums führen. Auf Basis der historischen Entwicklung der umlaufenden Aktien gehe ich von einem negativen Effekt von ca. 0,5% aus.

Alle Effekte zusammengenommen sehe ich für die kommenden Jahre ein EPS-Wachstum in der Größenordnung von ~15% als durchaus realistisch an.

Hier nochmal meine wesentlichen Annahmen für die Bewertung im Detail:

  • Begrenzung Verschuldungsgrad bzw. Debt/Equity Ratio auf 250% und damit teilweise Begrenzung der Nettoneuschuldenaufnahme (d.h. entweder Verschiebung von Orders in die Zukunft oder zunehmende Asset Verkäufe zur Finanzierung aller georderten Flugzeuge… letzteres wahrscheinlicher aufgrund des Geschäftsmodells)
  • Konstanter risikoloser Basiszins über die nächsten Jahre
  • Nach 5 Jahren Erreichen der Zielgröße (“Steady-State”) und Anpassung der Strategie in Richtung “Cashing Out”. D.h. im Wesentlichen keine Investitionen mehr in weiteres Wachstum
  • Keine zusätzlichen Skaleneffekte auf der SG&A-Seite (Air Lease sieht hier allerdings noch weitere positive Effekte in den nächsten Jahren)

Alles in allem schätze ich die Annahmen als recht konservativ ein. Zum einen könnten aus dem erwarteten Wachstum durchaus noch Skaleneffekte auf der SG&A-Seite realisiert werden. Zum anderen wird das Wachstum des Unternehmens bei einer Deckelung des Verschuldungsgrades auf 250% nach 5 Jahren vermutlich noch nicht abgeschlossen und der Steady-State noch nicht erreicht sein, was auch aus den aktuellsten Bestellungen in Paris sowie auch der relativen Größe der Wettbewerber ersichtlich wird.


Chancen und Risiken

In Bezug auf das Geschäftsmodell “Flugzeugleasing” werden typischerweise folgende Risikofaktoren genannt:

  • Probleme mit der Refinanzierung bzw. der Weitergabe von Zinsänderungen (spezieln natürlich Erhöhungen) über die Leasing-Rate an die Fluggesellschaften
  • Insolvenzen von Airlines und damit Ausfall von Leasingzahlungen bzw. Probleme bei der Unterbringung der Air Lease Flugzeuge im Markt
  • Weitere Lieferverzögerungen bei den OEMs (Airbus, Boeing) bzw. den Triebwerksherstellern (aktuell vor allem Rolls Royce mit Problemen) und damit längerfristige Verzögerung des Wachstums

Auf der Seite der Chancen sehe ich vor allem die Realisierung weiterer Skaleneffekte in Bezug auf die Vertriebs- und Verwaltungskosten. Diese sind zwar durchaus möglich, der Effekt auf die EBITDA-Marge sollte aber nicht über ca. 1% hinausgehen (im Vergleich zum Wettbewerb ist Air Lease ja schon jetzt Benchmark).

Schauen wir uns die zwei wesentlichen Risikofaktoren einmal etwas detaillierter an.


Steigende Zinsen

Ein Umfeld mit ansteigenden Zinsen kann die Finanzierungskosten und damit auch das Ergebnis von Air Lease stark negativ beeinflussen. Allerdings gibt es aus meiner Sicht mehrere Gründe, die aktuell gegen einen stärkeren Effekt diesbezüglich sprechen.

Zum einen steigt die Wahrscheinlichkeit eines Aussetzens der eingeleiteten Zinserhöhungen in den USA aufgrund des sich aktuell eintrübenden globalen wirtschaftlichen Umfelds immer weiter an. Tatsächlich erwartet Air Lease über die kommenden Jahre sogar eine Verbesserung der durchschnittlichen Zinskosten, weil einige teure Kreditverträge der Vergangenheit vermutlich günstiger refinanziert werden können.

Darüber hinaus weist Air Lease ein recht ausgeglichenes Kreditfälligkeitsprofil auf, d.h. in den kommenden Jahren wird jeweils nur ein kleiner Teil der Schulden refinanziert werden müssen:

Air Lease Debt Maturities

Kreditfälligkeitsprofil Air Lease [Mio. USD], Quelle: Air Lease Quartalsbericht Q1-2019

In den Conference Calls weist das Management außerdem regelmäßig auf die Möglichkeit der Weitergabe von Zinserhöhungen an die Airlines hin. Ggf. würden diese höchstens etwas zeitversetzt stattfinden. Laufzeiten von Kreditverträgen auf der einen und Leasingvereinbarungen auf der anderen Seite laufen natürlich nicht immer 100% synchron (heißt: werden meistens nicht gleichzeitig neu verhandelt).

Um die Effekte von Zinserhöhungen (ohne Möglichkeiten der Weitergabe an die Airlines) auf die Bewertung von Air Lease aber einmal zu verstehen, habe ich mir ein paar Szenarien angeschaut. Wie ihr an der folgenden Grafik erkennen könnt, hätte vor allem ein Anstieg des Basiszinses im Markt (Annahme hier +1,5%) einen massiven Einfluss:

Air Lease Bewertungsszenarien

Ein Anstieg im risikolosen Basiszins sollte im ersten Schritt zunächst zu einer verschlechterten Zinsdeckung (Interest Coverage) führen, was wiederum die Banken dazu veranlassen könnte, den zu zahlenden Risikoaufschlag (Default Spread) signifikant zu erhöhen.

