Der dreibeinige Hocker: Chuck Akre’s Investment-Ansatz

Chuck Akre der dreibeinige Hocker

Inhalt

Chuck Akre

Vor einiger Zeit gab es bei Invest like the Best ein sehr gutes Interview mit Chuck Akre, dem Gründer von Akre Capital Management, einem Vermögensverwalter in der Größenordnung von ca. 10 Mrd. USD. Grund genug, den Investitionsansatz von Chuck Akre – Akre nutzt für die Beschreibung des Ansatzes die Analogie eines dreibeinigen Hockers – einmal etwas mehr im Detail zu beleuchten… ich jedenfalls konnte einiges dabei lernen.


Chuck Akre’s “Three Legged Stool” Ansatz zur Einschätzung von Unternehmen

Ein Hocker oder Stuhl mit drei Beinen ist stabiler als einer mit vieren, weil er sich z.B. auf unebenem Untergrund besser ausrichten lässt. Chuck Akre mag diese Analogie. Für ihn ist sie das Konstrukt, um für sich zu visualisieren, welche drei Komponenten ein gutes Business ausmachen.

Die drei Beine des Hockers:

  1. Überdurchschnittliche Kapitalrendite (definiert als Free Cash Flow Return auf das Eigenkapital)
  2. Qualität und Integrität der Manager, die das Unternehmen führen
  3. Track Record und zukünftige Möglichkeiten bzgl. der Reinvestition der Gewinne

Wenn diese drei Kriterien erfüllt sind bzw. auf ein gutes Unternehmen mit gutem Management hindeuten, dann ist schließlich der Kaufpreis das ausschlaggebende Kriterium für ein Investment… wenn der Hocker nicht nur drei Beine hätte, dann wäre der Kaufpreis vermutlich das vierte Kriterium.


1. Kapitalrendite

Der Aspekt der Kapitalrendite lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man vom Investment Ziel ausgeht: der Generierung einen überdurchschnittlichen Returns. Da der durchschnittliche Return im amerikanischen Aktienmarkt bei ca. 9-10% liegt, reden wir hier also von einem zweistelligen Wert pro Jahr.

Dieser Return korreliert laut Akre’s Analysen stark mit den realen Returns der Unternehmen, wofür er als Annäherung die Eigenkapitalrendite (ROE) bzw. die Cash Flow Rendite auf das eingesetzte Kapital (Free Cash Flow Return on Owner’s Capital) gegeben eine konstante Bewertung ohne Auszahlungen an die Anteilseigner (d.h. Dividenden) verwendet.

Allerdings gibt es keine konstanten Bewertungen im Markt. Aus diesem Grund ist der Cash Flow Return eher als konservativer Startpunkt anzusehen. Das Konzept – und das ist wichtig – ist allerdings intellektuell leicht nachzuvollziehen.

The bottom line of all investing is the rate of return. – Chuck Akre

Um also den Markt outzuperformen, muss man erstens in Unternehmen investieren, die überdurchschnittliche Kapitalrenditen generieren. Zweitens muss man die Ursache für diese hohen Renditen verstehen.

Beispiel Bandag

Bandag (gehört heute zu Bridgestone) ist ein Unternehmen, welches im Wesentlichen LKW- und Busreifen runderneuert (tatsächlich werden solche Reifen bis zu ca. dreimal wiederverwendet, d.h. mit einem neuen Profil ausgestattet). Bandag hatte im Vergleich zu anderen Reifenherstellern eine substantiell höhere Kapitalrendite. Die wesentliche Ursache lag in dem als Franchise betriebenen Dealer-Netzwerk. Den Aufbau bzw. die Erweiterung dieses Netzwerks hatte Bandag mit eigenen Gewinnen unterstützt und so ein sehr loyales Händlernetz geschaffen.

Der wesentliche Punkt für Akre: Man sollte versuchen, die Themen auf das Einfache zu reduzieren. In einer Welt der komplexen Excel-Modelle kann einem typischerweise immer jemand eine komplexe Erklärung für einen Sachverhalt liefern.

Als Verallgemeinerung gilt: Es geht bei erfolgreichen Geschäftsmodellen immer (oder jedenfalls meistens) um einen anderen Ansatz oder eine Veränderung bzgl. der Distribution von Gütern (Informationen, Autos etc.).

Ein weiterer Aspekt ist das Vorhandensein von Preissetzungsmacht (Pricing Power). Hierfür gibt Chuck Akre eine Analogie als Beispiel: Ein Paar plant am Abend eine große Party mit vielen Gästen. Ca. zwei Stunden vorher geht die Toilette kaputt. In dieser Situation wird das Paar einem Handwerker fast jeden Preis bieten, um das Problem rechtzeitig aus der Welt zu schaffen. Die Preissetzungsmacht des Handwerkers in diesem Fall ist also extrem hoch.

