Finanzkennzahlen: Eine kleine Übersicht

Inhalt

Finanzkennzahlen eine Übersicht

Finanzkennzahlen, oder Financial Ratios, werden von Analysten und Investoren verwendet, um interne Vergleiche, z.B. über Zeit anzustellen, oder einen Vergleich mit anderen Firmen oder einem Benchmark durchzuführen. In vielen Fällen sind die Kennzahlen am nützlichsten, um die Fragen zu identifizieren, die wir als Investoren stellen müssen und nicht, um diese direkt zu beantworten. Im folgenden Artikel möchte ich einmal auf die wichtigsten Finanzkennzahlen und deren Nutzung eingehen.

Wo möglich, habe ich außerdem Zielgrößen für die einzelnen Kennzahlen hinzugefügt, die unter anderem auch aus dem Buch Unternehmensanalyse von Nicolas Schmidlin stammen. Zunächst aber ein paar Gedanken zu den Limitationen von Finanzkennzahlen im täglichen Gebrauch.


Was du in diesem Artikel lernst

  • Wofür du Finanzkennzahlen nutzen kannst
  • Was die Limitationen von Finanzkennzahlen sind
  • Welche Klassifizierungen von Finanzkennzahlen es gibt
  • Welches die wesentlichen Finanzkennzahlen sind und wie diese berechnet werden
  • Worauf du bei der Nutzung der Kennzahlen achten solltest

Nutzung von Finanzkennzahlen

Für die Auswahl einer Aktie bzw. die Entscheidung, in ein Unternehmen zu investieren, kann die Analyse von Finanzkennzahlen eine große Hilfe sein. Rentabilitätskennzahlen geben Aufschluss über die Profitabilität eines Unternehmens (z.B. der Return on Capital oder die Eigenkapitalrendite) und können deshalb ein guter Indikator für die erste Auswahl von Aktien, z.B. über einen Stock Screen wie die Börsen Zauberformel sein.

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Darüber hinaus sind die Finanzkennzahlen als Ergänzung zu unseren weiteren Analysetools sehr nützlich: Neben einer konkreten Bewertung eines Unternehmens bzw. einer Aktie und dem Verständnis des Geschäftsmodells, des Wettbewerbsvorteils, der Qualität des Managements etc. möchten wir natürlich auch verstehen, welche Risiken von der Finanzierungsstruktur (z.B. einem hohen Fremdkapitalanteil und hohen Zinszahlungen) ausgehen oder wie ein Unternehmen operativ funktioniert (z.B. wie hoch die Lagerbestände sind oder ob aus verschiedenen Zahlungszielen mit Kunden und Lieferanten Liquiditätsengpässe entstehen können).

Alle Kennzahlen werden übrigens auf Basis des Jahresabschluss eines Unternehmens berechnet. Das heißt wir können die nötigen Informationen zur Berechnung je nach Kennzahl aus Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz oder Kaptialflussrechnung entnehmen.


Limitationen von Finanzkennzahlen

Die Analyse von Finanzkennzahlen ist ein einfacher Weg, einen schnellen Überblick über ein Unternehmen zu erhalten. Allerdings sollten wir als Investoren auch die Limitationen dieser Kennzahlen kennen bzw. wissen, wie wir die Kennzahlen am besten für uns nutzen können. Finanzkennzahlen bzw. Financial Ratios haben typischerweise folgende Limitationen:

  • Für sich selbst betrachtet sind die Kennzahlen nicht nützlich. Die Kennzahlen machen für uns nur Sinn, wenn wir sie z.B zu anderen Firmen in Relation setzen oder im Zeitverlauf analysieren
  • Vergleiche zwischen Unternehmen sind aufgrund der verschiedenen Rechnungslegungsgrundsätze (d.h. nach welchen Kriterien z.B. eine Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt wird) in den einzelnen Ländern manchmal schwierig
  • Wenn Unternehmen in mehreren Industrien aktiv sind, dann ist es extrem schwierig, vergleichbare Unternehmen bzw. Industriestandards zu finden
  • Rückschlüsse auf Basis einer Klasse von Kennzahlen sollten nicht gezogen werden. Stattdessen sollten wir die Kennzahlen zusammen analysieren
  • Es kann schwer sein, einen Zielwert bzw. Vergleichswert für eine Finanzkennzahl zu definieren. In vielen Fällen macht es ggf. am meisten Sinn, eine Spanne festzulegen, die wir für akzeptabel halten

Grundsätzlich sollten wir uns bei der Nutzung der Kennzahlen die folgenden Fragen stellen:

  • Haben die Firmen, die wir vergleichen, die gleichen Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS)?
  • Sind die Kennzahlen vergleichbar, wenn wir z.B. mit einzelnen Divisionen eines Unternehmens miteinander vergleichen?
  • Sind die Kennzahlen, die wir berechnet haben in einer vernünftigen Größenordnung, das heißt machen die Zahlen aus unserer Sicht Sinn?

