Natürlich haben wir alle schon von den Skandalen um WorldCom oder Enron gehört, in denen große, renommierte Unternehmen Bilanzmanipulation im großen Stil betrieben und so Tausende von Anlegern getäuscht haben. Diese Vorfälle waren im Nachhinein kein besonders gutes Investment für die Aktionäre, noch konnten sie als legal eingestuft werden.
Allerdings ist es auch im Rahmen des gesetzlich Erlaubten – nämlich der offiziellen Rechnungslegungsstandards IFRS bzw. US GAAP – durchaus möglich, die veröffentlichten Gewinne zu beeinflussen, also gewissermaßen zu manipulieren.
Typischerweise werden Unternehmen, die ihre Gewinne und Bilanzen auf legalem Wege manipulieren, keine besonders gute Performance hinlegen und uns als Value-Investoren keinen Spaß bereiten. Schließlich gibt es ja meist einen guten Grund für das Schönen der Zahlen, in vielen Fällen Probleme mit dem Geschäftsmodell. Wir sollten deshalb die wesentlichen Warnsignale kennen, auch wenn wir nicht unbedingt in die Tiefen der Buchhaltung abtauchen können oder wollen.
Was du in diesem Artikel lernst
- Warum das Management Gestaltungsspielräume hat, um die Zahlen des Jahresabschluss legal zu beeinflussen
- Welche Annahmen typischerweise genutzt werden, um die Gewinne zu beeinflussen
- Wie Umsätze, Kosten und Bilanz typischerweise manipuliert werden
- Wie wir Bilanzmanipulationen erkennen können
Gestaltungsspielräume für das Management
Einnahmen- und Ausgabenrechnung
In seiner einfachsten Form ist die Buchhaltung nur eine Representation der Einnahmen, die einer Firma aufs Konto überwiesen werden und der Rechnungen, die eine Firma an andere zahlt. In der so genannten Einnahmen- und Ausgabenrechnung werden Umsätze dann gebucht, wenn eine Zahlung auf dem Konto eingeht und Kosten dann, wenn eine Rechnung bezahlt wird und das Geld vom Konto verschwindet (Cash-basis of Accounting).
Es gibt also nicht unbedingt einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben.
Beispiel: Ein Unternehmen kauft eine Maschine und bezahlt diese direkt. Umsätze erwirtschaftet die Maschine allerdings erst in den kommenden 10 Jahren. Umsätze und Kosten werden in diesem Fall also in unterschiedlichen Perioden auftreten.
Periodenabgrenzung
Im Gegensatz zur Einnahmen- und Ausgabenrechnung steht das Konzept der Periodenabgrenzung (Accrual-basis of Accounting). Die wesentlichen Rechnungslegungsvorschriften wie IFRS oder US GAAP basieren auf diesem Konzept und werden von allen größeren Unternehmen genutzt.
Der wesentliche Unterschied im Vergleich zur Einnahmen- und Ausgabenrechnung ist die zeitliche verursachungsgerechte Abgrenzung von Umsätzen und Kosten.
Beispiel: Ein Unternehmen kauft eine Maschine, die über die nächsten 10 Jahre genutzt wird. Anstatt die Kosten direkt als Aufwand zu buchen, wenn die Maschine bezahlt wird, werden die Kosten in Form der Abschreibung anteilig auf die nächsten 10 Jahre verteilt, um eine bessere Zuordnung der Kosten zu den mithilfe der Maschine erwirtschafteten Umsätzen zu erreichen.
Warum nun die Periodenabgrenzung? Ganz einfach: Nur so bekommen wir einen guten Überblick über die tatsächliche Performance eines Unternehmens.
Das gilt sowohl für Außenstehende, die das Unternehmen analysieren möchten bzw. informiert werden müssen (Investoren, Aktionäre, Analysten), aber auch für das Management selbst. Ohne eine periodengerechte (und idealerweise auch Produkt-spezifische) Zuschlüsselung von Umsätzen und Kosten ist es sehr schwer, ein Unternehmen gut zu steuern, speziell keines, das eine bestimmte Größe bereits überschritten hat.
