Spin-Off, Carve-Out, Split-Off: Das sind die Unterschiede

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Spin-Off Carve-Out Split-Off

Spin-Off, Carve-Out und Split-Off sind verschiedene Methoden, mit denen ein Unternehmen bestimmte Vermögenswerte, meistens eine Business Unit oder eine Division, veräußern kann. Während die Auswahl einer bestimmten Methode durch die Muttergesellschaft typischerweise von einer Reihe von Faktoren abhängt, besteht das Ziel jedoch meist darin, den Unternehmenswert für die Aktionäre zu steigern, indem man die Geschäfte so aufstellt, dass Wachstumsoptionen etc. besser ausgenutzt werden können und die neu entstehenden Unternehmen besser gemanagt werden.

Aus Sicht des Value Investors bieten sich vor allem Spin-Offs oft als Investments an, da diese den Gesamtmarkt in vielen Fällen (und aus verschiedenen Gründen) in den ersten Jahren des Listings outperformen. Da dies für die so genannten Equity Carve-Outs typischerweise nicht in gleichem Maße gilt, ist es aus meiner Sicht wichtig, die Unterschiede einmal zu verstehen.

In diesem Artikel möchte ich deshalb zunächst einmal die Charakteristika von Spin-Offs, Equity Carve-Outs und Split-Offs beschreiben und auf die wesentlichen Unterschiede zwischen den drei Ansätzen eingehen.


Übersicht

Es gibt mehrere verschiedene Methoden, um einen Geschäftsteil, also eine Tochtergesellschaft, eine Business Unit oder eine Division vom Mutterkonzern abzuspalten und auf eigene Beine zu stellen. Im wesentlichen werden 3 verschiedene Methoden unterschieden:

Darüber hinaus gibt es mit dem so genannten Trading Stock eine weitere Variante, die aber vor allem in den USA zu finden ist.

Bevor ich im Einzelnen auf Spin-Off, Carve-Out und Split-Off eingehe, möchte ich einmal kurz darlegen, aus welchen Gründen Unternehmen eigentlich Unternehmensteile abspalten.


Warum Abspaltungen oft sinnvoll sind

Oben hatte ich bereits angedeutet, dass Aufspaltungen von Unternehmen in mehrere Teile in den meisten Fällen mit dem Ziel erfolgen, den Unternehmenswert für die Aktionäre zu steigern. In vielen Fällen sind es sogar die Investoren selbst, die das Management zu einem solchen Schritt drängen.

Was ist aber mit den strategischen Überschneidungen (dem “Steering” durch die Muttergesellschaft), den Synergien (z.B. gemeinsamer Einkauf von Rohmaterialien über Business Units hinweg), den Skaleneffekten und den zentral bereit gestellten Services (zentralisierte bzw. outgesourcte IT, Lohnbuchhaltung etc.)? Alles Vorteile, die ja durch eine Aufspaltung eines Unternehmens in mehrere kleinere Unternehmen wegfallen und den Wert eigentlich mindern sollten.

Dies ist jedoch nicht unbedingt der Fall, da es eine Reihe an Gründe dafür gibt, dass ein Unternehmen eine Verschlankung, das heißt einen Spin-Off oder einen Carve-Out in Erwägung zieht, anstatt durch M&A-Aktivitäten weiter zu wachsen:

  • Entwicklung zu “Pure Play” -Geschäften: Die Abspaltung einer Business Unit oder Division in ein eigenständiges Unternehmen führt oft zu so genannten Pure Plays, d.h. Unternehmen, die in nur einer Industrie bzw. einem Sektor aktiv sind. Dies führt auf Seite der Investoren in vielen Fällen zu mehr Transparenz und ermöglicht eine bessere (und fairere) Bewertung des Gesamtgeschäfts… verglichen mit einem Sammelsurium von Geschäften, das in vielen Fällen am Kapitalmarkt nur mit einem Abschlag, dem so genannten “Conglomerate Discount” gehandelt wird. Die Summe der Teile (Sum-of-the Parts) ist in solchen Fällen in der Regel bewertungstechnisch größer als das Ganze
  • Größere Fokussierung: Mit der Umwandlung in ein Pure Play in engem Zusammenhang stehend ist natürlich die größere Fokussierung der Führungskräfte auf die speziellen Anforderungen im jeweiligen Sektor. Eine stärkere Fokussierung könnte zu besseren finanziellen Ergebnissen und einer verbesserten Rentabilität führen
  • Effiziente Kapitalallokation: Die Aufspaltung ermöglicht eine effizientere Kapitalallokation auf die einzelnen neu entstandenen Unternehmen. Vor allem den Unternehmensteilen, die als Business Unit im Konzern nur einen geringen Teil des Kapitals für Wachstum zugewiesen bekommen hatten, ermöglicht eine eigenständige Finanzierung bessere Wachstumsoptionen. Die Kapitalanforderungen sind natürlich nicht für alle Geschäftsmodelle gleich
  • Strategische Rationale: Ein Unternehmen kann sich entscheiden, seine “Kronjuwelen” zu verkaufen, um seine Attraktivität für einen potenziellen Käufer zu reduzieren. Dies ist meistens dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht groß genug ist, um selbst motivierte Käufer abzuwehren. Ein weiterer Grund für die Veräußerung könnte darin bestehen, potenzielle kartellrechtliche Probleme zu umgehen

