Fehlersuche Teil2! 5 Investmentfehler mit Folgen

Inhalt

Ich kann mich grob erinnern: Vor vielen Jahren habe ich schonmal einen Artikel über meine größten Fehler beim Aktienkauf veröffentlicht. Damals in 2018 ging es vor allem um individuelle und teilweise sehr Investment-spezifische Fehler (z.B. das Preiskartell der großen Kali-Produzenten im Zusammenhang mit meiner K+S-Analyse).

Vor Kurzem habe ich nun wieder einmal eine etwas detailliertere Bestandsaufnahme meiner Investments der vergangenen Jahre durchgeführt… diesmal allerdings mit dem Ziel, die übergeordneten und wiederkehrenden “Returnkiller” zu identifizieren (und abzuschalten).

Dabei habe ich ein zweistufiges Vorgehen gewählt:

  • Im ersten Schritt habe ich mir einmal die Performance der einzelnen Jahre angesehen und mir die Frage gestellt, warum meine Depots in bestimmten Jahren schlechter (oder auch besser) als der Gesamtmarkt abgeschnitten haben
  • Im zweiten Schritt habe ich mich dann mit einer ganzen Reihe individueller Investments beschäftigt, insbesondere natürlich mit denjenigen, welche überdurchschnittlich gut oder auch überdurchschnittlich schlecht funktioniert haben

Herausgekommen ist eine Liste mit 5 wesentlichen Fehlern bzw. Ursachen für eine schlechte Performance… große Überraschungen solltet ihr hier allerdings nicht erwarten. Am Ende habe ich mit meiner Analyse nur das bestätigt, was ich im Grunde genommen sowieso schon wusste (und was die meisten von euch mit Sicherheit auch bereits wissen).

Ein interessanter Aspekt bzw. ein interessantes Ergebnis der Analyse besteht allerdings in der Erkenntnis, dass ein Großteil der Ursachen nicht mit der eigentlichen Aktienauswahl zusammenhängt, sondern vielmehr damit zu tun hat, ob (und zu welchem Zeitpunkt) man nachkauft, Positionen abstößt etc.

Oder in einem Wort: Mit dem Thema Portfoliomanagement!


Übersicht der wesentlichen Fehler

Hier zunächst einmal eine kurze Übersicht der von mir identifizierten Fehler.

Ursachen im Zusammenhang mit der Aktienauswahl bzw. der initialen Investitionsentscheidung:

  • Tätigen von “Follower-Investments”
  • “Error of Omission” – Vielversprechende Investments gar nicht tätigen bzw. zu lange warten

Ursachen im Zusammenhang mit dem Portfoliomanagement:

  • “Roundtrips” – Überbewertete Werte nicht (rechtzeitig) abstoßen
  • “Early Exits” – Zu früh aussteigen
  • “Running Losses” – Verluste einfach laufen lassen

Im Folgenden möchte ich einmal etwas detaillierter auf die einzelnen Punkte eingehen.


“Follower-Investments”

Als “Follower-Investments” würde ich einmal alle Investitionen bezeichnen, bei denen wir uns von den Käufen, Empfehlungen oder Portfolios anderer Investoren (z.B. hier) haben inspirieren lassen.

Das Problem dabei entsteht nicht nicht etwas dadurch, dass die Empfehlungen schlecht sind oder es sich per se nicht um gute Investments handelt, sondern vielmehr aus der ggf. auf unserer Seite nicht vorhandenen “Conviction” bzgl. des Investments.

Ich versuche das einmal etwas genauer zu erklären:

Nicht immer ist es unbedingt so, dass der Wert eines Investments stetig und gleichmäßig ansteigt… solange bis es den fairen Wert erreicht hat und verkauft werden kann.

Eher im Gegenteil passiert auch viel Unvorhergesehenes… z.B. kann ein schlechtes Quartalsergebnis auch mal dazu führen, dass der Aktienkurs (nochmals) um 15-20% einbricht.

Wenn wir in einem solchen Fall ein Investment also nicht selbst und eigenhändig “durchanalysiert” haben, dann entsteht bei uns im Kopf schnell ein großes Fragezeichen? Was tun? Verkaufen? Nachkaufen? Oder einfach abwarten?