Verwandter Artikel: Was der Jahresabschluss genau enthält


Übersicht über die Finanzkennzahlen

Finanzkennzahlen werden typischerweise nach der Art der Information klassifiziert, die sie über ein Unternehmen bereitstellen. Viele Investoren haben allerdings auch ihre eigenen Einteilungen bzw. teilweise auch ihre eigenen Berechnungsmethodiken, sodass du die folgende Klassifizierung nicht als das maß aller Dinge ansehen solltest.

Eine typische Klassifikationen der Kennzahlen ist:

  • Aktivitätskennzahlen oder Activity Ratios – Diese Kennzahlen werden in meiner freien Übersetzung auch als Auslastungskennzahlen bezeichnet. Sie geben uns eine Einschätzung darüber, wie gut ein Unternehmen seine Anlagen oder Lagerbestände nutzt. Deshalb werden diese Kennzahlen in einigen Fällen auch als Working Capital Management Kennzahlen klassifiziert
  • Liquiditätskennzahlen oder Liquidity Ratios – Liquiditätkennzahlen bewerten die Fähigkeit eines Unternehmens, seinen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen (also Rechnungen) nachzukommen
  • Stabilitätskennzahlen oder Solvency Ratios – Stabilitätskennzahlen geben uns Informationen über den Verschuldungsgrad eines Unternehmens und damit die Fähigkeit, den langfristigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen
  • Ertrags- und Rentabilitätskennzahlen oder Profitability Ratios – Diese Kennzahlen geben Aufschluss darüber, wie gut ein Unternehmen Umsätze in Gewinne umzuwandeln

In manchen Fällen gibt es übrigens unterschiedliche Definitionen für ein und dieselbe Kennzahl. Welche wir nun wählen, bleibt im Wesentlichen uns überlassen. Aus meiner Sicht kommt es auch nicht so sehr darauf an, immer genau die eine korrekte Berechnungslogik für eine Kennzahl zu nutzen (die gibt es auch in vielen Fällen nicht), sondern viel mehr darauf, dass wir verstehen, was uns das Ergebnis über das Unternehmen sagt.


Aktivitätskennzahlen / Working Capital Management

Debitorenlaufzeit (Days of Sales Outstanding)

Die Debitorenlaufzeit bezeichnet die durchschnittliche Anzahl an Tagen, die es dauert, bis die Kunden ihre ausstehenden Rechnungen bezahlen.

Die Debitorenlaufzeit sollte in etwa dem Industriestandard entsprechen. Darüber hinaus können die Zahlungsbedingungen eines Unternehmens ein hilfreicher Indikator sein, um diese Kennzahl zu interpretieren. Als Faustformel sollte die Debitorenlaufzeit < der Kreditorenlaufzeit sein, das heißt, ein Unternehmen sollte das Geld von seinen Kunden schneller einsammeln, als es die Rechnungen an seine Lieferanten zahlt.


Kreditorenlaufzeit (Number of Days of Payables)

Äquivalent zur Debitorenlaufzeit bezeichnet die Kreditorenlaufzeit die durchschnittliche Anzahl an Tagen bis zur Zahlung der Rechnungen durch das Unternehmen.

Kreditorenlaufzeit = Durchschnittl. Verbindlichkeiten aus Lieferungen & Leistungen / Gesamtkäufe x 365

Sollten die gesamten Käufe nicht verfügbar sein, dann können wir als Annäherung die Cost of Goods Sold (COGS) bzw. den Materialaufwand verwenden. Cost of Goods Sold bezeichnet die Kosten des Umsatzes oder Umsatzkosten, also alle Kosten, die mit der Herstellung der verkauften Produkte in Zusammenhang stehen (ohne Vertriebskosten, Verwaltungskosten und andere Betriebskosten).


