Ein wesentliches Merkmal eines REIT besteht ja darin, dass mindestens 90% des Gewinns in Form einer Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden müssen. Wenn wir nun allerdings einmal in den (IFRS-)Geschäftsbericht des G-REIT Deutsche Konsum REIT AG schauen (wieder das Beispielunternehmen für diese kurze Fallstudie), dann sehen wir, dass die Ausschüttung in der Praxis tatsächlich viel geringer ausfällt.
Warum das so ist und was das mit den Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS und HGB zu tun hat, darauf möchte ich in diesem Beitrag einmal kurz eingehen.
Intro: Ausschüttungsquote im GJ 2019/20 nur bei 40%?
Im abgelaufenen Geschäftsjahr (dem GJ 2019/20) erzielte die Deutsche Konsum REIT laut IFRS-Jahresabschlusses einen Vorsteuergewinn in Höhe von ca. 34 Mio. EUR.
Die Dividende, welche im laufenden Geschäftsjahr (2020/21) ausgeschüttet wurde, belief sich allerdings nur auf 0,40 EUR je Aktie bzw. insgesamt ca. 14 Mio. EUR (bei 35,156 Mio. Aktien im Umlauf), was einer Ausschüttungsquote von ca. 40% entspricht… eigentlich doch viel zu niedrig für einen REIT sollte man meinen.
Dazu muss man allerdings wissen, dass die 90%-Ausschüttungsregel in Deutschland für den “handelsrechtlichen Jahresüberschuss”, also den Gewinn nach HGB (dem deutschen Handelsgesetzbuch), und nicht für den Gewinn nach IFRS gilt… und nach den Rechnungslegungsvorschriften des HGB lag der Vorsteuergewinn der Deutschen Konsum REIT in 2019/20 nur bei ca. 13,9 Mio. EUR… womit die Ausschüttungsquote dann doch wieder bei mehr oder weniger 100% liegt.
Warum aber unterscheiden sich der Jahresabschluss nach IFRS und der nach HGB für ein Unternehmen wie die Deutsche Konsum REIT AG so substantiell?
G-REIT: IFRS-Ergebnis versus handelsrechtlicher JÜ
Um diese Frage zu beantworten habe ich die beiden Abschlüsse bzw. die entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnungen einmal gegenübergestellt (mit leicht angepasster Reihenfolge der Items wohlgemerkt):
GuV nach IFRS und HGB GJ 2019/20; Quelle: Berichte Deutsche Konsum REIT AG
Die Differenz zwischen dem Vorsteuergewinn nach IFRS und dem nach HGB beträgt in Summe ca. 20,3 Mio. EUR. Wie ihr sehen könnt, gibt es zwar an mehreren Stellen kleinere Unterschiede. Die zwei wesentlichen Abweichungen, welche aggregiert einen Unterschied von 19,3 Mio. EUR ausmachen, habe ich aber einmal in orange umkringelt.
Dabei handelt es sich auf Seiten der GuV nach IFRS um einen Neubewertungsgewinn in Höhe von ca. 3,9 Mio. EUR und auf Seiten der GuV nach HGB um zusätzliche Abschreibungen in Höhe von 15,4 Mio. EUR.
G-REIT IFRS-Abschluss: Klassifizierung der Immobilien als Finanzanlagen
Beide Abweichungen sind auf einen wesentlichen Unterschied bzgl. der Klassifizierung der Immobilien (also der Fachmarktzentren, der wesentlichen Assets des Unternehmens) auf der Bilanz zurückzuführen, was dazu führt, dass jeweils andere Bewertungsgrundsätze angewendet werden müssen:
- HGB: Klassifizierung der Immobilien als Sachanlagen
- IRFS: Klassifizierung der Immobilien als Finanzanlagen bzw. Finanzinvestitionen (IAS 40)
Das heißt nach HGB werden die Anschaffungskosten der Immobilien, wie bei ganz normalen Anlagegütern wie Maschinen oder Produktionseinrichtungen auch, jährlich um den entsprechenden Werteverlust reduziert. Die Nutzungsdauer liegt hier in der Regel bei 50 Jahren. In der GuV wird dies bekanntermaßen als nicht-zahlungswirksamer Abschreibungsaufwand sichtbar.
Ganz generell gilt im HGB ja das konservative Niederstwertprinzip, d.h. eine Aufwertung von Vermögenswerten über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinaus ist danach gar nicht möglich.
Anders sieht das bei IFRS aus. Nach IFRS müssen die als Finanzanlagen klassifizierten Immobilien nämlich nach IFRS 13 mit dem beizulegenden Zeitwert, also im Wesentlichen dem aktuellen Marktwert, bewertet werden. Die führt im aktuellen Umfeld in regelmäßigen Abständen zu einem nicht-zahlungswirksamen Gewinn aus der Neubewertung der Immobilien.
Für die Deutsche Konsum ist das gut, denn interessanterweise kann für die Ermittlung der Eigenkapitalquote (zur Erinnerung, diese muss für einen G-REIT mindestens 45% betragen) wieder die IFRS-Bilanz herangezogen werden.
Aufgrund der Aufwertungen des Immobilienbestandes ist die Eigenkapitalposition natürlich im IFRS-Geschäftsbericht um einiges höher, als im HGB-Jahresabschluss (391 Mio. EUR versus ca. 250 Mio. EUR), was wiederum eine höhere Schuldentragfähigkeit nach sich zieht und dem Unternehmen unter Umständen ein schnelleres Wachstum ermöglicht… in meiner ersten Case Study zur Kapitalallokation der Deutschen Konsum war das ja, wenn ich mich recht erinnere, auch bereits ein Aspekt.
Key Take Aways
Für die Ermittlung der Mindestausschüttung eines deutschen REIT (“G-REIT”) gilt der handelsrechtliche Jahresüberschuss nach HGB.
Weil die gehaltenen Immobilien eines REIT nach HGB als Sachanlagen klassifiziert werden, findet die Bewertung auf der Bilanz auf Basis der fortgeführten Anschaffungskosten (also der Anschaffungskosten abzüglich der bereits angesetzten Abschreibungen) statt.
Wertzuschreibungen, wie sie nach IFRS bei der Klassifizierung als Finanzanlagen möglich sind, erlaubt das HGB nicht.
Als Resultat wird die Ausschüttung nach IFRS – jedenfalls bei mindestens stabilen oder steigenden Immobilienwerten – substantiell unterhalb der 90%-Marke liegen, was zu einer höheren EK-Position (die Deutsche Konsum REIT-AG weist in 2019/20 nach IFRS ca. 140 Mio. EUR mehr EK aus, als nach HGB) und ceteris Paribus zu einer höheren EK-Quote bzw. einem niedrigeren LTV (Loan to Value) führt.
Eine Berechnung der EK-Quote auf Basis von IFRS ermöglicht dem REIT also eine höhere Schuldenaufnahme, als nach HGB möglich wäre.