Die Definition des Cash-Begriffs ist immer wieder eine beliebte Quelle für Missverständnisse. Z.B. sollten wir Cash bzw. Barmittel nach unserer Definition nicht verwechseln mit den Begriffen “Cash & Equivalents” bzw. “Cash und Äquivalente”, wie sie im Jahresabschluss bzw. der Bilanz verwendet werden.
Für unsere Analysen verwenden wir nämlich in der Regel eine etwas andere Definition des Begriffs “Cash”.
Dies tun übrigens auch die Analysten, Finanzjournalisten und Investoren da draußen. Je nach Blickwinkel (z.B. Liquidität eines Unternehmens versus Unternehmenswert) werden abgewandelte Kennzahlen unter dem Begriff “Cash” verstanden. Von den oft ungenauen Bezeichnungen einmal abgesehen.
Um hier Verwirrungen zu vermeiden, möchte ich in diesem Artikel einmal auf die aus meiner Sicht drei wesentlichen Definitionen von Cash eingehen und darauf, für welche Zwecke wir welche Definition verwenden können/sollten.
Drei wesentliche Definitionen von Cash bzw. Barmitteln
Zunächst mal gibt es da wie gesagt natürlich die offizielle Bilanzposition “Cash & Äquivalente” (bzw. “Cash & Equivalents”).
Da die Definition allerdings nicht unbedingt für alle Analysen, die wir im Rahmen von Unternehmensbewertung etc. durchführen möchten, geeignet ist, nutzen Analysten und Investoren in vielen Fällen etwas abgewandelte Cash-Definitionen.
Vor allem für die Analyse der Liquidität eines Unternehmens und die angesprochene Unternehmensbewertung sollten wir den Begriff Barmittel unterschiedlich abgrenzen.
Aber jetzt mal der Reihe nach.
1. Bilanzdefinition
Nach der offiziellen, in der Rechnungslegung verwendeten Definition handelt es sich bei der Position “Cash & Äquivalente” tatsächlich (fast) ausschließlich um echte Barmittel.
Hier die Definition aus der Literatur bzw. von Wikipedia:
Cash equivalents are short-term commitments “with temporarily idle cash and easily convertible into a known cash amount. – Wikipedia
Es geht hier also um Bargeld-ähnliche Vermögenswerte, die schnell in einen feststehenden bzw. bekannten Cash-Betrag umgewandelt werden können.
Zu den Barmitteln & Äquivalenten gehören unter anderem
- Bargeld in Form von Scheinen oder Münzen (Kasse)
- Guthaben auf dem Geschäftskonto
- Bestände auf Geldmarkt- und Tagesgeldkonten
- Staatsanleihen (T-Bills etc.)
- Commercial Paper – eine sehr kurzfristige (max. 90 Tage) Form des Überbrückungskredits
- Falls nicht separat aufgeführt: Kurzfristige Investments bzw. Marketable Securities
Für unsere eigenen Analysen ist es extrem wichtig, zu verstehen, welche Bestandteile hier bereits zugeordnet sind. Für die Analyse der Liquidität sollten wir den Begriff Cash etwas anders verwenden als für die (spätere) Unternehmensbewertung.
2. Analyse zur Liquidität bzw. Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens
Kommen wir zunächst zur Analyse der Liquidität.
Ziel einer solchen Analyse ist es typischerweise, ein Verständnis für die kurzfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zu erhalten.
Hierfür können wir z.B. eine der bekannten Liquiditätskennzahlen wie das Current Ratio oder das Quick Ratio verwenden.
Für die Berechnung sollten wir entsprechend alle Cash-Bestandteile berücksichtigen, die (sehr) kurzfristig – heißt innerhalb von maximal einem bis drei Monaten würde ich mal sagen – in Bargeld umgewandelt werden können.
Also gilt für die Berechnung von Liquiditätskennzahlen i.W. die folgende Logik:
Cash-Bestand = Cash & Äquivalente + Kurzfristige Investments/Marketable Securities
Langfristige Investments sind hier explizit nicht Bestandteil der Berechnung.
3. Analyse bzw. Bestimmung des Unternehmenswertes
Versuchen wir, den Anteil von Barmitteln und Beteiligungen am Unternehmenswert zu ermitteln, dann sollten wir den Cash-Begriff etwas weiter fassen. Um klar in der Abgrenzung zu sein, würde ich vorschlagen, das ganze dann Cash & Beteiligungen zu nennen.
Von Wert sind nämlich in diesem Fall neben den tatsächlichen Barmittelbeständen auch langfristig gehaltene Investments, wie Beteiligungen, Aktienanlagen etc. Auch wenn diese eigentlich mit dem Begriff “Barmittel” nichts zu tun haben, so werden sie in der Praxis doch oft unter dem Oberbegriff Cash mitgeführt.
An dieser Stelle sind die Analysten wie auch Journalisten oft ungenau. Obwohl sie eigentlich Cash & Beteiligungen meinen, reden/schreiben sie oft von Cash-Beständen. Beispiel CNBC/Apple:
Quelle: CNBC
Von diesen 261,5 Mrd. USD “Cash” sind nämlich in der Apple Bilanz nur ca. 19 Mrd. tatsächlich als Cash & Äquivalente klassifiziert. Den Großteil, nämlich ca. 185 Mrd. USD machen langfristige Investments aus.
Für die Berechnung des Current Ratio sollten wir diese Größe also nicht unbedingt verwenden.
Für alle Fragestellungen, die mit der Bewertung der Vermögenswerte eines Unternehmens zu tun haben, sollten wir also darauf achten, dass wir auch die langfristigen Investments als Barmittel-Bestandteil berücksichtigen:
Cash-Bestand = Cash & Äquivalente + Kurzfristige Investments + Langfristige Investments
Mittel- bzw. langfristig sind natürlich auch die langfristigen Investments in Barmittel umwandelbar.
Fazit
Analysten, Journalisten und Investoren sind oft ungenau, wenn es darum geht, den begriff “Cash” richtig zu definieren.
Je nach Blickwinkel sind oft andere Kennzahlen gemeint:
- Die Bilanzposition “Cash & Äquivalente” berücksichtigt i.W. nur sehr bargeldnahe Vermögenswerte
- Für die Analyse der Liquidität sollten wir darüber hinaus auch kurzfristige Investments (auch Short-Term Marketable Securities) berücksichtigen
- Versuchen wir den Wert von Barmitteln und Beteiligungen (Cash & Beteiligungen) zu ermitteln, dann sollten wir zusätzlich auch noch die langfristigen Investments berücksichtigen