Die breite Öffentlichkeit versteht unter dem Begriff Insiderhandel bzw. Insider Trading typischerweise den (illegalen) Kauf oder Verkauf von Aktien eines an der Börse gelisteten Unternehmens auf Basis von nicht-öffentlichen und gleichzeitig für den Kapitalmarkt als wesentlich bzw. relevant eingestuften Informationen (“non-public and material information”).
Gleichzeitig wird der Begriff Insiderhandel bzw. Insider Trading aber auch für legale Insiderkäufe (oft auch als Directors’ Dealings bezeichnet) verwendet.
Die Tatsache, dass Handeln auf Basis wichtiger vertraulicher bzw. geheimer Informationen nicht erlaubt ist, bedeutet im Umkehrschluss nämlich noch nicht, dass allen so genannten “Insidern”, also vor allem Vorständen und Aufsichtsratsmitgliedern (oder Angehörigen bzw. nahe stehenden Personen) mit Zugang zu wesentlichen vertraulichen Informationen, der Kauf bzw. Verkauf von Aktien des eigenen Unternehmens generell untersagt ist.
Unter bestimmten Voraussetzungen sind solche “Directors’ Dealings” durchaus erlaubt.
Voraussetzungen für legales Insider Trading
Da es Unternehmensinsidern nicht grundsätzlich untersagt ist, Aktien des eigenen Unternehmens zu handeln, stellt sich die Frage, unter welchen Umständen es tatsächlich gestattet ist?
Die einfache Antwort: Ob ein Insider Trade als legal oder illegal eingestuft wird, hängt im Wesentlichen davon ab, zu welchem Zeitpunkt der Insider die Aktie handelt und ob er zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von potenziell den Kurs beeinflussenden Informationen hat.
Um illegale Insidergeschäfte zu vermeiden (bzw. legale Insidergeschäfte zu ermöglichen) wurden in der Europäischen Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) einige konkrete Vorgaben gemacht. Die SEC hat für den US-amerikanischen Aktienmarkt ganz ähnliche Regeln festgelegt. Hier die wesentlichen drei Vorschriften:
- Laut Art. 17 der MMVO müssen relevante Insiderinformationen den Marktteilnehmern so bald wie möglich bekannt gemacht werden (so genannte Ad-Hoc Pflicht)
- Entsprechend Art. 18 der MMVO müssen börsennotierte Unternehmen so genannte Insiderlisten führen, d.h. sobald eine Person Kenntnis von Insiderinformationen hat, muss diese den Behörden gemeldet werden. In den USA gilt eine ähnliche Regelung der SEC. Hier müssen die Emittenten das so genannte SEC Form 3 einreichen
- Laut Art. 19 der MMVO müssen Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen – also i.W. Vorstand und Aufsichtsrat -, sowie nahe stehende Personen ihre Eigengeschäfte (d.h. Transaktionen des eigenen Unternehmens) spätestens 3 Tage nach Durchführung der Transaktion melden. Bei der SEC gibt es hierfür das Form 4
Ergänzend zu den Regelungen in der MMVO gibt es die so genannten Handelssperrzeiten (auch als Quiet Periods oder Blackout Periods bekannt), die in der Regel 30 Tage vor der Veröffentlichung jedes Quartalsberichts beginnen und bis kurz nach dessen Veröffentlichung anhalten.
Während dieser Zeit kommuniziert die Investor Relations-Abteilung in der Regel nur sehr eingeschränkt mit einzelnen Investoren bzw. dem Kapitalmarkt, um den Anschein der Weitergabe von Insiderinformationen zu vermeiden. Darüber hinaus sind Insidergeschäfte in diesem Zeitraum nicht gestattet.
Öffentlich verfügbare Daten zum Insiderhandel
Die Meldungen der Eigengeschäfte deutscher Führungskräfte an die BaFin sowie US-amerikanischer Führungskräfte an die SEC werden in speziellen Datenbanken gespeichert und in einer Rohfassung (heißt z.B. als .csv oder Text-File) allen Investoren öffentlich zugänglich gemacht. Darüber hinaus werden die entsprechenden Meldungen zeitnah z.B. über die DGAP (die Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität, Teil der EQS Group) veröffentlicht und verbreitet.