Abschätzungen durch das Management sind erforderlich
Das Konzept der Periodenabgrenzung gibt dem Management einiges an Ermessensspielraum, einfach weil die Zuordnung von Umsätzen und Kosten zu den einzelnen Perioden zwangsläufig auf einer Reihe von Annahmen und Abschätzungen basieren muss.
Das Management sollte natürlich im Sinne einer bedachten und vorausschauenden Unternehmensführung einen konservativen und realistischen Ansatz bzgl. dieser Abschätzungen wählen.
Welches sind nun die wesentlichen Abschätzungen, die vom Management getroffen werden müssen? Hier einige der am häufigsten vorkommenden Bereiche:
- Art und Weise wie Umsätze gebucht werden (bei Bestellung, bei Versand, bei Ankunft beim Kunden, bei Bezahlung?) – beeinflusst die Höhe der Umsätze
- Festlegung der Nutzungsdauern von Maschinen und anderen abnutzbaren Vermögenswerten – beeinflusst die Höhe der Abschreibung und damit die Kosten
- Bewertung der Lagerbestände (LIFO- oder FIFO-Methode?) – beeinflusst die Höhe der Kosten
- Festlegung der Annahmen für Impairment-Tests bzw. Werthaltigkeitsprüfungen – beeinflusst ob und in welcher Höhe z.B. immaterielle Vermögenswerte wie Goodwill abgeschrieben bzw. amortisiert werden
- Annahmen für die Bestimmung der Pensionsverpflichtungen bzw. -zuwendungen (Abzinsungsfaktor, prognostizierte Gehaltsentwicklungen, zukünftiger Zinssatz, Lebenserwartungen etc.) – beeinflusst die Kosten und die Bilanz (Stichwort Schulden)
- Bewertung von Aktienoptionen als Bestandteil der Managervergütung – beeinflusst die Höhe der (Personal-)Kosten
Bei so vielen Ermessensspielräumen bleibt es natürlich nicht aus, dass Managements teilweise diese Freiheiten auch dazu nutzen, um der Öffentlichkeit ein geschöntes Bild ihres Unternehmens zu präsentieren (und sich ggf. gleichzeitig selbst zu bereichern).
Gründe für Bilanzmanipulation
Für die Manipulation des Jahresabschlusses kommen im Großen und Ganzen zwei Gründe infrage:
- Das Management möchte die Kapitalmärkte beeinflussen
- Das Management muss vertragliche Verpflichtungen (z.B. Covenants) einhalten bzw. möchte sich selbst bereichern, weil die eigene Vergütung an den Unternehmensgewinn gekoppelt ist
1. Kapitalmärkte
Die Aktienkurse hängen zu großen Teilen davon ab, wie die Kapitalmärkte die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Informationen aufnehmen und interpretieren. Negative bzw. schlechte Zahlen können da natürlich schnell zu einem Abverkauf führen und den Kurs unter Druck bringen. Deshalb haben Unternehmen bzw. deren Management-Teams typischerweise einen Anreiz, die Markterwartungen (z.B. Analystenschätzungen) zu erfüllen und bestenfalls zu schlagen.
Es gibt verschiedene Studien, die gezeigt haben, dass Unternehmen
- eher einen kleinen Gewinn, als einen kleinen Verlust veröffentlichen
- eher die Prognosen der Analysten schlagen, als diese zu verfehlen
Diese Tendenz wird mindestens zum Teil auf eine startegische Manipulation der Jahresabschlüsse (Bilanzmanipulation) zurückzuführen sein.
2. Vertragliche Verpflichtungen
Ein Unternehmen hat in der Regel mehrere vertragliche Verpflichtungen, die in irgendeiner Art und Weise an die Buchhaltungsdaten gekoppelt sind. Als prominenteste Beispiele können genannt werden:
- Covenants – Geldgeber möchten gerne, dass das Unternehmen ein bestimmtes Risikoprofil beibehält und halten dies in so genannten Covenants über bestimmte Kennwerte fest (z.B. Debt-to-Equity von max. 150%)
- Managementvergütung – Boni etc. für das Management hängen zu einem gewissen Grad von der finanziellen Performance des Unternehmens ab
Wo Manipulationen meist auftreten (die Details)
Bilanzmanipulationen können grundsätzlich in vielen Bereichen auftreten – theoretisch überall dort, wo Annahmen und Abschätzungen vorkommen. Ein paar wesentliche Bereiche haben wir ja bereits weiter oben gesehen.