Hier einmal ein typischer Zusammenhang zwischen Zinsdeckung, Bond Rating und Default Spread (für weitere Details lest euch den Artikel So berechnen wir die Fremdkapitalkosten durch):

Air Lease Default Spread Szenarien

Die Annahme ist hier übrigens, dass unisono alle Banken gleichzeitig eine Zinserhöhung für ihre Kredite verlangen würden und nicht zu Verhandlungen bzgl. der Kreditlaufzeiten etc. bereit wären. Insofern ist das Szenario vielleicht zwar etwas schwarzmalerisch, zeigt aber aus meiner Sicht ganz gut das Downside-Risiko bei diesem Investment auf.


Airline-Insolvenzen

Airlines in Summe sind heutzutage durchaus um einiges besser aufgestellt, als noch vor ein paar Jahren. Viele nachhaltig unprofitable Player sind aus dem Markt verschwunden und Märkte haben sich weiter konsolidiert. In bestimmten regionalen Märkten sind inzwischen Quasi-Monopolstrukturen vorzufinden. So hat die Lufthansa beispielsweise in Deutschland inzwischen einen Marktanteil bei Inlandsflügen von 98%, Air France KLM dominiert in gleicher Weise den französischen Markt.

Wie man an den industrieweiten EBIT-Margen sehen kann, ist die weltweite Airline-Industrie inzwischen seit fast 10 Jahren profitabel. Die Margen haben sich zwar seit 2016 wieder etwas verschlechtert, liegen aber trotzdem noch oberhalb der Werte aus den Jahren 2011 bis 2013. Zur Info: Die große Pleite- und Konsolidierungswelle der US-amerikanischen Airline-Industrie fand als Reaktion auf die globale Finanzkrise 2008-09 übrigens größtenteils bereits vor 2011 statt.

Airlines - EBIT-Marge über Zeit

EBIT-Marge der weltweiten Airline-Industrie [%]; Quelle: Statista

Trotzdem sind auch über die letzten 10 Jahre immer wieder Airlines in die Pleite gerutscht (Air Berlin, Germania etc.). Das hat aber in der Regel nur zu einem Verschwinden des Unternehmens, nicht aber zu einer Einmottung der jeweiligen Flugzeuge geführt – die Lufthansa z.B. hat ja einen Großteil der Air Berlin Flugzeuge (so viele wie wettbewerbsrechtlich erlaubt war) einfach übernommen.

Glaubt man an den langfristigen Trend beim Passagierwachstum und betrachtet gleichzeitig die Order Backlogs bei den OEMs, dann kann man glaube ich mit einer gewissen Sicherheit davon ausgehen, dass sich auch für die Flugzeuge einer Pleite-Airline ein neuer Eigner finden wird.

Air Lease hat über die letzten 8 Jahre außerdem nur sage und schreibe 2 Flugzeuge verloren, was für die Qualität des Screening-Prozesses potenzieller Kunden spricht. Auf diesen weist CEO John Plueger denn auch in den Conference Calls regelmäßig hin.


Fazit

Air Lease verleast Flugzeuge an über 90 Fluggesellschaften weltweit und kassiert dafür eine regelmäßige Leasing-Gebühr. Operative Kosten, Instandhaltung etc. werden dabei von den Airlines übernommen, sodass Air Lease nicht in den operativen Betrieb der Flugzeuge involviert ist (“Triple Net Lease”).  Aktuell hat das Unternehmen ca. 280 Flugzeuge im Portfolio, mehr als 360 weitere sind bei den großen OEMs Airbus und Boeing geordert.

Das Geschäftsmodell ist relativ stabil und erwirtschaftet eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von ca. 12%. Als größte Kostenfaktoren können – neben den Abschreibungen auf das Investment, nämlich das Flugzeug – die Zinszahlungen auf die Kredite sowie die Vertriebs- und Verwaltungskosten der Gesellschaft angesehen werden.

Aufgrund verschiedener Faktoren ist es für viele Airlines vorteilhaft, wenigstens einen gewissen Teil ihrer Flotte von Unternehmen wie Air Lease zu leasen. Der Leasing-Anteil an der gesamten Flugzeugflotte weltweit ist in den letzten Jahren bis auf ca. 40% angewachsen. Das weitere Wachstum der Passagierzahlen sowie die zunehmende Alterung der Flotte sollten Leasing als Geschäftsmodell auch in Zukunft attraktiv machen.

Als größte Risikofaktoren können Zinserhöhungen sowie Zahlungsausfälle / Verluste von Flugzeugen als Resultat von Airline-Insolvenzen angesehen werden. In den kommenden Jahren scheinen diese Risiken allerdings begrenzt zu sein.

Alles in allem bietet die Air Lease-Aktie als Investment aus meiner Sicht über die nächsten 3-5 Jahre ein Return-Potenzial von ca. 20% pa.


Disclaimer

Disclaimer 1: Die Inhalte dieses Artikels wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. DIY Investor übernimmt jedoch keine Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen und haftet nicht für Investitionsentscheidungen, die auf Basis dieser Informationen getroffen werden. Mit anderen Worten: Do your own research!

Disclaimer 2: Ich bin im Besitz von Air Lease-Aktien.


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