Gesamtkostenverfahren vs. Umsatzkostenverfahren

Umsatzkostenverfahren vs. Gesamtkostenverfahren: Hier liegen die Unterschiede

Gesamtkostenverfahren vs. Umsatzkostenverfahren

Inhalt

Gesamtkostenverfahren vs. Umsatzkostenverfahren

Wenn ihr euch schonmal die Jahresabschlüsse einiger Unternehmen angesehen habt – wovon ich einmal ausgehe -, dann ist euch sicher schon aufgefallen, dass es sowohl nach HGB als auch nach IFRS im Wesentlichen zwei verschiedene Möglichkeiten gibt, um die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu strukturieren und darzustellen. Offiziell werden diese beiden Optionen als Gesamtkostenverfahren und als Umsatzkostenverfahren bezeichnet.

In diesem Artikel möchte ich einmal auf die Unterschiede zwischen beiden Verfahren eingehen und erläutern, warum beide schlussendlich zu vergleichbaren reporteten Gewinnen führen.


Umsatzkostenverfahren versus Gesamtkostenverfahren

Wie schon gesagt: Sowohl nach den deutschen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (§275 HGB), als auch nach den internationalen Financial Reporting Standards IFRS gibt es für die Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung zwei mögliche Varianten

  1. das Gesamtkostenverfahren
  2. das Umsatzkostenverfahren

Obwohl beide Verfahren unterm Strich zu gleichen Ergebnissen führen, gibt es zwei wesentliche Unterschiede:

Erstens: Der Umfang der in der GuV dargestellten Kosten bzw. Aufwendungen unterscheidet sich. Im Gesamtkostenverfahren werden alle im Jahresverlauf entstandenen Kosten bzw. Aufwendungen dargestellt, im Umsatzkostenverfahren nur diejenigen Kosten bzw. Aufwendungen, die für die Erstellung und den Vertrieb der tatsächlich abgesetzten Produkte oder Dienstleistungen etc. entstanden sind (also die zu den erzielten Umsätzen passenden Kosten).

Auf der Umsatzseite führt das in der Konsequenz dazu, dass im Gesamtkostenverfahren auch die Gegenpositionen für diejenigen Aufwendungen als Erträge dargestellt werden müssen, die (noch) nicht zu Umsätzen geführt haben. Im Wesentliche sind das die Aufwendungen für die Herstellung von Produkten, die erstmal nur im Lager gelandet sind und noch nicht verkauft wurden (die so genannte Bestandsveränderung) sowie die Aufwendungen für die Erstellung von eigenen Vermögenswerten, die längerfristig im Unternehmen selbst verbleiben sollen (die so genannten aktivierten Eigenleistungen).

Zweitens: Als Resultat aus dem ersten Punkt unterscheidet sich auch der generelle Aufbau bzw. die Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung in beiden Verfahren. Während im Gesamtkostenverfahren offensichtlich die gesamten entstandenen Materialkosten, Personalkosten und Abschreibungen dargestellt werden können, dürfen im Umsatzkostenverfahren logischerweise nur die für den erzielten Umsatz relevanten Umsatzkosten (COGS) und Vertriebs- und Verwaltungskosten (SG&A) berücksichtigt werden.

Hier einmal eine grafische Darstellung zur Veranschaulichung der Unterschiede zwischen Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren:

Umsatzkostenverfahren vs. Gesamtkostenverfahren

Aufbau GuV Gesamtkostenverfahren

Das Gesamtkostenverfahren repräsentiert also im Grunde genommen eine Produktionserfolgsrechnung. Zur Darstellung bzw. Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen werden die insgesamt im Geschäftsjahr hergestellten Mengeneinheiten berücksichtigt. Die Aufteilung erfolgt dabei nach Kostenarten (typisch sind Materialaufwand, Personalaufwand, IT-Aufwand, Werbeaufwand, Abschreibungen) und nicht nach Funktionen bzw. Kostenstellen.

Bei der im obigen schematischen Schaubild dargestellten Bestandserhöhung kann es sich natürlich genauso gut auch um eine Bestandsminderung handeln… nämlich dann, wenn die Kunden teilweise mit Produkten bedient werden, die sich bereits im Lager befunden haben (wenn der Lagerbestand also im Vergleich zum Vorjahr abnimmt). Eine Bestandsminderung muss dann entsprechend der Logik natürlich vom Umsatz bzw. den Umsatzerlösen abgezogen werden, weil für diesen Teil im aktuellen Geschäftsjahr keine Aufwendungen bzw. Kosten mehr anfallen (diese wurden ja bereits im Vorjahr bzw. in der Vorperiode berücksichtigt).

