IPO (Initial Public Offering)

IPO - Börsengang - TwitterIPO (Initial Public Offering oder zu deutsch Börsengang): Aufnahme von Kapital durch den erstmaligen Verkauf von Anteilen bzw. Aktien eines privaten Unternehmens an die Öffentlichkeit über die Börse.

Ein IPO bzw. Börsengang wird vornehmlich von Unternehmen in Erwägung gezogen, die weiteres Kapital für ihre Expansion benötigen. Aber auch größere etablierte Privatunternehmen gehen regelmäßig an die Börse, z.B. wenn die Eigentümerfamilie ihr Vermögen diversifizieren möchte oder nach einer Nachfolgeregelung sucht.

Grundsätzlich kann im Zusammenhang mit einem IPO bzw. einem Börsengang zwischen zwei Prozessschritten unterschieden werden. Für beide Prozessschritte gibt es eine Vielzahl an Optionen:

  • Emissionsverfahren: Regelt den Weg des emittierenden Unternehmens an die Börse (Fremdemission versus Selbstemission)
  • Platzierungsverfahren: Regelt den Weg der Aktien in die Depots der Investoren (Festpreisverfahren, Bookbuilding-Verfahren, Auktionsverfahren)

Emissionsverfahren

Fremdemission bzw. klassischer IPO

Im Vorfeld eines IPO beauftragt der Emittent bzw. das Kapital beschaffende Unternehmen in der Regel eine Investmentbank als Zeichnungsfirma (Underwriter), um den Emissionskurs, die Anzahl Aktien etc. sowie den Zeitrahmen für den Börsengang festzulegen. Dies wird auch als Fremdemission bezeichnet.

Darüber hinaus sind umfangreiche rechtliche und dokumentarische Anforderungen zu erfüllen, bei denen der Unterwriter bzw. die Investmentbank den Emittenten unterstützt. Hier die grobe Abfolge der wesentlichen Vorarbeiten im Rahmen eines IPO:

  1. Es wird eine Roadshow organisiert, um interessierte Analysten, Fondsmanager und institutionelle Investoren für das Investment zu gewinnen
  2. Im Anschluss an die Roadshow wird ein Unternehmensprospekt zusammengestellt, der alle relevanten Informationen zum IPO (Geschäftsmodell, Financials etc.) enthält. Dieser Prospekt wird anschließend bei den zuständigen Behörden (in den USA die SEC, in Deutschland die BaFin) zur Prüfung eingereicht
  3. Ist der Prospekt durch die BaFin genehmigt (BaFin Infos zur Prospekterstellung und zum Billigungsverfahren), werden die endgültigen Angebotsbedingungen hinterlegt
  4. Der Prospekt wird interessierten Investoren zur Verfügung gestellt, welche die Aktien dann über den Intermediär, also die den IPO unterstützende Bank, zeichnen können. Wie das genau geschieht bzw. geschehen kann, wird im Rahmen des Platzierungsverfahrens festgelegt (siehe unten)

Neben dem Underwriter besteht das so genannte IPO-Team übrigens aus weiteren Experten wie Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und ggf. Experten der zuständigen Behörden.

Im Rahmen des Emissionsverfahrens einer Fremdemission wird außerdem Folgendes geregelt:

  • Beteiligung mehrerer Kreditinstitute bzw. Underwriter an der Emission (Bildung eines Konsortiums)
  • Vertrieb der Aktien durch die Institute (ganz oder nur teilweise)
  • Ãœbernahme von Aktien des Emittenten durch die begleitenden Institute und Ãœbernahmepreis

Beim Emissionsverfahren im Rahmen einer Fremdemission kann daher weitergehend unterschieden werden zwischen

  • einem Begebungskonsortium: Banken übernehmen ausschließlich die Platzierung der Aktien, alle Risiken von Fehleinschätzungen verbleiben aber beim emittierenden Unternehmen. Die Banken gehen kein weiteres Risiko ein, da keine (Fest-)Ãœbernahme der Aktien vorgesehen ist
  • einem Ãœbernahmekonsortium: Banken übernehmen Aktien vom Emittenten, um diese dann auf eigene Rechnung und eigenes Risiko am Markt unterzubringen. Falls dies nicht gelingt, verbleiben die Aktien (zunächst) im Eigenbesitz der Konsortialbanken

Darüber hinaus gibt es weitere Unterarten wie z.B. das Garantiekonsortium (Banken bzw. Underwriter übernehmen vom Emittenten das Platzierungsrisiko und übernimmt deshalb ggf. als Selbstkäufer die Anteile), das Optionskonsortium oder das Einheitskonsortium.

Ein Konsortium besteht aus den so genannten Konsortialbanken, wobei eine Bank als Konsortialführer (= Lead Manager oder auch Bookrunner) die “Geschäftsführung” des Konsortiums übernimmt. Ein Konsortium muss allerdings nicht zwangsläufig aus mehreren Banken bestehen.


Selbstemission bzw. Direct Listing

Grundsätzlich kann ein IPO auch ohne die Unterstützung eines Underwriters bzw. einer Investmentbank durchgeführt werden, was allerdings aktuell noch recht selten vorkommt. In einem solchen Fall spricht man von einem Direct Listing bzw. einer Selbstemission.