Lagerdauer (Days of Inventory on Hand)

Die Lagerdauer bezeichnet den durchschnittlichen Lagerumschlag, das heiß die Anzahl an Tagen in denen der gesamte Lagerbestand einmal verbraucht bzw. verkauft wird.

Lagerdauer = Durchschnittlicher Lagerbestand / COGS x 365

Wie bei der Debitorenlaufzeit sollte die Lagerdauer im Bereich des Industriestandards liegen. Eine zu lange Lagerdauer kann auf eine zu hohe Kapitalbindung in Rohstoffen, Halbfertig- und Fertigteilen hindeuten. Auf der anderen Seite kann eine zu niedrige Lagerdauer ein Anzeichen für zu niedrige Lagerbestände sein, was negativen Einfluss auf die Umsätze haben kann.


Kapitalumschlag (Total Asset Turnover)

Der Kapitalumschlag misst die Effektivität mit der ein Unternehmen seine Vermögensgegenstände nutzt, um Umsatz zu erzielen.

Kapitalumschlag = Umsatzerlöse / Durchschnittliche Bilanzsumme

Der Kapitalumschlag kann sich je nach Industrie signifikant unterscheiden:

  • Kapitalintensive, produzierende Unternehmen könnten einen Kapitalumschlag nahe 1 haben
  • Handelsgeschäfte können auch gut und gerne einen Kapitalumschlag in der Größenordnung von 10 haben

Ein niedriger Kapitalumschlag kann bedeuten, dass ein Unternehmen zu viel Kapital in seinen Vermögensgegenständen gebunden hat. Auf der anderen Seite kann ein hoher Kapitalumschlag auf einen veralteten Anlagenpark hindeuten, oder darauf, dass ein Unternehmen zu wenig Anlagen für die potenziellen Umsätze hat.


Umschlagshäufigkeit des Working Capitals (Working Capital Turnover)

Die Umschlagshäufigkeit des Working Capital gibt uns Informationen darüber, wie effektiv ein Unternehmen sein Working Capital nutzt, um Umsätze zu erzielen.

Working Capital Turnover = Umsatzerlöse / Durchschnittliches Working Capital

Working Capital (manchmal auch Net Working Capital) wird berechnet als Kurzfristige Vermögensgegenstände minus Kurzfristige Verbindlichkeiten (Current AssetsCurrent Liabilities).

Manche Unternehmen können ein sehr hohes Working Capital Turnover haben. Das ist dann der Fall, wenn die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen größer als die Lagerbestände und die Forderungen sind. In diesem Fall kann das Working Capital Turnover über Zeit stark schwanken und ist nicht so aussagekräftig über die operative Effizienz des Unternehmens.


Liquiditätskennzahlen (Liquidity Ratios)

Liquidität 3. Grades (Current Ratio)

Das Current Ratio ist die am weitesten verbreitete Kennzahl für Liquidität. Je höher die Liquidität, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Unternehmen seinen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann.

Current Ratio = Kurzfristige Vermögensgegenstände / Kurzfristige Verbindlichkeiten = Current Assets / Current Liabilities

Eine Liquidität kleiner als 1 heißt, dass eine Firma negatives Working Capital hat und möglicherweise in einer Liquiditätskrise steckt. Ein realistischer Bereich für das Current Ratio liegt zwischen 1,2 und 1,7. Werte größer als 1,7 deuten auf eine zu hohe Kapitalbindung hin und können eine Indikation für eine niedrige Rendite sein.


Liquidität 2. Grades (Quick Ratio oder Acid Test)

Das Quick Ratio ist eine etwas enger ausgelegte Kennzahl als das Current Ratio, weil die Lagerbestände, die manchmal etwas schwerer zu liquidieren sein können, nicht im Zähler enthalten sind. Forderungen sind typischerweise gut in Bargeld umzuwandeln.

Quick Ratio = (Barmittel & Äquivalente + Forderungen) / Kurzfristige Verbindlichkeiten = (Cash & Marketable Securities) + Receivables) / Current Liabilities

Auch hier deutet ein hohes Quick Ratio auf eine hohe Wahrscheinlichkeit hin, dass eine Firma ihre Rechnungen kurzfristig zahlen kann. Für das Quick Ratio wird in der Literatur ein Zielkorridor von 90-100% angegeben.


