Michael Porter ist vermutlich weltweit der bekannteste Ökonom, der sich mit den Themen Branchenanalyse und Wettbewerbsstrategie beschäftigt. Von Porter stammen unter anderem die Konzepte der Wertschöpfungskette und der 5 Wettbewerbskräfte (Porter’s 5 Forces). Viele der wesentlichen Methoden und Ansätze für die Analyse von wettbewerbsintensiven Branchen hat Porter in seinem Buch Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy im Original) zusammengefasst.
Aus meiner Sicht bilden die in Wettbewerbsstrategie vorgestellten Ansätze und Methoden deshalb die perfekte Grundlage für eine umfassende Branchenanalyse. Grund genug, das Buch hier einmal vorzustellen.
Wettbewerbsstrategie: Was wir aus dem Buch mitnehmen
Wenn wir den Markt, in dem ein Unternehmen aktiv ist und den Wettbewerbsvorteil, den das Unternehmen in diesem Markt hat, verstehen wollen, kann kommen wir eigentlich an den Konzepten und Frameworks von Michael Porter nicht vorbei. Mit seinem Buch Wettbewerbsstrategie lehrt uns Porter unter anderem folgendes:
- Wie wir eine Industrie bzw. einen Markt analysieren (5 Forces Modell und andere bekannte Frameworks)
- Wir wir über die Analyse von Unternehmen und Wettbewerb nachdenken können
- Welche Strategien in den einzelnen Stufen des Lebenszyklus (Wachstum, Reife, Abnahme etc.) typischerweise gut funktionieren
- Wie wir die strategischen Entscheidungen von Unternehmen bewerten können
- Woran wir erfolgreiche Markteintrittsstrategien erkennen können.
Grundlagen der Branchenanalyse
Das Buch Wettbewerbsstrategie (bzw. Competitive Strategy im Englischen) ist eins der Bücher, welches man eigentlich kennen muss, wenn man entweder Wirtschaft studiert, in einer Strategieberatung oder Strategieabteilung arbeitet, selber Unternehmer ist oder auch als DIY Investor Unternehmen analysiert.
Dem entsprechend habe ich das Buch auch zum ersten Mal vor schätzungsweise 10 Jahren gelesen (die Erstveröffentlichung war glaub ich in 1980). Die im Buch erklärten Frameworks wie das 5-Forces Modell habe ich seitdem unzählige Male verwendet.
Es gibt ein paar Leute, die Michael Porter immer wieder vorgeworfen haben, dass seine Arbeit nicht wissenschaftlich genug sei und dass viele von ihm entwickelten Inhalte “nur” auf ein paar Fallstudien beruhen. Ich finde aber, dass die Inhalte des Buchs genau deshalb auch recht gut greifbar und verständlich sind.
Wissenschaftlich meint ja in vielen Fällen auch eher theoretisch. Wettbewerbsstrategie ist davon aber weit entfernt.
Ich finde das Buch eignet sich am besten als Nachschlagewerk. Bestimmte, recht operative Kapitel, interessieren uns als Investoren vermutlich nur am Rande (wie z.B. wie wir aus dem Wettbewerbsverhalten und anderen Marktsignalen kurzfristige Markttrends ableiten, oder mit welchem Framework wir regelmäßig den Wettbewerb analysieren) und wir können diese erstmal überspringen.
Hier also die aus meiner Sicht für uns als DIY Investoren relevantesten Themen, die Michael Porter in Wettbewerbsstrategie abdeckt:
Industrie- bzw. Branchenanalyse
Porter steigt direkt mit dem 5 Forces Modell ein und erklärt die verschiedenen Faktoren, die die Wettbewerbsposition eines Unternehmens in einem bestimmten Markt definieren (Eintrittsbarrieren, Substitution durch alternative Produkte/Angebote, Wettbewerbsintensität, Verhandlungsmacht von Zulieferern und Kunden).
Für die Bestimmung des intrinsischen Wertes eines Unternehmens ist ein Verständnis dieser Dynamiken glaub ich recht wichtig. Aus dieser Analyse ergibt sich idealerweise ebenfalls ein Verständnis über den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens.
Generische Wettbewerbsstrategien
Aus der Industrieanalyse leitet Porter dann drei generische Wettbewerbsstrategien ab: Kostenführerschaft, Differenzierung und Fokus.
In der Realität werden wir diese Strategien in einer klaren Ausprägung nur bei sehr wenigen Unternehmen finden. Es hilft aber, einmal grob zu verstehen, wie sich Unternehmen grundsätzlich im Wettbewerb positionieren können.
Strategien für verschiedene Phasen des Lebenszyklus einer Industrie bzw. eines Produkts
Porter geht detailliert darauf ein, wie sich Industrien über Zeit verändern. Er erklärt darüber hinaus, welchen Herausforderungen ein Unternehmen in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus begegnen muss und mit welchen Strategien dies möglich ist.
Porter liefert hier sozusagen eine Blaupause, die wir als Startpunkt nutzen können, um zu einer ersten Einschätzung der Strategie eines Unternehmens zu gelangen.
Strategische Entscheidungen
Abschließend geht Michael Porter noch auf verschiedene Arten von strategischen Entscheidungen ein und darauf, wie ein Unternehmen diese Entscheidungen gegeneinander abwägen kann. Es geht hier vor allem um vertikale Integration, Kapazitätsexpansionen und den Eintritt in neue Geschäftsfelder.
Ein Verständnis der möglichen strategischen Entscheidungen eines Unternehmens ist aus meiner Sicht sehr relevant für das Verständnis eines sehr wichtigen Punktes, nämlich der Fähigkeiten der Kapitalallokation des Managements und daraus resultierend der zukünftigen Kapitalrendite auf die neuen Investments.
Fazit
Wettbewerbsstrategie ist zusammenfassend ein Klassiker, der auch (oder vor allem auch) für Value Investoren nützlich und hilfreich ist.
Um es (wieder mal) mit Warren Buffett’s Worten zu sagen:
The key to investing is not assessing how much an industry is going to affect society, or how much it will grow, but rather determining the competitive advantage of any given company and, above all, the durability of that advantage.
– Warren Buffett
Also wenn ihr bei der Analyse des Geschäftsmodells bzw. des Wettbewerbsvorteils eines Unternehmens einen Anhaltspunkt bzw. einen Startpunkt benötigt, dann sind die Konzepte aus Wettbewerbsstrategie genau das Richtige.
Über den Autor
Michael Porter ist einer der bekanntesten US-amerikanischen Ökonomen. Er ist Professor an der Harvard Business School und hat in seiner Funktion dort eigentlich den Begriff Strategie im Wirtschaftskontext mit geformt.
Porter hat Wirtschaft in Princeton und Harvard studiert und in 1973 dort auch seinen Doktortitel erhalten.
Michael Porter ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. von Competitive Advantage, Competitive Strategy und On Competition. Laut Wikipedia ist er der am meisten zitierte Autor im Bereich Wirtschaft.
Ganz nebenbei hat er übrigens auch eine der bekanntesten Strategieberatungsfirmen, nämlich die Monitor Group (inzwischen Teil von Deloitte), mit gegründet.
Porter’s Frameworks, wie z.B. das 5 Forces-Modell oder die Wertschöpfungskette (Value Chain) sind heute aus keiner Industrieanalyse mehr wegzudenken.