Chuck Akre findet es übrigens verwunderlich, dass die Wall Street Analysten sich in der Regel nicht mit Kapitalrenditen und den ursächlichen Zusammenhängen beschäftigen. Zu Visa sagt er:

If you read any research from Wall Street, and we’d read very little, there’s no one who talks about that, who talks about rates of return they’re earning on their capital. I mean no one does. – Chuck Akre über Analystenmeinungen zu Visa

Als Ursache nennt er ein fundamental anderes Geschäftsmodell an der Wall Street, welches im Wesentlichen in der Generierung von Transaktionen über die Verbreitung falscher Erwartungen besteht.


2. Management

Kommen wir zum zweiten Aspekt, der ein großartiges Investment auszeichnet: Dem Management!

Chuck Akre erwähnt mehrere herausstechende Eigenschaften, die ein Management-Team mitbringen sollte (die Kategorisierung habe ich allerdings selbst vorgenommen, also keine Garantie für Vollständigkeit):

  • Skills bzgl. der Führung des Unternehmens (idealerweise hat das aktuelle Team das Unternehmen ja dorthin gebracht, wo es aktuell steht… Stichwort Kapitalrendite)
  • Langfristige Sicht (Fokus auf die langfristigen Werthebel anstatt auf die kurzfristige Entwicklung des Aktienkurses oder Ergebniserwartungen der Analysten)
  • Volle Transparenz gegenüber den Investoren (die Investoren als Partner ansehen und keine Themen unter den Teppich kehren oder beschönigen)
  • Integrität und Ehrlichkeit (“Once a guy sticks his hand in your pocket, he will do it again.” – Chuck Akre)
  • Konservatives Accounting, d.h. kein Financial Engineering (Wenn ein Unternehmen Vorauszahlungen aus Ticketverkäufen im Vorfeld eines Events eher im Unternehmenssafe belässt, anstatt direkt damit zu arbeiten, dann ist das vielleicht nicht der beste Ansatz für die Verwendung der Liquidität (Stichwort Float), sagt allerdings etwas über die Art der Unternehmensführung aus)
  • Effiziente Kapitalallokation

Bzgl. zweier Aspekte, nämlich der langfristigen Sicht auf die Entwicklung des Unternehmens sowie die Kapitalallokation geht Akre nochmal etwas weiter ins Detail.


Langfristsicht: Kein Fokus auf Aktienkurse und Ergebnisziele

Langfristig orientierte Manager haben keinen Screen, der sie laufend über den aktuellen Aktienkurs informiert… was ein klares Indiz dafür wäre, dass sich ein Manager nicht auf die richtigen Dinge fokussiert.

Eine relevante Frage, die Akre einem CEO in diesem Zusammenhang gerne stellt, lautet dem entsprechend: “Wie messen Sie eigentlich, ob Sie mit Ihrem Ansatz der Unternehmensführung erfolgreich sind?”

Die typischen Antworten vieler CEOs lauten: “Wenn der Aktienkurs hoch geht!” oder “Wenn wir unser Ergebnisziel treffen!” etc.

Wenige Manager zeigen laut Akre, dass sie die Zusammenhänge zwischen der Kapitalrendite, der effizienten Allokation des verfügbaren Kapitals und dem Wert der Aktie verstanden haben. Und aus welchem Grund? Akre hat eine klare Meinung: Die Manager sind schlicht und einfach nur darin geschult ein Unternehmen zu führen und nicht darin, über die Aufzinsung (das Compounding) des intrinsischen Wertes je Aktie nachzudenken.


Effiziente Kapitalallokation

Grundsätzlich ist es ein guter Ansatz Aktien zurückzukaufen, wenn keine besseren Anlagealternativen vorhanden sind. Dass mit einem solchen Ansatz auch Shareholder Value generiert werden kann, wird am Beispiel von Teledyne unter der Führung von Henry Singleton sehr deutlich.

Chuck Akre nennt im Invest like the Best Podcast O’Reilly Automotive als weiteres Beispiel. O’Reilly hatte zunächst einen großen Wettbewerber übernommen (CSK Auto), aufgrund der hohen Marktkonzentration und des gesättigten Marktes anschließend aber keine weiteren Wachstumsoptionen mehr gesehen. Aus diesem Grund hat das Unternehmen seitdem mit dem generierten Cash Flow ca. 40% der eigenen Anteile zurückgekauft.

Ähnliches gilt für Unternehmen wie Visa oder Mastercard, die zwar astronomische Kapitalrenditen erwirtschaften, aber das Kapital aufgrund ihrer Größe nicht in vollem Umfang zu vergleichbaren Returns reinvestieren können. Aus diesem Grund kaufen auch sie regelmäßig eigene Aktien zurück und / oder erhöhen die Dividende.