Liquidität 1. Grades (Cash Ratio)

Das Cash Ratio ist nochmal enger ausgelegt als das Quick Ratio. Im Zähler sind nun nur noch Barmittel und Äquivalente (z.B. liquide Finanzanlagen wie Wertpapiere) enthalten.

Cash Ratio = Barmittel & Äquivalente / Kurzfristige Verbindlichkeiten = Cash & Marketable Securities / Current Liabilities

Ein hohes Cash Ratio deutet auf eine hohe Wahrscheinlichkeit hin, dass eine Firma ihre Rechnungen kurzfristig zahlen kann. Für das Cash Ratio wird in der Literatur ein Zielkorridor von 10-20% angegeben.


Geldumschlagsdauer (Cash Conversion Cycle)

Die Geldumschlagsdauer ist die Summe aus Debitorenlaufzeit und Lagerdauer abzüglich der Kreditorenlaufzeit und gibt Aufschluss darüber, wie schnell ein Unternehmen seine Investition in Lagerbestand wieder in Bargeld umwandeln kann.

Geldumschlagsdauer = Debitorenlaufzeit + LagerdauerKreditorenlaufzeit

Eine hohe Geldumschlagsdauer ist in der Regel nicht gewollt. Wenn die Geldumschlagsdauer zu hoch ist, dann bedeutet das, dass ein Unternehmen zu viel Kapital im Verkaufsprozess gebunden hat.


Stabilitätskennzahlen (Solvency Ratios)

Verschuldungsgrad (Debt-to-Equity Ratio oder Gearing Ratio)

Das Debt-to-Equity Ratio ist eine Maßzahl für die Nutzung von Fremdkapital als Finanzierungsquelle. Je höher die Kennzahl, desto höher die Abhängigkeit von Fremdkapital.

Debt-to-Equity = Gesamtverschuldung / Eigenkapital = Total Debt / Total Equity

Die Gesamtverschuldung wird von Analysten nicht immer gleich berechnet. Auch die großen Anbieter von Finanzinformationen (ThomsonReuters, Bloomberg, Captial IQ etc.) haben teilweise andere Definitionen.

Eine gängige Annahme für die Gesamtverschuldung ist die Summe aus langfristigen Verbindlichkeiten und kurzfristigen, verzinslichen Verbindlichkeiten. Einige Analysten bzw. Investoren zählen auch Leasingverpflichtungen und / oder nicht verzinsliche Verbindlichkeiten (wie z.B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Pensionsrückstellungen un andere Rückstellungen) zur Gesamtverschuldung. Manchmal werden auch Cash und Cash Äquivalente, also im Wesentlichen Barmittel und Wertpapiere von den Gesamtschulden abgezogen (dann sprechen wir von Nettoverschuldung oder Net Debt).

Das Debt-to-Equity Ratio zu interpretieren ist gar nicht so einfach, da der Wert sehr stark von der Industrie abhängt. Für einen Immobilienkonzern kann ein Debt-to-Equity Ratio von 150% im normalen Bereich sein, für eine Technologiefirma mit einer geringen Asset-Intensität, also einem Unternehmen ohne signifikante reale Vermögenswerte können 70% bereits hoch sein. Hier schauen Investoren am besten auf den Durchschnitt in vergleichbaren Industrien.

Um einmal einen groben Anhaltspunkt zu geben: Ein D/E-Ratio von 10-20% wäre ideal, 20-50% ebenfalls gut. Ab einem D/E von 70% wird es kritisch. Bei einem D/E-Ratio von über 100% kann eine Kapitalerhöhung bzw. Entschuldung bevorstehen.


Dynamischer Verschuldungsgrad (Schuldentilgungsdauer oder Dynamic Gearing Ratio)

Der dynamische Verschuldungsgrad gibt Investoren eine Aussage darüber, wie lange es dauern würde, die vorhandenen Schulden mithilfe des derzeitigen Cash Flows zurückzuzahlen.

Dynamischer Verschuldungsgrad = Gesamtverschuldung / Cash Flow = Total Debt / Cash Flow

Der dynamische Verschuldungsgrad wird typischerweise in Jahren angegeben (manchmal auch in %) und gibt Investoren eine Indikation für mögliche Finanzierungsprobleme. Ein dynamischer Verschuldungsgrad von 2 Jahren wird typischerweise als gut angesehen, ab einem Wert von über 5 Jahren wird es kritisch. Diese Zahlen sollten wir allerdings nur als grobe Anhaltspunkte nutzen. Je nach Industrie kann es hier noch signifikante Unterscheidungen geben.