Die Rohdaten sind unter https://portal.mvp.bafin.de/database/DealingsInfo/ (BaFin-Daten) und https://www.sec.gov/edgar.shtml (SEC-Daten) zu finden. In aufbereiteter Form inklusive verschiedener Filtermöglichkeiten sind diese aber z.B. auch auf DIY Investor zu analysierbar.
Die Datenbanken werden zwar täglich aktualisiert. Trotzdem kann es aufgrund des administrativen Aufwandes im Hintergrund ein paar Tage dauern, bis eine Transaktion in der BaFin-Datenbank hinterlegt ist.
Illegaler Insiderhandel: Wann sind Information als nicht öffentlich und wesentlich anzusehen?
Der Kauf bzw. Verkauf einer Aktie durch einen Insider ist genau dann unzulässig bzw. illegal, wenn dieser auf Basis von Informationen erfolgt, die gleichzeitig als nicht öffentlich und als wesentlich eingestuft werden können.
Die US Securities and Exchange Commission (SEC) definiert illegalen Insiderhandel folgendermaßen:
The buying or selling a security, in breach of a fiduciary duty or other relationship of trust and confidence, on the basis of material, nonpublic information about the security.
Die grundsätzliche Logik basiert auf dem Ziel, einen fairen Markt herzustellen, in dem niemand aus dem Vorhandensein einer ungleichen Ausgangssituation (in diesem Fall resultierend aus dem Zugang zu vertraulichen Informationen für einige wenige Marktteilnehmer) einen Vorteil ziehen kann.
Solche nicht-öffentlichen und wesentlichen Informationen werden auch als Insiderinformationen bezeichnet.
Nicht-öffentliche Informationen bzw. Non-Public Information
Informationen, d.h. Dokumente, Fakten, Zahlen oder Daten sind genau dann nicht-öffentlich, wenn sie nicht in der Breite – also über offizielle Pressemitteilungen, Ad-Hoc Mitteilungen, Quartalsberichte etc. – an die Investoren-Community kommuniziert wurden.
Für solche Veröffentlichungen gibt es für Unternehmen bestimmte Kanäle, in Deutschland beispielsweise den Bundesanzeiger oder DGAP. Eine ausschließlich über einen Blogartikel oder verschiedene Social Media Kanäle verbreitete Information erfüllt in der Regel noch nicht die Anforderungen, um als öffentlich zu gelten.
Nach Verbreitung von wesentlichen und bisher nicht öffentlichen Informationen wird in der Regel ein Zeitraum von 24 Stunden für die Aufnahme der Information durch die Investoren zu Grunde gelegt (d.h. es wird angenommen, dass nach 24 Stunden ein Großteil der interessierten Investoren die Mitteilung gelesen hat).
Wesentliche Informationen bzw. Material Information
Wesentliche bzw. materielle Informationen (im Englischen “Material Information”) sind Informationen, die ein rationaler Investor für seine Investitionsentscheidung als wichtig erachten würde, weil sie beispielsweise seine Einschätzung der Zukunftsaussichten des Unternehmens (kurz- oder langfristig) und damit des Unternehmenswerts und des fairen Aktienkurses verändern würden. Tatsächlich kann die Veröffentlichung materieller Informationen einen signifikanten Einfluss auf den Aktienkurs haben.
Typische Beispiele für solche materiellen Insiderinformationen sind
- wichtige strategische Unternehmensentscheidungen
- Unternehmenstransaktionen (wie Akquisitionen, Veräußerungen oder Joint Ventures)
- unerwartete Erfolge oder Misserfolge bei der Entwicklung neuer Produkte (z.B. Ergebnisse klinischer Studien, behördliche Genehmigungen oder Nichtzulassungen) oder dem Eintritt in neue Märkte
- unerwartet gute oder schlechte Quartals- oder Jahresabschlusszahlen
- andere wichtige unerwartete Geschäftsentwicklungen
Es gibt darüber hinaus keinen einfachen Test, um zu bestimmen, wann eine Information wesentlich ist.