Im Folgenden möchte ich noch etwas mehr ins Detail gehen und spezifisch darauf eingehen, wie diese Annahmen und Abschätzungen dazu genutzt werden können, um Umsätze, Kosten, und Bilanzpositionen (also im Wesentlichen den gesamten Jahresabschluss) zu beeinflussen.
Manipulationen des Umsatzes
Buchen von Umsätzen wenn noch nicht realisiert
Umsatz wird normalerweise dann gebucht, wenn das verkaufende Unternehmen erstens die Höhe des Betrages messen kann, den es schlussendlich erhalten wird und wenn zweitens keine Verpflichtung mehr besteht, das Produkt oder die Dienstleistung bereitzustellen.
Aus diesem Grund erfordert die Buchung von Umsätzen unter anderem Abschätzungen bzgl.
- Forderungsausfällen
- Gewährleistungen
- Rücksendungen
- Rabatten
Darüber hinaus sind Abschätzungen und Annahmen auch bei der Buchung von unverdienten Erträgen erforderlich. Unverdiente Erträge (unearned oder deferred Revenue im Englischen) sind Umsätze, für die bereits eine Zahlung eingegangen ist, aber noch kein Produkt bzw. keine Dienstleistung bereitgestellt wurde. Diese Umsätze werden normalerweise zunächst als kurzfristige Verbindlichkeiten auf der Bilanz geführt und dann nach Auslieferung des Produkts oder Bereitstellung der Dienstleistung als Umsatz in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ausgewiesen.
Zum Beispiel könnte es sein, dass ein Unternehmen ein Produkt zusammen mit einem mehrjährigen Service- bzw. Instandhaltungsvertrag verkauft. Die Frage wäre dann natürlich, welcher Betrag für das Produkt selbst (Umsatz heute) und welcher Betrag für die zukünftigen Dienstleistungen (Umsatz der Folgeperioden) angesetzt werden sollte.
Ausweis fiktiver Umsätze, z.B. Umsätze mit nahestehenden Unternehmen
Viele große Unternehmen haben verschiedene Geschäftseinheiten, die oft auch untereinander Geschäfte machen. Durch eine Vielzahl an internen Geschäften (Related-party Transactions) lässt sich der Umsatz steigern. auch wenn der Gewinn durch diese Praxis nicht erhöht wird, so entsteht doch bei vielen Analysten und Investoren der Eindruck eines stärker wachsenden Unternehmens.
Nutzung von Einmaleffekten bzw. nicht-operativen Umsätzen, um den Gewinn zu erhöhen
Investoren schauen sich in der Regel eher den Gewinn aus dem operativen Geschäft an und fokussieren sich nicht so sehr auf die nicht-operativen Gewinne, weil diese sich ja typischerweise nicht regelmäßig wiederholen. Ein nicht-operativer Gewinn wäre z.B. der Verkauf eines Gebäudes, einer Maschine oder ggf. auch eines ganzen Unternehmensteils. Deshalb könnten Unternehmen und deren Managements einen Anreiz haben, nicht-operative Gewinne als Teil des operativen Geschäfts darzustellen.
Weil diese Umklassifizierung sich nicht über Zeit sozusagen wieder selbst korrigiert (wie dies bei anderen Anpassungen wie z.B. Verlängerungen der Nutzungsdauern der Fall ist), entsteht durch diese Art der Bilanzmanipulation ein noch größerer Vorteil für das Unternehmen.
Kosten bzw. Aufwendungen
Ausweis zu niedriger Aufwendungen
Der Fokus hier liegt auf der Allokation bzw. der Zuordnung aktivierter Kosten, im Wesentlichen Kosten für langfristige Vermögenswerte und Lagerbestände.
Vermögenswerte
Die Aktivierung eines Vermögenswertes bedeutet nichts anderes, als dass der Vermögenswert nicht direkt in der Periode der Anschaffung als Aufwand / Kosten gebucht, sondern zunächst einmal auf die Bilanz geschrieben wird (d.h. zunächst keine Kosten in der GuV). Dies geschieht im Wesentlichen, weil der Vermögenswert über einen längeren Zeitraum genutzt und zur Generierung von Umsätzen verwendet werden kann (z.B. eine Maschine).