Schlussendlich könnte es natürlich auch sein, dass die oben angesprochenen Synergien und weiteren Potenziale nie gehoben wurden oder vielleicht gar nicht existieren.


Spin-Off

Im Rahmen eines Spin-Offs verteilt die Muttergesellschaft die Anteile der ausgegliederten Tochtergesellschaft anteilig (“pro rata”) an ihre bisherigen Aktionäre in Form einer Sonderdividende. Im Fall der Aufspaltung von E.ON und Uniper erhielt z.B. jeder E.ON Aktionär automatisch Uniper-Aktien in einem Spaltungsverhältnis von 10:1, d.h. eine Uniper-Aktie je 10 E.ON-Aktien.

Bestehende Aktionäre profitieren dadurch, dass sie nach der Abspaltung Aktien von zwei separaten Gesellschaften halten. Durch die Abspaltung entsteht eine von der Muttergesellschaft unabhängige Einheit mit eigenem Management, eigener Finanzierung etc. Die Muttergesellschaft kann zwar 100% der Anteile an ihrer Tochtergesellschaft ausgliedern. Sie kann aber z.B. auch weiterhin eine Minderheitsbeteiligung von 20% an der Tochtergesellschaft halten und nur 80% der Anteile an die Aktionäre ausgeben. E.ON z.B. behielt zunächst einen 46,65%igen Anteil an der neuen Uniper SE.


Kein Cash Inflow beim Spin-Off

Die Muttergesellschaft erhält in der Regel keine Barabfindung für die Abspaltung. Da ein Spin-Off wie angesprochen in Form einer Sonderdividende an die Aktionäre durchgeführt wird, entsteht für die ehemalige Muttergesellschaft kein Cash Inflow. Bei einem Spin-Off (im Gegensatz zum Carve-Out wie wir später sehen werden) geht es also nicht darum, Geld für Investitionen in weiteres Wachstum oder Ähnliches einzusammeln.

Ein Sonderfall tritt allerdings ein, wenn vor der Abspaltung noch eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird.


Spin-Off in der Regel steuerfrei

Eine inländische Ausgliederung bzw. ein inländisches Spin-Off ist für das Unternehmen und seine Aktionäre im Allgemeinen steuerfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Im Speziellen muss ein Teil des bestehenden Unternehmens auf eine neue Gesellschaft übertragen werden, damit die Sonderdividende steuerfrei für die Aktionäre ist. Eine Weitergabe bereits bestehender Anteile an einer Gesellschaft an die Aktionäre wird dagegen (in den meisten Fällen) normal besteuert.

Steuerfrei bedeutet in diesem Fall natürlich nur, dass die Sonderdividende erstmal nicht besteuert wird. Werden die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn verkauft, dann muss dieser Gewinn natürlich versteuert werden. Die Frage ist allerdings, wie hoch der Einstandspreis in diesem Fall ist (also die Bemessungsgrundlage für die spätere Besteuerung)?

In der Regel werden Abspaltungen nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) durchgeführt. In diesem Fall treten Aktien der neuen abgespaltenen Gesellschaft an die Stelle der Aktien der Mutter. Konkret bedeutet das, dass der jeweilige Einstandspreis jedes Aktionärs entsprechend aufgeteilt wird.

Beispiel: Hat jemand in der Vergangenheit 100 E.ON Aktien zum Preis von je 11 EUR erworben (insgesamt also für 1.100 EUR), bekommt er dafür durch den Spin-Off zusätzlich 10 Uniper Anteile gutgeschrieben. Der ursprüngliche Einstandspreis ändert sich dadurch allerdings nicht (was wichtig ist für die spätere Besteuerung), sondern wird entsprechend dem Spaltungsverhältnis 10:1 aufgeteilt. Der fiktive Anschaffungspreis der E.ON-Aktien liegt also für diesen speziellen Investor bei 1.000 EUR, der Anschaffungspreis der Uniper-Aktien bei 100 EUR. Dies ist die Bemessungsgrundlage für eine spätere Besteuerung eines möglichen Gewinns.