Der Rückkauf von Aktien ist in einem solchen Umfeld zwar ein rationaler, gleichzeitig aber auch ein weniger effizienter Weg, um das Kapital über die Zeit aufzuzinsen… was uns – um einmal bei Akre’s Analogie zu bleiben – zum dritten Bein des dreibeinigen Hockers bringt.


3. Track Record und Möglichkeiten des Reinvestment

Wesentlicher dritter Aspekt eines guten Investments ist die Möglichkeit der Reinvestition der erwirtschafteten Cash Flows zu einer vergleichbaren Kapitalrendite, idealerweise über einen sehr langen Zeitraum (“broad and long Runway for Growth”).

Hierzu hat Akre Capital Management auf seiner Webseite einen interessanten Beitrag mit dem Titel “Bottleneck Businesses“.

In diesem Artikel wird sehr gut beschrieben, was ein Unternehmen mit einem langen vor ihm liegenden Wachstumspfad auszeichnet (aus Sicht von Akre natürlich), nämlich:

  • Es befindet sich im Zentrum einer großen, globalen und säkularen Wachstumschance, die von verschiedenen Sektoren und Regionen gleichzeitig befeuert wird
  • Aufgrund nachhaltiger Wettbewerbsvorteile kann das Unternehmen diese Wachstumschancen überproportional nutzen (daher die Bottleneck-, also Flaschenhals-Analogie)
  • Das Unternehmen ist wirtschaftlich stärker aufgestellt, als ein Großteil der eigenen Kunden

Als Beispiele für solche Unternehmen bzw. Geschäftsmodelle nennt Akre Mastercard und American Tower.

Beispiel American Tower

American Tower ist ein Betreiber von Funktürmen für die kabellose Kommunikation, wobei jeder weitere Tower für sich genommen einen weiteren Cash Flow Lieferanten darstellt. Das Business ist bereits global aufgestellt und unterhält Geschäftsbeziehungen zu den meisten großen Telekommunikationsfirmen. Nachhaltiges Wachstum kommt hier potenziell aus zwei verschiedenen Quellen:

  • American Tower kauft inzwischen weltweit ganze Portfolios an Funktürmen. Der Markt ist fragmentiert und viele Funktürme werden inzwischen von den Telekoms dieser Welt nicht mehr als Kerngeschäft angesehen… im aktuellen Manager Magazin steht z.B., dass das Funkturmgeschäft der Deutschen Telekom (die Deutsche Funkturm GmbH) auf der Verkaufsliste steht. Also eine schöne Spielwiese, um den Markt weiter zu konsolidieren
  • Aufgrund des Wachstums in kabelloser Kommunikation (Stichwort 5G), welches nur schwer ohne ein engeres Netzwerk an Funktürmen möglich ist, werden weltweit in den nächsten Jahren zig neue Funktürme gebaut werden müssen

Chuck Akre vergleicht die Opportunität der Funkturmbetreiber mit Microsoft zur Zeit der Einführung der ersten massentauglichen Personal Computer: Das Wachstum war nur eine Frage der Zeit und ohne Windows als Betriebssystem quasi unmöglich.

Die inkrementelle Marge eines Funkturms (mit zwei Mietern) ist größer als 90%. Es handelt sich deshalb um ein sehr attraktives Business.


Take Aways

Der Ansatz des dreibeinigen Hockers von Chuck Akre ist dem Investment Ansatz von Warren Buffett nicht ganz unähnlich. Wie Buffett auch legt Akre viel Wert auf ein starkes Geschäftsmodell mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen sowie ein kompetentes und integres Management.

Im Gegensatz zu Buffett legt Akre aber – jedenfalls in der Kommunikation nach außen – einen stärkeren Fokus auf die zukünftigen Wachstumschancen eines Unternehmens (den langen “Runway for Growth”). Diese Analyse der zukünftigen Wachstumschancen ist aus meiner Sicht im Hinblick auf unseren erwarteten Return als Value Investoren fast der wesentlichere Aspekt im Vergleich zu einer Unterbewertung gegenüber dem aktuellen intrinsischen Wert. Oder wie seht ihr das?

1 Kommentar zu „Der dreibeinige Hocker: Chuck Akre’s Investment-Ansatz“

  1. Es läuft im Grunde bei allen auf ähnliche Faktoren hinaus. Am schwierigsten für junge und private Investoren ist sicher die Einschätzung des Managements – ich finde es schwierig, mir anzumassen, dass ein Manager offenbar “weniger von seinem Geschäft verstehen” und schlecht agieren würde, zumindest bevor sich dies auch in negativen Ergebnissen zeigt. Und im Nachhinein ist es ja in der Regel zu spät für eine noch vernünftige Rendite. Sympathie für und Vertrauen in ein Management sind sehr individuelle und schwammige Einschätzungen…

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