Die Allokation bzw. Zuordnung der Kosten auf die einzelnen Perioden erfolgt das mithilfe der so genannten Abschreibung. Um den jährlichen Abschreibungsbetrag zu ermitteln, sind wiederum eine Vielzahl an Annahmen erforderlich:
- Welche Kosten werden überhaupt aktiviert?
- Welche Abschreibungsmethode wird verwendet (linear, degressiv, leistungsabhängig)?
- Welche Nutzungsdauer und welche Restwerte werden für die einzelnen Vermögenswerte angesetzt?
Über diese Annahmen lassen sich Höhe und Dauer der Abschreibung und damit auch Kosten und indirekt Gewinne mehr oder weniger stark beeinflussen.
Lagerbestände
Die Allokation von Lagerbeständen erfolgt im Wesentlichen als Teil der Umsatzkosten (Costs of Goods Sold – COGS). Wie auch bei langfristigen Vermögenswerten bestehen hier einige Freiheiten bzw. der Aktivierung von Kosten. Um die entsprechenden Umsatzkosten zu berechnen, muss der Lagerbestand zum Jahresende bewertet werden. Darüber hinaus muss regelmäßig überprüft werden, ob Lagerbestände veraltet sind. Dies geschieht mithilfe des Niederstwertprinzips (Lower-of-cost-or-market Method), was ebenfalls einige Annahmen erfordert.
Werden Lagerbestände als veraltet klassifiziert, müssen sie abgeschrieben werden, was in niedrigeren Gewinnen resultiert. Werden also eigentlich veraltete Lagerbestände bei der Prüfung nicht als solche klassifiziert, dann wird der Nettogewinn zu hoch ausgewiesen.
Verschieben von Aufwand bzw. Kosten in spätere Perioden
Hier geht es im Wesentlichen darum, dass Kosten, die eigentlich direkt als solche in der Gewinn- und Verlustrechnung auftauchen sollten, stattdessen aktiviert werden und in Form von Abschreibungen erst in den Folgeperioden den Gewinn beeinflussen.
Bei unsachgemäß aktivierten Kosten handelt es sich in den meisten Fällen um immaterielle Vermögenswerte sowie bestimmte langfristige Vermögenswerte.
Klassifizierung operativer Kosten als nicht-operativ bzw. als Einmalkosten
Wie bereits weiter oben angesprochen, fokussieren sich viele (Value-)Investoren auf die operativen Gewinne, weil diese auch für die Zukunft als wiederkehrend angenommen werden können und deshalb eine Aussage über die zukünftige Performance erlauben.
Deshalb haben Unternehmen ggf. einen Anreiz, operative Kosten als nicht-operativ bzw. als Einmalkosten zu klassifizieren, um den operativen Gewinn höher erscheinen zu lassen, als er eigentlich sein sollte.
Z.B. könnte ein Unternehmen über eine zu lang angesetzte Nutzungsdauer bzw. einen zu hoch angesetzten Restwert über Jahre hinweg sehr niedrige Abschreibungen berichten. Ist die Abschreibung zu niedrig, kann es vorkommen, dass der Vermögenswert noch mit einem recht hohen Wert in den Büchern steht, obwohl das Ende der Nutzungsdauer (z.B. die Anzahl an Maschinenstunden) tatsächlich bereits erreicht ist.
In diesem Fall müsste das Unternehmen eine Wertberichtigung (Impairment) vornehmen, um den Vermögenswert auf den tatsächlichen Wert abzuschreiben (gegebenenfalls gleich Null, wenn die Maschine verschrottet wird). Diese Abschreibung wird dann gerne als nicht-operative Abschreibung angesetzt. Der operative Gewinn wird durch dieses Vorgehen über mehrere Perioden hinweg zu positiv dargestellt.
Bilanz
Außerbilanzielle Finanzierungen bzw. Schulden
Typischerweise gibt es eine Vielzahl an vertraglichen Verpflichtungen, die nicht auf der Bilanz auftauchen. Dazu gehört vor allem eine bestimmte Art von Leasingverträgen, das so genannte operative Leasing.