Und ziemlich sicher wird es den Investoren, die die ursprüngliche Investment Thesis aufgestellt haben, nicht so ergehen. Und zwar einfach deshalb, weil sie in vielen Fällen relativ schnell sagen können, ob die Ursache für das schlechte Quartalsergebnis einen Einfluss auf die originäre Investment Thesis hat oder nicht (und in der Folge auch entscheiden können, wie mit der Aktienposition weiter verfahren werden soll).

Meine Empfehlung daher: Keine “Follower-Investments” tätigen, ohne eine separate Analyse durchgeführt zu haben (und zwar bis zu den Punkt, an dem wir quasi unsere eigene individuelle Investment Thesis aufgestellt und auch begründet haben).


Errors of Omission

Der Begriff „Error of Omission“ stammt nicht ursprünglich aus der Investmentwelt, sondern aus der Psychologie und der Entscheidungstheorie. Dort wird er seit Jahrzehnten genutzt, um Fehler durch Unterlassung (also etwas nicht zu tun) von Fehlern durch Handeln („Error of Commission“) zu unterscheiden.

In der Investing-Welt wurde der Ausdruck vor allem durch Charlie Munger populär. Dieser hatte in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass die größten Fehler seiner Karriere nicht in den getätigten schlechten Investments bestanden, sondern in den großartigen, aber leider verpassten Chancen. In den Mitschriften der Berkshire-Hathaway-Jahresversammlungen und in Mungers Poor Charlie’s Almanack (Affiliate Link) findet sich dieser Gedanke immer wieder:

Errors of Omission cost us far more than errors of commission. – Charlie Munger

Ein Error of Omission entsteht, wenn wir eine attraktive Investmentchance zwar erkennen, diese aber aus verschiedenen Gründen, z.B. Unsicherheit, Bequemlichkeit, Überanalyse, nicht nutzen.

Vielleicht kennt ihr diese Momente auch: Wir haben das Geschäftsmodell verstanden, die Bewertung passt, das Umfeld ist günstig – und trotzdem treten wir nicht in Aktion… z.B. weil wir uns in weiteren Details verlieren oder weil die Aktie gerade bereits wieder einen kleinen Kursanstieg zu verzeichnen hatte und wir erst den nächsten Rücksetzer abwarten wollen (der dann vielleicht nie kommt).

Im Nachhinein stellen wir fest, dass wir eine Aktie über Jahre hätten halten können und uns durch unser Nichthandeln ein Vielfaches des ursprünglichen Einsatzes an Return entgangen ist.

Der Error of Omission ist besonders heimtückisch, weil er nur sehr schwer messbar ist. Während wir nämlich an einen schlechten Kauf fast täglich anhand der roten Signalfarbe in unserem Depot erinnert werden, verschwinden die verpassten Gelegenheiten oft recht schnell aus unserem Blickfeld (und auch aus unserem Gedächtnis).

Nur wenn wir also regelmäßig reflektieren, an welchen Stellen wir (unbewusst) „nein“ gesagt haben, entwickeln wir ein Gespür dafür, was uns diese Passivität schlussendlich gekostet hat.


“Roundtrips”

Ein weitere schmerzhafte Entwicklung, die mit Sicherheit viele von uns bereits erlebt haben, ist der sogenannte “Roundtrip”. Mit diesem Begriff ist eine Situation gemeint, in der eine Aktie zunächst deutlich an Wert gewinnt – wir aber nicht verkaufen – und der Kurs irgendwann wieder genau dort landet, wo wir ursprünglich eingestiegen sind. Auf dem Papier hatten wir zwischenzeitlich vielleicht einen Return von 50% oder sogar 100% erwirtschaftet… am Ende übriggeblieben ist allerdings nichts. Dieses Schicksal hat mich beispielsweise damals bei Drillisch ereilt.