Bei ausländischen Spin-Offs gelten seit 2013 grundsätzliche die gleichen Regeln wie für inländische Übertragungen. Allerdings können die Banken in diesen Fällen nur selten überprüfen, ob tatsächlich eine Abspaltung vorliegt und die Sonderdividende entsprechend steuerfrei sein darf.

In den USA ist übrigens eine der wichtigsten Bedingungen für eine Steuerfreiheit, dass die Muttergesellschaft die Kontrolle über die Tochtergesellschaft abgibt, indem sie mindestens 80% ihrer stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Anteile an die Anteilseigner ausgibt (geregelt im Internal Revenue Code Section 355).

D.h. im Zweifel liegt bei einem ausländischen Spin-Off eine so genannte steuerpflichtige Sachausschüttung vor, die theoretisch wie eine gewöhnliche Bardividende behandelt werden müsste. Da die Ausschüttung aber in Form von Aktien und nicht bar erfolgt und die Bank somit die Steuer gar nicht abführen kann (es fließt ja kein Geld), werden die Aktien typischerweise mit einem Einstandkurs / Anschaffungspreis von 0 EUR eingebucht und der gesamte Erlös bei einem späteren Verkauf besteuert.

Zum Abschluss: Falls ihr den Begriff “Spin-out” mal hört: Dieser hat im Wesentlichen die gleiche Bedeutung wie ein Spin-off, wird aber weniger häufig verwendet.


Beispiel: E.ON und Uniper

Ein aktuelles Beispiel für einen Spin-Off in Deutschland ist E.ONs Abspaltung des Geschäfts mit der konventionellen Energieerzeugung (also Kohle-, Gas-, Atomkraftwerke) sowie das internationale Handelsgeschäft  in eine separate Gesellschaft mit Namen Uniper. Die Abspaltung geschah vor allem als Reaktion auf das stark veränderte Marktumfeld im Energiesektor.

Hier ein entsprechendes Statement von E.ON CEO Johannes Teyssen:

This [the spin-off] liberates us from continually having to make compromises. Our ambition is for both companies, which soon will be legally independent of one another, to become leading players in their respective energy worlds. – Johannes Teyssen (CEO E.ON)

So ungefähr sah der Uniper Spin-Off anteilsmäßig aus:

Spin-Off

D.h. E.ON hat insgesamt 53,35% an Uniper an die E.ON Aktionäre verteilt und die restlichen 46,65% zunächst selbst behalten. Inzwischen wurde der Anteil von E.ON bereits an Fortum, einen skandinavischen Energieerzeuger, weitergegeben bzw. der Deal steht kurz vor dem Abschluss.


Carve-Out

Im Gegensatz zu einem Spin-Off funktioniert ein Carve-Out etwas anders. Bei einem Carve-Out verkauft die Muttergesellschaft in der Regel einen Minderheitsanteil an einer Tochtergesellschaft im Rahmen eines Börsengangs (IPO) an interessierte Investoren. Im Gegensatz zum Spin-Off erhält die Muttergesellschaft also im Rahmen eines Carve-Outs einen Mittelzufluss (Cash Inflow), was meist auch die Hauptmotivation für einen solchen Teil-IPO darstellt. Dem entsprechend wird ein Carve-Out meistens vom Management auch recht opportunistisch durchgeführt, um den Verkaufserlös zu maximieren (nämlich dann, wenn die Aktienkurse gerade hoch sind). Aus diesem Grund sind Carve-Outs für Value Investoren nur selten ein Thema.

Da die Aktien des neuen Unternehmens außerdem über einen IPO verkauft werden, kommen natürlich auch neue Investoren als Miteigentümer hinzu. In vielen Fällen ist ein Equity Carve-Out übrigens nur ein erster Schritt für einen späteren Spin-Off. Damit ein späterer Spin-Off steuerfrei erfolgen kann, muss die Muttergesellschaft nach dem Carve-Out nach wie vor die Mehrheit der Aktien halten (in den USA gilt eine 80% -Kontrollanforderung, d.h. bei einem Börsengang dürfen erstmal nicht mehr als 20% der Aktien der Tochtergesellschaft angeboten werden).


Beispiel: RWE und innogy

Auch der andere große Player im deutschen Energiesektor, nämlich RWE, hat sein ursprüngliches Geschäft in zwei Teile aufgespalten. Im Gegensatz zu E.ON hat RWE allerdings die eher zukunftsträchtigen Geschäfte (erneuerbare Energien, Energienetze etc.) ausgegliedert, wie ihr an der folgenden Abbildung erkennen könnt:

Carve-Out

Darüber hinaus hat RWE außerdem keinen Spin-Off durchgeführt, sondern sich, mutmaßlich um frisches Kapital aufzunehmen, für einen Carve-Out von 25% der Anteile entschieden.