Bezüglich der Definition der Gesamtverschuldung gilt das Gleiche wie beim Debt-to-Equity Ratio. Der Cash Flow in dieser Gleichung ist der Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit abzüglich der Sachinvestitionen (Capex).


Debt-to-Capital Ratio

Das Debt-to-Capital Ratio ist eine weitere Möglichkeit, die Abhängigkeit eines Unternehmens von Fremdkapital darzustellen.

Debt-to-Capital = Gesamtverschuldung / (Gesamtverschuldung + Eigenkapital) = Total Debt / (Total Debt + Total Equity)

Das gesamte Kapital beinhaltet die die Gesamtverschuldung (wie oben beschrieben kann es hier leicht abweichende Definitionen geben) sowie das gesamte Eigenkapital inklusive der Vorzugsaktien (Preferred Stock).


Eigenkapitalquote (Equity Ratio)

Die Eigenkapitalquote gibt an, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtvermögen ist.

EK-Quote = Eigenkapital / Gesamtvermögen = Total Equity / Total Assets

Auch hier kann es, analog zum Debt-to-Capital Ratio, abweichende Definitionen des Gesamtvermögens bzw. -kapital geben.


Debt-to-Assets Ratio

Das Debt-to-Assets Ratio ist eine weitere Möglichkeit, die Abhängigkeit eines Unternehmens von Fremdkapital darzustellen.

Debt-to-Assets = Gesamtverschuldung / Gesamtvermögen = Total Debt / Total Assets

Leverage Ratio oder Financial Leverage

Eine erhöhte Nutzung von Fremdkapital erhöht das Financial Leverage und in der Regel das Risiko für Investoren (und auch Fremdkapitalgeber).

Financial Leverage = Durchschnittl. Gesamtvermögen / Durchschnittl. Eigenkapital = Average Total Assets / Average Total Equity

“Durchschnittlich” bedeutet hier übrigens Mittelwert aus Wert zu Beginn und am Ende des Geschäftsjahres bzw. des Betrachtungszeitraums.


Zinsdeckung (Interest Coverage)

Die Zinsdeckung gibt uns eine Indikation über die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Verbindlichkeiten inklusive Zinsen zurückzuzahlen. Je geringer die Zinsdeckung, desto schwieriger wird es für ein Unternehmen, die Zinsen auf seine Kredite zu zahlen.

Zinsdeckung = EBIT / Zinskosten = EBIT / Interest Payments

EBIT bedeutet übrigens Earning before Interest and Taxes und ist nichts anderes als der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern.


Nettoverschuldungsquote (Net Debt to EBITDA Ratio)

Die Nettoverschuldungsquote bildet das Verhältnis aus Nettoverschuldung zu EBITDA ab.

Nettoverschuldungsquote = Nettoverschuldung / EBITDA = Net Debt / EBITDA

Die Nettoverschuldung wird berechnet als die Summe aus langfristigen Verbindlichkeiten und kurzfristigen, verzinslichen Verbindlichkeiten abzüglich Barmittel und Äquivalente.

Die Nettoverschuldungsquote gibt uns eine Aussage darüber, wie viele Jahre es dauern würde, um die Schulden einer Firma zurückzuzahlen, angenommen die Nettoverschuldung und das EBITDA sind konstant. Wenn die Barmittel einer Firma größer sind als die Verbindlichkeiten, dann kann die Quote auch negativ sein.

Nettoverschuldungsquoten von kleiner 1 Jahr sind sehr gut, ab 3 Jahren wird es kritisch. Bei Nettoverschuldungsquoten von über 8 ist höchstwahrscheinlich keine Tilgung möglich.


Fixed Charge Coverage

Das Fixed Charge Coverage ist eine der Zinsdeckung sehr ähnliche Kennzahl. Für Firmen mit hohem Leasinganteil (z.B. Fluglinien) ist diese Kennzahl die aussagekräftigere. Bei solchen Firmen wird die Zinsdeckung durch Hinzuaddieren der Leasingraten um einiges niedriger sein.

Fixed Charge Coverage = (EBIT + Leasingraten) / (Zinskosten + Leasingraten) = (EBIT + Lease Payments) / (Interest Payments + Lease Payments)

Sachinvestitionsquote

Die Sachinvestitionsquote bezeichnet das Verhältnis aus Sachinvestitionen, also Investitionen in Produktionsanlagen etc. eines Unternehmens, und dem Kapitalfluss aus dem operativen Geschäft.