Beim Leasing geht es im Wesentlichen darum, dass der Besitzer eines Vermögensgegenstandes (der Leasinggeber) einem Mieter (oder Leasingnehmer) einen Vermögenswert für die Nutzung gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Grundsätzlich gibt es zwei wesentliche Arten von Leasingverträgen:
- Operatives Leasing
- Finanzierungsleasing
Beim Finanzierungsleasing wird der Vermögenswert i.W. so behandelt, als würde er dem Unternehmen selbst gehören. Der Vermögenswert erscheint also auf der Bilanz als über Fremdkapital finanzierter Vermögenswert (mit allen Auswirkungen auf die typischen Finanzkennzahlen wie Gearing, Eigenkapitalquote etc.).
Im Gegensatz dazu taucht beim operativen Leasing nur die monatliche Ratenzahlung in der GuV auf.
Firmen haben also einen Anreiz, ihre Leasingverträge so zu strukturieren, dass sie als operatives Leasing gelten und deshalb nicht auf der Bilanz auftauchen. Was natürlich zu besseren Stabilitätskennwerten führt.
Bilanzmanipulation wird also nicht nur genutzt, um höhere Gewinne oder höheres Umsatzwachstum auszuweisen, sondern auch, um die wesentlichen Bilanzkennziffern besser aussehen zu lassen (Stichwort: Covenants).
Höhe des Goodwill
Viele Firmen wachsen nicht nur organisch, sondern auch mithilfe von Übernahmen bzw. Akquisitionen. Diese können dazu führen, dass Firmen Goodwill in signifikanter Höhe auf der Bilanz stehen haben.
Goodwill ist definiert als Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem fairem Wert der erworbenen Vermögensgegenstände (abzüglich Schulden). Der Goodwill beinhaltet also alles, was nicht so gut greifbar ist bzw. nicht bewertet werden kann, aber trotzdem einen Wert hat (z.B. eine Marke oder gute Kundenbeziehungen).
Goodwill wird in der Regel nicht abgeschrieben bzw. amortisiert. Stattdessen wird in regelmäßigen Abständen (mindestens jährlich) ein so genannter Wertminderungstest durchgeführt. Eine Wertminderung wird dann angesetzt, wenn der faire Wert des Goodwill unter dem Bilanzwert liegt. Allerdings ist es sehr schwer, den fairen Wert des Goodwill zu bestimmen, da dieser sehr stark mit dem Wert des Unternehmens verwoben ist.
Dem entsprechend basiert die Entscheidung, den Goodwill zu mindern, zu einem großen Teil auf der Einschätzung des Management. Eine Wertminderung bedeutet natürlich höhere Kosten und ggf. einen Verlust auf der GuV.
Pensionsrückstellungen
Auch bei der Bewertung der zukünftigen Pensionsverbindlichkeiten bzw. -vermögen gibt es viele Spielräume.
Grundsätzlich ist die Logik recht einfach: Sind die Pensionsverpflichtungen höher als das angesparte Pensionsvermögen, dann erscheint auf der Bilanz eine Netto-Pensionsverpflichtung (also i.W. ungedeckte zukünftige Schulden).
Die meisten Unternehmen haben heute netto solche (noch) ungedeckten Schulden. Auch bei der Analyse dieser Zahlen ist Vorsicht angesagt. Die wesentlichen Einflussgrößen auf die Höhe von Pensionsverbindlichkeiten und -vermögen können vom Management beeinflusst werden. Dazu gehören unter anderem:
- Verbindlichkeiten
- Entwicklung der zukünftigen Gehälter
- Entwicklung der Lebenserwartung
- Abzinsungsfaktor
- etc.
- Vermögen
- zu erwirtschaftender Zinssatz
- durchschnittliche Anlagedauer
- etc.
Kapitalflussrechnung
Wie wir gesehen haben, lässt sich der Gewinn über die Annahmen in Verbindung mit der Periodenabgrenzung relativ leicht beeinflussen. Auf der anderen Seite ändern sich die Kapitalflüsse bzw. Cash Flows durch Änderungen dieser Annahmen erstmal nicht. Trotzdem ist es auch möglich, die Cash Flows zu manipulieren.