Das bekannteste Beispiel für eine Selbstemission ist bisher der IPO des Musik-Streaminganbieters Spotify, der im Jahr 2018 per Direct Listing an die Börse ging. Für Spotify bot sich dieses Vorgehen aus mehreren Gründen an. Zum einen musste aufgrund des bereits positiven Cash Flows kein zusätzliches Kapital beschafft werden. Zum anderen war das Unternehmen bereits so bekannt und das Geschäftsmodell so gut nachvollziehbar, dass keine Roadshow erforderlich war, um potenziellen Investoren das Investment zu erläutern.

Direct Listings unterscheiden sich von klassischen IPOs vor allem in zwei Punkten:

  • Im Rahmen eines Direct Listings wird kein zusätzliches Kapital für das emittierende Unternehmen eingesammelt. Bei einer Fremdemission wird dagegen (in der Regel) neues Eigenkapital aufgenommen und der Anteil der ursprünglichen Investoren damit verwässert
  • Ein Direct Listing geschieht mit dem vornehmlichen Ziel, den Investoren Liquidität zu verschaffen und eine Transparenz über den Marktpreis und damit den Wert des Unternehmens herzustellen

Im letzten Punkt liegt auch gleichzeitig das Risiko des Direct Listings im Vergleich zur Fremdemission: Es gibt keinen Underwriter bzw. kein Bankenkonsortium, das einen bestimmten Aktienkurs garantiert. Bei einer Selbstemission definieren die vorliegenden Orders den ersten Kurs. Im Fall von Spotify hat z.B. die New York Stock Exchange (NYSE) einen ersten Referenzpreis auf Basis ein eingegangenen Kauf- und Verkaufsorders festgelegt.

Es gab zwar auch in der Vergangenheit bereits Direct Listings. Dabei handelte es sich aber im Wesentlichen um Ausgliederungen bzw. Spin-Offs, aus dem Konkurs entlassene Unternehmen, oder um Listings von bereits an anderen Börsen gelisteten Unternehmen.

Platzierungsverfahren

Während im Rahmen des Emissionsverfahrens festgelegt wird, wie und in welcher Form die Aktien an die Börse gelangen, regelt das Platzierungsverfahren den Prozess zur Vergabe der Aktien an interessierte Investoren. Damit stellt das Platzierungsverfahren den zweiten Schritt des IPO bzw. des Börsengangs im Rahmen der Fremdemission dar.

Im Wesentlichen gibt es für die Platzierung der Aktien bei den Investoren drei verschiedene Optionen:

  • Festpreisverfahren
  • Bookbuilding-Verfahren
  • Auktionsverfahren

In Deutschland dominiert das Bookbuilding-Verfahren, im Ausland werden auch des Öfteren Auktionsverfahren angewandt.


Festpreisverfahren (Festpreis)

Wie der Name schon sagt, wird der Emissionskurs beim Festpreisverfahren vor dem Börsengang bereits unabänderlich festgelegt. Diese Festlegung wird vom Underwriter bzw. den Konsortialbanken auf Basis einer Analyse der aktuellen Marktlage, des Bewertungsniveaus von Wettbewerbsunternehmen sowie einer fundamentalen Bewertung vorgenommen.

Damit birgt das Festpreisverfahren für das emittierende Unternehmen bzw. die Investmentbanken ein hohes Risiko einer Fehleinschätzung. Aus diesem Grund ist das Festpreisverfahren inzwischen weitestgehend durch das flexiblere Bookbuilding-Verfahren ersetzt worden.


Bookbuilding-Verfahren (Preisspanne)

Beim Bookbuilding-Verfahren werden auch die Anleger in die Preisfindung mit einbezogen. Dies geschieht in der Regel durch Gespräche der Konsortialbanken mit interessierten institutionellen Investoren bzw. Großinvestoren. Diese Gespräche bilden die Grundlage für die Bestimmung des Emissionskurses bzw. der Preisspanne (in der Regel liegen zwischen dem unteren und dem oberen Ende der Preisspanne ca. 10 bis 15%), zu der die Aktien anschließend im Rahmen der Zeichnungsfrist angeboten werden.

In einem zweiten Schritt können Investoren dann Kaufangebote (Zeichnungsangebote) innerhalb dieser Preisspanne abgeben. Dafür haben die Interessenten in der Regel 8 bis 10 Tage Zeit (Zeichnungsfrist). Ist die resultierende Nachfrage gering, dann wird der Emissionskurs (Platzierungskurs) eher am unteren Ende der Spanne liegen und vice versa.


Auktionsverfahren (Mindestgebot)

Das Auktionsverfahren ist vor allem außerhalb Deutschlands populär. Im Rahmen des Auktionsverfahrens können interessierte Anleger innerhalb der Zeichnungsfrist ein Kaufangebot zu einem von ihnen selbst festgelegten Kurs abgeben.

Nach Ende der Zeichnungsfrist werden die eingegangenen Gebote dann nach ihrer Höhe geordnet und die Aktien entsprechend dieses Rankings zugeteilt, bis das Emissionsvolumen aufgebraucht ist. Der offizielle Emissionskurs ist der Kurs, zu dem die letzten verfügbaren Aktien zugewiesen wurden.

Im Auktionsverfahren werden also alle Bieter, die einen Preis oberhalb des Emissionkurses geboten hatten, zu 100% bedient. Anleger, die genau den Emissionspreis geboten hatten, werden ggf. nur anteilig berücksichtigt. Alle anderen Bieter gehen erstmal leer aus.


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Credits

Bildnachweis: Flickr / Anthony Quintano; Creative Commons (CC BY 2.0)

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