Buffett’s Brief an die Berkshire Hathaway Aktionäre 2019: Das können wir lernen

Berkshire Hathaway 2019

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Berkshire Hathaway 2019

Am 23. Februar 2019 wurde der neue Aktionärsbrief von CEO Warren Buffett an die Aktionäre von Berkshire Hathaway auf der Unternehmenswebseite veröffentlicht.

Im Jahr 2018 hat Berkshire nach GAAP einen Gewinn von 4,0 Mrd. USD ausgewiesen. Ohne die neuerdings vorgeschriebenen Zu- und Abschreibungen auf nicht realisierte Gewinne bzw. Verluste wären es 20,6 Mrd. USD mehr gewesen. So viel haben nämlich die Investments von Buffett in 2018 an Wert verloren. Hauptsächliches Thema für Buffett ist aber nicht der Wertverlust an sich, sondern eher die aus der neuen Regelung resultierenden Schwankungen im Ergebnis von Berkshire.

Hier soll es aber – wie immer – eher darum gehen, was Buffett über die nackten Zahlen hinaus zu sagen hat und was wir als Investoren aus dem aktuellen Berkshire Hathaway Shareholder Letter lernen können.

In diesem Jahr habe ich 3 Themen von Interesse ausgemacht, wobei allerdings die Themen zugegebenermaßen auch nicht zum ersten Mal in einem Berkshire Aktionärsbrief auftauchen.


1. Buffett zum “Adjusted” EBITDA

Interessanterweise erwähnt Buffett im aktuellen Brief nochmals den “Adjusted” EBITDA, eine Kennzahl, über die ich ja gerade letzte Woche erst geschrieben hatte:

That brand of earnings is a far cry from that frequently touted by Wall Street bankers and corporate CEOs. Too often, their presentations feature “adjusted EBITDA,” a measure that redefines “earnings” to exclude a variety of all-too-real costs.

Buffett’s Meinung zum Thema hat sich also nicht geändert. Aus Buffett’s Sicht führt eine Kennzahl wie der “Adjusted” EBITDA die Investoren nur in die Irre, weil eine ganze Reihe an sehr realen Kosten nicht berücksichtigt bzw. herausgerechnet werden.

Buffett nennt als Beispiele die Aktien-basierte Vergütung sowie das typische Thema Restrukturierungskosten:

For example, managements sometimes assert that their company’s stock-based compensation shouldn’t be counted as an expense. (What else could it be – a gift from shareholders?)
And restructuring expenses? Well, maybe last year’s exact rearrangement won’t recur. But restructurings of one sort or another are common in business – Berkshire has gone down that road dozens of times, and our shareholders have always borne the costs of doing so.

Auch auf den Unterschied zwischen Maintenance CapEx (Instandhaltungs-Invest) und Growth CapEx (Wachstums-Invest) geht Buffett ein. Laut seiner Einschätzung liegen allein die Instandhaltungsinvestitionen von Berkshire bereits oberhalb der im Ergebnis aktuell berücksichtigten Abschreibungen. Wie Buffett diesen Umstand für seine Unternehmensbewertungen berücksichtigt, könnt ihr im Deep Dive Owner Earnings nachlesen.

Auf der anderen Seite gibt Buffett aber auch ein Beispiel für Aufwendungen, die er und Partner Charlie Munger bei ihren eigenen Unternehmens- bzw. Aktienanalysen selbst außer vor lassen (d.h. wieder zum Gewinn hinzuaddieren), weil es sich ihrer Ansicht nach nicht um wahre wirtschaftliche Kosten handelt:

Charlie and I do contend that our acquisition-related amortization expenses of $1.4 billion are not a true economic cost. We add back such amortization “costs” to GAAP earnings when we are evaluating both private businesses and marketable stocks.

Bestimmte immaterielle Vermögenswerte, wie Markenrechte, Patente und Technologien sowie Kundenbeziehungen müssen nämlich über die Zeit abgeschrieben bzw. amortisiert werden und tauchen deshalb in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwendungen auf.


2. Buffett und Munger über den Fokus auf das aktuelle Quartal

Der Fokus vieler CEOs bzw. Management Teams und Investoren auf das nächste Quartalsergebnis bzw. die kurzfristige Entwicklung der Unternehmen war schon öfter einmal Thema im Berkshire Hathaway Shareholder Letter.

Auch dieses Mal schreibt Buffett wieder ein paar Sätze dazu, diesmal allerdings mit dem speziellen Fokus auf Berkshire Hathaway:

Berkshire, in fact, may be the only company in the Fortune 500 that does not prepare monthly earnings reports or balance sheets. I, of course, regularly view the monthly financial reports of most subsidiaries. But Charlie and I learn of Berkshire’s overall earnings and financial position only on a quarterly basis.
Furthermore, Berkshire has no company-wide budget (though many of our subsidiaries find one useful). Our lack of such an instrument means that the parent company has never had a quarterly “number” to hit. Shunning the use of this bogey sends an important message to our many managers, reinforcing the culture we prize.

Dass es bei Berkshire auf “Corporate”-Ebene kein Budget und auch keine monatliche Berichterstattung gibt, ist schon bemerkenswert. Für Buffett aber auch ein wichtiges Zeichen an seine Manager und ein Beleg für eine Unternehmenskultur, in der die einzelnen Manager viele Gestaltungsspielräume bzgl. der Entwicklung ihrer Geschäfte haben.

Falls ihr mehr über Buffett’s Auswahlprozess, seine Anforderungen an Manager etc. erfahren möchtet, dann solltet ihr einmal das Buch The Warren Buffett CEO lesen.

