Total Shareholder Return (TSR): So funktioniert die Berechnung

TSR - Total Shareholder Return

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TSR - Total Shareholder Return

Der Total Shareholder Return oder kurz TSR ist eine Kennzahl, mit der der Gesamtreturn für die Anteilseigner für einen beliebigen Zeitraum ermittelt werden kann. In den USA und in Großbritannien ist der Total Return to Shareholders das mit Abstand am häufigsten verwendete Performancekriterium für die Festlegung der variablen Vorstandsvergütung. Auch in Deutschland koppeln mehr als 50% der DAX-Unternehmen die Managementvergütung mindestens zum Teil an den TSR, weshalb die Kennzahl auf vielen Unternehmenswebseiten zu finden ist oder berechnet werden kann.

In diesem Artikel möchte ich einmal auf die konkrete Berechnungslogik des Total Shareholder Return eingehen und diese an einem Beispiel erläutern.


Was ist der Total Shareholder Return?

Der Total Return to Shareholders bzw. Total Shareholder Return (TSR) repräsentiert die Gesamtrendite, die ein Investor mit einer Aktie über einen festgelegten Zeitraum erzielt hat. Diese Rendite berücksichtigt neben den Kursgewinnen auch die regelmäßigen Dividendenzahlungen (für die in der Berechnungslogik eine unmittelbare Reinvestition zurück in die Aktie unterstellt wird).

Praktisch gesehen entspricht der TSR dem CAGR (der Compound Average Growth Rate) bzw. dem IRR (der Internal Rate of Return oder dem internen Zinsfuß) aller nicht realisierten Kursgewinne und tatsächlichen Cashflows, die der Investor während der Haltedauer seiner Investition bzw. über einen bestimmten Zeitraum erzielt hat bzw. die ihm zugeflossen sind.

Über einen kurzen Zeitraum hat der Total Shareholder Return eines Unternehmens natürlich dem entsprechend nur eine begrenzte Aussagekraft, langfristig gesehen sollte der TSR allerdings einen guten Vergleichswert für den relativen Investitionserfolg darstellen… wenn wir davon ausgehen, dass eine Aktie langfristig und im Durchschnitt immer um ihren fairen Wert herum handeln wird.

Natürlich ist der TSR eine reine Vergangenheitsbetrachtung und deshalb am ehesten für das Portfoliomanagement hilfreich. Für die Entscheidungsfindung hinsichtlich zukünftiger Investitionen hat der Total Shareholder Return hingegen keine wirkliche Aussagekraft… jedenfalls aus meiner Sicht.


Intro: Berechnung des TSR für einen Zeitraum von einem Jahr

In seiner einfachsten Form hat der TSR zwei Komponenten (sagen wir mal, wir berechnen den TSR für einen Zeitraum von einem Jahr):

  • die Kurssteigerung (d. h. (Jahresschlusskurs – Jahresanfangskurs) / Jahresanfangskurs)
  • die Dividendenrendite (Summe der Dividenden pro Aktie / Jahresanfangskurs)

Stellen wir uns einmal ein simples Beispiel vor: Ein Aktionär investiert zu Beginn des Jahres 20 EUR in eine Aktie. Am Jahresende ist die Aktie 22 EUR wert, was einer 10%igen Kurssteigerung entspricht. Darüber hinaus hat der Aktionär im Betrachtungszeitraum außerdem eine Dividende in Höhe von 0,3 EUR je Aktie (= 1,5% Dividendenrendite) erhalten. In diesem Fall beträgt der TSR für das betrachtete Jahr also ca. 11,5%:

Total Shareholder Return = (22 – 20) / 20 + 0,3 / 20 = 2,3 / 20 = 11,5%

In diesem einfachen Beispiel stellt die Kurssteigerung den Haupttreiber des Total Shareholder Return dar und die Dividendenrendite macht nur einen geringen Teil des TSR aus.

Wenn wir nun davon ausgehen, dass Aktienkurssteigerung und Dividendenrendite in den Folgejahren konstant bleiben (also 10% und 1,5%) und der Aktionär die Dividende zur Finanzierung seines Konsums nutzt (diese also nicht reinvestiert), dann bleibt der Total Shareholder Return konstant bei 11,5%.

Im Folgenden möchte ich nun allerdings einmal darauf eingehen, wie der TSR aussehen würde, wenn wir eine vollständige Reinvestition der Dividenden unterstellen (was ja beispielsweise bei der Berechnung der großen Indizes wie dem DAX unterstellt wird).


