Der Piotroski F Score wurde im Jahr 2000 von Joseph Piotroski – heute Professor in Stanford – entwickelt, um gute und werthaltige Value-Aktien von schlechten zu unterscheiden und damit einen typischen Value-Screen (z.B. ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis) zu ergänzen.
Piotroski ging damals von der (vermutlich richtigen) Annahme aus, dass es sich bei einem Großteil der zu einem sehr niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis gehandelten Aktien (“Value-Aktien”) um Unternehmen handeln müsse, die aus gutem Grund in ernsthafte Schwierigkeiten geraten waren und die sich deshalb nicht wirklich für ein Investment eignen.
Für diese Value-Aktien entwickelte Piotroski deshalb ein einfaches Scoring-Modell, mit dessen Hilfe eine Unterscheidung zwischen guten und werthaltigen Unternehmen auf der einen und schlechten, akut Insolvenz-gefährdeten Unternehmen auf der anderen Seite möglich sein soll.
Was du in diesem Artikel lernst
- Wie Joseph Piotroski den F Score entwickelt hat
- Wie der F Score funktioniert
- Welche neun Kriterien Piotroski für die Selektion der guten Werte heranzieht
Die Entwicklung des F Score und Backtesting
Der F Score wurde wie gesagt das erste Mal im Jahr 2000 veröffentlicht. Eine Version des Artikels kann auf den Seiten der Universität von Chicago, an der Piotroski zur Zeit der Veröffentlichung gelehrt hat, heruntergeladen werden.
Piotroski’s Berechnungen basieren auf Daten für über 14.000 Aktien mit niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnissen über einen Zeitraum von 20 Jahren (zwischen 1976 und 1996).
In seiner Forschungsarbeit berechnete Piotroski zunächst den F Score für alle Aktien in seinem vorab definierten Aktienuniversum. Anschließend wählte er diejenigen Aktien mit F Scores von 8 und 9 (den höchsten möglichen Scores) sowie diejenigen Aktien mit F Scores von kleiner gleich 2 (den niedrigsten möglichen Scores) aus und konstruierte daraus jeweils ein Portfolio.
Anschließend verglich Piotroski die Returns dieser Portfolios über einen Zeitraum von 20 Jahren mit dem gesamten Aktienuniversum und fand folgendes heraus:
- Value-Aktien mit hohen F Scores erwirtschafteten eine um 7,5% höhere Rendite als das gesamte Universum
- Für Aktien mit sehr niedrigen F Scores war die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz oder eines De-Listings um 5 mal höher als für das gesamte Universum
Auf Basis der statistischen Auswertung stellte der F Score also eine sehr gute Methode dar, um ein Universum an Aktien mit niedrigem Kurs-Buchwert-Verhältnis weiter zu filtern.
In der Folgezeit wurde der Piotroski F Score außerdem von einer Vielzahl an Analysten getestet und Piotroski’s erste Ergebnisse i.W. bestätigt – nämlich, dass wir mit einer Aktienauswahl auf Basis des F Score den Markt regelmäßig schlagen können.
Wie funktioniert also die Berechnung?
So funktioniert der Piotroski F Score
Der Piotroski F Score ist ein einfaches Scoring-Modell mit 9 Kriterien, welche direkt mithilfe von Daten aus den Jahresberichten des letzten bzw. der letzten zwei Geschäftsjahre analysiert werden können.
Für jeden Kriterium, das erfüllt wird, wird jeweils ein Punkt vergeben. Anschließend werden alle Kriterien aufsummiert und ergeben den F Score. Der maximale F Score ist also 9, der minimale ist 0.
Bei der Auswahl seiner 9 Kriterien achtete Piotroski darauf, nur die wesentlichen, übergeordneten Variablen und Effekte auf die Gesundheit eines Unternehmen zu berücksichtigen. Die Kriterien dienen zur Bewertung der finanziellen Position (je höher der F Score, desto besser) und können grob in drei Bereiche gruppiert werden:
- Profitabilität: Macht das Unternehmen einen Gewinn, ist der Cash Flow positiv, verbessert sich der ROA?
- Leverage, Liquidität, Finanzierung: Haben sich Verschuldung und Liquidität kürzlich verbessert?
- Operative Effizienz: Wie gut werden die vorhandenen Ressourcen in Umsätze und Gewinne umgewandelt? Haben sich die Werte kürzlich verbessert?
Hier einmal die 9 Kriterien im Detail:
Die 9 Kriterien
Profitabilität (4 Kriterien)
Mit den Profitabilitätskriterien schaut Piotroski auf die Fähigkeiten eines Unternehmens, finanzielle Mittel intern, also aus den operativen Geschäften, zu generieren
1. Nettogewinn: Ein Punkt, wenn der Nettogewinn im vergangenen Jahr positiv war
2. Operativer Cash Flow: Ein Punkt, wenn der operative Cash Flow im vergangenen Jahr positiv war
3. Gesamtkapitalrendite (Return on Assets): Ein Punkt, wenn die Gesamtkapitalrendite im Vergleich zum Vorjahr gewachsen ist
4. Gewinnqualität: Ein Punkt, wenn der operative Cash Flow im vergangenen Jahr über dem Nettogewinn lag
Diese Beziehung könnte für Value-Aktien besonders wichtig sein, da der Anreiz einer Beeinflussung des Nettogewinns für solche Unternehmen typischerweise recht hoch ist (z.B. um die Covenants nicht zu verletzen).