Gesamtkostenverfahren - Bestandsminderung

Bei den aktivierten Eigenleistungen kann es sich z.B. um selbst erstellte Immobilien als Bestandteil der Sachanlagen oder aber auch um aktivierungspflichtige Modernisierungskosten o.Ä. handeln. Auch die Berücksichtigung selbst hergestellter immaterieller Vermögenswerte ist möglich, im Gegensatz zu den Sachanlagen aber nicht zwingend (hier besteht also ein Wahlrecht).

Der vorgeschriebene Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren ist im Absatz 2 des § 275 HGB enthalten:

1.Umsatzerlöse
2.Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
3.andere aktivierte Eigenleistungen
4.sonstige betriebliche Erträge
=Gesamtleistung
5.Materialaufwand:
a)Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren
b)Aufwendungen für bezogene Leistungen
6.Personalaufwand:
a)Löhne und Gehälter
b)soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung,
davon für Altersversorgung
7.Abschreibungen:
a)auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen
b)auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten
8.sonstige betriebliche Aufwendungen
=Betriebsergebnis
9.Erträge aus Beteiligungen,
davon aus verbundenen Unternehmen
10.Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens,
davon aus verbundenen Unternehmen
11.sonstige Zinsen und ähnliche Erträge,
davon aus verbundenen Unternehmen
12.Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens
13.Zinsen und ähnliche Aufwendungen,
davon an verbundene Unternehmen
14.Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
=Ergebnis nach Steuern
16.sonstige Steuern
=Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

Aufbau GuV Umsatzkostenverfahren

Das Umsatzkostenverfahren wird alternativ auch als Absatzerfolgsrechnung bezeichnet, weil zur Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen nur die im Geschäftsjahr tatsächlich an die Kunden verkauften (also die abgesetzten) Mengeneinheiten berücksichtigt werden.

Erhöhungen oder Verminderungen des Lagerbestands müssen im Umsatzkostenverfahren dem entsprechend auf der Umsatzseite nicht als Gegenposition berücksichtig werden.

Aufwendungen für noch nicht abgesetzte Produkte (die ja im Gesamtkostenverfahren die Bestandserhöhung als Gegenposition erfordern) finden nämlich in der GuV gar keine Berücksichtigung, weil die Produkte ja noch nicht abgesetzt wurden. Aufwendungen für aus dem Lager entnommene und abgesetzte Produkte müssen zusätzlich zu den Gesamtkosten in der GuV berücksichtigt werden, um Konsistenz zu den umsatzerlösen herzustellen.

Im Umsatzkostenverfahren erfolgt die Darstellung der Aufwendungen außerdem nicht wie im Gesamtkostenverfahren nach Kostenarten, sondern nach Kostenstellen bzw. übergeordneten Funktionsbereichen. Typisch ist hier eine Unterteilung in die Bereiche Herstellung / Produktion (Umsatzkosten bzw. Costs of Goods Sold / COGS), Forschung & Entwicklung (F&E bzw. R&D) und Vertrieb und Verwaltung (Selling, General & Administrative / SG&A).

Die Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren ist im Absatz 2 des § 275 HGB geregelt bzw. vorgegeben:

1.Umsatzerlöse
2.Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen
=Bruttoergebnis vom Umsatz
4.Vertriebskosten
5.allgemeine Verwaltungskosten
6.sonstige betriebliche Erträge
7.sonstige betriebliche Aufwendungen
=Betriebsergebnis
8.Erträge aus Beteiligungen,
davon aus verbundenen Unternehmen
9.Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens,
davon aus verbundenen Unternehmen
10.sonstige Zinsen und ähnliche Erträge,
davon aus verbundenen Unternehmen
11.Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens
12.Zinsen und ähnliche Aufwendungen,
davon an verbundene Unternehmen
13.Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
=Ergebnis nach Steuern
15.sonstige Steuern
=Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Take Aways

Wer sich mit der Bewertung verschiedener Unternehmen befasst und dem entsprechend auch schonmal in den ein oder anderen Geschäftsbericht hineingeschaut hat, der weiß, dass es unterschiedliche Darstellungsformen für eine Gewinn- und Verlustrechnung gibt (und zwar unabhängig davon, ob der Abschluss auf Basis des HGB oder nach IFRS erstellt wurde).

Nach § 275 Handelsgesetzbuch kann zwischen dem so genannten Gesamtkostenverfahren (Produktionserfolgsrechnung) und dem Umsatzkostenverfahren (Absatzerfolgsrechnung) unterschieden werden. Wie die Namen schon suggerieren, werden beim Gesamtkostenverfahren alle im Geschäftsjahr entstandenen Aufwendungen bzw. Kosten in der GuV berücksichtigt, beim Umsatzkostenverfahren nur diejenigen Aufwendungen bzw. Kosten, die für die Herstellung und den Vertrieb der tatsächlich abgesetzten Produkte angefallen sind.

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