Roundtrips sind besonders bitter, weil sie uns eine wichtige Lektion über Psychologie lehren: Wir neigen dazu, Gewinne gedanklich schon als „sicher“ zu verbuchen. Wenn der Kurs wieder fällt, halten wir oft in der Hoffnung auf eine erneute Trendwende fest.

Roundtrips können wir besonders häufig bei zyklischen Unternehmen beobachten… inkl. solcher, die wir ursprünglich vielleicht gar nicht als besonders zyklisch klassifiziert hatten. Vielleicht hat ein mutmaßlich säkularer Nachfragetrend den Zyklus überlagert oder es hat sich eigentlich um einen etwas weniger transparenten Investitionszyklus gehandelt (als Beispiele könnte man hier z.B. die Nachfragetrends im Bereich der Halbleiter oder die Investitionszyklen in der Telekombranche anführen).

Wenn wir nun in einer frühen Phase des Zyklus investieren, dann können wir in einer relativ kurzen Zeit hohe Kursgewinne erzielen. Das ist bekannt. Doch wie wir ebenfalls alle wissen: Zyklen drehen sich früher oder später wieder – und wenn wir unsere Gewinne nicht rechtzeitig realisieren, dann erleben wir oft hautnah, wie die Bewertung und die Fundamentaldaten wieder unter Druck geraten.

Aber auch außerhalb klassischer Zyklen kann es natürlich zu Roundtrips kommen. Häufig liegt das dann daran, dass wir nicht ausreichend genau auf Veränderungen in den Fundamentals achten. Gerade in der heutigen Zeit kann es nämlich schnell passieren, dass Wettbewerbsvorteile erodieren oder das Management falsche strategische Entscheidungen trifft.

Nicht ohne Grund verwenden daher eine ganze Reihe professioneller Investoren einen substanziellen Teil ihrer Zeit auf die Beobachtung ihrer bestehenden Positionen… und analysieren neue Opportunitäten nur so nebenbei (etwas überspitzt gesagt).

Die beste Verteidigung gegen Roundtrips ist typischerweise ein klarer Verkaufsprozess. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir jede kurzfristige Schwankung sofort traden sollten. Wir sollten uns allerdings schon sehr diszipliniert mit den folgenden Fragen beschäftigen: Hat sich unsere Investment-Thesis verändert? Hat das Unternehmen inzwischen seinen fairen Wert erreicht oder is es sogar überbewertet? Und sind die ursprünglichen Gründe für unseren Einstieg noch intakt?


“Early Exits”

Mindestens genauso ärgerlich wie ein Roundtrip ist der “Early Exit”. Damit ist im Grunde genommen genau das Gegenteil gemeint, nämlich der zu frühe Verkauf einer Aktie.

Psychologisch gesehen fühlt sich ein Verkauf mit einem Gewinn von 50% oder 100% natürlich erst einmal gut an. Doch wenn derselbe Titel in den Folgemonaten bzw. -jahren nochmal um das 10- oder 20-Fache steigt, dann kann das zu einiger Frustration führen (mir z.B. passiert bei Netflix).

Zu frühe Exits passieren häufig aus zwei Gründen:

  • Zum einen lassen wir uns von kurzfristigen Schwankungen aus der Ruhe bringen und nehmen Gewinne mit, weil wir Angst haben, dass uns diese wieder verloren gehen (siehe die Gefahr der “Roundtrips” weiter oben)
  • Zum anderen unterschätzen wir das langfristige Potenzial eines Unternehmens. Wir sehen vielleicht die aktuelle Bewertung und halten sie für „hoch“, ohne zu bedenken, dass sich Gewinne, Cash Flows und damit auch der innere Wert ggf. noch über viele Jahre hinweg vervielfachen können (Firmen mit starkem Netzwerk-Effekt, klarer Pricing Power oder einem Geschäftsmodell, das über viele Jahre skalierbar ist, können enorme Renditen erzielen)

Wenn wir diese Unternehmen zu früh verkaufen, verzichten wir nicht nur auf die weiteren Kursgewinne, sondern auch auf den Zinseszinseffekt, der über lange Halteperioden wahre Wunder wirken kann.