Sachinvestitionsquote = Sachinvestitionen / Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit = Capex / Cash Flow from Operations

Ist die Sachinvestitionsquote regelmäßig höher als 1, d.h. wird regelmäßig mehr investiert, als an Cash erwirtschaftet wird, dann droht einem Unternehmen die Insolvenz. Eine Analyse dieser Kennzahl macht also nur über einen längeren Zeitraum Sinn. Für einzelne Jahre kommt es nämlich immer mal wieder vor, dass der Cash Flow aus Investitionstätigkeit stark negativ ist, weil z.B. in eine große Anlage investiert wurde.


Ertrags- und Rentabilitätskennzahlen (Profitability Ratios)

Arten von Ertragskennzahlen

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Ertragskennzahlen:

  • Operative Ertragskennzahlen
  • Ertragskennzahlen mit Bezug auf das investierte Kapital (vor und nach Steuern)

Operative Ertragskennzahlen geben uns ein Gefühle dafür, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, seine Umsätze in Gewinne zu verwandeln. Die Kennzahlen setzen jeweils den Gewinn auf einer bestimmten Ebene in Bezug zum Umsatz. Zu dieser Gruppe der Ertragskennzahlen gehören

Die verschiedenen Kennzahlen isolieren bestimmte Arten von Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung (nach IFRS).

Umsatzerlöse (Revenue)
minus  Umsatzkosten (Cost of Goods Sold – COGS)
= Bruttogewinn (Gross Profit)
minus Vertriebskosten, Verwaltungskosten, sonstige Betriebskosten (Operating Cost bzw. SG&A)
= Operativer Gewinn (EBITEarnings before Interest and Taxes)
minus Zinsergebnis (Interest)
= Vorsteuergewinn (EBT – Earnings before Taxes)
minus Steuern
= Nachsteuergewinn (EAT – Earnings after Taxes)
minus “Below the Line” Elemente (nach Steuern), z.B. nicht fortgeführte Aktivitäten
= Nettogewinn (Net Profit Margin)

Je nach Geschäftsbericht kann die Gewinn- und Verlustrechnung auch etwas anders aussehen, z.B. können Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen auch separat ausgewiesen sein. Die GuV hier dient aber erstmal nur zur Veranschaulichung der Berechnung der operativen Kennzahlen.

Zu den Ertragskennzahlen bezogen auf das investierte Kapital gehören

  • Gesamtkapitalrendite (Return on Assets – ROA) und Abwandlungen davon
  • Kapitalrendite (Return on Capital) und Abwandlungen davon
  • Eigenkapitalrendite (Return on Equity) und Abwandlungen davon

Diese Kennzahlen geben uns eine Aussage darüber, wie effizient ein Unternehmen im Hinblick auf das investierte Kapital ist. Bei Nutzung dieser Kennzahlen sollten wir darauf achten, dass wir Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleichen, d.h. wenn wir im Zähler einen Gewinn nutzen, von dem wir bereits die Zinsen (also den Return für die Fremdkapitalgeber) abgezogen haben, dann sollten wir im Zähler ebenfalls eine Kenngröße für das Kapital nutzen, die kein Fremdkapital enthält (und umgekehrt).

Ein Nachteil dieser Kennzahlen ist außerdem, dass sie (mit Ausnahme des ROE) im Nenner den Buchwert der Vermögensgegenstände eines Unternehmens nutzen. Da diese von Jahr zu Jahr weiter abgeschrieben werden, würde sich z.B. der ROCE erhöhen, auch wenn der Cash Flow unverändert bleibt.


Nettoumsatzrendite oder Umsatzrendite (Net Profit Margin)

Nettoumsatzrendite = Nettogewinn / Umsatzerlöse = Net Income / Revenue

Dies ist eine wichtige Kennzahl für den Investor. Wenn die Umsatzrendite zu niedrig ist, dann ist das ein Warnsignal. Für den Nettogewinn nehmen Investoren am besten den Nettogewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen. Weil wir ja hauptsächlich an der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens interessiert sind, sind so genannte “Below the Line” Elemente wie z.B. nicht fortgeführte Geschäfte für uns meist nicht von Interesse.