Klassifizierung von operativen Cash Flows und Capex bzw. Investitionen
Unternehmen können ihre Fähigkeit Cash Flows aus dem operativen Geschäft zu generieren falsch darstellen, indem sie Kapitalflüsse aus operativer Tätigkeit als Kapitalflüsse aus Investitionstätigkeit ausweisen (und umgekehrt).
Es kommt zum Beispiel öfter vor, dass Firmen das mit dem operativen Geschäft verdiente Cash in längerfristigen, handelbaren Wertpapieren “parken”, siehe z.B. Apple (AAPL). Die zugehörigen Cash Flows für Kauf und Verkauf der Wertpapiere werden in der Regel als Cash Flows aus Investitionstätigkeit klassifiziert. Die Bilanzposition Barmittel & Äquivalente (Cash & Cash Equivalents) ist jedenfalls bei Apple relativ überschaubar.
Ignorieren von Cash Flows, z.B. bei bestimmten Leasingverträgen
Im Falle eines Finanzierungsleasings treten Kapitalflüsse nicht auf bzw. werden nicht in der Kapitalflussrechnung berücksichtigt. Es handelt sich hier um eine Transaktion, bei der eine Investitions- und Finanzierungsaktivität in gleicher Größenordnung stattfindet (Finanzierung der vollen Höhe des Kaufpreises) und es deshalb netto keinen Cash Flow Einfluss gibt.
Managen von Cash Flows
Neben der tatsächlichen Bilanzmanipulation, also der Beeinflussung von Umsatz, Kosten und Bilanzpositionen, “managen” viele Firmen auch ihre Cash Flows recht aktiv, indem sie Investitionen vorziehen oder nach hintern verschieben.
Viele Firmen versuchen außerdem, kurz vor Geschäftsjahresende die Lagerbestände massiv zu reduzieren (oft über einen günstigen Abverkauf und unter das für den normalen Geschäftsbetrieb erforderliche Niveau), um den operativen Cash Flow noch zu erhöhen.
Wie wir Bilanzmanipulation erkennen können
Wie wir sehen, gibt es eine Reihe von Stellschrauben, an denen das Management einer Firma drehen kann, um den Gewinn in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen oder auch die Bilanzkennzahlen positiver aussehen zu lassen. Die große Frage ist natürlich nun, wie wir wirkliche Bilanzmanipulation am besten erkennen können.
Accruals Ratio
Um ein erstes, generelles Verständnis darüber zu erhalten, ob ein Unternehmen massiv die Zahlen manipuliert hat, können wir uns das so genannte Accruals Ratio anschauen.
Die Kennzahl ist wie folgt definiert:
Accruals Ratio = (Nettogewinn – Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit – Cash Flow aus Investitionstätigkeit) / (Durchschnittl. Nettobetriebsvermögen)
wobei das Nettobetriebsvermögen definiert wird als Betriebsvermögen (Gesamtvermögen – Cash & Äquivalente – Finanzanlagen) minus betriebliche Verbindlichkeiten.
Je niedriger die Kennzahl, desto besser ist die Gewinnqualität bzw. desto weniger Bilanzmanipulation hat das Management betrieben. Die Kennzahl sollte am besten relativ zu anderen Unternehmen analysiert werden.
Beneish M Score
Der Beneish M Score ist eine empirische Formel bestehend aus 8 Finanzkennzahlen, die es erlaubt, Manipulationen des Jahresabschlusses bzw. Bilanzmanipulation zu erkennen.
Der Score wurde im Jahr 1999 von Professor Messod Beneish veröffentlicht und basiert auf einer statistischen Analyse von ca. 70 Manipulatoren (also Unternehmen, die ihre Zahlen nachweislich manipuliert hatten) sowie ca. 2000 weiteren Firmen, die von Beneish anhand von Industriecodes zufällig ausgewählt wurden.
Die abgeleitete M Score Formel ermöglichte es Beneish, zwischen 58-76% der manipulierenden Firmen aus einer zweiten, unabhängigen Stichprobe richtig zu benennen.
Der M Score kann deshalb ein guter Einstieg sein, um für eine Aktie von Interesse zu prüfen, ob die Zahlen ggf. geschönt wurden.
Mehr zum Beneish M Score sowie ein kleines Excel-Tool zum Download findest du in meinem separaten Artikel zum M Score.