Leverage, Liquidität und Finanzierung (3 Kriterien)
Diese Kriterien sind dazu gedacht, Änderungen in der Kapitalstruktur und der Fähigkeit eines Unternehmens seine Schulden zu zurückzuzahlen, zu bewerten.
5. Langfristige Verbindlichkeiten versus Gesamtvermögen (Long-term Debt vs. Assets): Ein Punkt, wenn das LT Debt-to-Assets Ratio im Vergleich zum Vorjahr abgenommen hat
6. Liquidität 3. Grades (Current Ratio = Kurzfristiges Anlagevermögen / Kurzfristige Verbindlichkeiten): Ein Punkt, wenn die Liquidität 3. Grades im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hat
7. Anzahl umlaufender Aktien: Ein Punkt, wenn die Anzahl umlaufender Aktien im Vergleich zum Vorjahr nicht zugenommen hat
Wenn eine Firma externes Kapital in Form einer Kapitalerhöhung benötigt, dann könnte das darauf hindeuten, dass die Firma aus dem operativen Geschäft keine ausreichenden Mittel mehr generieren kann, um seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.
Operative Effizienz (2 Kriterien)
8. Bruttomarge bzw. Rohertrag (Umsatz – Umsatzkosten): Ein Punkt, wenn die Bruttomarge im Vergleich zum Vorjahr gewachsen ist
Eine Verbesserung der Bruttomarge könnte auf eine Reduktion der Faktorkosten (also z.B. Personal-, oder Materialkosten), der Lagerkosten oder aber eine erfolgreiche Preiserhöhung hindeuten.
9. Kapitalumschlag (Asset Turnover = Umsatz / Gesamtvermögen): Ein Punkt, wenn das Umsatzwachstum das Wachstum der Gesamtvermögens (= Bilanzsumme) übersteigt
Eine Verbesserung des Kapitalumschlags kennzeichnet eine erhöhte Produktivität des Anlagevermögens, z.B. durch effizientere Produktion (weniger Vermögenswerte generieren den gleichen Umsatz) oder einen Zuwachs des Umsatzes (mit den gleichen Vermögenswerten wird mehr Umsatz generiert).
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Zusammenfassung
Der Piotroski F Score wurde von Stanford Professor Joseph Piotroski im Jahr 2000 entwickelt, um Value-Investoren die Auswahl von Value-Aktien guter und werthaltiger Unternehmen zu erleichtern.
Statistische Auswertungen von Piotroski als auch von anderen Forschern und Analysten deuten darauf hin, dass man mithilfe des F Score tatsächlichdie Aktienauswahl signifikant verbessern kann.
Der Piotroski F Score ist ein einfaches Modell bestehend aus 9 Kriterien, die den Bereichen Profitabilität, Leverage und Liquidität sowie operative Effizienz zugeordnet werden können. Je höher der Score, desto besser ist es um die finanzielle Gesundheit des Unternehmens bestellt und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz.
6 Kommentare zu „Der Piotroski F Score“
Hallo…leider kann ich die Excel-Tabelle zum F-Score nicht runterladen.
Es kommt immer das Fenster zum Email bestätigen…immer und immer wieder.
Können Sie das fixen bitte?
Danke.
Toller Blog
Hallo Steffen,
Habe das gerade nochmal selbst getestet. Aus meiner Sicht funktioniert der Zugriff zu den Tools einwandfrei.
Hier nochmal der Link zur FAQ-Seite. Hier wird auch nochmal der Anmeldeprozess beschrieben:
https://diyinvestor.de/frequently-asked-questions-faqs/
Lass mich wissen, wenn du nach wie vor Probleme haben solltest. Dann müssen wir dem Ganzen nochmal tiefer auf den Grund gehen.
Viele Grüße,
Axel
Hallo,
erstmal Danke für die schnelle Antwort.
Ich hab e immer auf die blaue Schrift geklickt = Endlosschleife.
Mit der Grafik geht es.
Vielen Dank für die tollen Tools und den tollen Blog.
Auf bald.
Steffen
Ein Hinweis zum Backtesting:
Kennst Du das ?
https://www.valuesignals.com/Content/Documents/Quantitative_Value_Investing_In_Europe.pdf
Ich versuche es gerade zu validieren (xlsmarket) für die letzen 10 Jahre, denn ich kann es nicht glauben. Tim du Toid möchte auch nicht so recht eine Liste von stocks für die getesteten Jahre herausgeben. Immerhin reagiert er auf e-mails. Man kann sowas auch erfinden und Geld verdienen läßt sich mit dem Screener sicherlich.
Gruß,
Nee, kannte ich bisher nicht…
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