Bruttogewinnmarge (Gross Margin)

Bruttogewinnmarge = Bruttogewinn / Umsatzerlöse = Gross Profit / Revenue

Die Bruttogewinnmarge ist das Verhältnis aus Bruttogewinn und Umsatzerlösen. Die Kennzahl berücksichtigt alle Umsatzkosten.


Operative Gewinnmarge (EBIT-Marge)

Operative Gewinnmarge = EBIT / Umsatzerlöse = EBIT / Revenue

Die operative Gewinnmarge ist das Verhältnis aus operativem Gewinn und Umsatzerlösen. Die Kennzahl berücksichtigt alle Umsatzkosten. Der operative Gewinn berechnet sich aus Bruttogewinn minus Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten (SG&A – Selling, General & Administrative Expenses).

Manchmal nutzen Investoren bzw. Analysten auch den EBITDA zur Berechnung der operativen Gewinnmarge. Den EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) erhalten wir, wenn wir Abschreibungen und Amortisation wieder zu unserem EBIT hinzuaddieren. Abschreibungen und Amortisation sind nicht immer in der Gewinn- und Verlustrechnung explizit aufgeführt (sind dann Teil der Umsatzkosten), sodass wir in den Anhang des Jahresabschlusses schauen müssen, um die Abschreibung zu finden.


Vorsteuermarge (EBT-Marge)

Vorsteuermarge = EBT / Umsatzerlöse = EBT / Revenue

Die Vorsteuermarge ist das Verhältnis aus Vorsteuergewinn zu Umsatzerlösen.


Umsatzverdienstrate (CFO / Revenue)

Die Umsatzverdienstrate oder auch Cash Flow Umsatzrendite ist eine Finanzkennzahl, die den Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit ins Verhältnis zum Umsatz setzt.

Umsatzverdienstrate = Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit / Umsatzerlöse = Cash Flow from Operations / Revenue

Der Cash Flow ist oft interessanter für Investoren, weil er uns Aufschluss über die tatsächlichen Geldflüsse eines Unternehmens gibt. Es gibt viele Unternehmen, die trotz eines positiven Gewinns regelmäßig einen negativen Cash Flow haben. Deshalb kann eine Cash Flow Kennzahl im Zusammenspiel mit anderen Ertragskennzahlen sehr aufschlussreich sein.


Gesamtkapitalrendite (Return on Assets – ROA)

ROA = Nettogewinn / Durchschnittl. Gesamtvermögen = Net Income / Average Total Assets

Die Gesamtkapitalrendite ist das Verhältnis aus Nettogewinn und Gesamtvermögen. Diese Kennzahl kann allerdings etwas in die Irre führen, weil sie im Zähler den Nettogewinn, also den Gewinn nach allen Kosten inkl. Zinskosten, im Nenner aber die gesamten Assets, inkl. Fremdkapital enthält. deshalb gibt des eine Abwandlung des ROA, für die die Zinskosten, angepasst für die Steuern, zum Nettogewinn hinzuaddiert werden:

ROA = (Nettogewinn + Zinskosten x (1 – Steuersatz)) / Durchschnittl. Gesamtvermögen = (Net Income + Interest Expense x (1 – Tax Rate)) / Average Total Assets

Wenn wir nun auch noch Steuern hinzurechnen möchten, z.B. weil wir vergleichbare Unternehmen, die allerdings verschiedene Steuergesetzgebungen haben, dann können wir die operative Gesamtkapitalrendite nutzen:

Operativer ROA = EBIT / Average Total Assets

Kapitalrendite (Return on Capital)

ROTC = EBIT / Durchschnittl. Gesamtkapital = EBIT / Average Total Capital

Das Gesamtkapital beinhaltet langfristige und kurzfristige Verbindlichkeiten, Vorzugskapital (Preferred Equity) und Eigenkapital.


Rendite des eingesetzten Kapitals (Return on Invested Capital – ROIC)

Eine weitere sehr bekannte und häufig genutzte Kennzahl ist die Rendite des eingesetzten Kapitals oder ROIC. der ROIC setzt den operativen Gewinn (angepasst um die Steuern) ins Verhältnis zum investieren Kapital.