Wie wir aus einem weiteren Absatz entnehmen können, sieht Buffett den starken Fokus auf die kurzfristigen Unternehmensziele (und Erwartungen des Kapitalmarktes) außerdem als mögliche Ursache für eine schlechte Unternehmenskultur:

Over the years, Charlie and I have seen all sorts of bad corporate behavior, both accounting and operational, induced by the desire of management to meet Wall Street expectations. What starts as an “innocent” fudge in order to not disappoint “the Street” – say, trade-loading at quarter-end, turning a blind eye to rising insurance losses, or drawing down a “cookie-jar” reserve – can become the first step toward full-fledged fraud. Playing with the numbers “just this once” may well be the CEO’s intent; it’s seldom the end result. And if it’s okay for the boss to cheat a little, it’s easy for subordinates to rationalize similar behavior.

Wenn nämlich der CEO bzw. das Management die Mitarbeiter dazu auffordert mit (legalen) Accounting-Tricks die Zahlen etwas zu optimieren, dann kann sich dieses Verhalten schnell in der Organisation ausbreiten und sich als Standard in der Unternehmenskultur verankern.


3. Buffett über ungewöhnliche Arten der Finanzierung

Ein weiteres Thema, das Warren Buffett im Berkshire Hathaway Aktionärsbrief 2019 anschneidet, sind die von Berkshire über die üblichen Finanzierungsarten (Eigenkapital und zinstragende Schulden) hinaus zur Verfügung stehenden liquiden Mittel. Diese stammen hauptsächlich aus dem Float des Versicherungsgeschäfts und den latenten Steuern (Deferred Taxes).


Float

Auf den so genannten “Float” ist Warren Buffett in der Historie der Berkshire Shareholder Letters schon des Öfteren eingegangen. Als Float werden i.W. die flüssigen Mittel bezeichnet, die einer Versicherung im Zeitraum zwischen den Prämienzahlungen der Versicherten und der Auszahlung im Schadensfall zur Verfügung stehen.

Warren Buffett stellt vor allem den positiven Effekt des Float im Zusammenhang mit der Akquisition von weiteren Assets heraus:

This collect-now, pay-later model leaves P/C companies holding large sums – money we call “float” – that will eventually go to others. Meanwhile, insurers get to invest this float for their own benefit. Though individual policies and claims come and go, the amount of float an insurer holds usually remains fairly stable in relation to premium volume. Consequently, as our business grows, so does our float.

Typischerweise ist der Float – relativ zu den gezahlten Prämien – relativ stabil. Wenn also das Versicherungsgeschäft wächst, dann nimmt auch der Float zu und Berkshire hat mehr Geld zum investieren.

Die Abkürzung P/C steht übrigens für Property/Casualty und bezeichnet die Kategorie der Schadens- und Unfallversicherungen.


Latente Steuern

Latente Steuern (oder im Englischen Deferred Taxes) haben ihren Ursprung in Unterschieden zwischen dem Handelsrecht und dem Steuerrecht. Buffett nennt im Speziellen zwei Themen.

Ein Teil der in der GuV ausgewiesenen Steuern ist auf nicht-realisierte Gewinne der Beteiligungen von Berkshire zurückzuführen:

As I indicated earlier, about $14.7 billion of our $50.5 billion of deferred taxes arises from the unrealized gains in our equity holdings. These liabilities are accrued in our financial statements at the current 21% corporate tax rate but will be paid at the rates prevailing when our investments are sold. Between now and then, we in effect have an interest-free “loan” that allows us to have more money working for us in equities than would otherwise be the case.

Diese nicht-realisierten Gewinne werden nämlich laut GuV mit dem aktuellen US-Unternehmenssteuersatz von 21% besteuert. Tatsächlich versteuert – also in der Steuerbilanz ausgewiesen – werden die Gewinne aber erst, wenn die Investments tatsächlich einmal verkauft worden sind (und zwar zum dann geltenden Steuersatz).

Buffett betrachtet die Regelung wie ein zinsfreies Darlehen, weil sie ihm erlaubt, zusätzliche Mittel in seinen Beteiligungen investiert zu lassen, die ansonsten als Steuern hätten abgeführt werden müssen.

Ein weiterer positiver Aspekt im Steuerrecht ist die Möglichkeit einer beschleunigten Abschreibung vieler Vermögenswerte (vor allem von Sachanlagen), was ebenfalls die tatsächlich zu zahlenden Steuern (im Vergleich zu den in der GuV ausgewiesenen Steuern) mindert:

A further $28.3 billion of deferred tax results from our being able to accelerate the depreciation of assets such as plant and equipment in calculating the tax we must currently pay. The front-ended savings in taxes that we record gradually reverse in future years. We regularly purchase additional assets, however. As long as the present tax law prevails, this source of funding should trend upward.

Diese Vorteile kehren sich natürlich irgendwann um… dann nämlich, wenn die Assets in der Steuerbilanz bereits abgeschrieben sind und der steuerliche Gewinn deshalb höher ausfällt, als in der GuV. Weil aber nun Berkshire (und andere Unternehmen) regelmäßig in immer neue Vermögenswerte investieren, wachsen die latenten Steuern tendenziell immer noch weiter an… einen konstanten Unternehmenssteuersatz vorausgesetzt.

Was das für unsere Unternehmensbewertung bedeutet, könnt ihr im DIY Investor Artikel zur Überleitung vom Firmenwert (Enterprise Value) zum fairen Wert je Aktie nachlesen.


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