Total Shareholder Return mit Reinvestition der Dividenden

Um die Reinvestition der Dividenden bei der Berechnung des Total Shareholder Returns richtig abzubilden, müssen wir grundsätzlich die folgenden Schritte durchlaufen bzw. die folgenden Festlegungen treffen:

  1. Festlegung des Betrachtungszeitraums (z.B. Januar 2006 – Dezember 2020) und des relevanten Betrachtungsintervalls (z.B. 1 Jahr oder 1 Monat)
  2. Ermittlung aller Dividenden (oder dividendenähnlichen Zahlungen) während des Betrachtungszeitraums sowie der zugehörigen Zeitpunkte (Ex-Dividende) und Aktienkurse
  3. Berechnung des Akkumulationsfaktors (d. h. die akkumulierte Anzahl an Aktien unter der Annahme, dass alle Dividenden z.B. am Ex-Dividenden-Tag oder am Ende des Betrachtungszeitraums reinvestiert werden)
  4. Berechnung des durchschnittlichen Portfoliowerts zu Beginn und am Ende des Betrachtungszeitraums unter Berücksichtigung des Akkumulationsfaktors
  5. Ermittlung des Total Shareholder Return bzw. TSR mithilfe der CAGR-Formel

Der wesentliche Unterschied bei einer Reinvestition der Dividenden besteht also darin, dass die Dividenden dem Aktionär nicht mehr als Cash zufließen, sondern stattdessen für weitere Aktienkäufe verwendet werden.

Wenn wir einmal das einfache Beispiel von oben weiterdenken, auf einen Zeitraum von sagen wir mal 15 Jahren erweitern (bei einer jährlichen Betrachtung) und die Dividende jeweils am Ende des Jahres für weitere Aktienkäufe verwenden, dann sieht das Ergebnis folgendermaßen aus:

Also beispielhaft für das Ausgangsjahr (Jahr 0): Bei einer Dividendenrendite von 1,5% und einem Aktienkurs bei 20 EUR/Aktie erhält der Aktionär eine Dividende in Höhe von absolut 0,3 EUR. Diese 0,3 EUR verwendet er für den Kauf von 0,015 weiteren Aktien zu einem Kurs von 20 EUR/Aktie (wir gehen einfach davon aus, dass auch Bruchteile einer Aktie erworben werden können).

Wenn der Aktionär diese Reinvestitionen für die nächsten 15 Jahre konsequent durchführt, dann fließt ihm zwar de facto kein Cash zu. Dafür besitzt er am Ende der 15-jährigen Zeitspanne allerdings bereits 1,269 Aktien des Unternehmens.

Hierbei ist es wichtig zu beachten, dass die Dividende immer auf die aktuelle Anzahl an Aktien im Depot gezahlt wird. Erhält der Aktionär beispielsweise nach Ablauf des ersten Jahres (Jahr 1) eine Dividende von 0,33 EUR je Aktie (= 1,5% Yield x 22 EUR/Aktie) bzw. ca. 0,335 EUR insgesamt (0,33 EUR/Aktie x 1,015 Aktien), dann kann er damit bereits ca. 0,01523 Aktien erwerben (0,335 EUR / 22 EUR) und so weiter.

Zusammengenommen mit der jährlichen Kurssteigerung in Höhe von 10% beträgt der Portfoliowert nach 15 Jahren im Resultat schließlich ca. 106,02 EUR (der Aktienkurs selbst liegt im Vergleich dazu nur bei 83,5 EUR).

Der Total Return to Shareholders bzw. TSR ergibt sich nun als CAGR über den gesamten Zeitraum zu:

Total Shareholder Return (TSR) = (106,02 / 20)(1 / 15) -1 = 11,76%

Wie wir sehen können, führt eine Reinvestition der Dividenden zu einem um ca. 0,26% höheren Return pro Jahr, als die jährliche Auszahlung ebendieser (11,76% versus 11,5%). Aufgrund der relativ niedrigen Dividendenrendite ist dieser Wert natürlich ziemlich gering. Nur zum Vergleich: Läge die Dividendenrendite konstant bei 4%, dann läge die Zusatzrendite bei einer Reinvestition der Dividende im Vergleich zum Konsum bei ca. 0,7% pro Jahr.


Die Feinheiten der TSR-Berechnung

Obwohl die grundsätzliche Logik hinter der TSR-Berechnung recht einfach nachzuvollziehen ist, gibt es bei der praktischen Berechnung des TSR einige wesentliche Feinheiten zu berücksichtigen:

  • Sonderzahlungen
    Es ist wichtig zu beachten, dass mit dem Begriff “Dividenden” hier nicht nur die regelmäßigen Gewinnausschüttungen, sondern auch alle anderen Auszahlungen an die Aktionäre (z. B. Sonder- oder Einmaldividenden) gemeint sind. Darüber hinaus sind auch die Aktienanzahl reduzierende Aktienrückkäufe sowie etwaige Aktiensplits zu berücksichtigen
  • Betrachtungszeitraum
    Ein TSR über einen Zeitraum von 10 Jahren kann ganz anders aussehen als ein TSR, der über einen Zeitraum von einem Jahr oder auch nur einem Monat ermittelt wird. Grundsätzlich gilt: Je länger der Betrachtungshorizont, desto zuverlässiger spiegelt der TSR die tatsächliche Entwicklung des intrinsischen Unternehmenswertes wieder. Eine TSR-Betrachtung über einen Zeitraum von einem Jahr kann nicht mehr als eine Momentaufnahme der Performance darstellen… jedoch ist sie oft für die Ermittlung der Bonuszahlungen fürs Management relevant (und das Management hat ggf. einen Anreiz, den Aktienkurs bewusst z.B. durch aktives Earnings Management nach oben zu treiben)
  • Betrachtungsintervall bzw. Timing der Dividenden-Reinvestition
    Die Unterteilung in individuelle Betrachtungsintervalle ist vor allem deshalb relevant, weil diese einen Einfluss auf den unterstellten Reinvestitionskurs der Dividenden haben. Grundsätzlich gilt: Je kleinteiliger wir die Einteilung vornehmen, desto genauer können wir den Kurs ermitteln, zu dem die Reinvestition der Dividenden stattfindet. Oder noch konkreter: Wählen wir ein Betrachtungsintervall von einem Jahr – wie im obigen Beispiel – dann unterstellen wir ggf. eine Reinvestition zum Jahresschlusskurs der Aktie, obwohl die tatsächliche Reinvestition unter Umständen zu einem weitaus niedrigeren Kurs im Jahresverlauf hätte erfolgen können

Die Problematik hinter dem letzten Punkt können wir auch gut aus der folgenden Abbildung entnehmen:

TSR - Berechnung des Total Shareholder Return

Analog dem Ex-Dividendendatum hätte die Reinvestition der Dividende im Jahr 1 zu einem Kurs knapp über 14 EUR/Aktie anstatt zum Jahresschlusskurs stattfinden können. Zu einem Kurs von sagen wir mal 15 EUR/Aktie hätte dies einen Effekt auf den Total Shareholder Return in dem Jahr von ca. 0,7%, weil der Aktionär ca. 0,022 anstelle von 0,015 neuen Aktien hätte erwerben können.

Um dieser Ungenauigkeit zu begegnen, wird bei der Berechnung in der Regel eine Reinvestition zum Aktienkurs am Ex-Dividendendatum unterstellt, was allerdings wiederum die Berechnung in Excel natürlich etwas erschwert.


Theoretischer versus realer Total Shareholder Return

Obwohl der TSR grundsätzlich eine ganz nützliche Kennzahl darstellt, repräsentiert sie oft nicht die Return-Kennzahl, auf die es für den Aktionär praktisch ankommt.

Erstens ist die Annahme einer vollständigen Reinvestition der Dividenden in der Praxis eher selten gültig und der Akkumulationsfaktor wird deshalb deutlich unter dem in der TSR-Berechnung unterstellten Faktor liegen.

Alfred Rappaport, Autor von Creating Shareholder Value, hat z.B. einmal analysiert, dass in der Praxis weniger als 10% der ausgeschütteten Dividenden tatsächlich in die Unternehmen reinvestiert werden.

Zweitens wird die Dividende vor der Reinvestition zunächst besteuert (in Deutschland aktuell mit einer Abgeltungssteuer 25% plus 5,5% Solidaritätszuschlag auf diese Abgeltungssteuer). Dies führt in der Praxis dazu, dass ganz praktisch nur ein Teil der Dividenden überhaupt in das Unternehmen zurückfließen kann.

Drittens schließlich fallen für den Kauf weitere Kosten an (Transaktionskosten wie Ordergebühren etc.), sofern es sich nicht um ein direkt vom Unternehmen angebotenes Programm zur Reinvestition von Dividenden (einen Direct Reinvestment Plan oder abgekürzt DRIP) handelt.


Fazit

Der Total Shareholder Return bzw. TSR ist die Gesamtrendite, die ein Aktionär über einen festgelegten Zeitraum mit dem Investment in eine bestimmte Aktie erzielt hat (Vergangenheitsbetrachtung). Diese Gesamtrendite setzt sich zusammen aus der Kurssteigerung sowie den dem Aktionär im Betrachtungszeitraum zugeflossenen Dividenden.

Die Berücksichtigung der Dividendenzahlungen erfolgt dabei in der Regel durch die Annahme einer vollständigen Reinvestition zum Ex-Dividendendatum (Stichwort Akkumulationsfaktor) und ist dehalb eher theoretischer Natur.

In der Realität ist der Total Return to Shareholders für die meisten Anleger aus verschiedenen Gründen (wie Steuerzahlungen, Transaktionskosten etc.) tendenziell niedriger.

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