Wie ihr seht, müssen wir hier schon genau hinschauen. Von oben betrachtet scheinen die beiden Abspaltungen (also E.ON – Uniper und RWE – innogy) sehr ähnlich zu sein. Bei genauerem Hinsehen unterscheiden sich die Ansätze aber recht deutlich voneinander.


Split-Off

Bei einem Split-Off werden den Aktionären des Mutterunternehmens analog zum Spin-Off Anteile an einer Tochtergesellschaft angeboten. Der große Unterschied liegt hier aber darin, dass sich die Aktionäre entscheiden müssen, ob sie Aktien der Tochtergesellschaft oder weiterhin die der Muttergesellschaft halten möchten.

Ein Alt-Aktionär hat somit zwei Möglichkeiten:

  1. weiterhin Aktien der Muttergesellschaft halten oder
  2. einige oder alle Aktien der Muttergesellschaft gegen Aktien der Tochtergesellschaft tauschen

Da die Aktionäre der Muttergesellschaft wählen können, ob sie sich an der Abspaltung beteiligen wollen oder nicht, geschieht die Ausschüttung der neuen Aktien nicht wie bei einem Spin-Off pro rata.

Ein Split-Off erfolgt in der Regel, nachdem Minderheitsanteile der Tochtergesellschaft bereits über einen Carve-Out inkl. IPO an die Börse gebracht wurden. Auf diese Weise lässt sich nämlich ein Marktpreis festlegen, auf dessen Basis den Aktionären ein Angebot gemacht bzw. ein Umtauschverhältnis ermittelt werden kann. Dieses Angebot liegt in den meisten Fällen etwas über dem aktuellen Kurs der Muttergesellschaft, um den bestehenden Aktionären einen Anreiz zum Umtausch zu bieten.

In gewisser Weise ist ein Split-Off also so etwas wie ein Aktienrückkauf. Nur dass für diesen Rückkauf Aktien einer gelisteten Tochtergesellschaft und nicht eigenes Cash eingesetzt wird.


Besonderheit: Tracking Stock

Ein Tracking-Stock etwas, dass ich bisher nur in den USA gesehen habe. Bei einem Tracking Stock handelt es sich um eine Stammaktie, die von einer Muttergesellschaft ausgegeben wird und die Wertentwicklung einer bestimmten Business Unit oder Division nachbildet, ohne Ansprüche auf die Vermögenswerte der Division oder der Muttergesellschaft zu haben.

Im Gegensatz zu den Stammaktien des Unternehmens selbst hat ein Tracking Stock in der Regel nur begrenzte oder gar keine Stimmrechte. Im Falle der Liquidation des Unternehmens haben die Besitzer der Tracking Stocks in der Regel keinen Rechtsanspruch auf die Vermögenswerte des Unternehmens.

Wenn ein Tracking Stock Dividenden zahlt, dann hängen die gezahlten Beträge von der Performance der entsprechenden Business Unit bzw. Division ab.

Das Wesentliche hier: Die Muttergesellschaft und ihre Aktionäre behalten die Kontrolle über die Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft oder der Einheit.


Bottom Line

Spin-Off, Carve-Out oder Split-Off sind verschiedene Veräußerungsmethoden mit dem gleichen Ziel: den Shareholder Value zu steigern.

Beim Spin-Off werden neu geschaffene Anteile an einer Tochtergesellschaft an die existierenden Aktionäre verteilt (pro rata in Form einer meistens steuerfreien Sonderdividende). Die Muttergesellschaft verzeichnet grundsätzlich keinen Cash Inflow.

Bei einem Carve-Out dagegen wird ein Minderheitsanteil eines Geschäfts mittels Börsengang (IPO) an die Öffentlichkeit verkauft. Ziel eines Carve-Outs ist es meist, Kapital für Investitionen in weiteres Wachstum aufzunehmen. In vielen Fällen ist ein Carve-Out darüber hinaus nur der erste Schritt auf dem Weg zum Exit und wird gefolgt von einem Spin-Off oder einem direkten Verkauf der restlichen Anteile an einen strategischen Investor.

Ein Split-Off unterscheidet sich von einem Spin-Off vor allem dadurch, dass die Shareholder nicht zusätzlich Aktien des abgespaltenen Unternehmens zugewiesen bekommen, sondern diese nur im Tausch gegen Aktien der Muttergesellschaft erhalten. Es handelt sich also gewissermaßen um einen Aktienrückkauf.


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