ROIC = NOPAT / Investiertes Kapital = EBIT x (1 – Steuersatz)/ Investiertes Kapital = EBIT x (1 – tax Rate) / Invested Capital

NOPAT bedeutet Net Operating Profit After Tax und ist nichts anderes als der EBIT abzüglich fiktiver Steuern auf den EBIT. D.h. wir tun hier so als wären die Zinsen nicht abzugsfähig und wir müssten Steuern darauf zahlen. Durch diese Anpassung können wir dann tatsächlich eine Rendite-Kennzahl erhalten, die nicht von der Kapitalstruktur beeinflusst wird und somit die wirkliche Rendite gut wiedergibt. Wir haben im Zähler der Gleichung eine Zahl, die den Gewinn für die Anteilseigner des Unternehmens (Aktionäre) sowie durch die Zinsen auch den Return der für die Fremdkapitalgeber (i.d.R. Banken) enthält und im Nenner das investierte gesamte Kapital zur Verfügung gestellt von Aktionären und Banken.


Kapitalrendite nach der Börsen Zauberformel (Magic Formula)

Kapitalrendite = EBIT / (Nettoumlaufvermögen + Nettoanlagevermögen)

Joel Greenblatt nutzt für seine Zauberformel im Nenner eine leicht andere Definition des Kapitals, nämlich die Summe aus Nettoumlaufvermögen und Nettoanlagevermögen (Working Capital + Net Fixed Assets), wobei Nettoumlaufvermögen und Nettoanlagevermögen wie folgt definiert werden:

Nettoumlaufvermögen = Kurzfristige Vermögensgegenstände – Kurzfristige Verbindlichkeiten = Current AssetsCurrent Liabilities = Net Working Capital

Nettoanlagevermögen = Bruttoanlagevermögen – kumulierte Abschreibungen – Bargeldüberschuss = Net Property, Plant & Equipment – Excess Cash

Oft steht das Anlagevermögen bereits mit dem Zeitwert, d.h. reduziert um die Abschreibungen in unserer Bilanz. Wir müssen deshalb die kumulierten Abschreibungen (alle Abschreibungen seit Anschaffung der Vermögenswerte) nicht mehr abziehen. Das Net Working Capital sollten wir um den Bargeldüberschuss reduzieren. Der Bargeldüberschuss ist das Bargeld, das nicht zum Betrieb des Unternehmens, also z.B. zum Einkaufen von Rohstoffen oder Produkten gebraucht wird. Eine typische Annahme für die Abschätzung des Bargeldüberschusses sind 2% vom Umsatz.

Joel Greenblatt hat übrigens als untere Grenze für die Kapitalrendite einen Wert von 50% definiert. Er selbst investiert nicht in Unternehmen mit einer Kapitalrendite unter 50%.


Return on Capital Employed (ROCE)

Return on Capital Employed ist sehr ähnlich bzw. identisch zur Kapitalrendite in Greenblatt’s Zauberformel.

ROCE = EBIT / Capital Employed

Für das Capital Employed gibt es verschiedenen Definitionen. Eine gängige Definition ist

Capital Employed = Gesamtvermögen – Kurzfristige Verbindlichkeiten = Total Assets – Current Liabilities

oder

Capital Employed = Nettoanlagevermögen + Nettoumlaufvermögen = Fixed Assets + Net Working Capital


Eigenkapitalrendite (Return on Equity – ROE)

Die Eigenkapitalrendite ist eine Finanzkennzahl, die den Nettogewinn, also den Gewinn nach Steuern ins Verhältnis setzt zum eingesetzten Eigenkapital.

ROE = Nettogewinn / Durchschnittl. Eigenkapital = Net Income / Average Total Equity

oder

Return on Common Equity = (Nettogewinn – Vorzugsdividenden) / Durchschnittl. Eigenkapital = (Net Income – Preferred Dividends) / Average Total Equity

Mit der Eigenkapitalrendite schauen Investoren nur auf die Return der Anteilseigner auf ihr eingesetztes Kapital. wenn wir diese Kennzahl nutzen, dann sollte uns dabei nur bewusst sein, dass die Finanzierungsstruktur einen Einfluss auf die Kennzahl hat. Ein gutes Beispiel zum Einfluss der Fremdkapitalfinanzierung liefert Joel Greenblatt in seinem Buch zur Börsen Zauberformel bzw. zur Magic Formula.

2 Kommentare zu „Finanzkennzahlen: Eine kleine Übersicht“

  1. Super Artikel! Fasst die wichtigsten Kennzahlen gut zusammen und gibt auch einen Überblick über Investment-Grade-Ranges. Danke für die gute Arbeit! Mega!

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