In der Praxis kann eine Kombination aus Bewertungsdisziplin und Langfrist-Denken dabei helfen, das Problem des Early Exits zu vermeiden. Wenn die fundamentale Investment Thesis noch intakt ist, die Wettbewerbsvorteile sich über die Zeit verstärken und das Management weiter sauber Kapital allokiert, spricht vieles dafür, investiert zu bleiben – auch wenn die Bewertung zwischenzeitlich vielleicht ambitioniert wirken sollte.


“Running Losses”

Verluste einfach laufen zu lassen, ist vermutlich einer der schlimmsten Fehler, der einem beim Investieren unterlaufen können.

Wir alle kennen (und verstehen) ja die Logik: Wenn eine Aktie einmal um 50% gefallen ist, dann muss sie schon um 100% steigen, um die Verluste wieder auszugleichen. Bei einem Kursrückgang um 75% sind es bereits 300%, usw.

Je weiter eine Aktie fällt, desto schwerer wird es also, die Verluste wieder auszugleichen. Was viele Investoren beim Halten eines Verlustbringers regelmäßig vergessen, ist die Tatsache, dass es ja nicht genau unser aktuelles Minus-Investment sein muss, mit dem wir den Verlust wieder wettmachen.

Darüber hinaus führt das Halten von Verlustbringern in der Regel zu so etwas wie einer kognitiven Dissonanz. Im Grunde genommen gibt es für das Nichtstun nämlich keine gut nachvollziehbare Begründung:

  • Entweder wir glauben, dass uns bei unserer ursprünglichen Analyse etwas übersehen haben und unsere Investment Thesis daher fehlerhaft war. In diesem Fall sollten wir die Aktie vermutlich sofort abstoßen, bevor es noch weiter nach unten geht
  • Oder wir glauben nach wie vor, dass die Aktie unterbewertet ist… nun sogar mit einer noch größeren Sicherheitsmarge als zuvor. In diesem Fall sollten wir unsere Position logischerweise weiter aufstocken

Ihr seht also: Das stupide Halten von Underperformern (und damit das Hoffen auf bessere Zeiten) kommt hier im Optionenraum gar nicht vor.

    Ein Ansatz zur Umgehung des Problems könnte nun darin bestehen, alle Positionen spätestens dann neu zu evaluieren, wenn der Verlust eine Größenordnung von ~20-30% erreicht hat.. und zwar mit dem Ziel, eine von zwei möglichen Entscheidungen herbeizuführen: Entweder aufstocken oder komplett aussteigen!

    Eine ähnliche Logik könnte übrigens auch im Hinblick auf die Haltedauer gelten. Wenn bis zur avisierten Aufwertung der Aktie substanziell mehr Zeit vergeht, als wir ursprünglich veranschlagt oder abgeschätzt hatten (z.B. 6 Monate oder ein Jahr mehr), dann sollten wir uns ebenfalls überlegen, ob wir unser Kapital nicht umschichten… denn: Je länger es dauert, bis der Zielkurs erreicht ist, desto geringer fällt logischerweise die Performance je Zeiteinheit aus (der CAGR bzw. der Return pro Jahr).


    Bottom Line

    Vor kurzem habe ich eine systematischere Bestandsaufnahme meiner Investments der letzten Jahre vorgenommen. Herausgekommen ist eine Liste mit fünf typischen „Returnkillern“, die sich grob in zwei Kategorien einordnen lassen:

    • Fehler im Zusammenhang mit der Aktienauswahl bzw. der initialen Investitionsentscheidung
    • Fehler im Zusammenhang mit dem Portfoliomanagement

    Zu den Fehlern der ersten Kategorie gehören zu einem die so genannten “Follower-Investments” sowie zum anderen die “Errors of Omission”.

    In die zweite Kategorie gehören “Roundtrips”, “Early Exits” und “Running Losses”.

    Aus meiner Perspektive: Wenn wir es nur schaffen, diese 5 Fehlerquellen nur zu 50% abzustellen, dann sollte unser Portfolio einen regelrechten Performance-Boost erfahren… aber das ist natürlich alles wie immer viel leichter gesagt als getan.🙂

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